Amtsgericht Vechta
Urt. v. 21.06.1994, Az.: 11 C 542/94
Besitzstörung des Vermieters eines Grundstücks mit Einfamilienhaus wegen Aufstockung des Gebäudes
Bibliographie
- Gericht
- AG Vechta
- Datum
- 21.06.1994
- Aktenzeichen
- 11 C 542/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1994, 22784
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGVECHT:1994:0621.11C542.94.0A
Rechtsgrundlagen
- § 564b Abs. 2 Nr. 4 BGB
- § 541a BGB
- § 541b BGB
- § 862 BGB
Fundstelle
- WuM 1994, 476-477 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Unterlassung
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
hat das Amtsgericht Vechta
auf die mündliche Verhandlung vom 24.05.94
durch
den Richter am Amtsgericht Pieper
für Recht erkannt:
Tenor:
Die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Vechta vom 20. April 1994 bleibt aufrechterhalten.
Der Verfügungsbeklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Verfügungskläger sind Mieter, der Verfügungsbeklagte ist Vermieter des Hauses ....
Es handelt sich bei dem vermieteten Haus um ein Flachdach-Bungalow. Der Verfügungsbeklagte beabsichtigt, das Haus mit einem Satteldach zu versehen und darin eine neue Wohnung auszubauen. Er hat von den Verfügungsklägern verlangt, mit diesen Maßnahmen einverstanden zu sein.
Die Verfügungskläger sind der Ansicht, sie brauchten einen derartigen Umbau nicht zu dulden und haben deshalb beantragt,
den Antragsgegner zu verurteilen, es zu unterlassen, Umbaumaßnahmen und bauliche Veränderungen am Mietobjekt der Antragsteller, ... vorzunehmen, für die die Antragsteller ihr Einverständnis nicht erklärt haben und für die der Antragsgegner die fiktive Einverständniserklärung gerichtlich nicht eingeholt hat.
Eine entsprechende einstweilige Verfügung ist durch Beschluß vom 20.04.1994 erlassen worden.
Die Verfügungskläger beantragen,
die einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten.
Der Verfügungsbeklagte beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird verwiesen auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und ihre Erklärungen zu Protokoll.
Entscheidungsgründe
Die einstweilige Verfügung war aufrechtzuerhalten, da den Verfügungsklägern ein Verfügungsanspruch (aus § 862 BGB) zusteht und ein Verfügungsgrund vorliegt.
Die Verfügungskläger sind berechtigte Besitzer des Hausgrundstückes ... in ... Insoweit irrt der Verfügungsbeklagte, wenn er meint, er habe lediglich das Haus und nicht das Grundstück vermietet. Bei vermieteten Einfamilienhäusern gehört nach der allgemeinen Verkehrsübung das Baugrundstück mit zur vermieteten Sache. So liegt es auch hier, da eine anderweitige Regelung nicht zu erkennen ist. Dieses Besitzrecht der Verfügungskläger würde durch die von dem Verfügungsbeklagten angekündigten Baumaßnahmen in erheblicher Weise beeinträchtigt, so daß ein Besitzstörungsanspruch nach § 862 zweifelsohne vorliegt. Die von dem Verfügungsbeklagten beabsichtigte Besitzstörung ist nicht ausnahmsweise gerechtfertigt.
§ 564 b Abs. 2 Nr. 4 BGB greift nicht ein. Danach kann der Vermieter nicht zum Wohnen bestimmte Nebenräume eines Gebäudes zu Wohnraum ausbauen lassen und deshalb dem Mieter insoweit den Mietvertrag kündigen, wenn dies in rechtlich zulässiger Weise geschehen kann. Die Aufstockung des Hauses ist im Sinne der genannten Vorschrift rechtmäßig, weil eine entsprechende Baugenehmigung erteilt worden ist. Der Verfügungsbeklagte kann sich aber auf die genannte Vorschrift deshalb nicht berufen, weil "nicht zum Wohnen bestimmte Nebenräume" in diesem Haus einfach nicht vorhanden sind. Der Verfügungsbeklagte will nicht etwa vorhandene Dachgeschoßräume ausbauen, er will vielmehr ein Dachgeschoß völlig neu schaffen. Das ist aber kein Anwendungsfall des § 564 b Abs. 2 Nr. 4 BGB.
Auch aus §§ 541 a u. b BGB folgt zu Gunsten des Verfügungsbeklagten nicht anderes. Die von dem Verfügungsbeklagten geplanten Maßnahmen können weder als solche zur Erhaltung der Mieträume noch als solche zur Verbesserung der gemieteten Räume oder sonstiger Teile des Gebäudes aufgefaßt werden. Die genannten Vorschriften greifen nicht ein, wenn das Gebäude als solches völlig umgestaltet oder erheblich vergrößert wird, insbesonders durch einen Anbau. Die Mietsache darf durch Maßnahmen i.S. der genannten Vorschriften nicht so verändert werden, daß etwas völlig neues entsteht (Palandt § 541 a Rdnr. 2, 541 b Rdnr. 7). Durch die beabsichtigte Aufstockung des Flachdaches entsteht aber aus den bisherigen Einfamilienhaus ein Zweifamilienhaus mit einer nahezu verdoppelten Wohnfläche. Das ist aber etwas völlig anderes, als das jetzt vorhandene Einfamilienflachdachhaus.
Das Gericht hat mit den Parteien die Möglichkeiten einer vergleichsweisen Bereinigung erörtert. Die Verfügungskläger haben aber jedwedes Entgegenkommen verweigert, obwohl der Verfügungsbeklagte bereit war, ihnen entgegenzukommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht.