Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 30.10.2024, Az.: L 4 KR 419/24 B ER
Widerspruch gegen Maßnahmen des Medizinischen Dienstes; Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 30.10.2024
- Aktenzeichen
- L 4 KR 419/24 B ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2024, 25754
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2024:1030.4KR419.24.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Osnabrück - 18.09.2024 - AZ: S 3 KR 166/24 ER
Rechtsgrundlage
- § 137 Abs. 1 SGB V
In dem Beschwerdeverfahren
A.
- Antragstellerin und Beschwerdegegnerin -
Prozessbevollmächtigte:
B.
gegen
C.
- Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin -
hat der 4. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen am 30. Oktober 2024 in Celle durch den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht D., die Richterin am Landessozialgericht Dr. E. und den Richter am Landessozialgericht Dr. F. beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Osnabrück vom 18.09.2024 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten auch des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin beansprucht einstweiligen Rechtsschutz gegenüber dem als "Information zum Kontrollbericht des Medizinischen Dienstes (MD) zur anlassbezogenen Kontrolle der QSFFx-Richtlinie (RL) im G." bezeichneten Schreiben der Antragsgegnerin vom 19.07.2024 und dem darin enthaltenen Leistungserbringungs- und Leistungsabrechnungsverbot.
Die Antragsgegnerin hatte der Antragstellerin mit Schreiben vom 23.01.2024 mitgeteilt, dass die Einhaltung der Qualitätsanforderungen nach § 136 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nach Maßgabe der geltenden Richtlinien auch im Rahmen von anlassbezogenen Kontrollen zu überprüfen seien. Gemäß § 20 Abs. 2 Buchst. a Teil B Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) nach § 137 Abs. 3 SGB V zu Kontrollen des MD nach § 275a SGB V (MD-Qualitätskontroll-Richtlinie, MD-QK-RL) gelte, dass vorbehaltlich Abs. 3 die erstmalige Nachweisführung eines Krankenhauses über das Erfüllen der Qualitätsanforderungen im Rahmen eines Nachweisverfahrens gemäß der jeweils maßgeblichen Richtlinie im Sinne der Anlage zu überprüfen sei. Als beauftragende Stelle hätten die gesetzlichen Krankenkassen bei Vorliegen eines Anlasses nach § 20 Abs. 2 Buchst. a Teil B MD-QK-RL eine Kontrolle der Einhaltung der Qualitätsanforderungen einzuleiten. Eine solche Kontrolle habe man für die Antragstellerin im Rahmen des Nachweisverfahrens gemäß der Richtlinie zur Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur (QSFFx-RL) im Sinne der Anlage für das Kalenderjahr 2024 eingeleitet. Überprüft werde die Einhaltung der Qualitätsanforderungen zum Zeitpunkt der Kontrolle. Als Stichtag nach § 8 Abs. 3 QSFFx-RL sei von der Antragstellerin der 11.12.2023 benannt worden. Art und Verfahren der anlassbezogenen Kontrolle folgten den Vorgaben des § 24 Teil B MD-QK-RL. Demzufolge erfolge die Kontrolle nach Anmeldung vor Ort nach den Vorgaben gem. §§ 9 ff. Teil A MD-QK-RL. Die Antragstellerin habe Gelegenheit, zu diesem Kontrollauftrag innerhalb von fünf Arbeitstagen gegenüber der Antragsgegnerin schriftlich Stellung zu nehmen. Wegen des weiteren Vorgehens werde sich der MD mit der Antragstellerin in Verbindung setzen. Abschließend heißt es: "Dieses Schreiben ergeht im Namen aller gesetzlichen Krankenkassen".
Der MD bestätigte der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 06.02.2024 den Eingang des Kontrollauftrags und erstellte den Kontrollbericht mit Datum vom 22.05.2024. Als Kontrollzeitraum wird darin der Zeitraum vom 19.1.2024 bis 18.4.2024 benannt. Als Kontrollergebnis wird mitgeteilt: "Im Rahmen der Vor-Ort-Prüfung, Sichtung umfassender Unterlagen sowie anhand der gezogenen Stichproben konnte festgestellt werden, dass die Anforderungen der Richtlinie noch nicht in allen Punkten erfüllt werden. Eine tägliche geriatrische Kompetenz durch einen Facharzt mit entsprechender geriatrischen Qualifikation im Sinne der Richtlinie konnte nicht durchgängig bestätigt werden (kein Vorhalten am Wochenende). Zudem konnte eine Umsetzung der entsprechenden SOP "Physiotherapeutische Maßnahmen" nicht in allen Fällen bestätigt werden".
Zu diesem Kontrollbericht nahm die Antragstellerin mit Schreiben vom 05.06.2024 Stellung und bat um kritische Prüfung der Feststellungen des MD im vorliegenden Kontrollbericht und um Berücksichtigung der in der Stellungnahme gemachten Ausführungen.
Mit Schreiben vom 19.07.2024 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, der MD habe in einer angemeldeten Kontrolle vor Ort festgestellt, dass die Qualitätsanforderungen der QSFFx-RL für die Versorgung von hüftgelenknahen Femurfrakturen für den Prüfzeitraum vom 19.01.2024 bis 18.04.2024 bei der Antragstellerin nicht vollständig erfüllt worden seien. Gemäß § 7 Abs. 2 QSFFx-RL führe die Nichterfüllung von Mindestanforderungen zu einem Wegfall des Vergütungsanspruchs. Maßgeblich hierfür sei der Status der Erfüllung der Mindestanforderungen zum Zeitpunkt der Aufnahme und der Operation sowie der Zeitpunkt der Verlegung gemäß § 4 Abs. 7 QSFFx-RL zur Durchführung oder Fortsetzung der postoperativen Versorgung. Zudem dürfe nach § 7 Abs. 1 QSFFx-RL im Fall einer Nichterfüllung von Mindestanforderungen die Versorgung von Patienten mit einer hüftgelenknahen Femurfraktur über die Diagnostik und Erstversorgung hinaus nicht erfolgen. Weiter heißt es: "Damit dürfen im H. entsprechende Leistungen gesetzlich nicht erbracht und abgerechnet werden. Damit darf grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Kontrolle, spätestens jedoch mit Bekanntwerden am 23.05.2024, keine stationäre Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur im I. mehr vorgenommen werden, bis der MD die Beseitigung der Mängel in einer erneuten Qualitätskontrolle festgestellt hat. Dieses gilt unabhängig von ihrer erstellten Stellungnahme vom 05.06.2024 gemäß § 15 Abs. 1 Teil A MD-QK-RL. Für Ihre Stellungnahme vom 05.06.2024 zum MD-Kontrollbericht vom 22.05.2024 über die Kontrolle der Einhaltung der Qualitätsanforderungen der Richtlinie zur Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur (QSFFx-RL) bedanken wir uns. Nach Rücksprache mit dem MD kommt dieser anhand Ihrer eingereichten Stellungnahme nicht zu einem anderen Kontrollergebnis für den überprüften Kontrollzeitraum. Insofern haben unsere vorigen Ausführungen und die darin dargestellten - sich aus der Richtlinie ergebenden - Rechtsfolgen weiter Bestand." Abschließend heißt es, dass dieses Schreiben im Namen aller gesetzlichen Krankenkassen ergehe.
