Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 23.06.1987, Az.: 2 VG A 141/86

Nebentätigkeitsgenehmigung eines Beamten zum Betrieb einer Videothek; Genehmigungsfreie Tätigkeiten eines Beamten; Versagungsgründe; Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf; Recht an eigenverantwortlich gestalteter Tätigkeit; Unvereinbarkeit mit konkreter Beamtentätigkeit; Verleih von pornografischen Videos und Horror-Videos; Einhaltung der genehmigten Zeit

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
23.06.1987
Aktenzeichen
2 VG A 141/86
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1987, 19480
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:1987:0623.2VG.A141.86.0A

Fundstellen

  • NJW 1988, 1162-1163 (Volltext mit amtl. LS)
  • NVwZ 1988, 572 (amtl. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand

Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit

Das Verwaltungsgericht Hannover - 2. Kammer Hannover - hat
auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 1987
durch
Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Segger,
Richter am Verwaltungsgericht Claus,
Richterin am Verwaltungsgericht Kläner,
ehrenamtliche Richterin Altmann und
ehrenamtlichen Richter Tieste
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger erstrebt eine Nebentätigkeitsgenehmigung zum Betriebe einer Videothek.

2

Der am ... geborene Kläger ist seit dem 1.10.1978 Obersekretär im Justizvollzugsdienst (Besoldungsgruppe A 7) und als aufsichtsführender Beamter im Abteilungs-Schichtdienst in der Justizvollzugsanstalt ... tätig. Derzeit ist er auf der Sicherheitsstation tätig, in der besonders auffällige Strafgefangene untergebracht sind.

3

Mit Schreiben vom 13.12.1985, ergänzt durch Schreiben vom 19.2.1986, beantragte er beim Leiter der JVA ..., ihm die Genehmigung zum Betriebe einer Videothek in ... erteilen, in der Videofilme und -recorder vermietet werden sollen. Er gab an, dieses Geschäft mit seinem (gleichfalls berufstätigen) Bruder ab dem 2.1.1986 jede Woche von montags bis freitags in der Zeit von 15.00 bis 20.00 Uhr betreiben zu wollen. Die anfallenden Arbeiten sollten in wöchentlichem Wechsel von seiner Ehefrau und seiner Schwägerin erledigt werden. Da seine Ehefrau täglich bis 15.45 Uhr arbeite, werde er jede zweite Woche von montags bis freitags in der Zeit von 15.30 Uhr bis 17.00 Uhr dort arbeiten müssen. Dies ergebe eine monatliche Belastung von 15 Stunden.

4

Der Beklagte beteiligte den Bezirkspersonalrat beim Justizvollzugsamt Celle, der hierzu keine Stellungnahme abgab.

5

Mit Bescheid vom 5.6.1986 lehnte der Beklagte die Erteilung der begehrten Nebentätigkeitsgenehmigung mit der Begründung ab, die zeitliche Beanspruchung durch die Videothek werde den Kläger in der Erledigung seiner dienstlichen Pflichten behindern und zu einer erheblichen Beeinträchtigung seiner dienstlichen Verwendbarkeit führen.

6

Hiergegen legte der Kläger am 26.6.1986 Widerspruch ein und führte aus, die bloß theoretische Möglichkeit einer Pflichtenkollision reiche nicht aus. Nach dem neuen Nebentätigkeitsrecht dürfe die Nebentätigkeitsgenehmigung vielmehr nur dann versagt werden, wenn sich konkrete Gesichtspunkte für eine Pflichtenkollision absehen ließen. Solche Gesichtspunkte seien nicht erkennbar. Sollte die Notwendigkeit bestehen, ihn kurzfristig zu einer Dienstverrichtung zu verpflichten, so könnten in diesem Fall die Ehefrauen ad hoc den Betrieb der Videothek übernehmen. Nötigenfalls würde diese dann eben später geöffnet werden. Die Dauer der Nebentätigkeit betrage weniger als die Hälfte des nach dem Gesetz höchstzulässigen Zeitaufwandes und sei auch von daher nicht zu beanstanden.

7

Durch Widerspruchsbescheid vom 9.7.1986 wies der Beklagte den Widerspruch unter Vertiefung der Gründe des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Entgegen der Darlegung des Klägers sei es noch nicht einmal theoretisch vorstellbar, daß der Kläger bei unvorhergesehener Anordnung von Spätdienst Vorkehrungen für den Weiterbetrieb der Videothek treffen könne. Die beabsichtigte Tätigkeit beeinträchtige daher dienstliche Belange.

8

Am 28.7.1986 hat der Kläger Klage erhoben. Er führt aus: Die Videothek sei bereits eröffnet und werde (entgegen früherer Planung) montags bis samstags von 16.00 bis 20.00 Uhr betrieben, am Samstag darüber hinaus auch von 11.00 bis 13.00 Uhr. Die beantragte Zeit für die Nebentätigkeit setze ihn daher instand, eine halbe Stunde vor Geschäftseröffnung erforderliche Büroarbeiten durchzuführen. Berücksichtige man überdies, daß seine Frau und seine Schwägerin seit Januar 1987 nicht mehr (in abhängiger Stellung) berufstätig seien und daher in der Videothek vollmitarbeiten könnten, so werde deutlich, daß allenfalls eine fernliegende Gefahr der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen bestehe. Dies reiche nach der Gesetzeslage zur Ablehnung seines Antrags jedoch nicht aus. Entgegen dem Eindruck, den der Beklagte erwecke, brauche der auch nicht rund um die Uhr mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen.

9

Das Ansehen der öffentlichen Verwaltung werde durch die Nebentätigkeit nicht beeinträchtigt. Sein Videokassetten-Angebot umfasse das übliche Sortiment (von Komödien über Abenteuer- und Actionfilmen bis hin zu Horrorfilmen und Pornos) und gehe inhaltlich zum Teil nicht wesentlich über das hinaus, was gelegentlich öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten ihren Zuschauern zumuten würden. Die weite Verbreitung von Videotheken zeige, daß diese nicht mehr als anstößig empfunden würden.

10

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 5. Juni 1986 und seinen Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 1986 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger eine Tätigkeit als Mitbetreiber einer Videothek an dienstfreien Wochentagen, und zwar in der Zeit von 15.30 bis 17.00 Uhr, zu genehmigen.

11

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

12

Er verweist auf die angefochtenen Bescheide. Die darin angeführten Pflichtenkollisionen ergäben sich daraus, daß die Öffnungszeiten der Videothek im Kernbereich der Spätschicht lägen, zu der der Kläger - nächst der Frühschicht - am häufigsten herangezogen werde. Die vom Kläger erst im Klageverfahren behauptete Möglichkeit, im Kollisionsfalle könne er sich von den anderen Mitbetreibern kurzfristig vertreten lassen, überzeuge nicht. Denn der Antrag sei ja gerade mit der Notwendigkeit begründet worden, daß die anderen Mitbetreiber gleichfalls berufstätig seien. Dabei solle nicht unterstellt werden, daß der Kläger seinen Dienst im Kollisionsfalle nicht versehen werde. Es sei jedoch zu erwarten, daß der Kläger in einer dienstliche Belange konkret beeinträchtigenden, weil konfliktträchtigen Weise auf eine entsprechende Gestaltung des Dienstplanes drängen werde. Es dürfe nicht außer Betracht bleiben, daß Unternehmer eine andere Einstellung zu seinen Betrieb habe als ein bloßer Arbeitnehmer.

13

Im übrigen sei der Betrieb einer Videothek, in der auch jugendgefährdende Kassetten angeboten würden, mit dem Ansehen des Berufsbeamtentums nicht vereinbar.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Berichtsakte und den der Personalakte des Klägers Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Beklagte hat den Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung für den Betrieb der streitigen Videothek im Ergebnis zu Recht abgelehnt (§ 113 Abs. 4 Satz 1 VwGO).

