Amtsgericht Verden
Urt. v. 21.08.1986, Az.: 9 Ls 5 Js 10068/85

Aufbrechen eines Geldspielautomaten in einer Gaststätte und Entnahme des Geldes als Einbruchsdiebstahl; Ausschluss der Möglichkeit eines zugunsten des Angeklagten angenommenen Vollrausches; Feststellung einer Mittäterschaft bei Begehung eines Diebstahls oder Einbruchsdiebstahls; Einschränkungen in der Reaktionsfähigkeit des Täters aufgrund von Schmerzen und Schlaflosigkeit

Bibliographie

Gericht
AG Verden
Datum
21.08.1986
Aktenzeichen
9 Ls 5 Js 10068/85
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1986, 20338
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGVERDN:1986:0821.9LS5JS10068.85.0A

Verfahrensgegenstand

Diebstahl

In der Strafsache
...
hat in der Sitzung vom 5.8./13.8. und 21.8.86,
an der teilgenommen haben:
Richterin am Amtsgericht Treichler als Vorsitzender,
Landwirt Rudi Manke Beamter Werner Heckmann als Schöffen,
zu 1) RA. Adamietz Verteidiger zu 2 RA. Müller-Sieburg als Beamter der Staatsanwaltschaft,
Just. Ass. Reich (5.8. und 21.8.86)
Just. Sekr. Klimmek 13.8.86 als Verteidiger,
... als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
am 21.8.1986
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Angeklagte Wapenhans wird freigesprochen.

Der Angeklagte Helms wird unter Freispruch im übrigen wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 15,- DM verurteilt.

Auf die Geldstrafe wird die erlittene Untersuchungshaft angeordnet.

Im übrigen hat ihn die Landeskasse wegen der erlittenen Untersuchungshaft zu entschädigen.

Die Landeskasse trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Revisionsinstanz und die notwendigen Auslagen, soweit der Angeklagte Wapenhans freigesprochen ist.

Die Landeskasse trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Revisionsinstanz und der notwendigen Auslagen hinsichtlich des Angeklagten Helms, soweit dieser freigesprochen ist.

Soweit Verurteilung erfolgt ist, trägt der Angeklagte Helms die Verfahrenskosten I. und II. Instanz und seine notwendigen Auslagen.

Zugewendete Vorschriften gegen den Angeklagten Helms: - § 242, 243 - 21 49 StGB

Gründe:

1

I.

Die Angeklagten Wapenhans und Helms sind aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Verden-Schöffengericht- vom 13. und 18. Februar 1986 wie folgt verurteilt:

2

Die Angeklagten Uwe Wapenhans und Gerd Helms sind des gemeinschaftlichen Diebstahls in drei Fällen schuldig.

3

Uwe Wapenhans wird zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und Gerd Helms zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.

4

Dem Uwe Wapenhans wird die Fahrerlaubnis entzogen, sein Führerschein wird eingezogen. Vor Ablauf von 2 Jahren darf ihm keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden.

5

Das in dem Pkw DH-.DX am 14.4.1985 sichergestellte Einbruchswerkzeug und das bei Helms sichergestellte Etui mit Einbruchswerkzeug wird eingezogen.

6

Beide Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner und jeder Angeklagte seine notwendigen Auslagen selbst.

7

Wapenhans: §§ 242, 243 I Nr. 1 und 2, 25 II, 53, 69, 69 a 74 StGB.

8

Helms: § 242, 243 I Nr. 1 u. 2, 25 II, 53, 74 StGB.

9

Auf die Revisionen der Angeklagten ist durch Beschluß des Oberlandesgerichts Celle (Beschluß vom 22. Mai 1986) das angefochtene Urteil mit seinen Feststellungen aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung über die Kosten der Revision an ein anderes Schöffengericht in Verden zurückverwiesen.