Hiergegen erhoben die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 25.07.2024 Widerspruch. Darin machten sie zur Begründung geltend, der Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Antragstellerin in ihren Rechten. Die Antragsgegnerin habe in ihrem Bescheid vom 19.07.2024 mitgeteilt, dass im Haus der Antragstellerin die entsprechenden Leistungen der Versorgung von Patienten mit hüftgelenknaher Femurfraktur gesetzlich nicht erbracht und abgerechnet werden dürften, bis der MD die Beseitigung der Mängel in einer erneuten Qualitätskontrolle festgestellt habe. Als Rechtsgrundlage für das Leistungserbringungsverbot sowie den vollständigen Vergütungswegfall habe die Antragsgegnerin auf § 7 Abs. 1, Abs. 2 QSFFx-RL- verwiesen und zudem mitgeteilt, dass der Verwaltungsakt im Namen aller gesetzlichen Krankenkassen ergehe. Es handele sich bei diesem Schreiben vom 19.07.2024 daher um einen Bescheid mit Verwaltungsaktqualität. Dieser Bescheid sei formell wie materiell rechtswidrig. Zum einen fehle es für den Erlass eines solchen Bescheides an einer ausreichenden gesetzlichen Rechtsgrundlage. Gestützt werde der Bescheid auf § 7 Abs. 1 und Abs. 2 QSFFx-RL. Diese Richtlinie verstoße jedoch gegen höherrangiges Recht und könne daher nicht als Rechtsgrundlage herangezogen werden. Die Richtlinie beruhe auf § 136 Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Gemäß § 137 Abs. 1 SGB V sei auch die Rechtsfolge bei Nichteinhaltung eben dieser Qualitätsanforderungen der Regelungskompetenz des GBA überlassen. Der GBA sei ermächtigt, neben Maßnahmen zur Beratung und Unterstützung je nach Art und Schwere von Verstößen gegen wesentliche Qualitätsanforderungen angemessene Durchsetzungsmaßnahmen vorzusehen. Dem GBA werde damit ermöglicht, ein gestuftes System an Rechtsfolgen für die Nichteinhaltung von Qualitätsanforderungen auszugestalten. Ein solch gestuftes Rechtsfolgensystem unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall sehe die hier maßgebliche QSFFx-RL gerade nicht vor. § 7 Abs. 1, Abs. 2 sähe als einzige Rechtsfolge ein Leistungserbringungsverbot sowie den vollständigen Wegfall des Vergütungsanspruchs vor. Insbesondere hinsichtlich eines vollständigen Wegfalls des Vergütungsanspruchs als besonders schwerwiegende Sanktionsmöglichkeit sei aber ein gestuftes Rechtsfolgensystem zwingend notwendig. Denn ein Abweichen von dem in § 136 Abs. 1 SGB V genannten gestuften Verfahren sei ausschließlich bei wiederholten oder besonders schwerwiegenden Verstößen vorgesehen und könne damit nicht als einzige Rechtsfolge in der Richtlinie vorgesehen sein. Ungeachtet der fehlenden Rechtsgrundlage sei das Leistungserbringungsverbot unverhältnismäßig. Wegen des angeordneten Leistungserbringungsverbots könne die Antragstellerin ab sofort Leistungen der Versorgung von Patienten mit hüftgelenknaher Femurfraktur nicht mehr erbringen. Dies führe zu einer erheblichen Gefährdung der Versorgungslage für die Patienten im Einzugsgebiet der Antragstellerin. Denn derartige hüftgelenknahe Femurfrakturen bedürften in fast allen Fällen einer operativen Versorgung, welche möglichst innerhalb von wenigen Stunden nach Aufnahme durchgeführt werden sollte. Je größer der zeitliche Abstand zwischen Unfall und Operation, desto größer sei die Zunahme schwerwiegender Komplikationen. Angesichts des regelmäßig bereits höheren Lebensalters der betroffenen Patienten sei dies nicht hinnehmbar. Wenn entsprechende Leistungen im Hause der Antragstellerin nicht mehr erbracht werden dürften, führe dies unweigerlich zu der Notwendigkeit einer Verlegung bzw. Umverteilung von Patienten. Es komme dadurch zu deutlich längeren Wegen und einem deutlich größeren zeitlichen Abstand zwischen Unfall und Operation. Auch für die beteiligten Rettungsdienste und die übrigen Krankenhäuser bringe dies erhebliche Probleme mit sich. Eine derartige Gefährdung stehe vollkommen außer Verhältnis zu den durch den MD vermeintlich festgestellten Mängeln und laufe dem öffentlichen Interesse an einer Sicherstellung der medizinischen Versorgungsstrukturen vollständig zuwider. Der Bescheid sei daher rechtswidrig und somit aufzuheben. Abschließend baten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin schriftlich darum, die aufschiebende Wirkung des eingelegten Widerspruchs zu bestätigen.
Die Antragsgegnerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 30.07.2024 mit, man teile nicht die Auffassung, dass es sich bei dem Informationsschreiben vom 19.07.2024 um einen rechtsmittelfähigen Bescheid und damit um einen Verwaltungsakt handele. Sinn und Zweck eines Widerspruchsverfahrens sei es, einen Verwaltungsakt auf seine Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Dies sei hier in Ermangelung eines Verwaltungsakts nicht möglich und nicht notwendig, da sich die Folgen unmittelbar aus der maßgeblichen Richtlinie ergäben. Die Rechtsfolge, die sich aus der Nichterfüllung der Mindestanforderungen ergebe, werde nicht von den Krankenkassen vorgegeben, sondern ergebe sich vielmehr unmittelbar aus der maßgeblichen Richtlinie des GBA. Darauf sei informativ verwiesen worden.
