Amtsgericht Bremervörde
Urt. v. 20.02.1987, Az.: 4 C 176/86
Kosten der Wartung einer Blitzschutzanlage als laufende Betriebskosten für die Unterhaltung eines Wohngebäudes; Heranziehung von Rechtsvorschriften des öffentlich rechtlichen Wohnungsbaurechts zur Auslegung privatrechtlich vereinbarter Mietverträge
Bibliographie
- Gericht
- AG Bremervörde
- Datum
- 20.02.1987
- Aktenzeichen
- 4 C 176/86
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1987, 20096
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGBREMV:1987:0220.4C176.86.0A
Verfahrensgegenstand
Forderung
In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Bremervörde
ohne mündliche Verhandlung
im schriftlichen Verfahren
am 20.02.1987
durch
den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger ist aufgrund mit der Beklagten vereinbarten schriftlichen Formularmietvertrages vom 05.11.1974 Mieter des im Eigentum der Beklagten stehenden Einfamilienhauses
Zu den Einzelheiten des vorgenannten Mietvertrages wird Bezug genommen auf die zu den Akten eingereichte Ablichtung desselben (Bl. 6-10 d.A.).
In § 1 des vorgenannten Mietvertrages, der die Beschreibung des Mietobjekts zum Gegenstand hat, ist in § 7 folgende Klausel enthalten: "Die Allgemeinen Vertragsbestimmungen für Bundesmietwohnungen sind Bestandteil dieses Vertrages."
In § 1 des vorgenannten Mietvertrages, der die Festlegung des Mietentgelts zum Gegenstand hat, sind in Absatz 4 Betriebskosten aufgeführt, für die Vorauszahlungen geleistet werden sollen. Dabei sind in den Rubriken Wasserversorgung, Wartung und Reinigung der Zentralheizungsanlage, laufende öffentliche Lasten und Abgaben und Schornsteinreinigung bestimmte Beträge eingetragen, während inübrigen formularmäßig vorgesehenen Rubriken durch Ausfüllung des Formulars mit 0 zum Ausdruck gebracht wurde, daß diese Kosten nicht anfallen.
Zu den Einzelheiten der Allgemeinen Vertragsbestimmungen für Bundesmietwohnungen wird Bezug genommen auf das von der Beklagten insoweit zu den Akten eingereichte Exemplar (Bl. 50-54 d.A.).
Die Beklagte hat im Mai 1984 durch den TÜV Norddeutschland die Blitzschutzanlage am genannten Mietobjekt des Beklagten überprüfen lassen, wobei der genannte TÜV der Beklagten die entsprechenden Kosten unter dem 05.06.1984 mit 144,90 DM zuzüglich Mehrwertsteuer, d.h. in Höhe von insgesamt 165,18 DM, in Rechnung gestellt hat. Zu den Einzelheiten wird Bezug genommen auf die zu den Akten eingereichte Ablichtung der vorgenannten Rechnung (Bl. 58/59 d.A.).
Die Beklagte hat die vorgenannten Kosten der Wartung der Blitzschutzanlage dem Kläger im Rahmen der diesem unter dem 23.09.1985 erteilten Betriebskostenabrechnung als von ihm (dem Kläger) zu tragen in Ansatz gebracht und im Lastschriftverfahren eingezogen. Zu den Einzelheiten wird Bezug genommen auf die zu den Akten eingereichte Ablichtung der genannten Betriebskostenabrechnung (Bl. 12 d.A.).
Der Kläger nimmt die Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit auf Rückzahlung der genannten "Blitzschutzgebühren" in Anspruch.
Der Kläger macht geltend, die Beklagte sei nach den unter den Parteien vereinbarten Mietbedingungen nicht berechtigt, die Kosten der Wartung der Blitzschutzanlage von ihm (dem Kläger) als Mieter zu beanspruchen. Insbesondere seien die Kosten der Wartung der Blitzschutzanlage nicht bei den im Mietvertrag in §§ 2 Abs. 4 aufgeführten. Betriebskosten genannt. Auch nach sonstigen Vorschriften könne die Beklagte nicht beanspruchen, daß er (der Kläger) die kosten der Wartung der Blitzschutzanlage trage.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 160,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.03.1986 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte macht geltend, die Kosten der Wartung der Blitzschutzanlage seien als "sonstige Betriebskosten" i.S.v. Nr. 3 Abs. 5 Ziff. 16 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen für Bundesmietwohnungen anzusehen. In § 2 Abs. 4 des Mietvertrages der Parteien seien nur die häufigsten anfallenden Betriebskostenarten angeführt, für die Vorauszahlungen zu leisten seien. Aus der Gestaltung des Formulars sei auch ersichtlich, daß die ausdrücklich aufgeführten Nebenkosten nicht erschöpfend aufgeführt seien.
