Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 28.04.2021, Az.: 9 U 110/20

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
28.04.2021
Aktenzeichen
9 U 110/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 72390
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BGH - 11.07.2023 - AZ: II ZR 98/21

In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 28. April 2021 beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 11. November 2020 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu je 1/2 zu tragen.

Das landgerichtliche Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern der jeweilige Vollstreckungsgläubiger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird - wegen der teilweisen Berufungsrücknahme - in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 25. Februar 2021 (Bd. II, Bl. 168 d. A.) auf die Wertstufe bis 200.000 € für die Zeit bis zum 25. April 2021 und auf die Wertstufe bis 110.000 € für die Zeit danach festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger sind Aktionäre der Beklagten und haben mit einer Beschlussmängelklage erreichen wollen, Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 20. Dezember 2019 betreffend den Verzicht auf eine satzungsmäßig vorgesehene Prüfung der Jahresabschlüsse der Gesellschaft für die Zeit vor 2017, die Entlastung des Vorstandes und von Aufsichtsräten für das Jahr 2018 sowie betreffend die Änderung der Vergütung für die Mitglieder des Aufsichtsrats für nichtig zu erklären (hilfsweise, deren Nichtigkeit oder zumindest Unwirksamkeit festzustellen).

Das Landgericht, auf dessen Urteil (Bd. I, Bl. 114 ff. d. A.) wegen der näheren Einzelheiten der tatbestandlichen Feststellungen und der Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat den Hauptversammlungsbeschluss betreffend die Änderung der Vergütung für die Mitglieder des Aufsichtsrats (und eine entsprechende Änderung der Satzung) antragsgemäß für nichtig erklärt, im Übrigen die Klage jedoch abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, die ihr Begehren, soweit vom Landgericht abgewiesen, zunächst in vollem Umfang weiterverfolgt, im Anschluss an den Hinweisbeschluss des Senats vom 25. Februar 2021 jedoch hinsichtlich der Abweisung der Klage betreffend die Beschlussfassung zur Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat zurückgenommen haben.

Sie machen nunmehr noch geltend, entgegen der Annahme des Landgerichts verstoße der Beschluss der Hauptversammlung zu TOP 9, auf eine Prüfung der Jahresabschlüsse sowie Lageberichte für die (bereits abgeschlossenen) Geschäftsjahre vor 2017 zu verzichten, gegen zwingendes Recht. Qualitativ und daher auch in den entsprechenden Konsequenzen stehe die in § 21 der Satzung der Beklagten vorgesehene Prüfung einer gesetzlichen Prüfungspflicht gleich. Mit Blick auf die Interessen von Gesellschaftsgläubigern und Aktionären könne die statutarisch vorgesehene Prüfungspflicht nicht nachträglich durch einen Verzichtsbeschluss, zumal ohne Zustimmung sämtlicher Aktionäre, ausgehebelt werden. Hinzu komme, dass schon die Prüfung des Jahresabschlusses für 2017 durch den Abschlussprüfer gravierende Fehler ergeben habe.

Der Senat hat mit Beschluss vom 25. Februar 2021 (Bd. II, Bl. 168 ff. d. A.) auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hingewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Kläger in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 11. Februar 2021 (Bd. II, Bl. 156 ff. d. A.) sowie den Schriftsatz vom 26. April 2021 (Bd. II, Bl. 183 ff. d. A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Kläger hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung durch Entscheidung des Berufungsgerichts ist nicht erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Zur Begründung nimmt der Senat in vollem Umfang auf die Ausführungen in seinem Beschluss vom 25. Februar 2021, an denen er festhält, Bezug. Die Beschlussgründe werden durch die dazu von den Klägern abgegebene Stellungnahme vom 26. April 2021 nicht entkräftet. Zu ihr ist Folgendes festzuhalten:

1. Soweit die Kläger unter Hinweis auf Entscheidungen des LG und des OLG Stuttgart die Auffassung vertreten, der von der Hauptversammlung beschlossene Verzicht auf die Durchführung einer Abschlussprüfung für die Jahresabschlüsse vor 2017 stelle einen schwerwiegenden und eindeutigen Gesetzesverstoß dar und stelle letztlich schwere Pflichtwidrigkeiten der Organe sanktionsfrei, gehen diese Ausführungen an der Argumentation des Senats, warum im Streitfall die Hauptversammlung auf eine Nachholung der unterbliebenen Abschlussprüfungen für (weit) zurückliegende Jahre verzichten durfte, vorbei.

Die Beschlüsse der Hauptversammlung, Vorstand und Aufsichtsräten Entlastung zu erteilen, greifen die Kläger nach ihrer teilweisen Berufungsrücknahme gerade nicht mehr an. Ob, womit sich die von den Klägern in ihrer Stellungnahme zitierten Gerichtsentscheidungen befassen, angesichts der dort zu Grunde liegenden Fallgestaltungen Aufsichtsräten gravierende Pflichtverstöße anzulasten gewesen sind, ist hinsichtlich der im vorliegenden Streitfall allein noch angegriffenen Beschlussfassung der Hauptversammlung betreffend den Verzicht auf eine Nachholung von Abschlussprüfungen unerheblich.

2. Hinsichtlich der als Streitgegenstand des Berufungsverfahrens verbliebenen Beschlussanfechtung kommt es nicht darauf an, ob, was in der von den Klägern zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart streitiger und im Berufungsverfahren nicht mehr zuzulassender Parteivortrag gewesen sein soll, eine Behauptung gegenständlich gewesen ist, wonach die dortige Hauptversammlung "in der Vergangenheit" einen - womöglich satzungsändernden - Beschluss gefasst haben soll, auf eine Abschlussprüfung zu verzichten.

Im hier zu entscheidenden Streitfall ist, wie der Senat bereits in seinem Hinweisbeschluss ausgeführt hat, anders als in der von den Klägern zitierten Entscheidung nicht darüber zu befinden, ob die Hauptversammlung wirksam eine Änderung der Satzungsbestimmung betreffend die Durchführung von Abschlussprüfungen beschlossen hat. Der von den Klägern angefochtene Beschluss der Hauptversammlung vom 20. Dezember 2019 setzt sich vielmehr lediglich mit der Frage auseinander, wie damit umzugehen ist, dass die satzungsmäßig vorgesehenen Abschlussprüfungen der Jahresabschlüsse für 2016 und davor nicht erfolgt waren. Es geht also nicht, wie in der der Entscheidung des OLG Stuttgart offenbar zugrundeliegenden Fallgestaltung, um eine Beschlussfassung "in der Vergangenheit", sondern im Gegenteil um die Frage, wie nachträglich mit der jahrelang (von allen Gesellschaftsorganen unbeanstandet) unterbliebenen Prüfung der Jahresabschlüsse für weit zurückliegende Zeiträume umgegangen werden soll.

Dass und warum der Beschluss der Hauptversammlung Ende 2019, auf die Nachholung der satzungswidrig unterbliebenen Prüfung der Jahresabschlüsse für die Jahre 2016 und davor zu verzichten, im Streitfall nicht zu beanstanden ist, hat der Senat in seinem Hinweisbeschluss vom 25. Februar 2021 unter Nr. II.1 der Gründe, auf die verwiesen wird, ausgeführt.

3. Die Kostenentscheidung folgt §§ 97, 100 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO.