Sozialgericht Hildesheim
Beschl. v. 09.11.2018, Az.: S 3 AL 72/18 ER
Vorläufige Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB)
Bibliographie
- Gericht
- SG Hildesheim
- Datum
- 09.11.2018
- Aktenzeichen
- S 3 AL 72/18 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2018, 47171
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
- § 56 SGB III
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das einstweilige Rechtsschutzverfahren erster Instanz wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) gemäß § 56 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Der im Jahr 1999 geborene Antragsteller besitzt die guineischer Staatsangehörigkeit. Im November 2015 reiste er allein und ohne Ausweispapiere nach Deutschland ein, wo auch keiner seiner Elternteile lebt; nach seinen Angaben ist seine Mutter verstorben und sein Vater in Guinea unbekannten Aufenthalts. Ein gestellter Asylantrag wurde abgelehnt; hiergegen ist ein Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Göttingen - 3 A 61/18 - anhängig. Der Antragsteller verfügt über eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 Asylgesetz (AsylG). Seit Dezember 2017 bewohnt er eine vom Landkreis G. angemietete und an ihn untervermietete 1-Zimmer-Wohnung in Northeim mit einer Wohnfläche von knapp 26 qm, deren monatliche Bruttowarmmiete einschließlich Haushaltsstrom nach dem Mietvertrag 359,- Euro (Kaltmiete 199,- Euro, Nebenkostenpauschale 160,- Euro) beträgt; Mietzahlungen leistet der Antragsteller bis gegenwärtig allerdings nicht. Am 3. Juli 2018 schloss er einen Berufsausbildungsvertrag mit der H. in Northeim über eine dreijährige Ausbildung zur Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice. Die Ausbildung begann am 1. August 2018 und soll bis zum 31. Juli 2021 andauern, als Vergütung wurden im ersten Ausbildungsjahr 675,- Euro, im zweiten Ausbildungsjahr 785,- Euro und im dritten Ausbildungsjahr 875,- Euro bei einer regelmäßigen wöchentlichen Ausbildungszeit von 40 Stunden vereinbart. Die Strecke zwischen der von ihm bewohnten Wohnung und der Ausbildungsstelle in Northeim bzw. der Berufsschule in Springe legt er zu Fuß und mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück; hierfür entstehen nach seinen Angaben Kosten in Höhe von monatlich 31,50 Euro bzw. 29,90 Euro. Am 10. Juli 2018 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Bewilligung von BAB, die diese ablehnte (Bescheid vom 20. August 2018). Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein, den er damit begründete, es sei nicht nachvollziehbar, dass die Bewilligung von BAB auf Flüchtlinge aus Eritrea, Irak, Iran, Somalia und Syrien beschränkt werde. Flüchtlinge aus anderen Staaten werde so die Ausbildung unmöglich gemacht. Es sei zu erwarten, dass er eine Bleibeperspektive von mindestens fünf Jahren habe. Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 25. September 2018). Zur Begründung führte sie aus, dass der Antragsteller nicht zum Personenkreis der Ausländer mit guter Bleibeperspektive und damit nicht zum förderungsfähigen Personenkreis gehöre. Der Landkreis G. bewilligte dem Antragsteller rückwirkend ab August 2018 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Höhe von zuletzt monatlich 51,59 Euro (Änderungsbescheid vom 8. Oktober 2018). Gegen die Ablehnung der Antragsgegnerin hat der Antragsteller am 25. Oktober 2018 Klage erhoben - S 3 AL 73/18 - und zugleich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Er hat zunächst auf die - jeweils afghanische Antragsteller betreffenden - Beschlüsse des Sozialgerichts (SG) Lübeck vom 9. Oktober 2018 - S 36 AL 172/18 ER - und des SG Neubrandenburg vom 13. Juni 2018 - S 1 AL 47/18 ER - verwiesen. Die Kammer hat den Antragsteller mit seiner Verfügung vom 26. Oktober 2018 darauf hingewiesen, dass die Gesamtschutzquote für Guinea unter 20 Prozent liege und ihn u. a. aufgefordert, sich mit den Gründen des Beschlusses des LSG Nordrhein-Westfalen vom 6. August 2018 - L 20 AL 74/18 B ER - auseinanderzusetzen. Der Antragsteller hat daraufhin auf die Beschlüsse des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 24. Januar 2018 - L 14 AL 5/18 B ER - sowie des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28. September 2017 - 1 BvR 1510/17 - Bezug genommen. Allein aus den Erwägungen des BVerfG seien ihm "Leistungen des § 132 SGB III" zu bewilligen. Das BVerfG habe seine Entscheidung damit begründet, dass es keine gefestigte sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung von § 132 SGB III gebe. Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig BAB zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie verteidigt ihre Entscheidung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Das erkennende Gericht ist vorschriftsmäßig besetzt (hierzu 1.). Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg (hierzu 2.). Der Antrag auf Prozesskostenhilfe ist abzulehnen (hierzu 3.).
1. Soweit der Kammer ein Richter am Landessozialgericht vorsitzt, liegen zwingende Gründe für seinen Einsatz beim erkennenden Gericht vor, weil mehrere planmäßige Richterinnen und Richter aufgrund von Schwangerschafts- und Elternzeiten vorübergehend ausgefallen sind, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann und die deshalb vertreten werden müssen (zur Zulässigkeit der Abordnung von Richtern unter diesen Voraussetzungen Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 25. Mai 2018 - B 13 R 217/17 B - Rn. 11).
2. Die Voraussetzungen für die begehrte einstweilige Anordnung sind nicht erfüllt. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist, insbesondere auch ein Eilbedürfnis vorliegt (Anordnungsgrund). Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO] i. V. m. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG). Darüber hinaus können sich aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Die Gerichte müssen in solchen Fällen bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, also dem Bestehen eines Anordnungsanspruchs, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen. Das gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 -).
a. Es ist bereits kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Wesentliche Nachteile, die im Nachhinein nicht wiedergutzumachen wären, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen würde der Gesamtbedarf bei einer wirksamen Verpflichtung zur Mietzahlung 653,50 Euro betragen (§§ 61 Abs. 1 i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz [BaföG], 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III) und ein Einkommen von 498,80 Euro anzurechnen sein (§ 67 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 SGB III). Die BAB würde folglich gegenwärtig höchstens 154,70 Euro betragen. Da im Falle einer Bewilligung die Leistungen nach dem AsylbLG entfallen würden, beschränkt sich das Interesse des Antragstellers auf vorläufige Leistungen in Höhe von monatlich höchstens 103,11 Euro. Es ist indes weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass der Lebensunterhalt des Antragstellers nicht bis auf Weiteres durch die Ausbildungsvergütung und die Leistungen nach dem AsylbLG gesichert ist, zumal der Antragsteller für seine Unterkunft trotz des geschlossenen Mietvertrages offenbar tatsächlich keine Mietzahlungen zu erbringen hat; vielmehr hat er im Rahmen seines Prozesskostenhilfeantrages ausdrücklich erklärt, seine Wohnung werde vom "Sozialamt" bezahlt. Auch ausländerrechtliche Vor- oder Nachteile folgen aus der (Nicht-)Bewilligung der BAB nicht. Das Asylverfahren ist weiterhin anhängig und nach dem eigenen Vortrag des Klägers einstweilen mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht zu rechnen. Die Kammer muss nicht darüber befinden, ob ein Anordnungsgrund daraus hergeleitet werden kann, weil sich der Antragsteller ggf. mit der Ausbildung ggf. ein dauerhaftes Bleiberecht sichern kann. Zwar kann der Antritt bzw. der Abschluss der Ausbildung Voraussetzung für eine Duldung oder eine Aufenthaltserlaubnis sein (hierzu noch nachfolgend zu b. bb. (2)). Hieraus folgt aber gerade nicht, dass es deshalb auch einer vorläufigen Bewilligung der BAB zur Durchführung eben dieser Berufsausbildung bedarf. Vielmehr ist gerade nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich, dass die Fortführung der Berufsausbildung in irgendeiner Hinsicht gefährdet ist, so dass die Aussicht auf ein dauerhaftes Bleiberecht jedenfalls gegenwärtig nicht durch die vorläufige Bewilligung der BAB beeinflusst wird. Auch ein Risiko des Wohnungsverlusts ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.
