Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.05.1963, Az.: IV OVG A 12/62
Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zur Kündigung eines Schwerbehinderten; Anhörung des Schwerbehinderten vor der Hauptfürsorgestelle; Zustimmung der Hauptfürsorgestelle bei Betriebsstilllegung; Übergehen der Arbeitsverhältnisse bei Betriebsübertragung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 24.05.1963
- Aktenzeichen
- IV OVG A 12/62
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1963, 10784
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1963:0524.IV.OVG.A12.62.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Schleswig-Holstein - 27.10.1961 - AZ: 8 K 13/60
Rechtsgrundlagen
- § 16 Abs. 2 S. 2 SchwbG
- § 18 Abs. 1 SchwbG
- § 17 Abs. 1 S. 1 SchwbG
Verfahrensgegenstand
Zustimmung zur Kündigung.
Redaktioneller Leitsatz
Ist danach davon auszugehen, daß bei einer Betriebsübertragung die Arbeitsverhältnisse nicht automatisch von dem früheren auf den neuen Arbeitgeber übergehen, daß die Parteien des Ubertragungsvertrages vielmehr eine Vereinbarung treffen können, so muß in der Verpachtung eines Betriebes bei Kündigung aller Arbeitsverhältnisse durch den Verpächter und Abschluß neuer Arbeitsverträge durch den Pächter eine Betriebsstillegung seitens des Verpächters gesehen werden.
In der Verwaltungsrechtssache
hat der IV. Senat des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg
auf die mündliche Verhandlung vom 24. Mai 1963 in Neumünster
durch
den Senatspräsidenten Dr. Sander,
den Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. Wroblewski,
den Verwaltungsgerichtsrat Peters sowie
die ehrenamtlichen Verwaltungsrichter Döler und Bössow
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Achte Kammer - vom 27. Oktober 1961 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Zustimmung nach dem Schwerbeschädigtengesetz zu der ihm von der Beigeladenen ausgesprochenen Kündigung.
Er ist Schwerbeschädigter (Hirnverletzter) mit einer Erwerbsminderung von 50 v.H. Seit 1939 war er - unterbrochen durch Kriegsdienst - bei der Beigeladenen in deren Futtermittelwerk ... als Arbeiter tätig. Am 31. Dezember 1955 beantragte die Beigeladene bei der Hauptfürsorgestelle für Schwerbeschädigte (HFSt) die Zustimmung zur Kündigung des Klägers mit der Begründung, daß sie den Mischfutterbetrieb mit Auslaufen der Fütterungsperiode des Winters stilllegen wolle. Die HFSt forderte außer den Stellungnahmen des Betriebsrats, des Vertrauensmannes der Schwerbeschädigten und des Arbeitsamtes über das Arbeitsamt die schriftliche Gegenerklärung des Klägers an. Der Vertrauensmann der Schwerbeschädigten ließ von dem Kläger eine vorbereitete schriftliche Erklärung vom 9. Januar 1956 unterschreiben, die folgenden Wortlaut hat:
"Stellungnahme des Hirnverletzten ... zur Kündigung.
Zu meiner bevorstehenden Entlassung bei der Firma ... infolge Stillegung des Betriebes, muß ich mich bei Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist einverstanden erklären."
Daraufhin teilte die HFSt der Beigeladenen durch Schreiben vom 30. Januar 1956 mit, daß ihre Zustimmung zur Kündigung nicht erforderlich sei, da der Kläger sich mit der Entlassung einverstanden erklärt habe und das Arbeitsverhältnis daher als im gegenseitigen Einvernehmen gelöst betrachtet werden könne. Eine Abschrift dieses Schreibens erhielt der. Kläger zur Kenntnis.