Mit Schriftsatz vom 06.08.2024 haben sich die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin daraufhin im Wege des Eilrechtsschutzes an das Sozialgericht (SG) Osnabrück gewandt mit dem Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung. Das Leistungserbringungsverbot führe unweigerlich zu einer Vielzahl von Verlegungen und Umverteilungen von Patienten. Erschwerend komme hinzu, dass nach hiesiger Kenntnis eine Vielzahl von Krankenhäusern im Landkreis ebenfalls dem Leistungserbringungsverbot unterlägen, da dort ebenfalls nach Ansicht des MD die Voraussetzungen der Richtlinie nicht erfüllt würden. Aus den wenigen Krankenhäusern, welche weiterhin zur Leistungserbringung berechtigt seien, werde bereits jetzt mitgeteilt, dass es zu erheblichen Versorgungsproblemen bzw. Engpässen komme. Bereits jetzt könne die notwendige operative Versorgung innerhalb der bestehenden 24-stündigen Obergrenze nicht in jedem Fall gewährleistet werden, weshalb teilweise bereits haftungsrechtliche Fragen aufgeworfen würden. Hinzuweisen sei auch auf die finanzielle Seite. Der Gesamterlös der Antragstellerin im Jahr 2023 aus den richtlinienrelevanten Fällen habe 1.295.313 Euro und im Jahr 2024 bis zum Datum des Kontrollberichts 657.173 Euro betragen. Außerdem dürfe auch eine derartige Gefährdung der Patientenversorgung in keiner Weise hingenommen werden und führe darüber hinaus zu einer erheblichen Überlastung einzelner Krankenhäuser. Es komme auch durch den Wegfall des Vergütungsanspruchs zu erheblichen finanziellen Einbußen im Hause der Antragstellerin. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Infrastruktur im Hause der Antragstellerin aufgrund der laufenden Rechtsstreitigkeiten weiterhin vorgehalten werde, da zukünftig, nach Abschluss der Verfahren, eine Wiederaufnahme der Leistungserbringung zur Erfüllung des Versorgungsauftrags beabsichtigt sei. Die vorübergehende Aufhebung des Leistungserbringungsverbots sei damit zur Abwendung weiterer Nachteile in Zusammenhang mit der Patientenversorgung und zur Sicherung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zwingend erforderlich. Schließlich sei festzustellen, dass der Kontrollbericht vom 22.05.2024 inhaltlich unzutreffend sei. Hierauf komme es aber zunächst nicht an, sofern dem Widerspruch aufschiebende Wirkung zukomme, bzw. das Leistungserbringungsverbot bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens keine Anwendung finde.
Die Antragsgegnerin hat hierauf erstinstanzlich im Wesentlichen erwidert, dass der Hauptantrag unzulässig sei, da es sich bei dem Informationsschreiben vom 19.07.2024, welches die Antragsgegnerin im Namen aller gesetzlichen Krankenkassen verfasst habe, nicht um einen Verwaltungsakt handele. Hierauf habe die Antragsgegnerin mehrfach hingewiesen. Es sei bereits aus der Betreffzeile für den Adressaten klar hervorgegangen, dass es sich um ein reines Informationsschreiben der gesetzlichen Krankenkassen handele. Die Rechtsfolgen, welche aus der Nichterfüllung der Mindestanforderung der QSFFx-RL resultierten, ergäben sich unmittelbar aus der maßgeblichen Richtlinie des GBA. Es handele sich nicht um einen feststellenden Verwaltungsakt der gesetzlichen Krankenkassen, da es neben dem Vorliegen einer hoheitlichen Maßnahme insbesondere auch an einer durch die Antragsgegnerin getroffenen Regelung fehle. Es mangele bereits an einer Anspruchsgrundlage, überhaupt eine Regelung zu treffen. Daran ändere auch nichts der Umstand, dass das Informationsschreiben im Namen aller gesetzlichen Krankenkassen abgesetzt worden sei. Weder der Antragsgegnerin noch den anderen gesetzlichen Krankenkassen stehe insoweit eine Verwaltungsaktbefugnis zu. Eine VA-Befugnis, welche diese zur Regelung eines Leistungs- und Vergütungsverbotes berechtigen würde, sei weder im Gesetz noch in der Richtlinie geregelt. Es fehle auch an einem Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin. Denn die Aufhebung des angeblichen Verwaltungsakts würde der Antragstellerin nichts nützen. Die Rechtsfolge, welche aus der Nichterfüllung der Mindestanforderungen der QSFFx-RL resultiere, ergebe sich unmittelbar aus der maßgeblichen Richtlinie des GBA. Schließlich fehle es auch an einem Anordnungsgrund. Eilbedürftigkeit oder Dringlichkeit sei nicht gegeben. Die isolierte Darstellung der zu erwartenden Erlöseinbußen reiche nicht aus.
Das SG hat mit Beschluss vom 18.09.2024 festgestellt, dass der Widerspruch der Antragstellerin vom 25.07.2024 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19.7.2024 aufschiebende Wirkung hat. Der Eilantrag sei zulässig und begründet. Gemäß § 86b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) könne das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung hätten, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hätten, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen und in den Fällen des § 86a Abs. 3 SGG die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen. § 86a Abs. 1 SGG regele insoweit, dass sowohl Widerspruch als auch Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung hätten und dies auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung gelte. Lediglich in den in Abs. 2 dieser Vorschrift im Einzelnen aufgeführten Bereichen entfalle die aufschiebende Wirkung. Das SG teile die Auffassung der Antragstellerin und ihrer Prozessbevollmächtigten, dass es sich bei dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 25.07.2024 nicht nur um ein Informationsschreiben handele, sondern vielmehr um einen Verwaltungsakt. Ein Verwaltungsakt sei gemäß § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts treffe und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sei. Maßgeblich sei daher nicht die äußere Form eines Schreibens und ihre Bezeichnung als Informationsschreiben; maßgeblich sei, ob die in dieser Vorschrift geregelten materiellen Voraussetzungen erfüllt seien oder nicht. Sämtliche materiellen Voraussetzungen erfülle das Schreiben der Antragsgegnerin vom 19.07.2024, sodass es sich um einen Verwaltungsakt handele. Das Schreiben enthalte zumindest zwei Verfügungen: (1.) "Damit dürfen im G. entsprechende Leistungen gesetzlich nicht erbracht und abgerechnet werden."; (2.) "Damit darf grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Kontrolle, spätestens jedoch mit Bekanntwerden am 23.05.2024, keine stationäre Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur im G. mehr vorgenommen werden, bis der MD die Beseitigung der Mängel in einer erneuten Qualitätskontrolle festgestellt hat." Unstreitig habe die Antragsgegnerin damit als Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zur Regelung eines Einzelfalls agiert und damit unmittelbar in die Rechte der Antragstellerin eingegriffen, nämlich dadurch, dass sie die Erbringung von Krankenhausleistungen als zugelassenes Krankenhaus nach § 108 Nr. 2 SGB V unmittelbar aufgehoben bzw. in erheblichem Maße eingeschränkt habe; es werde im Übrigen eine Rechtsfolge gesetzt. Die Auffassung der Antragsgegnerin, dass es sich nur um eine Information an die Antragstellerin handele, weil sich die Rechtsfolge direkt aus der Richtlinie ergebe, sei rechtlich unzutreffend. Dass in Gesetzen und untergesetzlich in Richtlinien sowohl Tatbestandsmerkmale wie auch Rechtsfolgen abstrakt geregelt würden, stelle den Normalfall im geltenden Rechtssystem dar, insbesondere auch im Bereich des Krankenversicherungsrechts; mit § 92 SGB V sei dem GBA durch den Gesetzgeber eine allgemeine und umfassende Kompetenz für den Erlass von Richtlinien erteilt worden. Es bedürfe zu deren Übertragung und Anwendung im konkreten Einzelfall aber immer erst eines Umsetzungsaktes durch die dazu im Gesetz oder in untergesetzlichen Regelungen ermächtigte bzw. vorgesehene Stelle. Nichts Anderes gelte vorliegend. Der MD sei von der Antragsgegnerin mit der Kontrolle beauftragt worden, ob die in der Richtlinie beschriebenen Mindestanforderungen für die Versorgung von Patienten mit hüftgelenknaher Femurfraktur erfüllt seien und habe daraufhin den Kontrollbericht, adressiert an die Antragsgegnerin, erstellt. Erst durch das Schreiben der Antragsgegnerin vom 19.07.2024 aber komme es zur Umsetzung der in der Richtlinie nur abstrakt beschriebenen Rechtsfolge auf die Antragstellerin. Dass es nicht ohne einen solchen Umsetzungsakt gehe, schreibe das Gesetz auch insbesondere für die Einhaltung von Qualitätsanforderungen nach den §§ 136 bis 136c SGB V in § 137 Abs. 1 Satz 5 SGB V ausdrücklich vor. Danach habe der GBA auch Festlegungen "zu den Stellen, denen die Durchsetzung der Maßnahme obliegt" zu treffen. Auch im Gesetzentwurf zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung finde sich dazu die Aussage, dass bei der Festlegung der für die Durchsetzung der Folgen zuständigen Stellen je nach Maßnahme und Leistungsbereich unterschiedliche Akteure in Betracht kämen, z.B. die Kassenärztliche Vereinigung "oder die Krankenkassen, insbesondere für die Durchsetzung von Vergütungsfolgen" (BT-Drucks. 18/5372, S. 93). Abgesehen davon wäre es im Hinblick auf die Tragweite der in der Richtlinie festgelegten Rechtsfolge abwegig anzunehmen, dass Rechtsschutz zwar dann bestehe, wenn es "nur" um die Vergütung eines stationären Behandlungsfalls gehe und beispielsweise zwischen den Beteiligten die Verweildauer oder die Kodierung einer Nebendiagnose oder einer einzelnen Prozedur im Streit stehe, gleichzeitig aber kein Rechtsschutz vorhanden sein solle, wenn es nicht nur um einen Behandlungsfall gehe, sondern um eine unbekannte Vielzahl von Behandlungsfällen und ein umfassendes Leistungsverbot bzw. um einen umfassenden Vergütungswegfall mit viel weitreichenderen Konsequenzen für das betroffene Krankenhaus. Die Problematik hinsichtlich der Umsetzbarkeit der in § 7 Abs. 2 Satz 1 QSFFx-RL festgelegten Rechtsfolge ("Die Nichterfüllung von Mindestanforderungen führt zu einem Wegfall des Vergütungsanspruchs.") habe auch die Antragsgegnerin im Blick gehabt. Sie selbst weise in ihrem Schriftsatz vom 14.08.2024 darauf hin, dass es bereits an einer Anspruchsgrundlage mangele, überhaupt eine Regelung zu treffen. "Weder der Antragsgegnerin noch den anderen gesetzlichen Krankenkassen steht insoweit eine VA-Befugnis zu. Eine VA-Befugnis, welche diese zur Regelung eines Leistungs- und Vergütungsverbotes berechtigen würde, ist weder im Gesetz noch in der Richtlinie geregelt." Dieser Mangel könne aber nicht dadurch umgangen werden, indem ein Verwaltungsakt als Informationsschreiben deklariert werde. Schließlich dürften auch nicht die seit der Neuregelung des § 137 Abs. 1 SGB V sich ergebenden Anforderungen an die Richtlinien des GBA umgangen werden. Dass § 7 Abs. 2 QSFFx-RL als einzige Rechtsfolge bei Nichterfüllung von Mindestanforderungen den Wegfall des Vergütungsanspruchs vorsehe, lasse sich nicht mehr mit § 137 Abs. 1 SGB V in Einklang bringen. Es sei danach vielmehr ein gestuftes System von Folgen der Nichteinhaltung von Qualitätsanforderungen vorzusehen. Ausdrücklich heiße es in Satz 4 dieser Vorschrift, dass die Maßnahmen verhältnismäßig zu gestalten und anzuwenden seien. Demgegenüber sehe die QSFFx-RL nur das "Alles- oder-Nichts-Prinzip" vor. Der Wegfall des Vergütungsanspruchs erscheine im konkreten Fall nach Auffassung des SG auch offensichtlich unverhältnismäßig. Denn die Mindestanforderungen würden von der Antragstellerin nach dem Kontrollbericht zu einem ganz überwiegenden Teil erfüllt. Lediglich die Verneinung im Kriterienkatalog unter B 5.1 sei vom MD als Mangel festgestellt worden. Im Gesamtergebnis handele es sich daher bei dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 19.07.2024 erstens um einen Verwaltungsakt, der von der Antragstellerin zweitens zulässig mit Widerspruch angegriffen worden sei, der wiederum drittens aufschiebende Wirkung entfalte. Es handele sich schließlich viertens um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt, da die Richtlinie, auf die sich dieser Bescheid stütze, nicht mit den gesetzlichen Vorgaben in § 137 SGB V in Einklang stehe und das verfügte vollständige Leistungserbringungs- und Leistungsabrechnungsverbot unverhältnismäßig sei.
