Amtsgericht Hildesheim
Urt. v. 20.09.1996, Az.: 43 C 147/96

Berechnung von Rechtsanwaltsgebühren bei Vorliegen von zwei gebührenrechtlichen, in der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) geregelten Tatbeständen; Anrechnung der Vorverfahrensgebühr im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren auf das Bußgeldverfahren; Herleitung der Anrechnung aus dem Gesetzestext; Möglichkeit einer Reduzierung der Vorverfahrensgebühren

Bibliographie

Gericht
AG Hildesheim
Datum
20.09.1996
Aktenzeichen
43 C 147/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 23134
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHILDE:1996:0920.43C147.96.0A

Fundstellen

  • DAR 1997, 165 (Volltext mit red. LS)
  • VersR 1997, 1370-1371 (red. Leitsatz)
  • zfs 1997, 71 (Kurzinformation)

Verfahrensgegenstand

Forderung

In dem Rechtsstreitverfahren
hat das Amtsgericht Hildesheim
im schriftlichen Verfahren
aufgrund der bis zum 05.09.1996 eingereichten Schriftsätze
durch
die Richterin am Amtsgericht
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 274,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.05.1996 zu zahlen.

  2. 2.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

1

- Ohne Tatbestand gemäß § 495 a Abs. 2 ZPO -

Entscheidungsgründe

2

Der klägerische Anspruch auf die geltend gemachten restlichen Gebühren ist begründet.

3

Soweit der Prozeßbevollmächtigte des Klägers zunächst gegenüber der Polizeibehörde/Staatsanwaltschaft und später gegenüber der Bußgeldbehörde tätig geworden ist, hat er für das Ermittlungsverfahren Anspruch auf die Gebühr gemäß den §§ 84 Abs. 1, 83 Abs. 1 Ziff. 3 BRAGO und für das Bußgeldverfahren gemäß § 105 Abs. 1 u. 2 i.V.m. § 83 BRAGO.

4

Insoweit handelt es sich um zwei gebührenrechtliche Tatbestände, die in der BRAGO in zwei verschiedenen Abschnitten geregelt sind. Mangels einer ausdrücklichen Anrechnungsbestimmung kommt die Anrechnung der Vorverfahrensgebühr im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren auf das Bußgeldverfahren nicht in Betracht. Entgegen der von der Beklagten insoweit vertretenen Ansicht läßt sich entsprechend der Gesetzessystematik eine Anrechnung auch nicht aus § 13 Abs. 2 BRAGO herleiten. Denn diese im allgemeinen Teil der BRAGO enthaltene Vorschrift kann entsprechend der von der Beklagten zitierten Kommentierung bei Gerold/Schmidt nur bedeuten, daß in jedem der beiden Verfahren die Vorverfahrensgebühr nur einmal gefordert werden kann, nicht aber in beiden Verfahren nur einmal.

5

Da eine Anrechnung im Sinne der Beklagten aus dem Gesetzestext nicht hergeleitet: werden kann, kann ein Ausgleicht nur über die Höhe der beiden Gebührentatbestände erzielt werden (vgl. insoweit Riedel-Sussbauer, Kommentar zur BRAGO, 6. Aufl., 1988 sowie Gerold/Schmidt/von Eicken/Mardert, 12. Aufl., 1995). Insoweit verkennt die Beklagte, daß die von ihr zitierte Kommentierung von Mardert als Konsequenz der Gegenmeinung ebenfalls auf eine Berücksichtigung in "den Verfahrensabschnitten" abstellt. Die von der Beklagten vorgenommene Erhöhung der Vorverfahrensgebühr im Hinblick auf die im Ermittlungsverfahren entfaltete Tätigkeit des Krägervertreters findet keine Grundlage in der BRAGO. Denkbar ist allenfalls die Reduzierung einer der beiden Vorverfahrensgebühren im Hinblick darauf, daß die Tätigkeit in dem einen Verfahren durch die in dem anderen erbrachte erleichtert wird (vgl. Riedel-Sussbauer a.a.O.). Obwohl die Beklagte unstreitig die klägerische Kostennote vom 12.07.1995 in voller Höhe beglichen hat, hat sie einen entsprechenen Einwand gegenüber der Kostennote vom 04.10.1995 nicht geltend gemacht.

6

Der geltend gemachte Zinsanspruch ist gemäß den §§ 286, 288 BGB begründet, jedoch erst ab dem 01.05.1996 aufgrund des Mahnschreibens vom 22.04.1996. Ein früherer Verzugsbeginn ist nicht ausreichend schlüssig dargelegt worden.

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

8

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Ziff. 11, 713 ZPO.