16

In formeller Hinsicht ist die angegriffene Entscheidung nicht zu beanstanden. Der Beklagte ist zur Entscheidung berufen (§§ 73 Abs. 3 2. Altern. NBG i.d.F.. des Gesetzes vom 2.7.1985, GVBl. S. 204, i.V.m.. Nr. 2 b des Gemeinsamen RdErl. v. 15.5.1981, Nds. MBl. S. 524).

17

Das Mitbestimmungsverfahren (§ 78 Abs. 1 Nr. 10 Nds. PersVG) ist ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Zustimmung zur Ablehnung der begehrten Nebentätigkeitsgenehmigung gilt gemäß §§ 82 Abs. 3 i.V.m.. 72 Abs. 2 letzter Satz Nds. PersVG kraft Verschweigung als erteilt.

18

Die getroffene Entscheidung ist auch in der Sache nicht zu beanstanden.

19

Die zur Entscheidung gestellte Frage beurteilt sich nach § 73 NBG. Nach dessen Abs. 1 bedarf das Betreiben einer Videothek einer Nebentätigkeitsgenehmigung, da diese Tätigkeit nicht gemäß § 74 NBG zu den genehmigungsfreien Tätigkeiten gehört. Die somit erforderliche Genehmigung ist zu erteilen, soweit nicht einer der in § 73 Abs. 2 NBG aufgeführten Versagungsgründe vorliegt. Greift hingegen (auch nur) einer davon ein, muß die Entscheidung zu Lasten des Beamten ausfallen, ohne daß dem Beklagten noch ein Ermessensspielraum zustünde.

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Danach muß die Klage abgewiesen werden, weil der Versagungsgrund des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 NBG vorliegt. Nach dieser Bestimmung liegt eine - die Versagung der Nebentätigkeitsgenehmigung gebietende - Beeinträchtigung dienstlicher Interessen insbesondere dann vor, wenn die Nebentätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann. Bei der Auslegung dieses unbestimmten, voller gerichtlicher Nachprüfung unterliegenden Rechtsbegriffs ist folgendes zu beachten:

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§ 73 NBG steht im Spannungsfeld zwischen der (letztlich in Art. 33 Abs. 4 und 5 GG wurzelnden) Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf einerseits und den (trotz Beamteneigenschaft fortwirkenden) grundrechtlichen Freiheitsrechten und dem damit verbundenen Recht an eigenverantwortlich gestalteter Tätigkeit andererseits (Art. 2 Abs. 1 und - vor allem - Art. 12 Abs. 1 GG). Dies gilt auch dann, wenn die Nebentätigkeit - wie hier - in der Freizeit ausgeübt werden soll. Auch deren Nutzung weist dienstliche Bezüge auf, weil sie der Regeneration sowie der beruflichen Fortbildung des Beamten dienen soll und der Beamte seine Freizeit im übrigen nicht zu Zwecken nutzen soll, die dienstlichen Belangen zuwider läuft.

22

Diese widerstreitenden Interessen schließen es aus, - anders als die weitgehende Gesetzesformulierung ("kann") nahezulegen scheint - die beantragte Nebentätigkeitsgenehmigung bereits dann zu versagen, wenn nur die entfernte Möglichkeit besteht, die streitige Tätigkeit möchte in der Öffentlichkeit Anlaß zu nachteiligen Rückschlüssen auf die Verwaltung geben. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß es für den Versagungsgrund des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 NBG nicht auf das Ansehen der öffentlichen Verwaltung schlechthin, sondern auf das derjenigen Verwaltung ankommt, in der der Beamte tätig ist (BVerwGE 12, 34;  60, 257) [BVerwG 26.06.1980 - 2 C 37/78].

