Landgericht Göttingen
Urt. v. 12.07.2007, Az.: 8 KLs 10/06
Amtsträger; Annahme; Bestechung; Einverständnis; Gefährdungsschaden; Gemeinde; Gemeindevermögen; Kommune; Missbrauchstatbestand; Nachteil; Oberbürgermeister; Oberstadtdirektor ; Pflicht; Ratsmitglied; Schaden; Schadenseintritt; Schadensgleichheit; Spende; Treuebruch; Treuebruchstatbestand; Treueverhältnis; Untreue; Verbotsirrtum; Vermögen; Vermögensbetreuungspflicht; Vermögensinteresse; Verschleuderungsverbot; Verwaltungsausschuss; Vorsatz
Bibliographie
- Gericht
- LG Göttingen
- Datum
- 12.07.2007
- Aktenzeichen
- 8 KLs 10/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 71723
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 266 Abs 1 StGB
Tenor:
Der Angeklagte wird wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
Der Angeklagte hat seine Auslagen und die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die dem Nebenbeteiligten L. - Verein zur Förderung des sozialen, kulturellen und sportlichen Gemeinwohls in der Stadt M. e.V. - erwachsenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Angewendete Vorschrift: § 266 Abs. 1 StGB.
Gründe
I. Prozessgeschichte:
Am 18.04.2002 leitete die Staatsanwaltschaft M. aufgrund von Presseberichten in der M.er Allgemeinen Zeitung ein sogenanntes Vorermittlungsverfahren wegen Vorteilsannahme ein. Sie übersandte die Akten mit Verfügung vom 24.04.2002 an die Staatsanwaltschaft N. zur Übernahme in ihrer Funktion als Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Korruptionsstrafsachen. Die Staatsanwaltschaft N. übernahm daraufhin die Vorermittlungen und leitete mit Verfügung vom 28.05.2002 aus dem Vorermittlungsverfahren heraus ein Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten und die ehemaligen Mitangeklagten O. und P. wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ein.
Am 28.06.2004 erhob die Staatsanwaltschaft N. nach Abschluss des sehr komplexen Ermittlungsverfahrens Anklage gegen den Angeklagten und die ehemaligen Mitangeklagten O. und P. vor dem Landgericht M. - Wirtschaftsstrafkammer - und legte diesen darin eine mittäterschaftlich begangene Bestechlichkeit zur Last.
Mit Beschluss vom 03.11.2004 ließ die 5. große Strafkammer - 2. große Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts M. die Anklage der Staatsanwaltschaft N. zur Hauptverhandlung zu und eröffnete das Hauptverfahren. Die Hauptverhandlung fand sodann ab dem 29.11.2004 vor dem Landgericht M., 5. große Strafkammer - 2. Wirtschaftsstrafkammer - statt und endete am 15. Verhandlungstag, der am 27.04.2005 stattfand, mit einem Freispruch für alle drei Angeklagten.
Gegen dieses Urteil des Landgerichts M. vom 27.04.2005 legte die Staatsanwaltschaft N. Revision ein. Über die Revision entschied der BGH mit Urteil vom 11.05.2006. Mit dieser Entscheidung hob er das Urteil des Landgerichts M. mit seinen Feststellungen auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an die erkennende Kammer des Landgerichts Q. zurück.
Mit Beschlüssen vom 12.04.2007 (betr. P.) und 05.06.2007 (betr. O.) hat die Kammer das Verfahren, soweit es sich gegen die vorgenannten Mitangeklagten gerichtet hat, jeweils nach § 153a Abs. 2 StPO endgültig eingestellt. Mit Beschluss vom 24.05.2007 hat die Kammer das Verfahren, soweit es sich gegen die Stadtwerke M. AG (im Folgenden: R.) gerichtet hat, nach § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt. Die angeordnete Nebenbeteiligung des Vereins L. - Verein zur Förderung des sozialen, kulturellen und sportlichen Gemeinwohls der Stadt M. e.V. - (im Folgenden: L.) hat die Kammer mit Beschluss vom 07.06.2007 gemäß § 431 Abs. 6 StPO aufgehoben. Mit Beschluss vom 05.07.2007 hat die Kammer die Strafverfolgung gem. § 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf der Untreue beschränkt.
II. Feststellungen:
1. Zur Person:
(1) …
(2) …
(3) Der Angeklagte war in der Zeit von 1986 bis zum 04.11.2002 für die W.-Partei Mitglied im Rat der Stadt M.. Er wurde vom Rat der Stadt M. erstmals im Jahr 1991 zum ehrenamtlichen Oberbürgermeister gewählt. Dieses Amt behielt er bis zu seiner Abwahl durch den Rat der Stadt M. am 04.11.2002. In dieser Zeit war er zudem Vorsitzender des Verwaltungsausschusses der Stadt M.. Außerdem war er in der Zeit von 1996 bis nach dem vollständigen Abschluss des Verkaufs der Anteile an der X. (im Folgenden: EV-GmbH) und der Y. (im Folgenden: EV) am 31.01.2002 Vorsitzender des Aufsichtsrats der R.. Bei EV und EV-GmbH handelte es sich um zwei Tochtergesellschaften der R. (s. Rn. 10, 21, 23, 25, 26).
(4) Der Abwahl vorausgegangen war das Bekanntwerden der so genannten L.-Affäre (s. u. Rn. 100) und die daraufhin erfolgte Einleitung eines Vorermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft M., das durch die Staatsanwaltschaft N., Zentralstelle für Korruptionsbekämpfung, übernommen wurde und die hier anklagegegenständlichen Tatvorwürfe zum Gegenstand hatte. Die Ermittlungen hatten auch eine Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten zur Folge, was diesen sehr belastet hat. Die Ermittlungen zogen sich lange hin. Während dieser ganzen Zeit stand der Angeklagte im Rampenlicht der Presse, die über das Verfahren wiederholt berichtete. Auch seine Kinder mussten sich in der Schule Zeitungsartikel über das Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten entgegenhalten lassen.
(5) …
(6) …
(7) …
2. Zur Sache:
(8) Die R. war eine Aktiengesellschaft; sämtliche Aktien wurden von der Stadt M. gehalten. In der Satzung in der bis zum 19.12.2001 gültigen Fassung vom 07.06.1995 war festgelegt, dass der Vorstand der Gesellschaft aus zwei Mitgliedern besteht. …
(9) Die R. betrieb die Geschäftsfelder Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wasser und Wärme, den öffentlichen M.er Personennahverkehr und das M.er Hallenbad. Für die Energie- und Wasserversorgung bestand kein von der Stadt M. festgelegter Anschluss- und Benutzungszwang.
(10) Ende des Jahres 1998 erfolgte eine Umstrukturierung der R. in eine Holding, worauf unter Rn. 21, 23, 25, 26 noch näher eingegangen wird. Im Zuge der Umstrukturierung gründete die R. Tochtergesellschaften für die Energie- und Wasserversorgung, die EV-GmbH und die EV, sowie eine Tochtergesellschaft für den öffentlichen Personennahverkehr.
(11) Der Aufsichtsrat der R. bestand laut Satzung vom 07.06.1995 aus 18 Mitgliedern, wobei der jeweilige Oberstadtdirektor und der jeweilige Stadtdirektor der Stadt M. von dieser in den Aufsichtsrat entsandte Mitglieder waren. Von den übrigen 16 Mitgliedern des Aufsichtsrates waren sechs Arbeitnehmervertreter der R. und die übrigen vom Rat der Stadt M. gewählte Mitglieder.
(12) …
(13) …
(14) …
(15) Dem Angeklagten war in der Zeit ab Beginn der nachfolgend geschilderten Überlegungen zur Veräußerung von Teilen der R. bis zur Änderung der Satzung der R. am 19.12.2001 stets bewusst, dass die Stadt M als Alleinaktionären der R. rechtlich keinerlei Möglichkeit hatte, direkt auf die alltäglichen operativen Entscheidungen der R. Einfluss zu nehmen. Auch hinsichtlich der Entscheidung zur Veräußerung von Teilen der R. oder Anteilen an einer ihrer Tochtergesellschaften sah der Angeklagte rein rechtlich keine Möglichkeit der Einflussnahme durch die Stadt. Er sah aber die Notwendigkeit, den Rat der Stadt M. und die im Vorfeld einer solchen Ratsentscheidung mit der Thematik befassten Gremien der Stadt M. in eine solche Veräußerungsentscheidung aus politischen Gründen einzubinden und die im Rat gefällte Entscheidung als maßgeblich zu akzeptieren.
(16) Außerdem hatte der Angeklagte im Zusammenhang mit dem Verkauf der EV-Anteile stets die Vorstellung, insoweit aufgrund seiner Mitgliedschaften im Aufsichtsrat der R. und im Verwaltungsausschuss der Stadt M. sowie aufgrund seiner Stellung als Oberbürgermeister eine staatliche Angelegenheit wahrzunehmen.
(17) Im Laufe des Jahres 1996 setzten bei der Stadt M. und der R. Überlegungen ein, aufgrund der anstehenden Liberalisierung des Energiemarktes einen Teil der R. zu veräußern. Ziel war zum einen der Erlös eines Kaufpreises, der zur teilweisen Sanierung des damals schon stark verschuldeten Haushalts der Stadt M. verwendet werden sollte.
(18) Der Bestand an von der Stadt M. aufgenommenen Kassenkrediten betrug im Jahr 1998 ca. 40-50 Mio. Euro, da die Stadt M. seit 1995 nicht mehr in der Lage war, die laufenden Ausgaben durch die laufenden Einnahmen zu decken. Die Kassenkredite waren Kontokorrentkredite, die mit einem Zinssatz von 2-3 % p.a. zu verzinsen waren. Inzwischen beträgt die Summe der Kassenkredite ca. 120 Mio. Euro.
(19) Wesentliches weiteres Ziel des Verkaufs von EV-Anteilen war es, einen "strategischen Partner" für die R. zu gewinnen. Ziel dieser Partnerschaft sollte es sein, der R. das Fortbestehen und die Konkurrenzfähigkeit auf dem Energiemarkt angesichts der sich abzeichnenden Liberalisierung zu sichern. Aus diesem Grunde wurde es als erforderlich angesehen, ein großes Versorgungsunternehmen als Partner zu akquirieren, das günstige Einkaufsbedingungen anbieten konnte, Know-how zur Verfügung stellen und bei der Durchsetzung marktgerechter Absatzpreise unterstützend zur Seite stehen sollte. ...
(20) ...
(21) In der Aufsichtsratssitzung der R. vom 17.12.1997 schlug P. in seiner Eigenschaft als damaliger kaufmännischer Vorstand der R. vor, die R. zu restrukturieren, auch zwecks Findung eines strategischen Partners wegen der anstehenden Liberalisierung auf dem Energiemarkt. Die Restrukturierung sollte nach diesem Vorschlag u.a. die Ausgliederung einer Energie-GmbH und einer Verkehrs-GmbH beinhalten. …
(22) …
(23) In der Aufsichtsratssitzung der R. vom 22.06.1998 stimmte der Aufsichtsrat der R. dem Vorschlag des Vorstands der R., eine Energie-Gesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG zum 01.01.1999 zu gründen, eine Verkehrs GmbH rückwirkend zum 01.01.1998 als GmbH auszugliedern und die Gründung einer Wassergesellschaft vorerst zurückzustellen, zu.
(24) Der Vorstand der R. schrieb in der Folgezeit mehrere Energieversorgungsunternehmen an mit der Bitte, zu erklären, ob ein Interesse an einer Beteiligung an der R. bestehe.
(25) Die Umgestaltung der R. in eine Holding begann mit notarieller Beurkundung der Satzung der EV-GmbH am 07.12.1998. Dort war in § 3 geregelt, dass Gegenstand des Unternehmens der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen sowie die Übernahme der persönlichen Haftung und der Geschäftsführung der Energieversorgungs- und Entsorgungsunternehmen, insbesondere die Beteiligung als persönlich haftende geschäftsführende Gesellschafterin an der EV sowie die Durchführung aller mit diesem Geschäftszweck zusammenhängenden Tätigkeiten sei. Am selben Tag meldeten P. und O. die EV-GmbH zum Handelsregister an. Sie waren zu Geschäftsführern der EV-GmbH bestellt worden. Einzige Gesellschafterin der EV-GmbH war die R., die die Stammeinlage in Höhe von 50.000,00 DM leistete. Am 22.12.1998 trug das Amtsgericht M. die EV-GmbH in sein Handelsregister unter der Nr. HRB 2787 ein.