b. Im Hinblick darauf, dass die erkennende Kammer am SG Hildesheim ausschließlich für Entscheidungen aus dem Bereich des Arbeitsförderungsrechts zuständig ist, weist sie ergänzend auf Folgendes hin: Ungeachtet der Ausführungen zu a. ist auch ein Anordnungsanspruch nicht gegeben. Der Antragsteller hat die Voraussetzungen des Anspruchs auf BAB nicht glaubhaft gemacht. Nach § 56 Abs. 1 SGB III haben Auszubildende Anspruch auf BAB während einer Berufsausbildung, wenn
1. die Berufsausbildung förderungsfähig ist,
2. sie zum förderungsfähigen Personenkreis gehören und die sonstigen persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sind und
3. ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen. Diese Voraussetzungen sind nicht kumulativ erfüllt. Die vom Antragsteller begonnene Berufsausbildung ist zwar förderungsfähig (hierzu aa.). Jedoch gehört der Antragsteller gehört nicht zum förderungsfähigen Personenkreis (hierzu bb.). Es muss daher nicht geklärt werden, ob und ggf. in welchem Umfang der Bedarf des Antragstellers bereits anderweitig gedeckt ist.
aa. Gemäß § 57 Abs. 1 SGB III ist eine Berufsausbildung förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seearbeitsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Der vom Antragsteller angestrebte Beruf ist gemäß §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 des Berufsbildungsgesetzes i. V. m. § 1 der Verordnung über die Berufsausbildung zur Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice staatlich anerkannt.
bb. Der förderungsfähige Personenkreis wird in § 59 SGB III näher definiert. Dieser bestimmt, dass - soweit hier interessierend - geduldete Ausländerinnen und Ausländer (§ 60a des Aufenthaltsgesetzes [AufenthG]), die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben, während einer betrieblich durchgeführten Berufsausbildung gefördert werden, wenn sie sich seit mindestens 15 Monaten ununterbrochen rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten (Abs. 2) oder wenn sie sich vor Beginn der Berufsausbildung insgesamt fünf Jahre im Inland aufgehalten haben und rechtmäßig erwerbstätig gewesen sind (Abs. 3 Nr. 1). Mit den Regelungen in §§ 59 ff. SGB III beabsichtigt der Gesetzgeber, möglichst vielen Einwohnern Deutschlands einen Ausbildungsabschluss zu ermöglichen (BT-Drucks. 18/2663 S. 38). Es soll allerdings sichergestellt sein, dass nur diejenigen Ausländer gefördert werden, deren Aufenthalt nicht nur kurzfristig bzw. absehbar vorübergehend ist (BT-Drucks. 16/5172 S. 20). Insoweit sieht § 59 Abs. 2 SGB III vor, dass eine Zuordnung zum förderfähigen Personenkreis erst nach einem rechtmäßigen Aufenthalt von 15 Monaten in Betracht kommt. Diese Frist orientiert sich an § 2 Abs. 1 AsylbLG, wonach nach Ablauf von 15 Monaten Leistungen analog der Vorschriften des SGB XII in Betracht kommen; hierdurch sollen Förderlücken vermieden werden (vgl. BT-Drucks. 18/6284 S. 52). Nachdem zwischen der Einreise nach Deutschland im November 2015 und dem Beginn der Berufsausbildung im August 2018 weniger als drei Jahre liegen, kommt hier allein eine persönliche Förderbarkeit nach § 59 Abs. 2 SGB III in Betracht. Dessen Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. Zwar hielt sich der Antragsteller zu Beginn der Ausbildung mehr als fünfzehn Monate gestattet im Bundesgebiet auf. Er verfügt jedoch nicht über eine Duldung nach § 60a AufenthG; vielmehr ist sein Aufenthalt weiterhin gemäß § 55 Abs. 1 AsylG zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet. Zu beachten ist hier allerdings zusätzlich § 132 Abs. 4 Nr. 2 SGB III. Danach gilt für die - wie hier - vor dem 31. Dezember 2018 beantragte BAB, für die die weiteren Anspruchsvoraussetzungen zu diesem Zeitpunkt erfüllt sind, die Sonderregelung des § 132 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III. Diese bestimmt, dass Ausländerinnen und Ausländer, bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, nach Maßgabe der Sätze 2 ff. der Vorschrift zum förderungsfähigen Personenkreis nach § 59 für Leistungen u. a. nach § 56 SGB III