23

Beides zusammengenommen ergibt: Nur wenn die hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit besteht, die in Rede stehende Nebentätigkeit werde von einer deutlichen Mehrheit der Durchschnittsbetrachter als mit dem ausgeübten Amt unvereinbar und anstößig empfunden werden, ist die begehrte Nebentätigkeitsgenehmigung zu versagen. Angewandt auf den Betrieb einer Videothek: Deren Genehmigung scheitert nicht erst dann, wenn sich der Beamte jenseits der Grenze desjenigen begeben will, was nach den speziellen (insbesondere gewerberechtlichen) Vorschriften für den Schrieb einer Videothek noch erlaubt ist, bzw. wenn der maßgebliche Durchschnittsbetrachter die beabsichtigte Tätigkeit als absolut degoutant und sittlich anstößig empfinden wird. Da § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 NBG in zulässiger Weise bereits das Vorfeld des soeben Beschriebenen sichern will, ist die Genehmigung vielmehr bereits dann zu versagen, wenn die Videothek nach ihrem Sortiment, der örtlichen Lage (Einbettung in einen "normalen" Stadtteil oder räumliche Angliederung an Bordelle u.ä.) oder der beabsichtigten bzw. absehbaren Betriebsform vom Durchschnittsbetrachter voraussichtlich als mit dem ausgeübten Amt nicht vereinbar empfunden werden würde. So liegt es hier.

24

Dem Kläger ist zwar darin Recht zu geben, daß Videotheken in der Öffentlichkeit nicht mehr als fraglos gänzlich geschmacklose, auf unwürdigem Niveau stehende "Etablissements" angesehen werden, deren Ruf durch den sprichwörtlichen Verkauf "unter dem Ladentisch" und dem Vertrieb von sog. Raubkopien wesentlich mitgeprägt wird. Dieser Wandel in der öffentlichen Einschätzung liegt wohl in der zunehmenden Verbreitung dieser Geschäfte wie auch darin begründet, daß "seriöse" Filmtitel (fast paralleles Erscheinen von Kinofilmen und entsprechenden Kassetten) in das Sortiment aufgenommen wurden.

25

Ist es danach zweifelhaft, ob der Betrieb einer Videothek (so wie etwa der Betrieb eines Bordells oder einer Portierstätigkeit in einem übelbeleumundeten Haus, s. Fürst, GKÖD, § 65 BBG Rdnr. 27) a priori als mit der konkreten Beamtentätigkeit unvereinbar angesehen werden kann, so fällt hier folgendes zum Nachteil des Klägers entscheidend ins Gewicht:

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In der Öffentlichkeit wie auch in wissenschaftlichen, insbesondere kriminologischen Abhandlungen wird mit zunehmendem Interesse der Zusammenhang zwischen der Verbreitung von Videos mit gewaltverherrlichenden bzw. "harten" pornografischen Inhalten und den entsprechenden Gewalttaten (schwere Körperverletzungs- und Tötungsdelikte, Straftaten aus dem Sexualstrafbereich) untersucht. Auch wenn hier wohl noch keine Einigkeit über den Grad der Abhängigkeit zwischen Videokonsum und Herabsetzung der Hemmschwelle zur Begehung schwerer und schwerster Straftaten besteht, ist - sozusagen als "unstreitige" Ebene - festzuhalten, daß ein solcher Zusammenhang zumindest sehr ernsthaft in Betracht kommt und weitverbreitet auch angenommen wird. Dabei hat sich auch die Erkenntnis durchgesetzt, daß die bestehenden Vorschriften, insbesondere das Verbot der Abgabe von gewaltverherrlichenden und pornografischen Videos an Personen unter 18 Jahren keinen wirksamen Schutz vor deren Konsum durch Minderjährige abgeben. Nach ihrer Verleihung/ihrem Verkauf in einen letztlich unkontrollierbaren Bereich entlassen, kommt es eben ganz verbreitet doch dazu, daß solche Videos, die (zum Teil im Wortsinn) das Abschlachten von Menschen zeigen bzw. in denen die Frau zum (mehr oder minder) willfährigen Objekt degradiert wird, Jugendlichen in dem ganz besonders prägefähigen Alter zugänglich werden.