(26) Im Gesellschaftsvertrag der am 23.12.1998 beim Amtsgericht M. unter der Nr. HRA 2474 im Handelsregister eingetragenen EV heißt es in § 2, Gegenstand des Unternehmens sei vorrangig die Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wasser, Wärme und die Erbringung von Entsorgungsleistungen sowie der Betrieb aller damit zusammenhängenden Tätigkeiten. Einzige beschränkt haftende Gesellschafterin war die R. mit einer Kommanditeinlage von 10 Mio. DM, die durch Übertragung der Aktiva der Unternehmensbereiche "Strom, Gas, Wärme und Wasser" erbracht wurde. Komplementärin der EV war die EV-GmbH. …
(27) …
(28) …
(29) Der damalige Oberstadtdirektor AB. bemühte sich darum, den Verkauf von Anteilen an der EV und der EV-GmbH selbst beziehungsweise durch die Verwaltung der Stadt M. zu koordinieren. Dies veranlasste P. und O., ein Gutachten der Anwaltskanzlei FB. pp. einzuholen zwecks Abklärung der Frage, inwieweit AB. dazu befugt sei, den Verkauf selbst in die Hand zu nehmen. Daraufhin teilten die Rechtsanwälte FB. pp. mit Schreiben vom 18.01.1999 P. und O. mit, dass AB. nicht berechtigt sei, die Geschäftsführung der R. an sich zu ziehen. Er könne hinsichtlich des anstehenden Verkaufs der Anteile an der EV lediglich in seiner Eigenschaft als Mitglied des Aufsichtsrats der R. Information an diesen verlangen, nicht jedoch an sich persönlich.
(30) In der Sitzung des Aufsichtsrats der R. vom 20.01.1999 bestand Einvernehmen mit dem Vorstand der R., dass die letzte Entscheidung über den Verkauf der Anteile an der EV unabhängig von den formalrechtlichen Gegebenheiten durch den Rat der Stadt getroffen werden solle. Außerdem bestand Konsens, entspr. dem Betreiben des Angeklagten einen Koordinierungsausschuss zu gründen zwecks Koordinierung der Fragen der Ausgründung des Abwasserbereichs aus der Stadt M. in eine GB. und des Verkaufs der Anteile an der EV und der diesbezüglichen Interessen der Stadt M. einerseits und der R. andererseits. Der Ausschuss sollte aus Vertretern der Verwaltung der Stadt M., dem Vorstand der R., dem Arbeitsausschuss des Aufsichtsrates und jeweils einem Vertreter der großen Parteien im Rat der Stadt M. bestehen.Ihm gehörten der Angeklagte, der damalige Vorstand der R., der damalige Oberstadtdirektor AB., der damalige Stadtdirektor HB., der damalige Kämmerer CB. sowie die Ratsmitglieder IB., JB., KB., LB. bis Dezember 1999 und ab Dezember 1999 MB. an.
(31) Vielfach entschieden sich in der damaligen Zeit Kommunen beziehungsweise die von ihnen gehaltenen Stadtwerke dazu, direkt mit einem von ihnen für geeignet gehaltenen Anteilskäufer Verhandlungen aufzunehmen. Die Kaufpreisfindung erfolgte in derartigen Fällen auf der Grundlage von zu diesem Zweck erstellten Wertgutachten.
(32) Demgegenüber entschied sich die R. dazu, eine Investmentbank mit der Durchführung des Verkaufs im Wege eines sog. Mergers & Acquisitions- oder kurz M&A-Verfahrens zu beauftragen. Zu diesem Zweck schloss die R. am 27.05.1999 mit der NB. Consult GmbH (Im Folgenden: NB.), einer Tochter der NB.-Bank, eine Vereinbarung, in der sich die NB. verpflichtete, die R. beim Verkauf von Anteilen beratend zu begleiten. …
(33) Die NB. erstellte sodann zunächst eine so genannte "Longlist", in der alle aus ihrer Sicht in Frage kommenden Kaufinteressenten aufgelistet waren. Nach Rücksprache mit der R. wurde diese "Longlist" zusammengestrichen auf eine "Shortlist", in der die Unternehmen aufgelistet waren, die auch aus Sicht der R. als Anteilskäufer in Betracht kamen. Diese wurden sodann schriftlich aufgefordert, sogenannte indikative Angebote für einen Anteilskauf abzugeben.
(34) Unter anderem bot auch die DB. Aktiengesellschaft in LY (im Folgenden: DB.) mit Schreiben vom 16.07.1999 den Erwerb von Anteilen auf der Basis eines nach einem Gesamtunternehmenswert von 210 bis 270 Mio. DM zu errechnenden Preises an. In diesem Angebot wurde vorgeschlagen, die Abwassersparte von der Stadt darüber hinaus ebenfalls zu erwerben. Die DB. ist eine Holdinggesellschaft, deren Unternehmensgegenstand das Halten von Stadtwerkebeteiligungen ist. Sie hat schon damals über 100 solcher Beteiligungen gehalten, die stets Minderheitsbeteiligungen gewesen sind. Dies hat der Firmenphilosophie der DB. entsprochen, die es für wichtig gehalten hat, bei den Stadtwerken den Eindruck der Fremdbestimmung zu vermeiden. Außerdem ist Unternehmensgegenstand der DB. die Beratung der Stadtwerke gewesen, an denen sie beteiligt ist. Die angebotene Beratung hat die Bereiche Recht und Steuern, Beschaffung von Energie in Form von Strom und Gas, Buchhaltung, EDV und IT umfasst. Inhaber von 90 % der Anteile an der DB. war in den Jahren 1999 bis 2000 die OB., die übrigen 10 % hielt die PB. Energie Beteiligungs-AG (Im Folgenden: PB.). Inzwischen hält PB. 81 % der Anteile an der DB.. Die OB. ist mittlerweile im QB.-Konzern aufgegangen, die PB. ist eine Tochter innerhalb dieses Konzerns.
(35) Die PB. bot mit Schreiben vom 20.07.1999 den Erwerb von Anteilen auf der Grundlage eines für den Kaufpreis relevanten Unternehmenswertes von 220 Mio. DM an. Die PB. war eine Tochtergesellschaft der PB. AG, die in den Jahren 1999 und 2000 von den Unternehmen RB., SB., TB., UB. und einigen anderen Konzernen gehalten wurde. Inzwischen ist die PB. eine 100%ige Tochtergesellschaft der QB. AG. Bei der PB. handelte es sich in den Jahren 1999 und 2000 um einen der führenden und größten Gaslieferanten in Deutschland.
(36) …
(37) …
(38) …
(39) …
(40) Am 12.10.1999 beschloss der Aufsichtsrat der R., der Hauptversammlung der R. vorzuschlagen, 24,9 bis 25,1 % der Anteile an der EV unter der Bedingung zu veräußern, dass der R. die Möglichkeit eingeräumt würde, später weitere Anteile bis zu insgesamt 49,9 % zu veräußern (sog. Put-Option). …
(41) NB. erklärte DB. und PB. mit Schreiben vom 20.10.1999, dass beide nicht zum Kreis der Höchstbietenden zählen würden und daher aus dem weiteren Verkaufsverfahren zunächst ausgeschlossen würden, man sich jedoch eine Wiedereinbeziehung vorbehalte.
(42) O. und P. intervenierten gegen die Ausklammerung von DB. und PB. aus dem weiteren Verkaufsverfahren durch NB. gemäß Schreiben vom 20.10.1999. Hintergrund war, dass O. und P.DB. und PB. als ideale strategische Partner im unter Rn. 19 genannten Sinne ansahen und diesen Firmen den Zugang zum Datenraum ermöglichen wollten. Sie erhofften sich, dass DB. und PB. ihr Angebot nach Einsicht in den Datenraum erhöhen würden. Diese Intervention führte zur erneuten Einbeziehung der Unternehmen DB. und PB. in das Bieterverfahren.
(43) Nach Durchsicht des Datenraums durch Mitarbeiter der DB. konkretisierte diese ihr Angebot dahin, dass ihr Kaufpreisangebot sich aus einem Unternehmenswert von 240 Mio. DM inklusive der Wassersparte errechne. …
(44) NB. forderte DB. und PB. auf, eine Konsortiallösung zu erwägen.
(45) Der Rat der Stadt M. ermächtigte mit Beschluss vom 15.11.1999 auf Vorschlag des Verwaltungsausschusses vom 08.11.1999 den Vertreter der Stadt in der Hauptversammlung der R. dazu, die R. auf der Grundlage der mit NB. geschlossenen Vereinbarung mit der Vorbereitung des Verkaufs von 49,9 % der EV-Anteile zu beauftragen.
(46) Nach Rücksprache mit DB. teilte PB. am 19.11.1999 mit, dass auch PB. nunmehr bereit sei, ihr Angebot auf das gleiche Niveau wie das der DB. zu erhöhen.
(47) …
(48) Am 25.01.2000 präsentierte die NB. den Mitgliedern des Koordinierungsausschusses in GC. die Ergebnisse der Verhandlungen mit den Kaufinteressenten. Es verblieben vier Bieter, nämlich ZB., AC., die CC. und das Konsortium aus DB. und PB.. ZB. und AC. bestanden darauf, im Endergebnis über 50 % der EV-Anteile zu erwerben. Dies war vom Ratsbeschluss vom 15.11.1999 (s. Rn. 45) nicht gedeckt, so dass ein Verkauf der EV-Anteile durch die R. an ZB. und/oder AC. von vornherein ausschied. Die Angebote von CC. und DB./PB. ähnelten einander stark. Jedoch unterbreitete CC. das nominell höhere Angebot. Der Präsentation vorausgegangen waren Vertragsverhandlungen mit diesen Bietern, bei denen auch schon Detailfragen unter Beteiligung der Rechtsabteilungen der Bieter geklärt worden waren.
(49) Aufgrund der anstehenden Unternehmenssteuerreform und erhoffter damit verbundener Steuervorteile bei einem Verkauf erst im Jahr 2001 beauftragte die R. die NB. nach der Präsentation am 25.01.2000, mit den verbliebenen vier Bietern über eine Verschiebung des Verkaufs bis 2001 nachzuverhandeln.
(50) Noch während diese Nachverhandlungen liefen, kam es am 09.02.2000 zu einem Treffen zwischen O., P., CB. und dem Angeklagten einerseits sowie EB. von DB., dem Vorstandsmitglied der PB.XB. und dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der PB. und Vorstandsvorsitzenden der HC.IC. andererseits in den Räumlichkeiten der PB. in U.. AB. hatte sich gegen die Teilnahme JC. an der Zusammenkunft ausgesprochen. CB. nahm gleichwohl teil, ohne AB. anschließend über den Inhalt der geführten Gespräche zu informieren. Zur Vorbereitung des Treffens hatte XB. für IC. am 01.02.2000 einen Vermerk aufgesetzt, in dem es u.a. hieß:
"Gesprächsthemen könnten sein:
-- Situation und Zukunft des Gasmarktes
- Situation von Stadtwerken sowie die PB.-Einschätzung hierzu
- PB.-Leistungen für die Stadt M. außerhalb des Beteiligungserwerbs."
(51) Während XB., der direkt vor Abfassung des Vermerks mit O. zwecks Abklärung der Gesprächsthemen am 09.02.2000 telefoniert hatte, mit "Leistungen außerhalb des Beteiligungserwerbs" strategische Vorteile für die R. durch eine Beteiligung der PB. meinte, fasste IC. diese Passage des Vermerks dahingehend auf, dass insoweit auch Sponsoringleistungen etc. für M. besprochen werden sollten. Für IC. war es üblich, dass Kommunen beim Verkauf von Stadtwerke-Anteilen um Spenden nachsuchten.
(52) Für EB., KC. und IC. stand bereits am 09.02.2000 nahezu fest, dass die Entscheidung der R. und der Stadt M. auf einen Verkauf der EV-Anteile an das Konsortium DB./PB. hinauslaufen würde. Sie hielten allerdings die Einbindung des Rates der Stadt M. in die Verkaufsentscheidung für notwendig. IC. sah auch für die spätere Entscheidung über die Frage der Ausübung der Put-Option (s. Rn. 40) das Erfordernis, den Rat entscheiden zu lassen, während sich XB. und EB. diesbezüglich keine Gedanken machten.
(53) Bei dem Gespräch am 09.02.2000 selbst aß man zunächst gemeinsam zu Mittag. Anschließend stellte IC. in einer Tischrede das Unternehmen PB. und die Entwicklung des Gasmarkts aus Sicht der PB. vor. Sodann beschrieb der Angeklagte die Stadt M. und erwähnte hierbei auch Projekte, die in der Stadt M. evtl. durchgeführt werden sollten, für die es aber an Geld fehlte. Diese Projekte nannte der Angeklagte mit dem Ziel, eine Spendenzusage von DB. und PB. zu erhalten. Er sah es nämlich als seine Aufgabe als Oberbürgermeister an, Spenden zum Wohle der Stadt M. einzuwerben. Neben dem Wunsch, M.er Schulen mit Computern auszustatten und anderen Projekten erwähnte der Angeklagte bei der Vorstellung der Stadt M. auch das dortige LC.-Museum, das für eine bestimmte Epoche der ägyptischen Geschichte eine herausragende Bedeutung in der Bundesrepublik Deutschland gehabt hat. IC., der sich sehr für dieses LC.-Museum interessierte, sagte in der Erwiderung auf die Rede des Angeklagten zu, dass PB. 1 Mio. DM spenden werde. EB. sagte am 09.02.2000 seitens der DB. keine Spende zu.
(54) Weder IC. und XB., noch P., O. und der Angeklagte verstanden die Spendenzusage als Versprechen eines verdeckten Kaufpreises. Als solche war sie auch nicht aufzufassen. Während die Erhöhung des Kaufpreisangebots der Abstimmung innerhalb des Konsortiums zwischen DB. und PB. bedurft hätte, war es für ein einzelnes Konsortiumsmitglied ohne eine solche Abstimmung möglich, eine Spende zuzusagen. Es bestand Einvernehmen zwischen IC. und XB. sowie P., O. und dem Angeklagten, dass die Zusage von 1 Mio. DM als Spende zu verstehen sei und das Geld nur für gemeinnützige Zwecke in der Stadt M. allgemein und insbesondere auch für das LC.-Museum verwendet werden sollte. Eine Verwendung dieser 1 Mio. DM im allgemeinen Haushalt der Stadt M. für andere als gemeinnützige Zwecke wäre durch die Zusage MC. nicht gedeckt gewesen. PB. war nicht zuletzt auch die steuerliche Absetzbarkeit der Spendenzahlungen wichtig.
(55) PB. wäre - ohne dass dies am 09.02.2000 ausdrücklich erörtert worden ist - bereit gewesen, die Spende direkt an die Stadt zu zahlen zum Zweck der Unterstützung von Schulen, des LC.-Museums und anderer gemeinnütziger Einrichtungen. IC. sagte die Spende dem Angeklagten in dessen Eigenschaft als Oberbürgermeister der Stadt M. zu. Er hatte hierbei aber die Vorstellung, dass die Spende dem Angeklagten nicht persönlich zugute kommt. IC. bezweckte mit der Spende die Verbesserung des Images der PB.. Der Angeklagte erkannte, dass ihm die Spende in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister der Stadt M. mit der Möglichkeit für diese, die Spende selbst für gemeinnützige Zwecke zu vereinnahmen, zugesagt wurde und die Spende ihm nicht persönlich zugute kommen sollte, sondern sich die zuständigen Gremien der Stadt M. mit der Vereinnahmung und Verwendung der Spende zu befassen hatten.
(56) IC. hatte dem Angeklagten gegenüber nicht erklärt, die Spende sei geheim zu halten. IC. machte aber deutlich, ihm sei an einer Publikation der Spendenzahlung in den regionalen oder überregionalen Zeitungen nicht gelegen. Denn IC. wollte keine Begehrlichkeiten anderer Kommunen wecken. Weiteres erklärte IC. zu Art und Umfang einer etwaigen Bekanntmachung der Spende nicht. Er wollte allerdings, dass die M.er Politiker von der Spende erfuhren. Außerdem sollte in der Bevölkerung nach und nach das Bewusstsein entstehen, PB. habe eine Spende geleistet, ohne jedoch die genaue Höhe zu kennen. Die Kammer konnte sich keine Überzeugung davon verschaffen, dass der Angeklagte dieses Interesse IC.s an dem "Durchsickern" der Spende erkannte. Andererseits hatte der Angeklagte aber auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass IC. dies nicht wünschte.
(57) Es ist nicht ausgeschlossen, dass PB. auch unabhängig vom Erwerb der EV-Anteile eine Spende für gemeinnützige Zwecke in der Stadt M. geleistet hätte. Jedoch wäre die Spende deutlich geringer ausgefallen.
(58) …
(59) Im Anschluss an das Gespräch vom 09.02.2000 legte XB. am 14.03.2000 einen Vermerk in den Akten der PB. nieder, in dem u.a. als Ergebnis des Gesprächs vom 09.02.2000 festgehalten wurde, dass PB. für gemeinnützige Zwecke in der Stadt M. 1 Mio. DM zugesagt hatte.
(60) Am 06.03.2000 präsentierte die NB. in ihren Räumlichkeiten in Hamburg dem Koordinierungsausschuss die Auswertung der Angebote der vier verbliebenen Bieter ZB., AC., CC. und DB./PB. unter Berücksichtigung der Änderungen, die sich daraus ergaben, dass der Verkauf auf das Jahr 2001 und die Frist zur Ausübung der Put-Option auf das Jahr 2002 verschoben werden sollten. …
(61) …
(62) …
(63) …
(64) …
(65) Der Koordinierungsausschuss schlug in seiner Sitzung am 17.03.2000 dem Aufsichtsrat der R. und dem Rat der Stadt M. vor, im Endergebnis 49,6 % der EV-Anteile an das Konsortium DB./PB. zum Gesamtpreis von 119,04 Mio. DM zu veräußern. Der Verkauf sollte in zwei Tranchen erfolgen, nämlich 25,2 % der Anteile sollten bis spätestens zum 31.03.2001 zum Preis von 60,48 Mio. DM und weitere 24,4 % zum Preis von insgesamt 58,56 Mio. DM bis spätestens zum 31.01.2002 veräußert werden. … Die Mitglieder des Koordinierungsausschusses hielten aufgrund der Angebotssituation, wie NB. sie am 06.03.2000 präsentiert hatte, das Angebot des Konsortiums aus DB. und PB. für das beste.
(66) Am 22.03.2000 beschloss der Aufsichtsrat der R., alle notwendigen Maßnahmen zur Ausgliederung der Wassersparte zu ergreifen. Außerdem einigte sich der Aufsichtsrat auf die Empfehlung, der inhaltlich dem vom Koordinierungsausschuss am 17.03.2000 unterbreiteten Vorschlag zum Verkauf der EV-Anteile entsprach. In der Sitzung des Aufsichtsrats der R. wurde außerdem darauf hingewiesen, dass der endgültige Beschluss erst nach Abstimmung innerhalb der Fraktionen des Rates der Stadt M. in der Sitzung des Aufsichtsrats der R. am 27.03.2000 gefasst werden könne.
(67) Es fanden sodann innerhalb der Fraktionen des Rates der Stadt M. jene Abklärungen statt, ob im Rat dem Vorschlag des Aufsichtsrats der R. vom 22.03.2000 zugestimmt werden solle. Am 27.03.2000 begaben sich die ehemaligen Mitangeklagten O. und P. mit dem Angeklagten noch einmal nach U um IC. und XB. zu treffen. Es gab in den Vertragsentwürfen für den Kauf durch PB. einerseits und DB. andererseits unterschiedliche Regelungen hinsichtlich einer Vertragsstrafe von 1 Mio. DM, die die R. im Fall der Nichtannahme der in den Entwürfen enthaltenen Kaufangebote hätte zahlen müssen. Diese Unterschiede sollten besprochen und nach Möglichkeit beseitigt werden. Da der Vorstand der R. wegen der für den gleichen Tag angesetzten Sitzungen von Aufsichtsrat der R. sowie Verwaltungsausschuss und Rat der Stadt M. zwecks Zustimmung zum geplanten Verkauf von EV-Anteilen an DB. und PB. die Sache für eilbedürftig hielt, wurde das Treffen am 27.03.2000 spontan vereinbart und O., P. und der Angeklagte flogen mit einem gecharterten Sportflugzeug nach U. Dort trafen diese auf den Vorstandsvorsitzenden der PB., TC., sowie auf IC. und XB.. In diesem Gespräch wurden die genannten Fragen besprochen.
(68) Nach dem Treffen in U fasste sodann der Aufsichtsrat noch am 27.03.2000 den Beschluss entsprechend dem Vorschlag des Koordinierungsausschusses vom 17.03.2000.
(69) In der anschließenden Sitzung des Verwaltungsausschusses der Stadt M. beschloss dieser, dem Rat der Stadt M. vorzuschlagen, den Verkauf der EV-Anteile entsprechend dem Beschluss des Aufsichtsrats der R. vom 27.03.2000 ebenfalls zu beschließen. Diesem Vorschlag folgte der Rat der Stadt M. in seiner anschließenden Sitzung am 27.03.2000. In dieser Sitzung des Rates der Stadt M. kündigte der Angeklagte eine Initiative an, um in jedem M.er Klassenraum einen PC mit Internetzugang installieren zu können.
(70) Am 07.06.2000 begab sich der Angeklagte nach LY, um sich dort mit EB. zu treffen. Einziger Zweck dieses Treffens war es, EB. um eine Spende der DB. für die Stadt M. zu bitten. EB. sagte bei dem Treffen eine Spende der DB. für gemeinnützige Zwecke in der Stadt M. in Höhe von 250.000,00 DM zu. Auch DB. hätte - wie PB. - die Spende direkt der Stadt M. zukommen lassen mit der Zweckbindung, diese für die Förderung von Schulen, des LC.-Museums und anderer gemeinnütziger Einrichtungen zu verwenden. Auch EB. sagte die Spende dem Angeklagten in dessen Eigenschaft als Oberbürgermeister der Stadt M. zu. Er hatte hierbei - wie IC. - die Vorstellung, dass die Spende dem Angeklagten nicht persönlich zugute kommt. Der Angeklagte erkannte, dass ihm die Spende in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister der Stadt M. mit der Möglichkeit für diese, die Spende selbst für gemeinnützige Zwecke zu vereinnahmen, zugesagt wurde und die Spende ihm nicht persönlich zugute kommen sollte, sondern sich die zuständigen Gremien der Stadt M. mit der Vereinnahmung und Verwendung der Spende zu befassen hatten.
(71) EB. bezweckte mit der Spende die Verbesserung des Images der DB.. Er hatte mit dem Angeklagten keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, die Spende heimlich abzuwickeln. Jedoch wäre ihm an einer Publikation der Spendenzahlung in den regionalen oder überregionalen Zeitungen nicht gelegen gewesen. Er wollte aber, dass die M.er Kommunalpolitiker von der Spende erfuhren. Außerdem sollte in der Bevölkerung nach und nach das Bewusstsein entstehen, DB. habe eine Spende geleistet, ohne jedoch die genaue Höhe zu kennen. EB. erklärte dem Angeklagten nicht, dass und in welcher Art und Weise die Spende das Bewusstsein der Politiker und der M.er Bevölkerung erreichen sollte. Die Kammer konnte sich keine Überzeugung davon verschaffen, dass der Angeklagte erkannte, dass es EB. auf eine Bekanntmachung der Spende ankam. EB. äußerte gegenüber dem Angeklagten aber auch nicht, die Spende sei heimlich zu behandeln.
(72) In der Zeit von Mai bis September 2000 trafen sich ca. einmal im Monat der Oberstadtdirektor AB., der damalige Fraktionsvorsitzende der W. im Rat der Stadt M. und … UC. (Volljurist und früherer Staatsanwalt), der damalige Stadtverbandsvorsitzende der W-Partei der Stadt M.VC., sowie der Angeklagte zu gemeinsamen Gesprächen. Anlass für diese Treffen der sogenannten "Viererrunde" war das gespannte Verhältnis zwischen AB. und dem Angeklagten. Diese Spannungen hatten ihre Ursache in ständigen Kompetenzstreitigkeiten zwischen diesen beiden. Der Angeklagte begriff AB. als seinen Dauerrivalen. AB. war nämlich sein politischer Widersacher, der kategorisch alles zu blockieren versuchte, was der Angeklagte an Aktivitäten entfaltete oder initiierte. UC. und VC. hatten es sich zum Ziel gesetzt, mit Hilfe der gemeinsamen Gespräche das Verhältnis zwischen AB. und dem Angeklagten zu verbessern. Dies erachteten sie als notwendig, da sie der Auffassung waren, das Ansehen der Stadt würde aufgrund der in der Öffentlichkeit wahrnehmbaren Kluft zwischen AB. und dem Angeklagten leiden.