Am 6. Januar 1956 hatte die Beigeladene mit der Firma ... zusammen das Fabrikgelände in ... einschließlich sämtlicher Gebäude und Maschinen ab 1. Juli 1956 an die Firma ..., auf fünf Jahre verpachtet. In einer Ergänzung des Pachtvertrages vom 6. Januar 1956 war der Firma ... das Recht eingeräumt worden, während der Dauer des Pachtvertrages die Firmenbezeichnung ..., zu führen, auch waren ihr zur Benutzung die Warenzeichen sowie sämtliche Unterlagen der Firma ... einschließlich der Kundenkartei überlassen. Am Schluß der Pachtvertragsergänzung heißt es, daß weitere Verpflichtungen in personeller oder sachlicher Hinsicht von der Firma ... nicht übernommen würden. Wegen der Übernahme der bisherigen Mitarbeiter der Firma ... und ... durch die Firma ... erfolge noch eine freundschaftliche Verständigung.
Die Beigeladene kündigte ihren sämtlichen Arbeitnehmern, darunter auch dem Kläger am 30. April 1956 wegen Stillegung des Betriebes zum 30. Juni 1956. Die Firma ... stellte von den etwas über fünfzig Arbeitnehmern der Beigeladenen siebenunddreißig zum 1. Juli 1956 neu ein. Die von ihr nicht eingestellten Arbeitnehmer, darunter der Kläger, klagten vor dem Arbeitsgericht auf Feststellung, daß ihre Arbeitsverhältnisse durch die Kündigungen der Beigeladenen nicht aufgelöst seien. Diese Klagen sind bis auf die des Klägers abgewiesen bzw. durch Vergleich, Zurücknahme oder Erledigung der Hauptsache beendet worden. Der Kläger, der in der ersten Instanz mit seiner Klage abgewiesen worden war, erzielte vor dem Landesarbeitsgericht Kiel ein obsiegendes Urteil. Das Landesarbeitsgericht stellte sich in seinem Urteil vom 3. Juli 1957 auf den Standpunkt, daß der Kläger nur für den Fall der hier nicht vorliegenden Betriebsstillegung der Kündigung zugestimmt habe, mangels notwendiger Zustimmung der HFSt die Kündigung daher unwirksam sei. Die Beigeladene legte gegen das Urteil Revision ein. Im August 1959 beantragte sie unter Hinweis auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts noch einmal die Zustimmung der HFSt zur Kündigung des Klägers. Diesem Antrag entsprach nunmehr die HFSt, Durch Bescheid vom 24. September 1959 erteilte sie die Zustimmung zur Kündigung des Klägers unter der Voraussetzung, daß dem Kläger vom Tage der Kündigung an noch mindestens für drei Monate der Lohn gezahlt worden ist bzw. noch gezahlt wird. Das Bundesarbeitsgericht hob durch Urteil vom 1. Oktober 1959 das Urteil des Landesarbeitsgerichts Kiel vom 3. Juli 1957 auf und verwies die Sache an das Landesarbeitsgericht zurück. Es rügte die Verletzung der §§ 133 und 157 BGB durch das Landesarbeitsgericht bei der Auslegung der Erklärung des Klägers vom 9. Januar 1956. Die Frage, ob hier eine Betriebsstillegung anzunehmen sei, ließ es unentschieden. Das Landesarbeitsgericht hat das Verfahren bis zur Erledigung des im Verwaltungsrechtsverfahren anhängigen Rechtsstreits ausgesetzt. Der Kläger erhielt nach Beendigung seiner Arbeit bei der Beigeladenen Ende Juni 1956 einen neuen Arbeitsplatz am 9 Oktober 1956. Er hat in der Folgezeit bei verschiedenen Arbeitgebern gearbeitet und ist bis Ende Februar 1959 auch einige Monate arbeitslos gewesen. Seit dem 25. Februar 1959 steht er ununterbrochen in Arbeit, seit August 1960 bei seinem einzigen Arbeitgeber, der Firma ..., Tiefdruckanstalt in ...