gehören, wenn ihr Aufenthalt seit mindestens 15 Monaten gestattet ist. Bei einer Asylbewerberin oder einem Asylbewerber, die oder der aus einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29a des Asylgesetzes stammt, wird vermutet, dass ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt nicht zu erwarten ist (Satz 2). Die oder der Auszubildende wird bei einer Berufsausbildung ergänzend zu § 60 Absatz 1 Nummer 1 nur mit BAB gefördert, wenn sie oder er nicht in einer Aufnahmeeinrichtung wohnt (Satz 3). Jedoch sind auch diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Zwar war der Aufenthalt des Antragstellers bei Ausbildungsbeginn - wie bereits ausgeführt - seit mehr als drei Monaten gestattet. Nachdem der Landkreis G. dem Antragsteller die von ihm bewohnte Wohnung offensichtlich zugewiesen hat, könnte es sich bei dieser um eine Aufnahmeeinrichtung i. S. der §§ 44 ff. AsylG handeln. Die Kammer muss diese Frage aber nicht klären, weil jedenfalls nicht glaubhaft gemacht ist, dass ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist. Hierüber hat die Antragsgegnerin eine Prognose zu treffen, die gerichtlich voll daraufhin überprüfbar ist, ob die Tatsachen richtig und vollständig festgestellt worden sind, und ob sie ggf. auf unsachlichen Erwägungen beruht (vgl. zur Überprüfbarkeit von Prognoseentscheidungen Keller in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Auflage 2017, § 128 Rn. 9 f.). Dass die von der Antragsgegnerin vorgenommene Prognose falsch war oder auf unsachlichen Erwägungen beruhte, ist jedoch nicht zu erkennen. Die in § 132 Abs. 1 Satz 2 SGB III enthaltene Vermutung, dass ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt nicht zu erwarten ist, wenn der Asylbewerber aus einem sicheren Herkunftsland stammt, ist hier nicht anzuwenden. Der Antragsteller ist guineischer Staatsangehöriger. Guinea ist in Anlage II zu § 29a AsylG nicht als sicheres Herkunftsland genannt. Das Gesetz enthält keine weitergehende Definition, unter welchen Voraussetzungen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist. Der Gesetzesbegründung zu § 132 SGB III ist lediglich zu entnehmen, dass die genannten Leistungen befristet für Gestattete mit guter Bleibeperspektive öffnen soll. Im Hinblick darauf erscheint es der Kammer sachgerecht, für die Beurteilung dieser Frage zum einen auf die sog. Gesamtschutzquote (hierzu (1)) und zum anderen auf eventuelle weitere Umstände des Einzelfalls abzustellen, aus denen sich Anhaltspunkte ergeben, ob dem Antragsteller nach Abschluss des Asylverfahrens zumindest eine Duldung i. S. des § 60a AufenthG erteilt werden wird (hierzu (2)). (1) § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG enthält ein gleichlautendes Tatbestandsmerkmal, auf dessen Auslegung hier zurückgegriffen werden kann. Nach dieser Vorschrift können Ausländer, die eine Aufenthaltsgestattung besitzen und bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, im Rahmen verfügbarer Kursplätze zur Teilnahme an Integrationskursen zugelassen werden. Hiervon sind nach Ansicht des Gesetzgebers Asylbewerber erfasst, die aus einem Land mit einer "hohen" Anerkennungsquote kommen, oder bei denen eine belastbare Prognose für einen erfolgreichen Asylantrag besteht (BT-Drucks. 18/6185, S. 48). Auch nach Ansicht der Bundesregierung ist ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt unabhängig vom Einzelfall dann zu erwarten, wenn der Asylsuchende aus einem Herkunftsland stammt, bei dem mit "überwiegender Wahrscheinlichkeit" davon ausgegangen werden kann, dass eine Schutzberechtigung erteilt wird. Bei dieser lediglich abstrakten Prognoseentscheidung sei maßgeblich, dass die Gesamtschutzquote "über 50 %" liege und ihr eine hinreichende Aussagekraft zukomme, was eine relevante Anzahl von Antragsstellern voraussetze (BT-Drucks. 