(73) Am 13.06.2000 erklärte der Angeklagte ohne Darlegung weiterer Einzelheiten über die Gespräche mit IC. und EB. pauschal in dieser "Viererrunde" in Anwesenheit des Ratsmitglieds der W.WC., dass im Zuge des Verkaufs von Anteilen der EV eventuell Spenden seitens DB. und PB. in der Größenordnung von 1 Mio. DM auf M. zukommen könnten und DB. und PB. sich eventuell kulturell und sportlich engagieren wollten. Hierbei hatte er das Bewusstsein, dass über Annahme und Verwendung dieser Spenden die zuständigen Gremien der Stadt M. zu befinden hätten und er selbst bei Zuleitung und Vereinnahmung der Spende an bzw. durch die Stadt für diese tätig werden würde. Dem Angeklagten war klar, dass die Spendenannahme und -verwendung durch die Stadt ein staatlicher Akt sein würde, der nur in dem dafür in der Niedersächsischen Gemeindeordnung (im Folgenden: NGO) vorgesehenen Verfahren erfolgen könnte. AB. gab jedoch mit den Worten "Oh, da würde ich aber sehr vor warnen" zu verstehen, dass er als Oberstadtdirektor der Stadt M. eine solche Spende nicht annehmen würde. VC. nahm die Äußerung des Angeklagten, eine Spende in dieser Größenordnung stünde in Aussicht, nicht ernst. UC. hatte angesichts der Äußerung des Angeklagten nicht den Eindruck, dass die Zahlung der Spende derartig sicher sei, dass die Stadt "nur zugreifen" müsse. Er hatte gegen die Annahme der Spende durch die Stadt aber nichts einzuwenden und erklärte mit Blick auf die mögliche Spendenzahlung von DB. und PB. wörtlich: "sollen sie doch." .
(74) Der Angeklagte, der Zustimmung oder gar Lob von AB. erwartet hatte, ärgerte sich derart über dessen Reaktion, dass er trotz seines Bewusstseins, dass die Spenden der Stadt M. als Kommune zustanden und er in seiner Position die Pflicht hatte, sie der Stadt zuzuleiten, den Entschluss fasste, die Spenden nicht der Stadt M. zukommen zu lassen, sondern diese auf anderen Wegen einzusammeln und gemeinnützigen Zwecken in der Stadt M. zuzuwenden. Nach Abschluss des Gesprächs in der "Viererrunde" am 13.06.2000 erklärte er mit Blick auf AB. gegenüber UC.: "Wenn da was kommen sollte, der sieht davon nichts."
(75) Dem Angeklagten war klar, dass der dafür zuständige Verwaltungsausschuss über die Annahme der Spenden hätte befinden müssen und er erkannte die Möglichkeit, dass der Verwaltungsausschuss der Annahme der Spende zugestimmt hätte, als naheliegend. Zumindest aber erkannte der Angeklagte die Möglichkeit als naheliegend, dass er auch gegen AB. die Annahme der Spenden durch die Stadt erfolgreich durchsetzen könnte. Der Angeklagte wollte aber aufgrund seiner Verärgerung über AB. verhindern, dass dieser künftig Einfluss auf Spendenannahme und Spendenverteilung würde nehmen können und entschloss sich daher, die Spende in jedem Fall nicht der Stadt M. selbst zuzuführen. Der Verwaltungsausschuss hätte der Annahme der Spende auch tatsächlich mehrheitlich zugestimmt.
(76) Die DB. hätte die Spende bei Zustimmung des Verwaltungsausschusses der Stadt M. zur Annahme trotz der ablehnenden Haltung des AB. an die Stadt M. gezahlt. Gleiches gilt für PB.. Der Angeklagte hielt dies für möglich.
(77) Zur medienwirksamen Darstellung des EV-Anteilsverkaufs und zur Präsentation der Erwerber DB. und PB. fand auf dem Dach des M.er LC.-Museums am 14.06.2000 eine symbolische Vertragsunterzeichnung statt, die rechtlich mangels notarieller Beurkundung nicht wirksam war, wie alle Teilnehmer an dieser Veranstaltung wussten. Anlässlich dessen erwähnten Vorstandsmitglieder der Käuferinnen gegenüber der anwesenden Presse, dass DB. und PB. sich mit einer Spende in der Stadt M. engagieren würden. Über die Höhe der Spenden wurde allerdings nichts gesagt.
(78) Die R. schloss am 29.06.2000 in notariell beurkundeten Verträgen mit DB. und PB. Vereinbarungen, in denen diese anboten, je 12,6 % der Anteile an der EV und der EV-GmbH zum Preis von je 30,24 Mio. DM zu kaufen. In dieser notariellen Urkunde des Notars XC. mit Amtssitz in YC. war des Weiteren für den Fall der Nichtannahme der Angebote von DB. und PB. die Zahlung eines pauschalierten Schadensersatzes in Höhe von je 1 Mio. DM zu Lasten der R. vereinbart. DB. und PB. erklärten in diesen Vertragsurkunden, sich an das Angebot zum Erwerb der Anteile bis zum 31.03.2001 gebunden zu fühlen. Ferner war darin als Bestandteil des Angebots die Vereinbarung der so genannten Put-Option enthalten. …
(79) …
(80) Zu einem nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt im Frühsommer des Jahres 2000 nach dem 13.06.2000 rief der Angeklagte den … Kämmerer CB. an und kündigte die von PB. und DB. zugesagten Spenden an. Der Angeklagte wollte von CB. wissen, wie man mit dem Geld umgehen könne. CB. riet zur Gründung eines Vereins. Der Angeklagte war sich trotz dieses Ratschlags seiner Pflicht bewusst, die Spende der Stadt zukommen und deren Gremien hierüber entscheiden lassen zu müssen. Trotz dieses Bewusstseins erklärte der Angeklagte anschließend gegenüber dem W.-Ratsmitglied Rechtsanwalt ZC., dass DB. und PB. evtl. Spenden leisten wollten und bat ZC. um die Ausarbeitung einer rechtlichen Konstruktion, mit deren Hilfe die Spenden ohne Einschaltung der Stadt M. vereinnahmt und verwendet werden könnten. Über Einzelheiten der Gespräche, in denen seitens DB. und PB. die Spenden zugesagt worden waren, informierte der Angeklagte den Rechtsanwalt ZC. nicht. Er erklärte ihm lediglich, auch in anderen Kommunen sei dies schon so gehandhabt worden. Daraufhin legte Rechtsanwalt ZC. am 21.06.2000 eine entspr. Handakte an.
(81) …
(82) Am 29.08.2000 gründeten das M.er W.-Ratsmitglied BD., der Leiter der Filiale der CD. in M.DD., das M.er W.-Ratsmitglied Rechtsanwalt ZC. und der ehemalige Leiter des LC.-Museums ED. zusammen mit den ehemals mitangeklagten P. und O. sowie dem Angeklagten den Verein L..
(83) In der von ZC. verfassten Satzung heißt es u.a.: …
(84) In der Gründungsversammlung wählten die Gründungsmitglieder den Angeklagten zum ersten Vorsitzenden, …
(85) Der Gründung von L. waren zu diesem Zweck geführte Gespräche des Angeklagten mit den übrigen Gründungsmitgliedern vorausgegangen. Der Angeklagte verfolgte mit der Vereinsgründung das alleinige Ziel, die von EB. und IC. zugesagten Spenden an der Stadt M. vorbei zu vereinnahmen, zu verwalten und gemeinnützigen Zwecken zuzuführen. In den Gesprächen wies der Angeklagte darauf hin, dass der Verein zwecks Vereinnahmung einer größeren Spende gegründet und diese Spende gemeinnützigen Zwecken zugeführt werden solle. Etwas genauere Angaben zur Herkunft der Spende machte der Angeklagte nur gegenüber ZC., den er einweihte. Die übrigen Gründungsmitglieder informierte der Angeklagte nicht über die Identität der Spender, allerdings fragten diese auch nicht nach. ZC. äußerte keine rechtlichen Bedenken gegen den Vorgang, hatte solche auch nicht. Der Angeklagte hatte ihm insoweit aber auch keinen Prüfauftrag erteilt. Der Angeklagte hatte ihm vielmehr gesagt, auch in anderen Kommunen sei die Abwicklung solcher Spenden über einen gemeinnützigen Verein erfolgt und er, ZC., möge die rechtlichen Schritte für eine Vereinsgründung einleiten. Auch informierte der Angeklagte ihn nicht im einzelnen über Ablauf und Inhalt der Gespräche, in denen IC. und EB. die Spenden zugesagt hatten. ZC. wusste lediglich, woher die Gelder stammten. Der Angeklagte hatte ungeachtet der Einschaltung ZC.s nach wie vor das Bewusstsein, dass die Spenden der Stadt M. zustanden.
(86) Mit Schreiben vom 02.11.2000 jeweils an DB. und PB. bat der in die Vorgänge inzwischen eingeweihte O. um Zahlung der zugesagten Spendenbeträge an L.. Die Schreiben waren auch von dem ehemals mitangeklagten P. unterschrieben. Darin hieß es unter anderem, dass die Spende "für den gemeinnützigen Verein "L.", … (Vereinsvorsitzender ist Herr OB ....)" geleistet werden solle. DB. zahlte daraufhin am 10.11.2000 den zugesagten Spendenbetrag von 250.000,00 DM an L..
(87) PB. zahlte zunächst nicht. Erst nach einem weiteren mit dem Steuerexperten der PB., einem Herrn FD., erörterten Brief vom 23.11.2000 unter dem Briefkopf L. der Sekretär O.,GD., HD.M." , in dem nochmals um eine Spende an L. gebeten wurde, zahlte PB. am 11.12.2000 einen Teilbetrag in Höhe von 340.000,00 DM auf Weisung des Vorstandsmitglieds der PB., XB.. Dieser veranlasste des Weiteren zugleich die automatische Zahlung weiterer Teilbeträge in Höhe von jeweils 330.000,00 DM zum Ende der Jahre 2001 und 2002. Hintergrund für die Aufteilung der zugesagten Spende von 1 Mio. DM in drei Teilzahlungen war die Absicht der PB., nicht in einem Betrag eine so hohe Spende leisten zu wollen. Während die zweite Teilzahlung noch am 01.12.2001 erfolgte, sorgte XB. aufgrund des Bekanntwerdens der Vorgänge um L. in der Öffentlichkeit im April 2002 (s. Rn. 100 a.E.) dafür, dass die dritte Rate nicht mehr ausgezahlt wurde.
(88) … Der Angeklagte ließ sich weder von den Spendenzusagen am 09.02.2000 und 07.06.2000, noch von den abgeforderten Spendenzahlungen in seiner Entscheidungsfindung oder seinem Handeln beeinflussen.
(89) Der Aufsichtsrat der R. beschloss in seiner Sitzung vom 20.03.2001 die Annahme der Angebote von DB. und PB. gemäß den notariellen Verträgen vom 29.06.2000, …
(90) …
(91) …
(92) …
(93) …
(94) …
(95) …
(96) …
(97) …
(98) …
(99) …
(100) In den Sitzungen der Mitgliederversammlung von L. beschlossen die Mitglieder auf Vorschlag der einzelnen Vereinsmitglieder nach teils kontroversen Diskussionen und mitunter auch erfolgten Ablehnungen einzelner Vorschläge die folgenden Spendenzahlungen aus dem Vereinsvermögen, die auch geleistet wurden:
- 10.000,00 DM an die KD. Gemeinde M. zum Erwerb einer Thora-Rolle anlässlich der Eröffnung des dortigen Gemeindezentrums, auf Vorschlag des Angeklagten.
- 10.000,00 DM für Studienstipendien an Studenten aus LD. für deren Aufenthalt an der Fachhochschule M., auf Vorschlag nicht aufklärbarer Herkunft.
- 20.000,00 DM an den M.er Kunstverein zur Installation der Beleuchtung des MD., auf Vorschlag des Angeklagten.
- 30.000,00 DM für die Finanzierung eines Magazinneubaus der M.er Grabung in ND., auf Vorschlag von ED.. In dem vom Angeklagten unterzeichneten Anschreiben von L. an den örtlichen Grabungsleiter OD. für die Spende betreffend die Grabung in PD. war ausgeführt, dass die Spende zurückgefordert werden würde, sollte die Projektleitung nicht bei ED. verbleiben, sondern an eine andere Person, insbesondere an dessen Nachfolgerin als Leiterin des LC.-Museums, QD., gehen. Hintergrund hierfür war, dass der Angeklagte und ED. mit der Arbeit der neuen Museumsleiterin und ihrem Engagement für die Partnerschaft mit RD. unzufrieden waren.
- 40.000,00 DM an den Förderverein Fußball e.V. M. für das Projekt "Fußball und Bildung", auf Vorschlag von ZC..
- 50.000,00 DM an den Verein SD. (im Folgenden: TD.), auf Vorschlag von ED..
- 5.000,00 EUR an das Frauenhaus M. zur Errichtung eines Zaunes, auf Vorschlag von DD..