27

Dieser Hintergrund stellt den - zur Klagabweisung führenden - Zusammenhang zur dienstlichen Tätigkeit des Klägers her. Es würde von dem (nun schon mehrfach erwähnten) Durchschnittsbetrachter nicht lediglich als "kurios" oder eigenartig, sondern im Gegenteil als ernsthaft bedenklich und mit der Stellung eines Beamten im Strafvollzug unvereinbar angesehen werden, wenn dieser mit einer Sorte Videos Handel treibt, deren Inhalte einen deutlichen Sachbezug zu Fällen schwerer und schwerster Kriminalität und damit genau zu denjenigen Gefangenen aufweisen, die er beaufsichtigt. Ein solcher - dem Ansehen der Gefängnisverwaltung abträglicher - Zusammenhang besteht zwischen einem ganz erheblichen Teil des vom Kläger vertriebenen Sortiments und seiner dienstlichen Tätigkeit. Der Kläger hat gut nachvollziehbar dargelegt, daß sog. "Kinder-Videotheken", Geschäfte also, in denen Videos der beschriebenen Sorte nicht vertrieben werden, keine ernsthaften Gewinnaussichten haben. Der Verleih von pornografischen und Horror-Videos bildet damit das finanzielle Rückgrat seines Betriebes und nimmt einen dementsprechend starken und auffälligen Umfang des Umsatzvolumens ein. Dem Umstand, daß auch sozusagen "berufsneutrale" Spulen vertrieben werden sollen, kommt daher keine dem Kläger günstige Wirkung zu. Entscheidend hat vielmehr zu sein, daß der klägerische Geschäftsbetrieb ganz essentiell durch Videos geprägt wird, die im nachteiligen Zusammenhang zum ausgeübten Amt stehen und dem Ansehen der Gefängnisverwaltung ernsthaft schaden können.

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Zusammenfassend: Mag der Betrieb einer Videothek noch nicht per je mit dem Ansehen eines Beamten unvereinbar erscheinen, so ist jedenfalls vorliegend ein solcher abträglicher Zusammenhang ganz konkret vorhanden. Bereits dies muß zur Klagabweisung führen.

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Im übrigen stellt sich auch für der Kammer der an den angefochtenen Beschwerde - wenn auch unter anderen Beschwerde - behandelte Frage, ob die Genehmigung der in Rede stehenden Nebentätigkeit ggfs. auch an § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 NBG scheitert. Hiernach liegt eine zur Versagung führende Beeinträchtigung dienstlicher Interessen außerdem dann vor, wenn die Nebentätigkeit nach Art und Umfang die Arbeitskraft des Beamten so stark in Anspruch nimmt, daß die ordnungsgemäße Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten behindert werden kann. Bei der Auslegung dieser Vorschrift ist von der Regelvermutung des § 73 Abs. 2 Satz 3 NBG auszugehen. Hiernach gilt dieser benannte Versagungsgrund regelmäßig dann als erfüllt, wenn die zeitliche Beanspruchung durch eine oder mehrere Nebentätigkeiten in der Woche ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet.

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Auch dieser Versagungsgrund ist in seinem Spannungsfeld zwischen dem Art. 33 Abs. 4 und 5 GG einerseits und Art. 2 Abs. 2, 12 Abs. 1 GG andererseits auszulegen, so daß auch hier nicht die lediglich entfernliegende Möglichkeit überstarker Beanspruchung der Freizeit durch die Nebentätigkeit ausreicht (vgl. BVerfGE 55, 207, 240 f.). Wenn die Kammer die Einhaltung dieser Vorschrift durch den Kläger trotz des zur Entscheidung gestellten Antrages (ergänzend) in Zweifel zieht, so liegt dies an folgendem: Eine nach dem Wortlaut des Klageantrages erteilte Nebentätigkeitsgenehmigung würde zum einen den Kläger auch instandsetzen, am Samstagnachmittag in der Zeit von 15.30 Uhr bis 17.00 Uhr in der Videothek stütz zu sein, so daß sich die wöchentliche Arbeitszeit in der Videothek in Wochen mit der entstehender Frühdienst auf 6 × 1 anderthalb neun Stunden und damit mehr als 1/5 der wöchentlichen Dienstzeit summieren würde.