Gegen den Bescheid der HFSt vom 24. September 1959 legte der Kläger Beschwerde ein. Der Beschwerdeausschuß bei der HFSt wies die Beschwerde durch Bescheid vom 17. Dezember 1959 zurück.
Gegen den am 21. Dezember 1959 zugestellten Beschwerdebescheid hat der Kläger am 20. Januar 1960 Klage zum Verwaltungsgericht erhoben und geltend gemacht: Die von der HFSt erteilte Zustimmung zu seiner Kündigung durch die Beigeladene sei aus mehreren Gründen nicht in Ordnung. Er sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, da das Anhörungsersuchen über die Arbeitgeberin gekommen und so seine Erklärung vom 9. Januar 1956, die Ursache des Streites, hervorgerufen worden sei. Er habe jedenfalls immer nur eine tatsächliche Stillegung, nicht auch eine Verpachtung, von der damals nur gerüchtweise etwas bekannt gewesen sei, gemeint. Die Auffassung der HFSt, daß auch eine Verpachtung eine Betriebseinstellung im Sinne des Schwerbeschädigtengesetzes sei, sei unzutreffend und werde in Rechtslehre und Rechtsprechung überwiegend abgelehnt. Die Zustimmung habe daher nicht erteilt werden dürfen. Die HFSt habe im übrigen auch ihre Pflicht zu schneller Entscheidung verletzt und außer acht gelassen, daß sie bei Zustimmung zur Kündigung jedenfalls deren Wirksamkeit bis zu einem Zeitpunkt nach ihrer Entscheidung hätte hinausschieben sollen. Er habe bisher keinen Dauerarbeitsplatz wieder erhalten.
Der Kläger hat beantragt,
den Beschwerdebescheid des Beschwerdeausschusses bei der Hauptfürsorgestelle für Schwerbeschädigte im Landeswohlfahrtsamt Schleswig-Holstein vom 17. Dezember 1959 und den Bescheid der Hauptfürsorgestelle vom 24. September 1959 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat sich darauf berufen, daß die Verpachtung des Betriebes mit gleichzeitiger Auflösung aller bestehenden Arbeitsverhältnisse einer Betriebseinstellung gleichkomme und daher die Zustimmung zur Kündigung habe erteilt werden müssen. Dabei könne es dahingestellt bleiben, ob der Kläger mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einverstanden gewesen sei und daher eine Zustimmung zur Kündigung nach dem Schwerbeschädigtengesetz entbehrlich sei. Ein Hinausschieben der Kündigungsfrist sei bei der Zustimmung zur Kündigung wegen der Betriebsstillegung nicht in Betracht gekommen und auch unnötig gewesen, da der, Kläger inzwischen Arbeit erhalten habe.
Die Beigeladene hat ebenfalls beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 27. Oktober 1961 die Klage abgewiesen. In den Gründen des Urteils heißt es: Wenn von einem rechtswirksamen Einverständnis des Klägers mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen werde, der die angefochtene Zustimmung zur Kündigung überflüsig. In diesem Falle fehle dem Kläger das Rechtssehutzbedürfnis für ihre Anfechtung. Wenn dagegen ein rechtswirksames Einverständnis des Klägers mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht vorliege, sei die Zustimmung zur Kündigung rechtlich nicht zu beanstanden. Sie habe dann erteilt werden müssen, da in der Verpachtung eines Betriebes unter Auflösung aller bestehenden Arbeitsverhältnisse eine Betriebseinstellung im Sinne des Schwerbeschädigtengesetzes zu sehen sei. Wenn die HFSt das Wirksamwerden der Kündigung nicht über den Zeitpunkt ihrer Entscheidung hinaus erstreckt habe, so sei das bei der Besonderheit des Falles nicht zu beanstanden, zumal der Kläger seit dem 9. Oktober 1956 - wenn auch unterbrochen durch insgesamt acht Monate Arbeitslosigkeit - in Arbeit stehe.