- 75.013,06 EUR für die Anschaffung von Computern im UD.-Gymnasium , auf Vorschlag des Angeklagten. … Am 13.03.2002 fand in Anwesenheit von Vertretern der Zeitung ZD. und der M.er Allgemeinen Zeitung sowie des Angeklagten die Übergabe der Computer statt. Über diese Veranstaltung berichtete wenige Tage später die M.er Allgemeine Zeitung. In dem Artikel war davon die Rede, den Kontakt zur Schule habe der Angeklagte hergestellt. In den kurz darauf folgenden Osterferien wurden die Computer entwendet. Die über die Stadt als Schulträgerin abgeschlossene Elektronikversicherung ersetzte die Computer anstandslos. Im Zuge des Bekanntwerdens des Computerdiebstahls deckte die Presse die Identität des Computerspenders - L. - auf. Bei weiteren Recherchen erfuhr die Presse, wer hinter L. steht und dass das Vereinsvermögen aus anlässlich des EV-Anteilsverkaufs gezahlten Spendengeldern von DB. und PB. stammte. Die daraufhin erschienenen Zeitungsartikel führten schließlich zur Einleitung des Ermittlungsverfahrens und zur verfahrensgegenständlichen Anklage. Auch AB. erfuhr erst durch diese Presseveröffentlichungen von der Gründung von L., der Spendenzahlung seitens DB. und PB. und der Verwendung der Spenden durch L..
(101) …
(102) …
(103) Der Angeklagte erwähnte gegenüber VD. und EE., die Spendengelder kämen von der R.. Die übrigen Spendenempfänger wurden über die wahre Herkunft des Geldes nicht unterrichtet. Der Angeklagte wollte diese so verheimlichen, weil er fürchtete, die von ihm initiierte Vereinnahmung der Spenden von DB. und PB. unter Umgehung der Stadt M. könnte ansonsten bekannt werden und er würde sich dem Vorwurf ausgesetzt sehen, der Stadt M. zustehendes Geld dieser vorenthalten zu haben, um es nach seinen Vorstellungen und denen der übrigen Mitglieder des Vereins L. zu verteilen.
(104) Die von L. geleisteten Spenden wären als Leistungen der Stadt M. an die Spendenempfänger ohne die Zahlungen von DB. und PB. nicht erbracht worden. Allerdings zahlte die stadtnahe FE.-Stiftung für die Restaurierung der mit Hilfe der Spende von L. erworbenen Thora-Rolle ebenfalls eine - weitere - Spende in Höhe von 15.000,00 DM.
(105) Außerdem zahlte die Stadt M. an das UD.-Gymnasium - weitere - 50.000,00 DM zum Erwerb von Computern. …
(106) Zwar hätte die Stadt M., wären die Gelder von DB. und PB. ihr zugeflossen, ebenfalls mit den Spenden gemeinnützige Zwecke unterstützen müssen, weil das der Zweckbestimmung der Zuwendungen entsprochen hätte. Dies hätten jedoch Zwecke sein können, für die zwar im zur Zeit der Spendenzahlungen laufenden Haushalt noch kein Geld vorgesehen war, in den Folgejahren aber auch ohne die Zuwendungen von DB. und PB. ein entsprechender Titel in den Haushaltsplan aufgenommen worden wäre. Der Angeklagte rechnete mit dieser Möglichkeit, wollte aber diese Form der Spendenverwendung verhindern. Es lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass die Stadt M. die Spenden für dieselben oder ähnliche Zwecke verwendet hätte, wie L. dies tat, so dass die Stadt gemeinnützige Zwecke unterstützt hätte, die sie ohne die Spende nicht gefördert hätte. Zwischen Eingang der Spendengelder auf einem Konto der Stadt M., Entscheidung über die Verwendung und Auszahlung an die Begünstigten wären wenigstens vier Wochen vergangen. Der Angeklagte wusste ab dem Zeitpunkt seines Entschlusses, das Geld nicht der Stadt zukommen zu lassen, dass der Stadt durch Vorenthalten der Spendengelder ein Zinsschaden droht, weil sie das Geld in der Zeit zwischen Geldeingang und Verwendung nicht für sich zinsbringend nutzen konnte.
(107) Der Angeklagte trat am 22.04.2002 aus L. aus. Gegen die Stimme O.s beschlossen die verbliebenen Mitglieder von L. am 24.04.2002 die Auflösung des Vereins.
(108) …
(109) Wegen Bedenken ZC.s hinsichtlich der Wirksamkeit des Auflösungsbeschlusses wurde die Auflösung von L. erneut am 09.07.2002 beschlossen. Liquidator des Vereins ist BD.. Das Vermögen des Vereins bestand am 07.06.2007 aus zwei Kontenguthaben, nämlich auf einem Girokonto in Höhe von 9.742,00 Euro und auf einem Festgeldkonto in Höhe von 330.167,00 Euro. Dieses Vermögen kann derzeit noch nicht satzungsgemäß an die Stadt M. ausgezahlt werden, weil das Sperrjahr gemäß § 51 BGB noch nicht abgelaufen ist. Jedoch ist die Auszahlung beabsichtigt.
III. Feststellungsgrundlage und Beweiswürdigung:
….
Zu Rn. 55:
…
c)
Dass IC. die Spende dem Angeklagten in dessen Eigenschaft als Oberbürgermeister der Stadt M. zusagte, ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass für ihn Spendengesuche von Oberbürgermeistern üblich waren und die Zusage im unmittelbaren zeitlichen Anschluss an die Vorstellung "der Stadt M. " geäußert wurde. Dies und die mit der Spendenzusage bezweckte Imageverbesserung begründen die Überzeugung der Kammer, dass IC. die Spendenzusage gegenüber dem Angeklagten allein aufgrund dessen Stellung als Oberbürgermeister erteilte. Der Angeklagte führte das Gespräch in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister. Er trat nicht als Privatmann auf. Er schilderte in seiner dienstlichen Eigenschaft die Vorzüge und Bedürfnisse der Stadt; auch mit seinem Amt als Aufsichtsratsvorsitzender der R. hatte dies nichts zu tun, weil die R. nicht den Nöten gemeinnütziger Träger in M. verpflichtet ist, sondern - politisch - nur die Stadt. Der Angeklagte setzte sich bei seinem Bemühen um eine namhafte Spende unzweifelhaft für "seine" Stadt ein - und damit aus seinem Amt als Oberbürgermeister heraus.
Dass dies auch nach außen erkennbar war, folgt schon aus der Lebensnähe dieses Zusammenhangs. Deshalb hat nicht zuletzt auch der Zeuge XB. angegeben, IC. habe der Stadt M. 1 Mio. DM zugesagt - ohne dass der Spendenempfänger ausdrücklich benannt worden wäre. Vor allem aber hat auch der Angeklagte selbst nach eigenem Verständnis bei Vorstellung der Stadt M. in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister gehandelt.
d) Die Feststellung hinsichtlich der Vorstellung IC.s, die Spende habe nicht dem Angeklagten persönlich zugute kommen sollen, gründet sich auf den Umstand, dass der Zeuge die Spende dem Angeklagten gerade in dessen Eigenschaft als Oberbürgermeister zusagte.
...
f) Dass der Angeklagte erkannte, dass ihm die Spende in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister zugesagt wurde, folgt bereits aus seiner eigenen Einlassung, er habe es als Oberbürgermeister als seine Aufgabe empfunden, Spenden für die Stadt M. zu akquirieren und er habe mit der Vorstellung der Projekte am 09.02.2000 etwas getan, was er als Oberbürgermeister auch bei anderen Gelegenheiten mehrfach getan habe in der Hoffnung, eine Spendenzusage zu erhalten. Der Umstand, dass der Angeklagte seiner eigenen Einlassung zufolge mit dieser Intention handelte, IC. die Spendenzusage gegenüber dem Angeklagten in dessen Eigenschaft als Oberbürgermeister erklärte und dies auch von XB. so verstanden wurde, begründet die Überzeugung der Kammer, dass der Angeklagte die Spendenzusage so auffasste, wie sie auch gemeint war.
g) Der Angeklagte hat sich zwar dahin eingelassen, er habe die Spende zu keinem Zeitpunkt direkt für die Stadt M. akquirieren wollen. Dies ist eine durch die Beweisaufnahme widerlegte Schutzbehauptung. Die Kammer ist vielmehr davon überzeugt, dass dem Angeklagten bewusst war, die Spende der Stadt M. zuführen zu können und zuführen zu müssen mit dem Ziel, dass deren zuständigen Gremien über die Vereinnahmung und Verwendung des Geldes zu entscheiden haben würden.
Denn ihm war klar, dass er die Spende in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister akquiriert hatte; er hielt es sogar für seine Amtsaufgabe, in dieser Weise tätig zu werden. Das hat der Angeklagte selbst eingeräumt. Er war bereits seit langen Jahren M.er Oberbürgermeister und als solcher mit demokratischen und rechtsstaatlichen Gepflogenheiten vertraut. Es entspricht selbst aus Laiensicht einer Selbstverständlichkeit, dass ein auf solchem Wege akquirierter, ganz erheblicher Geldbetrag von 1 Mio. DM dann konsequenter Weise auch der Stadt und damit deren zuständigen Gremien zuzuführen ist; eine Verwendung durch ein demokratisch nicht legitimiertes, gleichsam privates Gremium scheidet ebenso offenkundig aus. Dass einem langjährig erfahrenen Kommunalpolitiker wie dem Angeklagten dies erst recht bekannt und bewusst war, liegt auf der Hand. Jedenfalls gilt dies dann, wenn die gemeinnützigen "Endempfänger" des Geldes und die Höhe der an sie zu bewirkenden Zuwendungen - wie hier - noch nicht feststehen. Es mag sein, dass ein Oberbürgermeister auch befugt ist, Spendengelder in der Weise für gemeinnützige Träger zu akquirieren, dass er solche gegenüber den Spendern namhaft macht und diese dann konkret jene Spendenempfänger und den Umfang ihrer Zuwendung bezeichnen. Ein solcher Fall liegt hier freilich nicht vor.
Dass auch der Angeklagte seine Pflichten in dieser Weise verstand, folgt daraus, dass er dem Zeugen AB. die Spende - wenn auch nur als vage Aussicht - andiente. Der Angeklagte tat also zunächst tatsächlich, was er tun musste, obwohl er AB. als seinen Dauerrivalen begriff. AB. war nämlich sein politischer Widersacher, der kategorisch alles zu blockieren versuchte, was der Angeklagte an Aktivitäten entfaltete oder initiierte, wie zur Überzeugung der Kammer aus den im Wesentlichen übereinstimmenden dahingehenden Bekundungen der Zeugen HB., UC., WC., VC. und CE. hervorgeht. Hätte der Angeklagte die Zuwendung des Geldes an die Stadt von vornherein nur als Möglichkeit und nicht als Pflicht verstanden, so hätte es nahe gelegen, angesichts jener Rivalität den Zeugen AB. von Beginn an aus dem Vorgang herauszuhalten, um sich alleine und selbstständig um die Verwaltung der Spendengelder zu kümmern.
Dass der Angeklagte die Dinge in diesem Sinne wahrgenommen hat, folgt schließlich auch aus seinem späteren Verhalten, nachdem er sich entschlossen hatte, das Geld L. zuzuführen. Er informierte nämlich niemanden außer den bereits eingeweihten O., P. und CB. darüber, unter welchen Umständen er genau zu der Spendenzusage gekommen war, nämlich indem er diese ohne genaue Bezeichnung der zu fördernden Zwecke in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister der Stadt M. akquiriert hatte. Insbesondere gilt dies auch für den Zeugen Rechtsanwalt ZC.. Hätte er diesen Zeugen vollständig informiert, so hätte er damit rechnen müssen, dass dieser als Rechtsanwalt und Ratsmitglied darauf bestanden hätte, das Geld über die Gremien der Stadt laufen zu lassen. Stattdessen bemühte sich der Angeklagte auch ZC. gegenüber nicht um vollständige Aufklärung, sondern teilte ihm mit, die Spendenvereinnahmung und -verwaltung über einen Verein sei auch in anderen Kommunen schon so gehandhabt worden, ohne die Besonderheiten der Spendenakquisition im vorliegenden Fall zu verdeutlichen.
Als weiteres Indiz stellt sich die insoweit vom Angeklagten unter dem 29.04.2002 abgegebene Erklärung dar (vgl. Rn. 108). Denn darin schob er - tatsächlich nicht existierende - steuerliche Gründe vor, weswegen die Zahlungen nicht der Stadt M. zugeleitet worden seien. Der Angeklagte sah mithin durchaus seine Verpflichtung, der Stadt das Geld zur Verfügung zu stellen und versuchte, seinen Pflichtverstoß durch eine bewusst wahrheitswidrige, irreführende Erklärung zu kaschieren.
Nicht anders verhält es sich bzgl. der Zeugen EE und VD. Im Zusammenhang mit Zuwendungen von L. an TD., für den EE. tätig war, und das UD.-Gymnasium , dessen Direktor VD. war, erklärte der Angeklagte nämlich wahrheitswidrig, es handele sich um Geld, das von den Stadtwerken im Zusammenhang mit dem Anteilsverkauf herrühre; der Zeuge EE. hatte zuvor sogar ausdrücklich nach der Finanzierung von TD. gefragt. Auch diesen Zeugen gegenüber bemühte sich der Angeklagte also um Verheimlichung der wahren Herkunft des Geldes. Dies lässt sich nicht damit begründen, der Angeklagte habe Anhaltspunkte dafür gehabt, dass DB. und PB. eine heimliche Abwicklung der Spendenannahme und Verteilung gewünscht hätten. Solche Anhaltpunkte lieferten PB. und DB. dem Angeklagten, wie unter Rn. 56 und 71 festgestellt, gerade nicht. Im Gegenteil, die Vorstandsmitglieder von DB. und PB. erklärten gegenüber der Presse am 14.06.2007 (vgl. Rn. 77), dass sich DB. und PB. in M. sozial engagieren würden. Die fehlende Offenheit des Angeklagten hinsichtlich der Geldherkunft erscheint vielmehr vor dem Hintergrund plausibel, dass der Angeklagte unangenehme Fragen seitens des AB. fürchtete. Diese wiederum musste er nur fürchten, wenn er das Bewusstsein hatte, die Rechtmäßigkeit seines Handelns nicht plausibel begründen zu können. Diese Befürchtung des Angeklagten begründet die Annahme, er habe die Pflichtwidrigkeit seines Handelns erkannt.
…
Zu Rn. 75:
a) Die Feststellungen zur Kenntnis des Angeklagten, der Verwaltungsausschuss hätte über die Annahme der Spende beschließen müssen, gründet sich auf den Umstand, dass der Angeklagte im Jahr 2000 bereits seit nahezu neun Jahren Oberbürgermeister der Stadt M. und daher mit den maßgeblichen kommunalrechtlichen Vorschriften vertraut war. Aufgrund der zentralen Bedeutung des § 62 Abs. 1 Nr. 6 NGO, wonach der Oberstadtdirektor nur für Geschäfte der laufenden Verwaltung zuständig und im Übrigen, also für die Geschäfte der nicht laufenden Verwaltung der Verwaltungsausschuss zuständig war, ist die Kammer davon überzeugt, dass der Angeklagte erkannte, dass die Entscheidung über die Annahme der Spende in die Zuständigkeit des Verwaltungsausschusses gefallen wäre. Aus der Hauptsatzung, deren Inhalt im Wege des Selbstleseverfahrens nach § 249 Abs. 2 StPO eingeführt wurde, ergibt sich nichts dafür, dass AB. als Oberstadtdirektor für die Spendenannahme hätte zuständig sein können. Die Annahme einer Geldzuwendung von weit mehr als 1 Mio. DM war so offenkundig ein völlig ungewöhnliches und damit kein Geschäft der laufenden Verwaltung, dass sich der Angeklagte der Erkenntnis darüber schlechterdings nicht verschlossen haben kann. Daran ändert auch der Wortlaut der Äußerung des Angeklagten gegenüber dem Zeugen UC. nichts, "wenn da was kommen sollte, der sieht davon nichts." Der Angeklagte wollte verhindern, dass AB. würde in irgendeiner Weise Einfluss auf die Spendenverteilung nehmen können, und sei es durch einen Beschlussvorschlag gegenüber Verwaltungsausschuss und Rat. Die spontane Äußerung des Angeklagten hatte nichts mit seiner Vorstellung zur Kompetenzverteilung zwischen den Organen der Stadt zu tun, sondern ausschließlich mit seinem Entschluss, der Stadt schlechthin das Geld nicht zukommen zu lassen.
Überdies befand sich der Angeklagte schon seit längerer Zeit in ständigem Kompetenzgerangel mit dem Oberstadtdirektor AB.. Es liegt auch deshalb nahe, dass ihm als Oberbürgermeister die Vorschriften der NGO bekannt waren, die es der Stadt ermöglicht hätten, die Spende auch gegen den Willen des AB. annehmen zu können.
Dass der Angeklagte nicht dafür sorgte, die Entscheidung über die Spendenannahme auch gegen den Willen des AB. herbeizuführen, lässt sich plausibel nur aus seinem Ärger über AB. erklären; deswegen wollte er verhindern, dass "der davon etwas sieht". Aus diesem Grunde fasste der Angeklagte den Entschluss, die Spende in jedem Fall nicht der Stadt M. selbst zuzuführen.
…
IV. Rechtliche Würdigung:
(110) Der Angeklagte hat den Tatbestand der Untreue in Form der Treubruchalternative nach § 266 Abs. 1 StGB verwirklicht, worauf die Kammer die Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO beschränkt hat. Nach dieser Norm begeht eine Untreue, wer die ihm durch Gesetz oder Treueverhältnis obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, einen Nachteil zufügt.
(111) Der Angeklagte hatte gegenüber der Stadt M. eine Vermögensbetreuungspflicht kraft Gesetzes aufgrund seiner Stellungen als Vorsitzender des Rates (und damit zugleich ehrenamtlicher Oberbürgermeister) und insbesondere als Vorsitzender des Verwaltungsausschusses der Stadt M. . Daran ändert der Umstand nichts, dass nach der damals in M. noch geltenden NGO a. F. die so genannte "Doppelspitze" bestand, so dass der Angeklagte als Oberbürgermeister rein repräsentative Aufgaben hatte und der Oberstadtdirektor Außenvertretungsorgan der Stadt M. war. Denn die sich aus § 39 Abs. 1 S. 1 NGO a.F. ergebende Vermögensbetreuungspflicht trifft sogar jedes Ratsmitglied. Diese Vermögensbetreuungspflicht konkretisiert sich in § 82 Abs. 2 NGO in der damals gültigen Fassung. Danach ist die Haushaltswirtschaft sparsam und wirtschaftlich zu führen. Diese Norm gilt insbesondere für den Rat, der nach § 40 Abs. 1 Ziffer 8-14 NGO neben dem Erlass der Haushaltssatzung (§ 40 Abs. 1 Nr. 8 NGO) über bedeutsame Vermögensverfügungen zu entscheiden hat. In § 40 Abs. 1 Nr. 8-14 NGO schlägt sich das nach § 1 Abs. 1 Satz 1 NGO auch die Gemeinden beherrschende Demokratieprinzip nieder. Über die Finanzen soll ein von den Bürgern gewähltes Gremium entscheiden. § 82 Abs. 2 NGO richtet sich aber daneben auch an den Verwaltungsausschuss, der zum Einen nach § 57 Abs. 1 NGO Beschlüsse des Rates vorzubereiten und zum Anderen auch über diejenigen Angelegenheiten zu beschließen hat, die zwar nicht der Beschlussfassung des Rates bedürfen, gleichzeitig aber auch nicht zu den Angelegenheiten der laufenden Verwaltung im Sinne des § 62 Abs. 1 Ziffer 6 NGO in der vor dem 22.08.1996 geltenden Fassung (im Folgenden: NGO a.F.) zählen. Die NGO a.F. galt in der Stadt M. noch bis zum 31.01.2006, da die Amtszeit des damaligen Oberstadtdirektors AB. noch nicht geendet hatte.
(112) Eine weitere Konkretisierung der Vermögensbetreuungspflicht ergibt sich aus § 97 Abs. 1 S. 2 NGO in der damals gültigen Fassung, wonach Gemeindevermögen grds. nicht unter Wert veräußert werden darf (mit gleicher Begründung bejaht auch Weber in Bay. VerwBl. 1989, 166-169 {168} eine Vermögensbetreuungspflicht der Gemeinderatsmitglieder). Kehrseite dieses aus § 97 Abs. 1 S. 2 NGO a.F. folgenden Verschleuderungsverbots und spezielle Ausprägung des Gebots, den Haushalt wirtschaftlich zu führen ist es, an die Gemeinde herangetragene, naheliegende Einnahmemöglichkeiten wahrzunehmen. Denn wirtschaftlich ist es nichts anders als verbotene Verschleuderung, solche Einnahmechancen ungenutzt verstreichen zu lassen. Die aus §§ 82 Abs. 2, 97 Abs. 1 S. 2 NGO resultierende Vermögensbetreuungspflicht betrifft somit nicht nur die Ausgaben-, sondern auch die Einnahmeseite.
(113) Der BGH hat in seinem Urteil der vorliegenden Sache die Entscheidung des BGH in NStZ 2003, 540 [BGH 08.05.2003 - 4 StR 550/02] zur Begründung der Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister zitiert. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, in jener Entscheidung gehe es um die Strafbarkeit eines hauptamtlichen Oberbürgermeisters. Zwar gibt es gewichtige Unterschiede in der Funktion eines Oberbürgermeisters einer zweigleisigen Kommunalverfassung gegenüber den Aufgaben eines hauptamtlichen Oberbürgermeisters einer eingleisigen Kommunalverfassung. Während bei ersterer der Oberbürgermeister als gewählter Ratsvorsitzender neben seinen Aufgaben im Rat der Stadt lediglich repräsentative Funktion (§ 31 Abs. 1 NGO a.F.) und der Hauptverwaltungsbeamte vor allem die Amtsgeschäfte der Verwaltung zu leiten hatte (§ 62 Abs. 2 NGO a.F.) und außerdem die Stadt nach außen vertrat (§ 63 Abs. 1 NGO a.F.), hat der hauptamtliche Oberbürgermeister alle jene Aufgaben, die bei der zweigliedrigen Kommunalverfassung zwischen Oberstadtdirektor und Oberbürgermeister aufgeteilt waren, auf sich vereint.
(114) In der in NStZ 2003, 540 [BGH 08.05.2003 - 4 StR 550/02] abgedruckten Entscheidung wurden aber für die Konkretisierung der Vermögensbetreuungspflicht des dort angeklagten Oberbürgermeisters aus LF. die §§ 48, 34 Abs. 2 i.V.m. § 27 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 und 4 der dort im Tatzeitraum geltenden Kommunalverfassung vom 17.05.1990 (GBl. DDR I 1990, 255) (im Folgenden: KV DDR) zitiert. Hierzu ist zu bemerken:
(115) § 48 KV DDR stimmt wörtlich mit § 96 Abs. 1 und 2 NGO a.F., 34 Abs. 2 KV DDR wörtlich mit § 82 Abs. 2 NGO a.F. überein - Normen, die sich an alle Kommunalorgane richten.
(116) § 27 Abs. 1 S. 2 KV DDR stimmt sinngemäß mit § 63 Abs. 1 NGO a.F. überein, wonach der Oberstadtdirektor die Kommune vertritt. Doch ergibt sich aus dieser Norm noch keine Vermögensbetreuungspflicht, sondern eine Rechtsposition, aufgrund derer nicht der Treubruchs-, sondern der Missbrauchstatbestand des § 266 Abs. 1 StGB verwirklicht werden kann.
(117) § 27 Abs. 3 S. 1 KV DDR entspricht sinngemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1, 2 NGO a.F., wonach der Oberstadtdirektor die Beschlüsse des Rates vorzubereiten und auszuführen hat. Soweit es um die Vorbereitung der Ratsbeschlüsse geht, ist für Niedersachsen die Besonderheit zu beachten, dass nach § 57 Abs. 1 NGO dies zwingend auch dem Verwaltungsausschuss obliegt, dessen Vorsitzender der Angeklagte in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister war.
(118) Somit ergeben sich für den Verwaltungsausschuss und damit seine Mitglieder ähnliche Pflichten wie für den hauptamtlichen Oberbürgermeister im vom BGH in NStZ 2003, 540 [BGH 08.05.2003 - 4 StR 550/02] entschiedenen Fall. Zwar kann der Verwaltungsausschuss keine Beschlüsse des Rates ausführen. Insoweit handelt es sich jedoch ausschließlich um Exekutivtätigkeit ohne weiteres Ermessen.
(119) § 27 Abs. 3 S. 3 KV DDR entspricht sinngemäß § 62 Abs. 1 Nr. 6 NGO a.F., wonach der Oberstadtdirektor alle Angelegenheiten der laufenden Verwaltung wahrzunehmen hat. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass der Verwaltungsausschuss sich nach § 57 Abs. 2 S. 2 NGO a.F. die Beschlussfassung auch über diese Angelegenheiten im Einzelfall vorbehalten kann, insoweit also prinzipiell die gleichen Pflichten und Befugnisse wie der Oberstadtdirektor hat.
(120) § 27 Abs. 4 S. 3 KV DDR entspricht § 80 Abs. 2 S. 3, letzter HS NGO a.F., wonach der Oberstadtdirektor Dienstvorgesetzter der Gemeindebediensteten ist. Jedoch ist nach § 80 Abs. 2 S. 3 NGO a.F. höherer Dienstvorgesetzter der Verwaltungsausschuss.