Gegen den Beschluss des SG vom 18.09.2024 hat die Antragsgegnerin am 08.10.2024 Beschwerde zum Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt.
Die Antragsgegnerin trägt vor, dass es für einen vom SG angenommenen Verwaltungsakt an der Verwaltungsakt-Befugnis fehle. Die Zulässigkeit der Handlungsform müsse sich aus der materiellen Regelungsnorm ausdrücklich ergeben, teilweise müsse die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten durch eine Normauslegung ermittelt werden (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28.08.1997 - 8 RKn 2/97, SozR 3-2600 S 118 Nr. l). Je stärker in die Rechte des Betroffenen eingegriffen werde, desto weniger sei eine Auslegung der Ermächtigungsnorm zulässig und desto klarer müsse die Eingriffsnorm formuliert sein. Vorliegend sei eine hinreichend klare Ermächtigungsgrundlage für das Handeln der Antragsgegnerin in Form der Erteilung eines Leistungserbringungs- und Abrechnungsverbots nicht erkennbar, sie finde sich nicht in § 137 SGB V und lasse sich auch nicht aus der QFD-RL des GBA und aus der MD-QK-RL oder der hier angewendeten themenspezifischen RL der QSFFx-RL entnehmen (wird im Einzelnen ausgeführt). Im Gegenteil deute der Wortlaut des § 137 Abs. 1 SGB V vielmehr darauf hin, dass ein Sanktionsregime im Sinne einer Eingriffsverwaltung mittels Verwaltungsakt auch nicht habe errichtet werden sollen. Vielmehr habe sich der Gesetzgeber mit § 137 SGB V bewusst entschieden, die Durchsetzung der Qualitätsvorgaben auf den GBA zu verlagern. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass bei Qualitätsverstößen eine eigene Sanktionsmaßnahme erfolgen solle, hätte er dies gesetzlich im Rahmen des § 137 SGB V geregelt, um die weitere Leistungserbringung und -abrechnung gerade mittels Verwaltungsakt sowie unter Anordnung des Sofortvollzugs unverzüglich zu unterbinden. Dies habe er mit § 137 SGB V indes nicht getan. Doch selbst dann, wenn die QSFFx-RL nicht rechtskonform errichtet worden sein sollte, weil § 137 SGB V möglicherweise keine Ermächtigungsgrundlage für die Regelung eines Leistungserbringungsverbots bilde, ergebe sich vorliegend für die Antragstellerin kein Anspruch auf die weitere Versorgung von Patienten mit Verletzungen im Bereich des Hüftgelenks. Dies folge aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach seien Krankenhäuser - außer in Notfällen - auch innerhalb ihres Versorgungsauftrags weder befugt, ungeeignet zu behandeln, noch berechtigt, eine Vergütung hierfür zu fordern (wird im Einzelnen ausgeführt). Vorliegend erfülle die Antragstellerin die Vorgaben zur Qualität bei der Versorgung hüftgelenknaher Femurfrakturen nach der hier gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht umfänglich.
Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
- 1.
den Beschluss des Sozialgerichts Osnabrück vom 18.09.2024 aufzuheben und
- 2.
den Antrag der Antragstellerin auf Einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen,
Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragstellerin tritt der erstinstanzlichen Entscheidung bei, die sie für zutreffend hält, und führt ergänzend aus, dass das Informationsschreiben der Antragsgegnerin bereits deshalb ein VA sei, weil er aus dem Kontrollbericht des MD die konkrete Rechtsfolge ableite und dies zudem nicht nur im eigenen Namen tue, sondern im Namen aller gesetzlichen Krankenkassen. Hierzu sei zum Sachverhalt darauf hinzuweisen, dass der Kontrollbericht vom MD sowohl an die Antragsgegnerin als auch an die Antragstellerin gesendet worden sei, nicht aber an weitere Krankenkassen. Gem. § 4 SGB V handele es sich bei Krankenkassen um rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Diese nähmen im Rahmen ihres Aufgabenkreises hoheitliche Aufgaben wahr. Unstreitig handele es sich bei Krankenkassen damit um Behörden i.S.d. § 1 Abs. 2 SGB X. Ausweislich des Bescheides vom 19.07.2024 sei die Antragsgegnerin vorliegend ausdrücklich im Namen aller gesetzlichen Krankenkassen tätig geworden und nehme somit gegenüber der Antragstellerin Aufgaben des öffentlichen Rechts wahr.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch unbegründet.
Zur Statthaftigkeit der Beschwerde legt der Senat den von der Antragsgegnerin in der Beschwerdeschrift wörtlich gestellten ausschließlichen Antrag "festzustellen, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragsstellers vom 25.07.2024 gegen das Schreiben des Antragsgegners vom 19.07.2024 unzulässig, weil nicht statthaft ist." dahingehend aus, dass die Aufhebung des Beschlusses des SG sowie die Ablehnung des Antrags der Antragstellerin auf Einstweiligen Rechtsschutz gewollt ist. Diese Auslegung entspricht dem denkbaren umfassenden Begehren und erfolgt damit zugunsten der Antragsgegnerin.
Die statthafte Beschwerde der Antragsgegnerin ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist die Beschwerdefrist gewahrt.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Der Beschluss des SG ist zum einen prozessrechtlich rechtmäßig.