Gegen dieses am 10. Januar 1962 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6. Februar 1962 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein Vorbringen, daß die Verpachtung eines Betriebes nach herrschender Auffassung in Rechtslehre und Rechtsprechung keine Betriebseinstellung bzw. Stillegung sei und daher die Zustimmung zur Kündigung nicht habe erteilt werden müssen. Weiter rügt er, daß die HFSt keine Gründe für ihr Abweichen von der Soll-Vorschrift, die Kündigung erst nach ihrer Entscheidung wirksam werden zu lassen, angeführt habe und daß das Verwaltungsgericht zur Frage der erheblichen Verzögerung der Entscheidung der HFSt nicht
Stellung genommen habe.
Der Kläger beantragt,
auf die Berufung das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Achte Kammer - vom 27. Oktober 1961 dahin abzuändern, daß der Beschwerdebescheid des Beschwerdeausschusses bei der Hauptfürsorgestelle für Schwerbeschädigte im Landeswohlfahrtsamt Schleswig-Holstein vom 17. Dezember 1959 und der Bescheid der Hauptfürsorgestelle vom 24. September 1959 aufgehoben werden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt den gleichen Antrag.
Beide halten die Berufung für unzulässig, weil in der Berufungsschrift kein bestimmter Antrag gestellt worden ist. In der Sache vertreten sie die Auffassung, daß ... durch die Verpachtung der Betrieb der Beigeladenen eingestellt worden sei und daher die Zustimmung zur Kündigung habe erteilt werden müssen. Die Beigeladene macht noch geltend, daß der Begriff der Betriebseinstellung des. Schwerbeschädigtengesetzes über den der Stillegung im Arbeitsrecht hinausgehe und nicht nur die Auflösung des Objektes, sondern auch die Trennung des Unternehmers vom Betrieb erfasse.
Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat seine Beteiligung am Verfahren erklärt, indessen zur Sache nicht Stellung genommen.
Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat den in der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 1962 geschlossenen Vergleich, dessen Widerruf sich die Beteiligten durch schriftliche Anzeige zu, den Gerichtsakten bis zum 15. November 1962 vorbehalten hatten, am 15. November 1962 telegrafisch widerrufen. Die Beigeladene hält den Vergleichswiderruf wegen Formmangels für unwirksam. Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die Streitakten, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und folgende beigezogenen Akten und Restakten der Arbeitsgerichte Bezug genommen: Akten des Arbeitsgerichts ...-Ca 255/56- (2 Bände), Urteil des Arbeitsgerichts ... vom 28. Juni 1956 -Ca 245/56-, Urteil des Landesarbeitsgerichts ... vom 3. Juli 1957 -2 Sa 171/56- und Protokollabschrift über die Sitzung des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Juli 1960 - 1 AZR 469/57 -.
Entscheidungsgründe
II.
Der Rechtsstreit ist durch den am 24. Oktober 1962 geschlossenen gerichtlichen Vergleich nicht erledigt; denn der Kläger hat den von den Beteiligten vorbehaltenen Widerruf des Vergleichs im Gegensatz zur Auffassung der Beigeladenen innerhalb der vereinbarten Frist wirksam erklärt. Der telegrafische Vergleichswiderruf des Prozeßbevollmächtigten des Klägers genügte der vereinbarten Schriftform, er Vergleichswiderruf kann als Prozeßhandlung keinen strengeren Anforderungen als Klageerhebung und Rechtsmitteleinlegung unterliegen, bei denen die im Gesetz verlangte Schriftform auch durch telegrafische Einlegung als ausreichend erfüllt angesehen wird (vgl. BVerwGE 3, 56).
