Landgericht Göttingen
Beschl. v. 16.12.1992, Az.: 6 T 256/92
Bibliographie
- Gericht
- LG Göttingen
- Datum
- 16.12.1992
- Aktenzeichen
- 6 T 256/92
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1992, 23377
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGGOETT:1992:1216.6T256.92.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Göttingen - 23.11.1992 - AZ: 71 N 57/92
Tenor:
Der angefochtene Beschluß des Amtsgerichts Göttingen vom 23. Nov. 1992 - 71 N 57/92 - wird - einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens - aufgehoben und zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Göttingen zurückverwiesen.
Gründe
Mit der form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde wendet sich die Schuldnerin gegen, die Abweisung eines Konkursantrages ihrer Geschäftsführerin vom 17. November 1992 als unzulässig. Das Amtsgericht hat diesen Antrag ohne Anhörung der Geschäftsführerin mit Beschluß vom 23. November 1992 als unzulässig zurückgewiesen, nachdem bereits in dem Verfahren 71 N 42/92 ein früherer Konkursantrag der Geschäftsführerin mit Beschluß vom 9. September 1992 als unzulässig zurückgewiesen worden war. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die gewerbliche Niederlassung der Schuldnerin sei - entsprechend dem früheren Zurückweisungsbeschluß - im Bezirk des Amtsgerichts Kassel, so daß das Amtsgericht Göttingen für den Konkursantrag nicht zuständig sei.
Gegen diesen Beschluß wendet sich die Schuldnerin mit der Begründung, daß die Gesellschaft ihren Sitz nach Göttingen verlegt habe und im Bereich Kassel eine gewerbliche Niederlassung nicht mehr existiere. Die Feststellungen des Sequesters in dem Verfahren 71 N 42/92 träfen nicht mehr zu, weil die Gesellschaft im Bereich Kassel keine Angestellten mehr habe und Betriebsräume ebenfalls nicht mehr vorhanden seien. Es existiere nur noch ein Büro in Göttingen, ....
Die sofortige Beschwerde ist begründet, weil das Amtsgericht auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage entschieden hat. Da die antragstellende Geschäftsführerin bereits in der am 17. Nov. 1992 eingegangenen Antragsschrift dargelegt hatte, daß die Gesellschaft jegliche Aktivitäten in Kassel eingestellt hat und dort auch kein Vermögen mehr vorhanden ist, hätte das Amtsgericht vor der Abweisung des Antrages als unzulässig die Sache weiter aufklären und insbesondere Feststellungen treffen müssen, daß im Bereich Kassel entgegen den Ausführungen der Geschäftsführerin in der Antragsschrift doch noch Vermögenswerte vorhanden, sind und deshalb die Zuständigkeit des Amtsgerichts Kassel überhaupt noch in Betracht kommt. Ohne diese Feststellungen, die eine entsprechende Anhörung der Geschäftsführerin erforderlich gemacht hätten, kann der Beschluß keinen Bestand haben, weil nicht erkennbar ist, über welche Vermögenswerte die Gesellschaft im Raum Kassel noch verfügen soll. Wenn jedoch nennenswertes Vermögen der Gesellschaft in diesem Bereich nicht mehr vorhanden sein sollte, wäre das Amtsgericht Göttingen für die Entscheidung über den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens sachlich zuständig, weil die Verlegung des Sitzes nach Göttingen dafür spricht, daß sich die gewerbliche Niederlassung der Schuldnerin hier und nicht im Bereich Kassel befindet. Daß der entsprechende Eintragungsantrag der Schuldnerin an das Registergericht Göttingen noch nicht zu einer Eintragung im Handelsregister geführt hat, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, weil die Eintragung im Handelsregister keine konstitutive Wirkung für die Begründung des Sitzes hat, sondern vielmehr entscheidend ist, wo sich der Mittelpunkt der wirtschaftlichen Betätigung und der Verwaltungstätigkeit der Schuldnerin befindet (dazu Uhlenbruck/Delhes, Konkurs- und Vergleichsverfahren, 5. Aufl., Rz. 146; Kilger, KO, 15. Aufl., § 71 Rz. 3).
Das Amtsgericht Göttingen wäre im übrigen auch zuständig, wenn - gemäß den Ausführungen der Beschwerdeführerin - diese ihren Betrieb am eingetragenen Sitz vollständig eingestellt haben sollte und sich die Geschäftsbücher und Unterlagen an dem aktuell angegebenen Sitz ... in Göttingen befinden. Auch in diesem Fall wäre die Zuständigkeit in Göttingen und nicht in Kassel zu sehen (dazu Kilger, a.a.O., § 71 Anm. 3 4. Abs. ).
Da das Amtsgericht den Sachverhalt bislang nicht vollständig aufgeklärt hat und insbesondere die gemäß § 104 KO erforderlichen Antragsunterlagen weder eingefordert sind noch eine Anhörung der Schuldnerin zu den Bedenken gegen die Zuständigkeit des Amtsgerichts erfolgt ist, war der angefochtene Beschluß entsprechend § 539 ZPO aufzuheben und das Verfahren an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Eine eigene Sachentscheidung der Kammer kam mangels hinreichender Entscheidungsgrundlage nicht in Betracht.