Die Antragstellerin hat vor dem SG schriftsätzlich beantragt,"1. festzustellen, dass der Widerspruch der Antragstellerin vom 25.07.2024 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19.07.2024 aufschiebende Wirkung hat". Dieser Antrag ist statthaft nach Maßgabe des § 86b Abs. 1 SGG analog (allg. Ansicht: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.03.2024 - L 16 KR 26/24 B ER, juris; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 25.01.2024 - L 4 KA 128/23 B ER, juris; LSG Hamburg, Beschluss vom 24.01.2022 - L 1 KR 10/22 ER, juris; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 14. Aufl. 2023, § 86b Rn. 15 mwN; dazu auch: BSG v. 15.03.2017 - B 6 KA 35/16 R, BSGE 126, 1 Rn. 35; BSG v. 21.03.2018 - B 6 KA 44/16 R, juris Rn. 36). Aufgrund des Erfolgs des Antrages zu 1. vor dem SG und wegen der Zurückweisung der Beschwerde muss über die von der Antragstellerin vor dem SG des Weiteren gestellten und im Beschwerdeverfahren erneut angekündigten Hilfs-Anträge (zu 2. und 3.) nicht mehr entschieden werden.
Bei dem statthaften Feststellungsantrag müssen - wie bei allen Antragsarten - die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vorliegen, insbesondere das Rechtsschutzbedürfnis (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 86b, Rn. 26). Das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin ist gegeben. Ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf einstweilige Anordnung besteht in der Regel nur, wenn sich der Antragsteller zuvor an die Verwaltung gewandt, dort einen Antrag auf die Leistung gestellt und die normale Bearbeitungszeit abgewartet hat (ganz hM; ebenso z.B. LSG Berlin-Brandenburg v. 09.04.2018 - L 23 AY 6/18 B ER; LSG Baden-Württemberg v. 24.06.2019 - L 7 AS 1916/19 ER-B; Bayerisches LSG v. 03.12.2020 - L 18 SB 151/20 B ER, BeckRS 2020, 44920 Rn. 13; Wündrich SGb 2009, 267 (268); Burkiczak in: jurisPK-SGG, § 86b SGG, Rn. 356; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, § 86b, Rn. 26b). Dies ist vorliegend durch den Widerspruch der Antragstellerin vom 25.07.2024 geschehen.
Daneben hat die Antragstellerin zwar noch kein Hauptsacheverfahren eingeleitet, ggf. deshalb, weil die Antragsgegnerin nach ihrem Rechtsverständnis noch keinen Widerspruchsbescheid erlassen hat. Zum einen setzt ein Antrag nach § 86b Abs.1 SGG jedoch nicht voraus, dass bereits in der Hauptsache eine Klage erhoben worden ist, § 86b Abs. 3 SGG (vgl. LSG Berlin-Brandenburg v. 30.06.2022 - L 7 KA 8/22 ER, juris Rn. 6; LSG Baden-Württemberg v. 23.02.2024 - L 3 AS 261/24 ER-B, juris Rn. 12.; LSG Baden-Württemberg v. 29.07.2024 - L 5 KA 782/24 ER-B, juris Rn. 21). Zum anderen ist der im Streit stehende Bescheid vom 19.07.2024 von der Antragstellerin mittels Widerspruch angefochten worden, also nicht in Bestandskraft erwachsen, weshalb auch keine Bestandskraft dem Verfahren auf Einstweiligen Rechtsschutz entgegen steht (Bayerisches LSG, Beschluss vom 26.9.2011, L 7 AS 742/11 B ER; ebenso LSG Sachsen, Beschluss vom 15.3.2018 - L 7 AS 1252/17 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9.4.2018 - L 23 AY 6/18 B ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.12.2016 - L 7 AS 4120/16 ER-B; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 86b SGG Rn. 26d).
Auch liegt eine Beschwer der Antragstellerin vor, die noch andauert: die Antragstellerin erbringt aufgrund des Bescheids der Antragsgegnerin vom 19.07.2024 im Kalenderjahr 2024 nach eigenem und unwidersprochenem Vortrag keine Leistungen der stationären Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur mehr und rechnet sie auch nicht ab.
Schließlich ist die Sache auch eilbedürftig. Zwar ist eine Existenzgefährdung der Antragstellerin nicht ersichtlich (und auch nicht vorgetragen) (zum regelhaften Erfordernis der Existenzgefährdung im Leistungserbringerrecht bei § 86b SGG siehe nur: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18.07.2019 - L 4 KR 255/19 B ER; Bayerisches LSG, Beschluss vom 11.3.2019 - L 16 BA 174/18 B ER; LSG Sachsen, Beschluss vom 26.02.2019 - L 9 KR 579/24 ER-B (zu einem KH) - jeweils mwN). Nach dem glaubhaften und von der Antragsgegnerin nicht bestrittenen Vortrag der Antragstellerin ist jedoch die Versorgung des vorliegend einschlägigen Patientenguts (vorwiegend ältere Patienten nach (Sturz-)Unfällen mit Femur-Bruch) aufgrund von QSFFx-RL-Verfahren der Antragsgegnerin weder im eigenen Hause möglich noch in umliegenden Krankenhäusern, weil diese ebenfalls einen Leistungsausschluss mitgeteilt bekommen hätten. Das für dieses Patientengut medizinisch restringierte Zeitfenster für eine erfolgreiche Operation von 24 Stunden werde wegen der infolge der QSFFx-RL-Verfahren erforderlichen weitläufigen Verlegung der Patient/innen gefährdet. Hieraus ergibt sich nach Einschätzung des erkennenden Senats im Übrigen auch eine Gefährdung des (planerisch festgelegten) Versorgungsauftrags.
Der Beschluss des SG ist auch materiell-rechtlich rechtmäßig.
Das SG hat zu Recht das Vorliegen eines Verwaltungsakts vom 19.07.2024 angenommen, gegen den der von der Antragstellerin unter dem 25.07.2024 erhobene Widerspruch aufschiebende Wirkung hat. Die aufschiebende Wirkung folgt aus der Grundnorm des § 86a Abs. 1 SGG. Ein Ausnahmefall nach § 86a Abs. 2 bis 4 SGG liegt nicht vor (und wurde auch nicht behauptet), ein Antrag gem. § 86b Abs. 1 SGG, namentlich auf sofortige Vollziehung, ist nicht gestellt worden (und er wäre aus den u.g. Gründen voraussichtlich erfolglos).