(121) Aus alldem ergibt sich, dass der Verwaltungsausschuss nach der NGO a.F., von der primär nur für den Missbrauchstatbestand relevanten Außenvertretungsmacht einmal abgesehen, im hier interessierenden Umfang im Wesentlichen die gleichen Befugnisse und damit korrespondierend auch die gleichen Pflichten hatte wie der Oberbürgermeister im vom BGH in NStZ 2003, 540 [BGH 08.05.2003 - 4 StR 550/02] entschiedenen Fall.
(122) Die sich aus diesen Umständen ergebende Vermögensbetreuungspflicht war auch keine bloße Nebenpflicht des Angeklagten, sondern eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht. Seine Handlungen als Verwaltungsausschussvorsitzender und Ratsmitglied der Stadt M. waren stets in erheblichem Maße von Auswirkungen auf das Vermögen der Stadt M. geprägt. Nur kommunale Mandatsträger - nicht Jedermann - können eine solche Pflichtenstellung inne haben.
(123) Gegen die Annahme dieser Vermögensbetreuungspflicht spricht schließlich auch nicht der Grundsatz des freien Mandats. Dieser bestimmt nur, dass jeder Abgeordnete bei Abstimmungen in seiner Entscheidung frei ist. Es wird dem Angeklagten jedoch nicht aus seinem etwaigen Abstimmungsverhalten ein Untreuevorwurf gemacht, sondern daraus, dass er L. gegründet und für diesen Verein die Spende vereinnahmt hat, statt den Verwaltungsausschuss über die Annahme der Spende für die Stadt entscheiden zu lassen. Dies betrifft gerade nicht sein Abstimmungsverhalten.
(124) Durch Gründung von L. und Abfordern der Spenden für diesen Verein verletzte der Angeklagte diese Vermögensbetreuungspflicht. Der Qualifizierung dieses pflichtwidrigen Handelns als Treuebruchhandlung im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB steht auch nicht der Umstand entgegen, dass AB. deutlich machte, kategorisch gegen die Annahme dieser Spenden zu sein. Ein den Tatbestand ausschließendes Einverständnis kann hierin keinesfalls erblickt werden. Denn zur Entscheidung über Annahme oder Ablehnung dieser Spenden war AB. in seiner Eigenschaft als Oberstadtdirektor nicht befugt. Es handelte sich insoweit weder nach der Hauptsatzung der Stadt M., noch nach allgemeinem Verständnis um ein Geschäft der laufenden Verwaltung im Sinne des § 62 Abs. 1 Ziff. 6 NGO a. F. Es kommt hinzu, dass der Angeklagte die Spenden AB. gegenüber auch nur als Möglichkeit und nicht als konkretes Anerbieten, als das sie sich tatsächlich darstellten, präsentiert hat.
(125) Eine i.S.d. Rn. 112 an die Stadt herangetragene, naheliegende Einnahmemöglichkeit war vorliegend gegeben. Zwar gaben IC. und EB. keine konkreten Zusagen, die sich explizit an die Stadt M. als juristische Person des öffentlichen Rechts richteten. Allerdings erfolgten die Zusagen, wie unter Rn. 55 und 70 festgestellt, aufgrund der Funktion des Angeklagten als Oberbürgermeister der Stadt M. und in der erkennbaren Erwartung von IC. und EB., die zuständigen Gremien der Stadt M. .würden über die Annahme und Verwendung der Spende entscheiden. Die Stadt M. hätte aufgrund dieser Zusagen also lediglich die Bereitschaft zur Entgegennahme der Zahlung erklären müssen und DB. und PB. hätten statt an L. an die Stadt M. selbst die Spenden gezahlt.
(126) Die Entscheidung über Annahme oder Ablehnung der Spendenzahlung oblag einzig und allein dem Verwaltungsausschuss nach § 57 Abs. 2 S. 1 NGO a. F. Der Beschlussfassung des Rates bedurfte die Entscheidung über Annahme oder Ablehnung der Spende weder nach den Regeln der NGO a. F., noch nach der Hauptsatzung der Stadt M. . Es handelte sich insoweit insbesondere nicht um eine dem Rat vorbehaltene Entscheidung im Sinne des § 40 Abs. 1 Nr. 8 2. Alt. NGO a. F. Es mag zwar sein, dass es übliche Kommunalpraxis ist, in einem Zug über die Spendenverwendung als überplanmäßige Ausgabe und damit konkludent auch über deren Annahme zu entscheiden. Zwingend ist dies jedoch nicht. Es ist ohne Weiteres möglich, zunächst über die Annahme der Spende zu entscheiden und erst in einem weiteren Schritt über die Verwendung der Spende, obwohl die Verwendung der Spenden sich als überplanmäßige Ausgaben darstellen würde.
(127) Durch die Treuebruchhandlung ist der Stadt M. auch ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB in Form einer konkreten Vermögensgefährdung entstanden. Der Verwaltungsausschuss als das für die Entscheidung über die Annahme der Spende zuständige Gremium der Stadt M. hätte nämlich deren Annahme beschlossen. Auch war die vom Angeklagten vereitelte Erwerbsaussicht der Stadt ausreichend konkretisiert. Daran ändert der Umstand nichts, dass es sich bis zur tatsächlichen Auskehrung des Geldes um ein nach § 518 BGB mangels notarieller Beurkundung unwirksames Schenkungsversprechen gehandelt hat. Denn auch die Vereitelung von Erwerbschancen ist strafbar, wenn - wie hier - feststeht, dass sie sich bei pflichtgemäßem Verhalten realisiert hätten.
(128) Weil aufgrund der Zahlung der Spenden an L. der Verein nach eigenem Gutdünken eigenmächtig und unkontrolliert vom Rat der Stadt M. über die Mittel verfügen konnte, sich mithin das Vermögen von L. als "schwarze Kasse" darstellt, ist der Gefährdungsschaden entstanden (vgl. Tröndle/Fischer, 54. Auflage, § 266 Rn. 71 m. w. N.). Der Umstand, dass zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen ist, die Stadt M. hätte letztlich die Gelder ebenso verwendet wie L., ändert am Schadenseintritt nichts (vgl. Tröndle/Fischer a.a.O.). Denn das Geld wäre zunächst einmal in das städtische Vermögen durch Vereinnahmung überführt worden. Erst dann hätte der Rat der Stadt M. über die Verwendung des Geldes zu entscheiden gehabt. Es hätte die Möglichkeit bestanden, die Spendengelder für gemeinnützige Zwecke zu verwenden, für die zwar noch kein Titel im laufenden Haushalt existierte, aber im Haushaltsplan für das Folgejahr sowieso geschaffen worden wäre. Der Umstand, dass der Rat - so ist zu Gunsten des Angeklagten zu unterstellen - von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch hätte, stellt keinen Fall der gleichzeitigen , sondern der späteren und damit nur der für die Tatbestandserfüllung unbeachtlichen mittelbaren Schadenskompensation dar.
(129) Die Höhe des Gefährdungsschadens beträgt 1,25 Mio. DM. Zwar erhielt L. nur Zahlungen in Höhe von 670.000,00 DM von PB, während die 3. Spendentranche von PB. nicht gezahlt wurde. Die konkrete Gefährdung trat jedoch hinsichtlich der von IC. zugesagten Spende bereits mit Veranlassung der Zahlung in voller Höhe durch XB. ein. Die Zahlung der letzten Tranche wäre ein Automatismus gewesen, der nur wegen des Bekanntwerdens der "L.-Affäre" angehalten wurde. Hinsichtlich der von DB. geleisteten Spende ergibt sich die Gefährdung schon aus der erfolgten Zahlung an L.. Auch sind von diesen 1,25 Mio. DM bei der Bestimmung der Höhe des Gefährdungsschadens nicht die dem Angeklagten von TD. erstatteten Reisekosten in Höhe von 986,13 DM abzuziehen, obwohl der Angeklagten diese Kosten auch aus städtischen Mitteln ersetzt bekommen hätte. Der Anlass für die Reisekostenerstattung ist erst lange nach Eintritt der konkreten Vermögensgefährdung aufgrund eines davon unabhängigen Ereignisses in Form der Reise des Angeklagten nach RD. entstanden. Dies stellt damit ebenfalls einen Fall der mittelbaren Schadenskompensation dar.
(130) Daneben ist der Stadt M. ein weiterer Gefährdungsschaden in Form eines Zinsschadens entstanden. Wären die Spendengelder auf ein Konto der Stadt M. überwiesen worden, so hätte diese dieselben zunächst bis zur Entscheidung über deren Verwendung zur Verhinderung weiterer Kassenkredite oder zur zinsträchtigen Geldanlage nutzen können. Bei einer jeweils zu Gunsten des Angeklagten angenommenen Zeitspanne zwischen Eingang der Spendengelder auf dem Konto der Stadt M. und Auszahlung der Spendengelder durch die Stadt M. an die Empfänger von nur vier Wochen und einem ebenfalls zu Gunsten des Angeklagten angenommenen Zinssatz von lediglich 2 % ist insoweit von einem Schaden in Höhe von 1.944,44 DM (1.250.000,-- DM x 0,02 x 28 : 360) auszugehen.
(131) Der Angeklagte verwirklichte bei Gründung von L. und das von ihm veranlasste Abfordern der Spende für diesen Verein durch O. den objektiven Tatbestand des § 266 Abs. 1 StGB vorsätzlich. Er wusste zum einen von den Umständen, die seine Vermögensbetreuungspflicht begründeten. Zum Anderen vollzog er, wie sich aus den Feststellungen unter Rn. 74 ergibt, in der Laiensphäre die Wertung, er habe die Spende der Stadt anzudienen und hatte damit Kenntnis von seiner Vermögensbetreuungspflicht. Die Gründung von L. geschah auf sein Betreiben ebenso wie das Abfordern der Spende durch O., so dass ihm auch dieses als täterschaftliches Handeln zuzurechnen ist. Der Angeklagte ging auch nicht irrtümlich von einem den Tatbestand ausschließenden Einverständnis aus. Er wusste, wie unter Rn. 75 festgestellt, dass AB. insoweit nicht entscheidungsbefugt war, sondern die Kompetenz beim Verwaltungsausschuss der Stadt M. lag.
(132) Der Angeklagte nahm auch den Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB in Form des Gefährdungsschadens in seinen Vorsatz auf. Denn er erkannte, wie unter Rn. 75 festgestellt, als naheliegend, dass der Verwaltungsausschuss der Spendenannahme zugestimmt hätte und auch, dass DB. und PB. bei Zustimmung des Verwaltungsausschusses trotz der ablehnenden Haltung des AB. an die Stadt M. gezahlt hätten, wie unter Rn. 76 festgestellt. Dies gilt auch für den Zinsschaden, wie unter Rn. 106 ausgeführt.
(133) Er nahm auch in seinen Vorsatz auf, dass sich die von ihm hervorgerufene Gefahr für das Vermögen der Stadt M. realisiert. Denn er verhinderte zielgerichtet, dass sich AB. und auch der Rat der Stadt mit den Spenden würden befassen und so evtl. auch eine "haushaltsschonende" Verwendung beschließen könnten. Somit nahm er nicht nur, wie von der Rspr. gefordert (vgl. BGHSt 51, 100), billigend in Kauf, dass sich die von ihm geschaffene Gefahr realisiert, sondern handelte in soweit sogar absichtlich.
(134) Der Angeklagte verwirklichte auch das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB, auf den § 266 Abs. 2 StGB verweist. Der Angeklagte hatte aufgrund seiner Funktion als Verwaltungsausschussvorsitzender die Pflicht, den Verwaltungsausschuss über die Spendenbereitschaft von DB. und PB. zu informieren und dem Verwaltungsausschuss sodann die Entscheidung über die Annahme zu überlassen. Als Mitglied des Verwaltungsausschusses war er jedoch Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB (vgl. BGH NJW 2006, 2050, 2054). Der Angeklagte handelte auch insoweit vorsätzlich, da er, wie unter Rn. 73 ausgeführt, die Vorstellung hatte, dass die Spendenannahme und -Verwendung durch die Stadt ein staatlicher Akt sein würde. Es ging insoweit auch nicht um eine rein politische Funktion des Verwaltungsausschusses, aus der die Vermögensbetreuungspflicht entspringt. Daher ist an dieser Stelle für Überlegungen des Inhalts kein Raum, ob Verwaltungsausschussmitglieder, soweit sie politische Beschlüsse des Rates vorbereiten, ggf. - wie Ratsmitglieder (vgl. BGH NJW 2006, 2050) - nicht als Amtsträger anzusehen sind. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Angeklagte in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der R. Amtsträger war, was zweifelhaft ist (vgl. BGHSt 45, 16 und BGHSt 49, 214).
