Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 13.08.2007, Az.: 26 Qs 205/07

Fehlende Dokumentation des Versuchs zur Erreichung des richterlichen Eildienstes; Sicherstellung einer exakten Berechnung des Blutalkoholwertes durch die polizeiliche Anordnung einer Blutentnahme

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
13.08.2007
Aktenzeichen
26 Qs 205/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 44383
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2007:0813.26QS205.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Celle - 06.07.2007 - AZ: 17 Gs 385/07

Verfahrensgegenstand

Trunkenheit im Verkehr

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Eine Gefährdung des Untersuchungserfolges, die die polizeiliche Anordnung einer Blutentnahme gemäß § 81 a Abs. 2 StPO rechtfertigt, ergibt sich bei dem Verdacht einer Trunkenheitsfahrt daraus, dass eine schnellstmögliche Blutentnahme erforderlich ist, um damit - auch im Interesse des Beschuldigten - sicherzustellen, dass ein exakte Berechnung des Blutalkoholwertes möglich ist.

  2. 2.

    Allein die Tatsache, dass Versuche, den richterlichen Eildienst zu erreichen, nicht dokumentiert wurden, kann nicht zu dem Schluss führen, dass die Grundsätze des fairen Verfahrens bewusst umgangen werden sollten und deshalb ein Beweisverwertungsverbot besteht.

In der Strafsache
...
hat die 6. Strafkammer des Landgerichts Lüneburg
auf die Beschwerde der Beschuldigten vom 27. Juli 2007
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Celle vom 6. Juli 2007
durch
den Richter am Landgericht ...,
den Richter am Landgericht ... und
die Richterin ...
am 13. August 2007
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird auf Kosten der Beschuldigten verworfen,

Gründe

1

I.

Am 12.06.2007 wurde der Führerschein der Beschuldigten polizeilich sichergestellt Das Amtsgericht Celle hat der Beschuldigten mit Beschluss vom 06.07.2007 die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen gemäß § 111 a StPO vorläufig entzogen, Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Beschuldigten vom 27.07.2007. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

2

II.

Die Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.

3

Nach dem bisherigen Stand des Ermittlungsverfahrens liegen dringende Gründe für die Annahme vor, dass der Beschuldigten in der Hauptverhandlung die Fahrerlaubnis nach § 69 StGB entzogen werden wird. Die Beschuldigte ist dringend verdächtig, am 12.06.2007 um 20.08 Uhr in Celle ein Fahrzeug geführt zu haben, obwohl sie infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen.

4

Der dringende Verdacht hinsichtlid1 des Fahrens im fahruntüchtigen Zustand ergibt sich vorliegend zunächst daraus, dass die der Beschuldigten um 20.40 Uhr entnommene Blutprobe einen Blutalkoholgehalt von 1,66 g o/oo ergab. Die aufgrund der polizeilichen Anordnung erfolgte Entnahme und Untersuchung der Blutprobe bzw. das hieraus erlangte Ergebnis ist verwertbar. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe der angegriffenen Entscheidung verwiesen. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass die Kammer der Überzeugung ist, dass vorliegend eine Gefährdung des Untersuchungserfolges gemäß § 81 a Abs. 2 StPO gegeben war und daher die polizeiliche Anordnung der Entnahme der Blutprobe zulässig war. Dies ergibt sich schon daraus, dass es bei einem Verdacht einer Trunkenheilsfahrt erforderlich ist, schnellstmöglich eine Blutentnahme durchzuführen, um damit - auch im Interesse des Beschuldigten - sicherzustellen, dass ein exakte Berechnung des Blutalkoholwertes möglich ist. Dieses Vorgehen ist daher erforderlich, um den Untersuchungszweck nicht zu gefährden. Diese Dringlichkeit ist nach Überzeugung der Kammer im Falle der Entnahme von Blutproben zur Ermittlung des Blutalkoholgehaltes auch evident, so dass vorliegend auch nach dar Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes eine Dokumentation nicht erforderlich war.

5

Selbst unter Zugrundelegung der Ansicht des Verteidigers, dass hier durch die Nichtdokumentation des Versuches, einen Richter zu erreichen, ein Verstoß gegen § 81 a StPO vorliegt, ist die Kammer der Ansicht, dass dieses der Verwertbarkeit des Ergebnisses der Blutprobenentnahme vorliegend nicht entgegensteht. Verstöße gegen § 81 a StPO machen die Untersuchungsergebnisse in der Regel nicht unverwertbar, was insbesondere bei fehlender Anordnungszuständigkeit gilt (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 61 a Rn. 32). Eine Unverwertbarkeit wird dann angenommen, wenn. zur Gewinnung des Untersuchungsergebnisses Methoden angewendet worden sind, die gegen die Grundsätze eines an Gerechtigkeit und Billigkeit orientierten Verfahrens verstoßen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 81 a, Rn. 33). Anzeichen dafür, dass die anordnenden Polizeibeamten gegen die Grundsätze eines an Gerechtigkeit und Billigkeit orientierten Verfahrens verstoßen haben, kann die Kammer vorliegend nicht erkennen. Allein die Tatsache, dass Versuche, den richterlichen Eildienst zu erreichen, nicht dokumentiert wurden, kann nicht zu dem Schluss führen, dass hier die Grundsätze des fairen Verfahrens bewusst umgangen werden sollten. Ebenso wenig sind aus dem Vorgehen der Polizei Schlüsse zu ziehen, dass hier ein Verstoß gegen Art. 6 MRK vorliegt. Mithin war das Ergebnis der Blutprobenentnahme bzw. das Blutentnahmeprotokoll vorliegend verwertbar.

6

Mit einem Blutalkoholgehalt von 1,66 g o/oo, der um 20.40 Uhr festgestellt wurde, befand sich die Beschuldigte zum Zeitpunkt des Vorfalls um 20.08 Uhr jedenfalls im Bereich der absoluten Fahruntüchtigkeit.

7

Aus dem Vorliegenden ergibt sich der dringende Tatverdacht, dass sich die Beschuldigte gemäß § 316 Abs. 1, Abs. 2 StGB strafbar gemacht hat. Daher sind dringende Grunde für die Annahme ersichtlich, dass ihr gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB in der Hauptverhandlung die Fahrerlaubnis entzogen werden wird.

8

Umstände, die ausnahmsweise die mangelnde Eignung der Beschuldigten zum Führen eines Kraftfahrzeuges ausschließen, sind nicht erkennbar,

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.