Zur Begründung des Vorliegens eines Verwaltungsakts schließt sich der erkennende Senat zunächst uneingeschränkt der Entscheidung und der Begründung des SG im angefochtenen Beschluss an (vgl. § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG), namentlich
der Definition des Verwaltungsaktes in § 31 SGB X,
der vollständigen Subsumtion der Merkmale des Verwaltungsakts im vorliegenden Fall
einschließlich der vom SG erkannten Regelungen der Untersagung der Leistungserbringung und -abrechnung der stationären Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur im Krankenhaus der Antragstellerin bis zur gegenteiligen Feststellung des MD,
der grundsätzlichen Notwendigkeit eines Umsetzungsaktes (VA) einer abstrakt-generellen Regelung in Rechtsnormen wie Gesetzen und Richtlinien (RL) des GBA auf den konkret vorliegenden Einzelfall,
der Geltung dieses Grundsatzes auch bei den hier in Rede stehenden Richtlinien des GBA gem. §§ 92, 136 ff. SGB V,
der Bestätigung der Geltung des Grundsatzes bei den genannten Richtlinien gerade auch bei den Richtlinien zur Qualitätssicherung (QS-RL) mit der ausdrücklichen Vorgabe in § 137 Abs. 1 SGB V, dass der GBA auch Festlegungen "zu den Stellen, denen die Durchsetzung der Maßnahme obliegt", zu treffen habe,
der Bestätigung der Benennungs-Obliegenheit durch den GBA in der Gesetzesbegründung, in der es heißt, dass bei der Festlegung der für die Durchsetzung der Folgen zuständigen Stellen je nach Maßnahme und Leistungsbereich unterschiedliche Akteure in Betracht kommen würden, z.B. die Kassenärztliche Vereinigung "oder die Krankenkassen, insbesondere für die Durchsetzung von Vergütungsfolgen" (BT-Drucks. 18/5372, S. 93),
der Bestätigung der Erforderlichkeit eines Umsetzungsakts
durch die gesetzliche Neufassung des § 137 Abs. 1 SGB V (durch das KHSG vom 01.01.2016), die - abweichend vom Vorgänger-Recht - einen Katalog von verschiedenen Maßnahmen bei Nicht-Einhaltung der QS vorsieht und damit eine Entscheidung über die konkrete Maßnahme erforderlich macht
durch die QFD-RL, die ebenfalls einen Katalog von Maßnahmen eröffnet, die eine Konkretisierung im Einzelfall erfordert (in den themenspezifischen Richtlinien können unter Anwendung eines Stufenverhältnisses Durchsetzungsmaßnahmen in Form von Vergütungsabschlägen, Wegfall des Vergütungsanspruchs, Informationen Dritter über die Verstöße oder andere Veröffentlichungen festgelegt werden, vgl. § 5 Abs 1 QFD-RL),
der Bestätigung einer notwendigen Konkretisierung im Einzelfall durch das Vorgehen der Antragsgegnerin, die unter dem 19.07.2024 eine genaue Bestimmung über Umfang und Zeitdauer des Wegfalls der Leistungs- und Abrechnungsberechtigung traf,
des prozessrechtlich teleologischen Widerspruchs der Rechtsschutz-Möglichkeit eines KH bei Abrechnungsstreiten (z.B. Kodierstreit, primäre oder sekundäre Fehlbelegung) in jedem Einzelfall gegenüber dem Ausschluss eines Rechtsschutzes des KH bei einer Vielzahl von Einzelfällen betreffenden Entscheidung der KK nach der QSFFx-RL (hier bliebe dem KH allein die Klage gegen die RL als solcher, beklagt wäre der GBA).
Über diese zutreffende Begründung des SG hinausgehend folgt das Bestehen einer - von der Antragsgegnerin insbesondere in Abrede genommenen - sog. Verwaltungsakt-Befugnis aus einer Auslegung des § 137 Abs. 1 SGB V und der auf diese ermächtigende Norm gestützten Richtlinien des GBA, vorliegend der QFD-RL, der MD-QK-RL und der QSFFx-RL:
§ 31 SGB X bestimmt die Begriffsmerkmale eines Verwaltunsgaktes, die Norm ist aber keine Rechtsgrundlage für den Erlass von Verwaltungsakten. Der Erlass des Verwaltungsaktes unterliegt wie jedes Verwaltungshandeln dem Gesetzesvorbehalt, der sich nicht nur auf die materielle Regelung des Verwaltungsaktes, sondern auch auf die Handlungsform bezieht (Verwaltungsakt-Befugnis). Die Verwaltungsakt-Befugnis muss sich aus der materiellen Regelungsnorm ergeben, entweder ausdrücklich oder durch deren Auslegung (BSG vom 28.08.1997 - 8 RKn 2/97, SozR 3-2600 § 118 Nr. 1; BSG vom 09.06.2017 - B 11 AL 6/16 R, BSGE 123, 216; Korte in Wolff/Bachof/Stober/Kluth, § 45 Rz 18).
In der Mehrzahl der Fälle muss die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten durch eine Normauslegung ermittelt werden (vgl. Korte in Wolff/Bachof/Stober/Kluth, § 45 Rz 18; Siewert in LPK-SGB X § 31 Rz 5). Unter welchen Voraussetzungen dabei eine Befugnis anzunehmen ist, ist noch nicht einheitlich geklärt. Vielfach erschließt sie sich aus der Gesetzessystematik (vgl. Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 35 Rz 26).
Nach Überzeugung des erkennenden Senats folgt die Verwaltungsakt-Befugnis im Anwendungsbereich der QSFFx-RL aus der Normensystematik des § 137 Abs. 1 SGB V und der auf diese ermächtigende Norm gestützten Richtlinie des GBA, vorliegend der QFD-RL, der MD-QK-RL und der QSFFx-RL. Denn sowohl die ermächtigende Norm des § 137 Abs. 1 SGB V als auch die zur QS erlassenen Richtlinien des GBA der QFD-RL und der MD-QK-RL sehen im Fall einer Nicht-Erfüllung von QS-Kriterien einen Kanon von Maßnahmen (Katalog) vor, der als Rechtsfolge (Sanktion) in Kraft zu setzen ist. Die konkrete Auswahl im Einzelfall ist dabei nicht in § 137 SGB V oder in der QFD-RL und der MD-QK-RL geregelt, sie obliegt "den Stellen, denen die Durchsetzung der Maßnahme obliegt", also je nach Maßnahme und Leistungsbereich z.B. die Kassenärztliche Vereinigung "oder die Krankenkassen, insbesondere für die Durchsetzung von Vergütungsfolgen" (BT-Drucks. 18/5372, S. 93).