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist frist- und im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen auch formgerecht eingelegt worden. Daß die Berufungsschrift selbst noch keinen formulierten Antrag enthielt, steht ihrer Zulässigkeit nicht entgegen, da ihr Z iel, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Aufhebung der Bescheid der HFSt vom 24. September 1959 und der Bescheid des Beschwerdeausschusses bei der HFSt vom 17. Dezember 1959 ... zu ... sich bereits aus ihrer Einlegung ergab. Damit war dem Formerfordernis des § 124 Abs. 3 VwGO, wie der Senat bereits mehrfach in Übereinstimmung mit dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. Buchholz, BVerwG, 310, § 124 VwGO Nr. 1) entschieden hat, ausreichend genügt. Außerdem konnte der Berufungsantrag, wie es hier geschehen ist, auch nach Ablauf der Berufungsfrist noch wirksam nachgeholt werden (vgl. Buchholz, BVerwG, 310, § 82 VwGO Nr. 2, 4 und 5).
Die Klage ist ebenfalls zulässig. Auch wenn der Kläger wegen des allgemeinen Kündigungsschutzes das Arbeitsgericht anrufen konnte und das auch getan hat, steht das dem Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der Zustimmung zur Kündigung nach dem Schwerbeschädigtengesetz -SchwBG- im Verwaltungsrechtsverfahren nicht entgegen; denn der Schwerbeschädigtenkündigungsschutz deckt sich nicht mit dem allgemeinen Kündigungsschutz (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28. November 1958 - V G 32/56-, Buchholz, BVerwG, 4366, § 14 SchwBG Nr. 1). Für die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses bedarf es keiner vorherigen Klärung, ob das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenenbesitz auf Grund der schriftlichen Erklärung des Klägers vom 9. Januar 1956 im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst worden ist oder ob nur Auflösung von der Wirksamkeit der Kündigung der Beigeladenen. Die Entscheidung dieser und damit zugleich der Frage, ob es der hier angefochtenen Zustimmung zur Kündigung nach dem Schwerbeschädigtengesetz zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses überhaupt bedurfte, obliegt alleinden Arbeitsgerichten, bei denen das entsprechende Verfahren noch anhängig und zur Zeit ausgesetzt ist (vgl. auch Urteil des Senats vom 16. Juli 1952, OVGE 6, 313; Sellmann-Evermann, Komm, zum SchwBG, § 17 Randnr. 15; Wilrodt-Gotzen, Komm, zum SchwBG, § 26 Randnr. 14; vgl. ferner für den Bereich des Mutterschutzgesetzes BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 1958, BVerwGE 7., 294). Für das Rechtsschutzbedürfnis zur Anfechtung der Kündigungszustimmung nach dem Schwerbeschädigtengesetz ist es ausreichend, daß diese Kündigungszustimmung nach dem Stand des arbeitsgeriehtlichen Verfahrens für den Kläger rechtliche Bedeutung gewinnen kann, wäre der Falle, dann in arbeitsrichtlichens Erfahren sie Bindung des Arbeitsverhältnisses im eingesichtigen Einverführung vornimmt sind, hat der Kläger berechtigtes Interesse daran, die Rechtmäßigkeit der Kündigungszustimmung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen. Da das arbeitsgerichtliche Verfahren im übrigen bereits wegen des vorliegenden Verfahrens ausgesetzt worden ist, kommt eine Aussetzung dieses Verfahrens bis zur Erledigung des arbeitsgerichtlichen Prozesses ohnehin nicht mehr in Betracht (vgl. Wieczorek, Komm. zur ZPO, § 148 Anm. B III a 1).
Die vom Kläger angefochtene Kündigungszustimmung ist rechtmäßig. Sie hält sich im Rahmen der maßgeblichen §§ 14 bis 18 SchwBG, die durch die Neufassung des Gesetzes vom 14. August 1961 (BGBl I, 1233) gegenüber der früheren bei Erlaß der angefochtenen Bescheide noch geltenden Fassung keine Änderung erfahren haben.
Zunächst greift die Rüge des Klägers, er sei von der HFSt nicht ordnungsgemäß angehört worden, nicht durch. Eine bestimmte Form für die Anhörung des Schwerbeschädigten schreibt das Gesetz nicht vor. Es heißt in § 16 Abs. 2 Satz 2 lediglich, daß die HFSt den Schwerbeschädigten zu hören hat. Dieser Anhörungspflicht ist die HFSt durch die Einholung einer schriftlichen Äußerung des Klägers nachgekommen. Im übrigen hatte der Kläger auch im Beschwerdeverfahren noch ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme und hat ... durch seinen Prozeßbevollmächtigten mit der Beschwerdebegründung auch wahrgenommen.
Die HFSt mußte, wie sie und das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen haben, der Kündigung des Klägers durch die Beigeladene nach § 18 Abs. 1 SchwBG zustimmen. Die im Gesetz dafür geforderte Voraussetzung der Betriebseinstellung ist nach Auffassung des Senats hier erfüllt. Der Begriff der Betriebseinstellung im Sinne des § 18 Abs. 1 SchwBG ist umstritten. Von den Kommentatoren des Schwerbeschädigtengesetzes sehen in der Veräußerung eines Betriebes unter Fortführung des früheren Betriebszweckes und Übernahme des wesentlichen Teiles der alten Belegschaft keine Einstellung/Sellmann-Evermann (a.a.O. § 18 Randnr. 11), Wilrodt-Gotzen (a.a.O. § 18 Randnr. 12), Becker (Komm. zum SchwBG 2. Aufl., § 18 Randnr. 26), Monjau (Komm. zum SchwBG, § 18 Anm. 2). Die gegenteilige Meinung vertreten Zigan (Komm, zum SchwBG, § 18 Randnr. 12), Rewolle (Handkomm. zum SchwBG, 3. Aufl., § 18 Anm. II 1). Ebenso umstritten wie der Begriff der Betriebseinstellung im Sinne des § 18 SchwBG ist der Begriff der Betriebsstillegung nach § 13 des Kündigungsschutzgesetzes und § 72 des Betriebsverfassungsgesetzes (vgl. dazu die Zitate an den angegebenen Kommentarstellen sowie Herschel-Steinmann, Komm. zum Kündigungsschutzgesetz, 5. Aufl., § 13 Randnr, 13, und Galperin, Komm. zum BetrVerfG, 3. Aufl., § 72 Randnr. 12, die im Falle der Kündigung der bisherigen Belegschaft in der Betriebsveräußerung eine Stillegung sehen).
Der Meinungsstreit über die Auslegung des Begriffs der Betriebseinstellung bzw. Stillegung ist offenbar dafür juristisch zu führen daß im Arbeitsrecht keine Einigkeit darüber besteht, ob bei einer Betriebsübertragung, zu der auch die Verpachtung zu rechnen ist (vgl. Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 6. Aufl., Erster Band, S. 465 Anm. 7), die Arbeitsverhältnisse unmittelbar vom Veräußerer auf den Erwerber übergehen oder nicht. Nikisch (Arbeitsrecht, 3. Aufl., Erster Band, S. 657 ff) vertritt die Auffassung, daß analog zum Mietrecht bei einer Betriebsübertragung die Arbeitsverhältnisse notwendig auf den Erwerber übergehen und eine gegenteilige Vereinbarung nicht möglich sei, Hueck-Nipperdey (a.a.O. S. 467) räumen ein, daß de lege ferenda manches für die Auffassung Nikischs spreche, meinen aber, daß bei der jetzigen Rechtslage mit der herrschenden Meinung daran festzuhalten sei, daß die Parteien des Übertragungsvertrages den Übergang der Arbeitsverhältnisse ausschließen könnten (vgl. zum Stand der Meinungen die Zitate bei Hueek-Nipperdey aaO). Das Bundesarbeitsgericht hat sich in zwei Urteilen vom 18. Februar 1960 (AP Nr. 1 zu § 419 BGB) und vom 29. November 