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Die Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung haben bei der Kammer zum andern auch beträchtliche Zweifel aufkommen lassen, ob der Kläger wirklich nur die zur Genehmigung gestellte Zeit in der Videothek arbeiten würde. Sicherlich ist es jedem Beamten unbenommen, die seinen Drang zur Ausübung von Nebentätigkeitsbeschäftigungen eingrenzenden Vorschriften (eher widerwillig als einverständlich) zu beachten und eine dementsprechend reduzierte Anzahl von Stunden zur Genehmigung zu stellen. Gleichwohl ist die Kammer gehalten, auch denjenigen Verlauf der Nebentätigkeit zu beachten, den diese nach den besonderen Umständen des zu entscheidenden Einzelfalls angesichts der konkreten Betriebsverhältnisse voraussichtlich nehmen werden (vgl. etwa BVerwG, DÖV 77, 134 unter Weiterführung von BVerwGE 34, 241 [BVerwG 28.11.1969 - VII C 67/68]). Insoweit ist beispielsweise zu beachten, daß der Kläger in der mündlichen Verhandlung keine letztlich vollkommen befriedigende und vollständige Darlegung der Betriebsweise hat abgeben können. So unterliegt es erheblichen Zweifeln, ob die anfallende Bürotätigkeit den Kläger werktäglich wirklich nur eine halbe Stunde vor Eröffnung des Geschäftes in Anspruch nehmen wird. Als einem von nur zwei Teilhabern werden ihm doch ganz wesentliche Arbeiten bei der Abwicklung im Rahmen des Ankaufs von Videos und Videogeräten obliegen, des weiteren die Regulierung von "Störungen" bei deren Rückgabe und Überschreitung der Mietdauer, steuerliche Abrechnungen sind zu erstellen, schließlich stellen sich des weiteren noch Fragen im Zusammenhang mit der Anmietung des Ladenlokales usw. Undeutlich war auch die Darlegung, wie sich im einzelnen die Beschaffung der Videos vollzieht und ob dies nicht ggfs. eine vormittägliche Tätigkeit des Klägers bei Großhändlern erfordert. Auch die Darbietungsform der Videos dürfte nicht für alle Zeiten gleich bleiben, so daß innenarchitektonische Probleme betreffend die Einrichtung des Ladenlokals bewältigt werden müssen. Eine vollständig befriedigende Antwort blieb der Kläger schließlich und vor allem bei der Frage schuldig, wie die Urlaubszeiten überbrückt werden sollen. Auch wenn es im Ausgangspunkt vielleicht nachvollziehbar ist, daß jeweils nur ein Teilhaber mit seiner Ehefrau in den Urlaub fährt, so stellt sich dann doch ernsthaft die weitergehende Frage, ob der Kläger während dieser Zeiträume wirklich mit nur eineinhalbstündiger Arbeitszeit pro Tag wird auskommen können. Die Frage der Verhaltung der genehmigten Zeit der Unterstützgrenz stellt schon nach alledem bei ihm des Mitinhaber eines Geschäfts, andern als etwa bei denen nebenberuflichen Arbeitnehmer.

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All dies sind Umstände, die sich nach den offenbarten Umständen konkret abzeichnen und die für die Beurteilung nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Satz 3 NBG auch dann erheblich sind, wenn man den von dem Beklagten herausgestellten Gesichtspunkt der jederzeitigen dienstlichen Einsatzbarkeit des Klägers in Anbrtracht des normalerweise regelmäßigen, voraussehbaren Wechsels von Früh- und Spätdienst beim Kläger als nicht durchschlagend ansieht. Ob diese Frage wirklich in einer dem Kläger günstigen Weise zu beantworten sind unterlegt ernst bisher Zweifeln, braucht vorliegend indes nicht abschließend geklärt zu werden weil die Klage bereits aus den oben dargelegten Gründen des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 NBG bleiben muß.

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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 1, 167 Abs. 2 VwGO i.V.m.. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.