(135) Es handelt sich bei der genannten Untreuehandlung durch Gründung von L. und Abfordern der Spende zur Zahlung an diesen Verein um einen Teil der mit der Anklage verfolgten Tat im prozessualen Sinne. Die Gründung von L. und die Zahlung der Spenden, wie unter Rn. 86 und 87 festgestellt, ist im konkreten Anklagesatz genannt.
(136) Der Angeklagte unterlag schließlich keinem Verbotsirrtum. Ein solcher ergibt sich nicht aus der Empfehlung CB.s, einen Verein zwecks Spendenvereinnahmung zu gründen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass CB. kein Jurist ist. Für den Angeklagten stand im Zeitpunkt des Telefonats mit CB. bereits fest, das Spendengeld keinesfalls in den städtischen Haushalt gelangen zu lassen. Er hatte auch nach dem Telefonat mit CB. das Bewusstsein um seine Pflicht, die Spende der Stadt M. zukommen zu lassen (s. Rn. 80 a.E.). Auch hatte der Zeuge UC. - Volljurist, ehemaliger Staatsanwalt und erfahrener Politiker - im Gespräch vom 13.06.2000 keinerlei Bedenken geäußert, eine evtl. Spende an die Stadt fließen zu lassen.
(137) Aus der Einschaltung des Rechtsanwalts ZC. bei Vereinsgründung kann ein Verbotsirrtum ebenfalls nicht hergeleitet werden. ZC. hatte keinen Auftrag zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Spendenvereinnahmung durch eine andere juristische Person als die Stadt M. . Er sollte lediglich die Gründung einer solchen juristischen Person vorbereiten und betreuen. Außerdem wurde ZC. über die Einzelheiten der Gespräche vom 09.02.2000 und 07.06.2000 und hierbei insbesondere über den Umstand nicht informiert, dass IC. und EB. erwarteten, die Gremien der Stadt M. würden über die Spende befinden.
(138) Auch das Verhalten von IC., XB. und EB. in Form der Spendenzahlung begründet keinen Verbotsirrtum des Angeklagten. Denn daraus konnte der Angeklagte für die rechtliche Bewertung bereits aufgrund seines bedingten Vorsatzes, seine Spendenforderungen würden als "Gratifikation" und damit als Bestechungsgelder aufgefasst, keine Schlüsse ziehen.
(139) Der Umstand, dass der Angeklagte evtl. davon ausging, er habe sich nicht strafbar gemacht, führt nicht zu einem Verbotsirrtum. Die Kenntnis der Strafbarkeit ist nicht Voraussetzung des im Rahmen des § 17 StGB geforderten Unrechtsbewusstseins. Insoweit reicht die Kenntnis, Unrecht zu tun (Tröndle/Fischer § 17 Rn. 3 m.w.N.). Der Angeklagte kannte bei Gründung von L. und Abfordern der Spenden - wie oben festgestellt - seine Vermögensbetreuungspflicht und wusste, dass er dagegen verstieß, mithin die Rechtsordnung verletzte und dadurch Unrecht beging.
V. Strafzumessung:
Auszugehen war vom Strafrahmen des § 266 Abs. 1 StGB, der eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsieht. Zwar ist, wie unter Rn. 134 ausgeführt, das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB erfüllt, auf den § 266 Abs. 2 StGB verweist. Jedoch ist der Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB gleichwohl nicht anzuwenden, da trotz der Verwirklichung des Regelbeispiels des § 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB i. V. m. § 266 Abs. 2 StGB nicht von einem besonders schweren Fall auszugehen ist. Insoweit reicht zur Verneinung der Annahme eines besonders schweren Falls bereits die Tatsache aus, dass sich der Angeklagte nicht selbst bereicherte, sondern das Geld solchen gemeinnützigen Zwecken zuführte, wie sie auch EB. und IC. vor Augen hatten. Dieser mildernde Umstand ist allerdings für die weitere Strafzumessung verbraucht.
Zu Gunsten des Angeklagten war bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, dass der der Stadt M. entstandene Schaden in der Folgezeit kompensiert worden wäre, da zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen ist, dass der Rat der Stadt M. mit den Spendengeldern ebenfalls gemeinnützige Zwecke gefördert hätte, für die die Stadt sonst keinerlei Gelder ausgegeben hätte. Außerdem wirkt sich zu Gunsten des Angeklagten aus, dass das restliche Vermögen in Höhe von über 330.000,00 Euro von L. durch dessen Auflösung der Stadt zufließen und so ein Teil des Gefährdungsschadens nachträglich beseitigt werden wird. Zugunsten des Angeklagten kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass es noch zur Zahlung der 3. Spendentranche durch PB. - nunmehr an die Stadt M. - kommen wird.
Für den Angeklagten spricht ferner, dass allein aufgrund seiner Aktivitäten ein ganz beträchtliches Spendenvolumen geflossen ist - was nichts daran ändert, dass der Angeklagte mit jenen Geldern pflichtwidrig umgegangen ist.
Auch stellt sich der eingetretene Nachteil lediglich als schadensgleiche Vermögensgefährdung dar.
Des Weiteren waren zu Gunsten des Angeklagten der lange zurückliegende Tatzeitpunkt und auch die lange Verfahrensdauer von fünf Jahren ab Einleitung des Ermittlungsverfahrens bis zur Verkündung dieses Urteils zu berücksichtigen. Dieser Gesichtspunkt wiegt im vorliegenden Fall umso schwerer, als der Angeklagte eine in M. und Umgebung allgemein bekannte Person ist und deshalb die Presse den Gang des Ermittlungsverfahrens und der Gerichtsverhandlungen sehr interessiert verfolgt und ausführlich darüber berichtet hat. In diesem Zusammenhang sind zugunsten des Angeklagten auch die mit dem Ermittlungs- und Strafverfahren verbundenen politischen Schwierigkeiten zu bedenken, die in dessen Parteiaustritt aus der W. gipfelten.
Des Weiteren sind die aufgrund des Verfahrensganges - Freispruch beim Landgericht M. nach 15 Verhandlungstagen, Aufhebung des Urteils des Landgerichts M. durch den BGH mit Zurückverweisung an die erkennende Kammer und die hier stattgefundene Hauptverhandlung an 13 Verhandlungstagen - entstandenen erheblichen Kosten und Auslagen des Angeklagten zu berücksichtigen, die diesen ebenfalls stark belasten.
Außerdem war zu Gunsten des Angeklagten in die Abwägung einzustellen, dass er bislang nicht vorbestraft ist. Endlich ist dem Angeklagten zu seinen Gunsten auch eine gewisse Reue dahingehend zu konstatieren, dass er es in seinem letzten Wort als "Fehler" bezeichnet hat, den Rat bei der Entscheidung über die Spendenverwendung nicht einbezogen zu haben.
Schließlich hat der Angeklagte durch seine Einlassung teilweise auch zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen.
Zu Lasten des Angeklagten war bei der Strafzumessung die Höhe der schadensgleichen Vermögensgefährdung von 1,25 Mio. DM und in Form des Zinsverlustes in Höhe weiterer 1.944,44 DM zu berücksichtigen. Auch war zu seinen Lasten zu bedenken, dass er das veruntreute Geld zu Zwecken eigener Machtausübung und auch zur Steigerung der eigenen Popularität einsetzte. Besonders augenfällig ist dies bei der Spende für die Grabung in PD.. Diese Spende war mit dem Vorbehalt der Rückforderung verbunden für den Fall, dass die damalige Direktorin des LC.-Museums QD. an Stelle des Zeugen ED. zur Grabungsleiterin bestimmt werden sollte. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass Frau QD. Herrn ED. nicht als Grabungsleiter ablöst. Damit war die Spendenzahlung ein Mittel zur Einflussnahme auf diese Personalie, das der Angeklagte nicht zur Verfügung gehabt hätte, wenn der Rat über die Spendenverwendung zu entscheiden gehabt hätte. Hinsichtlich der Computerspende für das UD.-Gymnasium konnte der Angeklagte sich öffentlichkeitswirksam als Vermittler der Spende präsentieren; dies war geeignet, seine politische Popularität zu steigern und sich so nicht zuletzt auch einen Vorteil im politischen Wahlkampf gegenüber seinen Konkurrenten verschaffen.
Außerdem schädigte er das Ansehen und Vertrauen der Bevölkerung in die redliche Ausübung seiner Aufgaben als ehrenamtlicher Oberbürgermeister, Vorsitzender des Verwaltungsausschusses und Vorsitzender des Aufsichtsrates der R.. Er nahm billigend das Entstehen des Eindrucks der Käuflichkeit in Kauf (vgl. Rn. 88). Dieser Umstand darf ungeachtet der Tatsache strafschärfend berücksichtigt werden, dass der Angeklagte durch den Missbrauch der durch den Vorsitz im Verwaltungsausschuss begründeten Amtsträgereigenschaft bereits das Regelbeispiel eines besonders schweren Falles der Untreue erfüllt hat. Dem Missbrauch der Amtsträgerstellung bei Begehung einer Untreue ist der Anschein der Käuflichkeit nicht immanent. Bei Schaffung dieses Regelbeispiel hat der Gesetzgeber lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass ein Amtsträger oftmals in besonders starkem Maße Missbrauchsmöglichkeiten hat und spiegelbildlich dazu in besonderem Maße gegenüber seinem Dienstherrn treuepflichtig ist.
Nach Abwägung all jener Strafzumessungsgründe hält die Kammer eine Freiheitsstrafe in Höhe von 6 Monaten für ausreichend, aber auch geboten zur Sühnung des vom Angeklagten begangenen Unrechts. Die Verhängung einer Geldstrafe schien bei Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte nicht mehr tat- und schuldangemessen. Trotz der o.g. für den Angeklagten sprechenden Umstände, dass er überhaupt Spendengelder in großer Höhe für gemeinnützige Einrichtungen akquirierte, lediglich von einem Gefährdungsschaden auszugehen ist, dessen Beseitigung in Zukunft durch Auflösung von L. zu erwarten und auch eine Spendenzahlung von PB. an die Stadt M. nicht ausgeschlossen ist, sowie der langen Verfahrensdauer mit all ihren Folgen und der bisherigen Unbescholtenheit des Angeklagten ist aufgrund der Höhe des Gefährdungsschadens und insbesondere aufgrund des Ausmaßes der Beschädigung des Vertrauens in die "unkäufliche" Erledigung der Aufgaben eines Oberbürgermeisters die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich. Der Vertrauensverlust wiegt schwer und gebietet eine deutliche Sanktion als Signal.
Angesichts des straffreien Vorlebens des Angeklagten vor und nach der Tat, die als einmalige Entgleisung zu werten ist, sowie seines gefestigten familiären und sozialen Umfelds und schließlich seiner Stellung als Person des lokalen öffentlichen Lebens ist davon auszugehen, dass der Angeklagte sich allein die Verurteilung auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs ausreichend zur Warnung wird dienen lassen und in Zukunft straffrei leben wird. Zu berücksichtigen ist insoweit des weiteren, dass die Tat in erheblichem Maß durch den damaligen, jetzt nicht mehr aktuellen Konflikt mit AB. motiviert war. Außerdem geht die Kammer davon aus, dass den Angeklagten allein das Ermittlungs- und Strafverfahren und der ihm damit zugefügte politische, finanzielle und persönliche Schaden nachhaltig beeindruckt und er bereut hat, den Rat nicht mit einbezogen zu haben.
VI. Nebenentscheidungen:
1. Zur nicht getroffenen Verfallsanordnung:
Die Anordnung des Verfalls über das Vermögen von L. hatte gemäß § 73 Abs. 1 S. 2 StGB zu unterbleiben. Die Stadt M. hat als Geschädigte einen Schadensersatzanspruch gegen den Verein gemäß §§ 31, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB, welcher einer Verfallsanordnung entgegensteht. Der Angeklagte handelte bei Anforderung der Spenden im November 2000 und damit bei Begehung der verfahrensgegenständlichen Untreue i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied von L., so dass diesem Verein das Verhalten des Angeklagten nach § 31 BGB zuzurechnen ist.
Der Anspruch auf Schadensersatz ist auch noch nicht verjährt. Gemäß § 852 BGB verjährt der Anspruch auf Herausgabe einer durch die unerlaubte Handlung erlangten Bereicherung - hier das durch Untreue erlangte Vereinsvermögen - nach zehn Jahren.
2. Kostenentscheidung:
Die Kostenentscheidung rechtfertigt sich hinsichtlich des Angeklagten aus § 465 Abs. 1 StPO. Die Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Nebenbeteiligten L. folgt aus § 472b Abs. 3 StPO. Dass die notwendigen Auslagen des Nebenbeteiligten L. der Staatskasse erlegt worden sind, entspricht der Billigkeit.