1962 (MDR 1963, 348) für leitende und für zu höheren Diensten anderer Art verpflichtete Angestellte der herrschenden Auffassung angeschlossen. In den Gründen des Urteils vom 18. Februar 1960 hat es ausgeführt, die Ausnahmen alle Arbeitsverhältnisse gingen automatisch auf den Betriebsinhaber über, sei den Gerichten angesichts des Schweigens des Gesetzes um so mehr verwehrt, als unserer Rechtsordnung die Zwangsübertragung von ganzen Rechtsverhältnissen im Grundsatz fremd sei, eine dahingehende Rechtsanwendung bleibe nicht mehr im Rahmen der Fortbildung des Rechts. Hueck hat in einer Anmerkung zu dem Urteil (aaO) aus dieser Begründung gefolgert, daß das Bundesarbeitsgericht die Grundsatzfrage für alle Arbeitnehmer ebenso wie für leitende und höhere Angestellte beantworten würde. Dieser Schlußfolgerung ist zuzustimmen. Soweit Hueck in seiner Anmerkung insbesondere die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts billigt, indem es darauf beiträgt eine Auslegung im sinne Nikischs bleibe nicht mehr im Rahmen der Fortbildung des Rechts, die Frage des Schutzes der Arbeitnehmer gegen willkürliche Nichtübernahme bei Betriebsübertragungen müsse der Gesetzgeber entscheiden, zeigt das, daß nach dem bisherigen Stand die Auffassung Nikischs sich im arbeitsrechtlichen Schrifttum und besonders in der höchstrichterlichen arbeitsrechtlichen Rechtsprechung noch nicht hat durchsetzen können. Der Senat sieht keine Veranlassung, für den Bereich des Schwerbeschädigtengesetzes von der im Arbeitsrecht herrschenden Auffassung abzuweichen.
Ist danach davon auszugehen, daß bei einer Betriebsübertragung die Arbeitsverhältnisse nicht automatisch von dem früheren auf den neuen Arbeitgeber übergehen, daß die Parteien des Ubertragungsvertrages einsucht vielmehr mich eine Vereinbarung treffen können, so muß in der Verpachtung eines Betriebes bei Kündigung aller Arbeitsverhältnisse durch den Verpächter und Abschluß neuer Arbeitsverträge - wenn auch zu einem großen Teil mit den gekündigten Arbeitnehmern - durch den Pächter eine Betriebsstillegung seitens des Verpächters gesehen werden. Die Betriebsstillegung wird nämlich in der Rechtsprechung als die Auflösung der zwischen Arbeitgeber, und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft aus Anlaß der nicht nur vorübergehenden Einstellung der bisherigen wirtschaftlichen Betätigung durch den Unternehmer Bezeichnung (vgl. Hueck-Nipperdey, a.a.O. S. 265; BArbG, Urteil vom 17. September 1957 - AP Nr. 8 zu § 13 Kündigungsschutzgesetz). Soweit Hueck-Nipperdey - (a.a.O. S. 467 und 582) noch ausführen, daß im Rahmen des allgemeinen Kündigungsschutzes geprüft werden müsse, ob der Veräußerer sich ernsthaft bemüht habe, den Erwerber zur Übernahme sämtlicher Arbeitskräfte zu bewegen, kann das im. Rahmen des Sehwerbeschädigtengesetzes keine Rolle spielen, da hier bei Betriebseinstellung die Zustimmung, zur Kündigung erteilt werden muß. Das ist auch nicht unbillig. Einmal bleibt dem Schwerbeschädigten Arbeitnehmer der allgemeine Kündigungsschutz erhalten, der hier vom Kläger auch arbeitsgerichtlich geltend gemacht wird. Zum anderen schreibt das Schwerbeschädigtengesetz in § 18 Abs. 1 für den Fall der Betriebseinstellung, die der freien Entscheidung des Arbeitgebers