18/13329, S. 18). Die Kammer hält eine Übertragung des Begriffsverständnisses auf § 132 SGB III auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die BAB im Gegensatz zur Teilnahme an Integrationskursen zumindest überwiegend existenzsichernd ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. September 2017 - 1 BvR 1510/17 -, Rn. 22) für sachgerecht. Jedenfalls soweit - wie hier - die Existenz einstweilen durch die Ausbildungsvergütung und anderweitige Leistungen zumindest grundlegend gesichert ist, dient der Begriff in § 132 SGB III gleichermaßen wie bei § 44 Abs. 4 AufenthG dazu, die Voraussetzungen der Leistungsgewährung für eine Personengruppe zu bestimmen, die bislang von diesen - zumindest auch - integrationsfördernden Leistungen ausgeschlossen war und diese auch nur während einer Übergangsphase erhalten kann. Ein ausländer- und arbeitsförderungsrechtlich gleiches Begriffsverständnis erscheint daneben vom Gesetzgeber angestrebt und der Kammer auch objektiv zweckmäßig, weil die Arbeitsverwaltung nicht für ausländerrechtliche Entscheidungen zuständig ist und entsprechend nicht ohne Weiteres selbst einschätzen kann, ob ein Asylbegehren letztlich erfolgreich sein wird. Durch das Abstellen auf die Gesamtschutzquote wird die von einer naturgemäß mit Unsicherheiten verbundenen Prognose in wesentlichem Umfang auf - auch gerichtlich - nachprüfbare Tatsachen gestützt. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegen keine genügenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller einen rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalt in Deutschland wird begründen können. Für das Herkunftsland Guinea des Antragstellers liegt die Gesamtschutzquote deutlich unter 50%. Der Asylgeschäftsbericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für den Monat Oktober 2017 weist für Antragsteller aus Guinea eine Gesamtschutzquote von 15,1 Prozent aus (verfügbar auf: www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/ 201710-statistik-anlage-asyl-geschaeftsbericht.pdf? blob=publicationFile). Dies deckt sich mit den Angaben der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE; danach betrug die Gesamtschutzquote für Guinea im dritten Quartal 2017 16,9 Prozent (BT-Drucks. 19/385, S. 3) und für das vierte Quartal 2017 22,7 Prozent (BT-Drucks. 19/1371, S. 3). Insofern liegen im vorliegenden Fall auch entscheidend andere Rahmenbedingungen vor, als dem vom Antragsteller angeführten, afghanische Staatsangehörige betreffenden Beschluss des SG Neubrandenburg vom 13. Juni 2018 - S 1 AL 47/18 ER -. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des BVerfG vom 28. September 2017 Bezug nimmt und meint, ihm seien allein aus den Erwägungen des BVerfG vorläufig Leistungen zu gewähren, folgt die Kammer dieser Ansicht nicht. Der Antragsteller übersieht bereits, dass das BVerfG ausschließlich eine Verletzung des Art 101 Abs. 1 Satz 2 GG geprüft und bejaht hat, die dadurch entstand, dass eine Berufungsentscheidung über die Gewährung der BAB durch den Senatsvorsitzenden getroffen worden war, ohne dass nach Ansicht des BVerfG eine Dringlichkeit i. S. des § 155 Abs. 2 Satz 2 SGG vorlag. Nur in diesem Zusammenhang hat das BVerfG ausgeführt, die "ungeklärte sozialrechtliche Rechtslage" habe gegen eine Alleinentscheidung durch den Vorsitzenden gesprochen und habe mit der vom LSG angenommenen Dringlichkeit zumindest abgewogen werden müssen, denn eine gefestigte sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung von § 132 SGB III habe noch nicht bestanden. Diese Formulierung enthält aber nur die Feststellung, dass die Sozialgerichte die Tatbestandsmerkmale des § 132 SGB III unterschiedlich auslegen, aber gerade keine Vorgabe des BVerfG, welcher Rechtsauffassung von Verfassung wegen zu folgen sei. Der Umstand, dass leistungsbegründende Tatbestandsmerkmale in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich ausgelegt werden, führt indes nicht regelhaft oder gar zwingend dazu, dass im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufige Leistungen zuzusprechen wären. (2) Anhaltspunkte für einen aus anderen Gründen zu erwartenden erfolgreichen Ausgang des Asylverfahrens des Antragstellers sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine positive Prognose eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts in Deutschland kann insbesondere nicht auf die Möglichkeit gestützt werden, dass der Aufenthalt des Antragstellers nach ggf. erfolglosem Abschluss seines Asylverfahrens nach Maßgabe der § 60a AufenthG geduldet werden könnte. Eine Duldung in diesem Sinne begründet indes - und dies verkennt der vom Antragsteller benannte Beschluss des SG Lübeck vom 9. Oktober 2018 - S 36 AL 172/18 ER - - keinen rechtmäßigen Aufenthalt, sondern lediglich eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung. Auch die Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AufenthG vermag eine positive Prognose nicht zu tragen. Danach kann einem geduldeten Ausländer - neben den Voraussetzungen der Nr. 2 bis 7 - eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer der beruflichen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung erteilt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 zugestimmt hat und der Ausländer im Bundesgebiet eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf abgeschlossen hat. Wurde die Duldung nach § 60a Abs. 2 S. 4 AufenthG erteilt, ist nach erfolgreichem Abschluss dieser Berufsausbildung für eine der erworbenen beruflichen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung eine Aufenthaltserlaubnis für die Dauer von zwei Jahren zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 2 bis 7 vorliegen und die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 zugestimmt hat (§ 18a Abs. 1a AufenthG). Der Antragsteller kann die Aussicht auf einen dauerhaften und rechtmäßigen Aufenthalt aber nicht auf den lediglich erwarteten erfolgreichen Abschluss der gerade erst angetretenen Berufsausbildung stützen. Abgesehen davon, dass der erfolgreiche Abschluss der Berufsausbildung gegenwärtig nicht vorhergesagt werden kann, kann die Antragsgegnerin auch keine Prognose darüber abgeben, ob zum Zeitpunkt des Abschlusses der Berufsausbildung die Voraussetzungen für ihre Zustimmung vorliegen werden, insbesondere nicht in Bezug auf die hierfür nach § 39 Abs. 2 AufenthG zu berücksichtigende Lage des Arbeitsmarktes.
3. Dem Antragsteller ist gem. § 73 a Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die hinreichende Erfolgsaussicht kann dann angenommen werden, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der Klägerin auf Grund der Sachverhaltsschilderung für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage 2017, § 73a Rn. 7a m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind - wie zuvor ausführlich dargelegt - nicht erfüllt. Der Antragsteller hat sich auch - trotz ausdrücklicher Aufforderung der Kammer - in keiner Weise mit dem Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 6. August 2018 - L 20 AL 74/18 B ER - (juris Rn. 41) befasst, der sich mit der Rechtslage für guineische Staatsangehörige ausführlich auseinandersetzt. Auch sonst hat der Antragsteller letztlich keine aktuelle Auffassung aufzeigen können, die im Widerspruch zur Auffassung der Kammer steht. Die Kammer weist die Antragsgegnerin allerdings bereits jetzt vorsorglich darauf hin, dass die Entscheidung nicht ohne Weiteres auf Antragsteller mit anderer Staatsangehörigkeit übertragen werden kann, sondern sich unter Berücksichtigung der jeweiligen Gesamtschutzquote des Herkunftslandes und der Besonderheiten des Einzelfalls durchaus ein Anspruch auf BAB ergeben kann.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
5. Die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig. Zwar hat der Antragsteller nicht mitgeteilt, für welchen Zeitraum er im Hauptsacheverfahren die vorläufige Bewilligung von BAB erreichen möchte. Die Kammer geht indes auch ohne eine ausdrückliche Bezifferung aus, dass der Antragsteller die vorläufige Bewilligung für den regelmäßigen Bewilligungszeitraum von 18 Monaten (vgl. § 69 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III) verfolgt, so dass die Voraussetzungen sowohl des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG als auch des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG erfüllt sind.