Zu den weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf den Inhalt der von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen.
Durch Beschluß vom 19.01.1987 wurde für den vorliegenden Rechtsstreit das schriftliche Verfahren angeordnet. Zu den Einzelheiten wird Bezug genommen auf den vorgenannten Beschluß (Bl. 80 d.A.).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Da nach § 1 Abs. 7 des Mietvertrages der Parteien auch die Allgemeinen Vertragsbestimmungen für Bundesmietwohnungen als Vertragsbestandteil vereinbart worden, sind, gilt auch für das Vertragsverhältnis der Parteien die Regelung zu Nr. 3 Abs. 5 Ziff. 16 daselbst über die Verpflichtung des Mieters zum anteiligen Tragen "sonstiger Betriebskosten".
Soweit sich die Beklagte zur Auslegung der vorgenannten Vertragsklausel auf die Kommentierung zu § 27 der II. Berechnungsverordnung im Kommentar Fischer-Dieskau beruft, wonach auch Kosten der Wartung von Blitzschutzanlagen als sonstige Betriebskosten anerkannt seien, ist diese Argumentation der Beklagten als berechtigt anzuerkennen.
Bei der angesprochenen Rechtsvorschrift handelt es sich zwar um eine Rechtsvorschrift des öffentlich rechtlichen Wohnungsbaurechts, die jedoch zur Auslegung privatrechtlich vereinbarter Mietverträge mitherangezogen werden kann. Von der Sache her leuchtet ein, daß auch die Kosten der Wartung einer Blitzschutzanlage als laufende Betriebskosten für die Unterhaltung eines Wohngebäudes anfallen, wobei allerdings die Besonderheit besteht, daß diese Kosten nicht Jahr für Jahr sondern in weiterem jährlichem Abstand anfallen und dann jeweils einen etwas höheren Betrag ausmachen. Auf der anderen Seite fallen die genannten Kosten nicht nur einmalig an sondern turnusmäßig und dienen nicht nur allein den Interessen des Hauseigentümers sondern auch den Interessen des Mieters.
Es kommt hier hinzu, daß es sich bei dem Mietvertrag der Parteien nicht um einen in allen Einzelheiten individuell ausgehandelten Mietvertrag handelt, sondern um einen Formularmietvertrag mit einer staatlichen Stelle, die - auch für den Mieter erkennbar - gehalten ist, Mietverhältnisse mit weitgehend gleichförmigen Bedingungen zu vereinbaren, was für beide Parteien entsprechende Vor- und Nachteile bietet.
Während bei sonstigen Mietverträgen mit privaten Hauseigentümern bzw. privaten gewerblichen Vermietern die ausdrücklich vereinbarten Mietbedingungen vielfach die Vermutung der Vollständigkeit für sich haben und im Zweifel nur das gilt, was ausdrücklich vereinbart worden ist, kann dieser Grundsatz nicht uneingeschränkt auf einen Mietvertrag zwischen einer öffentlichen Dienststelle und einem Bediensteten (bzw. pensionierten) Bediensteten des öffentlichen Dienstes nach dem angesprochenen Formular abgeschlossenen Mietverhältnis angewandt werden. Das verwendete Formular weist insbesondere - wie bereits aufgeführt - auf die ergänzende Geltung der Allgemeinen Vertragsbestimmungen für Bundesmietwohnungen hin, die - wie bereits ausgeführt - dahin auszulegen sind, daß auch die genannten Kosten der Wartung der Blitzschutzanlage als sonstige Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht darauf, daß gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel zulässig ist, weil der Gesamtstreitwert dieses Rechtsstreits niedriger liegt als die gesetzliche Mindestberufungssumme von 700,- DM.