unterliegt, die Zustimmung zur Kündigung nur vor, sofern zwischen dem Tage der Kündigung und dem Tage, bis zu, dem Gehalt oder Lohn gezahlt wird, mindestens drei Monate liegen, und gibt dem Arbeitnehmer damit einen gewissen Ausgleich für die durch die Betriebseinstellung bedingte Kündigung (vgl. dazu Becker, a.a.O. § 18. Randnr.13 und 38). Wenn die HFSt ... dieser Bestimmung dadurch Rechnung getragen hat, daß sie die Kündigungszustimmung von der durchgeführten oder noch nachzuholenden Lohnfortzahlung für drei Monate seit der Kündigung abhängig gemacht hat, so ist auch dieses Verfahren rechtlich nicht zu beanstanden, da damit der gesetzlichen Forderung genügt wird (vgl. Becker, a.a.O. § 18 Randnr. 56; Sellmann-Evermann, a.a.O. § 18 Randnr. 20). Im Ergebnis hat daher die HFSt zu Recht die Zustimmung zur Kündigung nach § 18 Abs. 1 SchwBG unter der dort bestimmten Voraussetzung der Lohnfortzahlung für drei Monate erteilt.
Auch aus § 17 SchwBG ist keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Kündigungszustimmung herzuleiten. Daß die Zustimmung nicht innerhalb von vier Wochen seit Antragstellung, sondern erst lange Zeit danach erteilt worden ist, beruht allein darauf, daß die HFSt die Zustimmung wegen der Erklärung des Klägers vom 9. Januar 1956 für entbehrlich hielt und sie daher erst nachträglich erteilt hat, nachdem ihr die von ihrer Auffassung abweichende Ansicht des Landesarbeitsgerichts Kiel von der Beigeladenen mitgeteilt worden war. Wenn infolge dieses Umstandes die Frist des § 17 Abs. 1 Satz 1 SchwBG um ein Vielfaches überschritten ist, so ergibt das keine Rechtswidrigkeit der Zustimmung (vgl. auch Becker, a.a.O. § 17 Randnr. 4; Rewolle, a.a.O. § 17 Anm. I 1).
Daß die HFSt nicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 SchwBG die Kündigungszustimmung mit der Maßgabe erteilt hat, daß die Kündigung frühestens vier Wochen nach ihrer Entscheidung wirksam wird, ist auch nicht zu beanstanden. Die HFSt ist nämlich in besonderen Ausnahmefällen berechtigt, von der entsprechenden Soll-Vorschrift abzuweichen. Das gilt insbesondere, wenn der Arbeitnehmer in der Zwischenzeit einen neuen Arbeitsplatz erhalten hat und daher der Schonfrist nicht mehr bedarf (vgl. Becker, a.a.O. § 17 Randnr. 8; Sellmann-Evermann, a.a.O. § 17 Randnr. 3; Zigan, a.a.O. § 17 Randnr. 3; Rewolle, a.a.O. § 17 Anm. I 2; vgl. auch Urteil des Senats vom 4. März 1959 FEVS 5, 139). Da ... im Zeitpunkt der Entscheidung der HFSt der Kläger bereits seit langem wieder einen Arbeitsplatz hatte, entsprach das Abgehen von der Soll-Vorschrift des § 17 Abs. 1 SchwBG der gegebenen Sachlage. Im übrigen war der Kläger für die Zeit, in der bei gewöhnlichem Ablauf die Entscheidung der HFSt ergangen wäre, durch die in den angefochtenen Bescheid auch aufgenommene Dreimonatsfrist zwischen Kündigung und Ende der Lohnzahlung geschützt.
Die angefochtenen Bescheide erweisen sich danach als rechtmäßig. Die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Von der Möglichkeit des § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen dem Kläger aufzuerlegen, hat der Senat keinen Gebrauch gemacht. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 7 ZPO.
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.