Diese vom Gesetz und von den Richtlinien geregelte Notwendigkeit einer Auswahlentscheidung im Maßnahmen-Katalog sowie die gleichzeitige Benennung der dafür vorgesehenen Stellen (Hoheitsträger wie KÄV oder KK) führt zur hinreichend bestimmten Verwaltungsakt-Befugnis. - Die Anforderungen an die Verwaltungsakt-Befugnis werden im Übrigen nicht sehr hoch angesetzt (Maurer/Waldhoff, § 10 Rn 30 f.).
Bestätigt wird diese Herleitung der Verwaltungsakt-Befugnis aus der Systematik der gesetzlichen und untergesetzlichen QS-Normen durch Erwägungen zur (verfassungsrechtlich vorgesehen) Rechtsschutz-Gewährleistung im KH-Recht: Zwar stehen sich nach der Rechtsprechung des BSG die Krankenkassen und Krankenhäuser sowie sonstige Leistungserbringer im Grundsatz auf der Ebene der Gleichordnung gegenüber. Jedoch werden die Leistungserbringer bei Maßnahmen der Sanktionierung in ein Unterordnungsverhältnis gedrängt, in dem einseitig-zwingende Sanktionen hoheitlicher Natur sind. Danach ist es konsequent, die Maßnahme der Verhängung von Sanktionen als Verwaltungsakt zu regeln. Dies bestätigt sich in den im hier anhängigen Fall heranzuziehenden Normen.
Die Rechtsfolgen nach § 137 Abs. 1 SGB V müssen in jedem Einzelfall von der gem. § 137 Abs. 1 S. 5 vom GBA festgelegten Stelle angeordnet werden (so auch: BeckOK KHR SGB V, § 137 Rn. 17). Auch § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 QFD-RL geht von einseitig-hoheitlichen Verfahrensweisen, Feststellungen und Anordnungen der durchsetzenden Stellen aus. Danach sind in den Richtlinien oder Beschlüssen des GBA, welche die jeweiligen Qualitätsanforderungen regeln, die konkrete Stelle oder die Stellen festzulegen:
die die Nichteinhaltung von Qualitätsanforderungen feststellen,
die die Folgen der Nichteinhaltung festlegen,
denen die Durchsetzung der Folgen der Nichteinhaltung obliegt.
Gegen derartige Sanktions-Verwaltunsgakte ist Rechtsschutz im Wege des Widerspruchsverfahrens gem. § 78 SGG und der Anfechtungsklage gem. § 54 SGG sowie ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gem. § 86b SGG zu gewähren. Im Rahmen der Rechtsbehelfe gegen Sanktionsverwaltungsakte ist inzident auch die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden GBA-Richtlinien, insbesondere der allgemeinen Sanktions-RL des GBA nach § 137 Abs. 1 Satz 5 SGB V zu prüfen (BeckOK KHR/Dettling, SGB V § 137 Rn. 65 ff; hierzu ebenso: SG Stade, Beschluss vom 17.09.2024 - S 11 KR 23/24 ER).
Der Prüfungsumfang der gerichtlichen Kontrolle des Einzelfalles würde zudem z.B. bei (unbestimmten) Rechtsbegriffen die inhaltliche Überprüfung sowohl der GBA-RL (Inzident-Prüfung) als auch des Rechtsanwenders im KH-Fall (etwa MD und/oder KK) umfassen, so etwa auch die Inhaltsbestimmung der vorliegend fallentscheidenden sog. Mindestanforderungen (zu den Problemen der inhaltlichen Bestimmung des Begriffs und zum Gesetzesentwurf zur Verlagerung der Bestimmung vom GBA auf das BMG im Entwurf eines Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes - KHVVG: Ausgewählte Aspekte der Krankenhausreform, Felix, GesR 2024, 545-551).
Nach alledem handelt es sich bei dem Schreiben der Antragsgegnerin an die Antragstellerin vom 19.07.2024 um einen Bescheid, der sich auf eine Verwaltungsakt-Befugnis stützt, weshalb der Widerspruch der Antragstellerin vom 25.07.2024 gegen den Bescheid vom 19.07.2024 aufschiebende Wirkung hat.
Ob der Widerspruch in der Sache Erfolg hat, ist vom Senat mangels Streitgegenstand nicht zu prüfen und bleibt der Prüfung in einem Hauptsache-Verfahren vorbehalten. Dort könnte ggf. u.a. zu klären und zu entscheiden sein,
1. ob die vorliegend zur Anwendung gekommenen Richtlinien des GBA vollumfänglich der gesetzlichen Neuregelung des § 137 Abs. 1 SGB V entsprechen,
2. namentlich die hier angewendete QSFFx-RL, die in § 7 Abs. 2 Satz 1 als Rechtsfolge ausschließlich den Vergütungsausschluss zulässt ("Die Nichterfüllung von Mindestanforderungen führt zu einem Wegfall des Vergütungsanspruchs.") ("Alles oder nichts-Prinzip"),
3. ob im vorliegenden Fall die Feststellungen des MD im Kontrollbericht zutreffend sind (von der Antragstellerin bestritten),
4. ob die Feststellungen des MD im Kontrollbericht - soweit sie zutreffend sind - die Maßnahme des Leistungs- und Abrechnungsausschlusses rechtfertigen (Verhältnismäßigkeit? Ratio?),
5. die Gesetzmäßigkeit (ggf. Verfassungsmäßigkeit) eines Rechtsschutz-Ausschlusses des KH gegenüber Entscheidungen von KK (MD) nach der QSFFx-RL zum Leistungs- und Abrechnungsausschluss in einer gesamten Fallkategorie (mindestens innerhalb eines bestimmten Zeitraumes)
Die Beschwerde ist nach alledem als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gem. § 63 Abs. 2 GKG durch gesonderten Beschluss.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 177 SGG.