10

In der Hauptverhandlung vom 18. Februar 1986 ist der gegen den Angeklagten Helms unter dem 7. Mai 1985 zu 4 Gs 329/85 wegen Fluchtgefahr erlassene, bisher nicht vollstreckte, sondern unter dem 13.2.1986 außer Vollzug gesetzte Haftbefehl, wieder in Vollzug gesetzt, weil angesichts der erkannten Freiheitsstrafe von drei Jahren die dringende Gefahr bestanden haben soll, daß sich der Angeklagte Helms erneut dem Strafverfahren durch Flucht entziehen werde. Die Beschwerde und weitere Beschwerde gegen die Invollzugsetzung des Haftbefehles sind verworfen durch Beschluß des Amtsgerichts Verden vom 4. März 1986 und Beschluß des Oberlandesgerichts Celle vom 10.4.1986 (Blatt 13 und Blatt 65; Band III).

11

II.

In den Hauptverhandlungen vor dem anderen Schöffengericht Verden ist in den Hauptverhandlungen vom 15., 13. und 21. August 1986 folgender Sachverhalt festgestellt worden:

12

Der Angeklagte Wapenhans ist verheiratet und Vater zweier noch nicht schulpflichtiger Kinder. Seinen erlernten Beruf als Schlachtergeselle hat er nur 2 Jahre ausgeübt. Bedingt durch einen Trümmerbruch war die weitere Tätigkeit in diesem Beruf nicht mehr möglich. Es erfolgte die Umschulung zum Stanzer. Seit Juni 1985 ist der Angeklagte Wapenhans arbeitslos. Er hat eine schwere Rückenoperation durchgemacht. Rückenoperation und Verletzung des Armes (Trümmerbruch) haben zu einer mit 50 % bewerteten Schwerbeschädigung geführt. Derzeit ist der Angeklagte auf seine Initiative hin um eine erneute Umschulung bemüht. Zur Zeit der Hauptverhandlung lag die Vorladung zu Eignungstests in Hamburg vor.

13

Der Angeklagte Wapenhans lebt derzeit von Arbeitslosenhilfe in Höhe von ca. 900,- DM und Sozialhilfe.

14

Der Angeklagte ist wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:

  1. 1.)

    13.4.1973 AG Bremen (H 1101) - 103 Ds 46/73 Hw. -

    Rechtskräftig seit 13.4.1973.

    Tatbezeichnung gemeinschaftliche Unterschlagung.

    Angewendete Vorschriften: StGB § 246. § 47, JGG § 1, § 105.

    Geldauflage

  2. 2.)

    06.03.1974 AG Bremen.

    (H 1101) - 88 Ds 81/73 -

    Rechtskräftig seit 18.9.1974.

    Tatbezeichnung: fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung in 2 Fällen.

    Angewendete Vorschriften: StGB § 315 c Abs. 1 Nr. 1 a und 2 b und Abs. 3, § 42 m, § 42 n, § 74, § 29.

    700,- DM Geldstrafe oder 35 Tage Freiheitsstrafe.

    Sperre für die Fahrerlaubnis bis 17.9.1975.

  3. 3.)

    16.1.1975 AG. Osterholz-Scharmbeck.

    (P 2709) - 2 Ls 230/74 -

    Rechtskräftig seit 28.1.1975.

    Tatbezeichnung Fahnenflucht in 2 Fällen. Datum der letzten Tat: 12.8.1975

    Angewendete Vorschriften: StGB § 53, § 51, WStG § 16, § 10, § 12, § 13.

    7 Monate Freiheitsstrafe

    Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 11.3.1978.

    Bewährungszeit verlängert bis 11.3.1979.

    Strafrest erlassen.

  4. 4.)

    25.8.1975 AG Oldenburg

    (P 3210) - 2 A Ls 135/75 -.

    rechtskräftig seit 2.9.1975.

    Tatbezeichnung: fortgesetzter gemeinschaftlicher schwerer Diebstahls und fortgesetzte gemeinschaftliche Urkundenfälschung in Tateinheit mit gemeinschaftlichem fortgesetzten Betrug.

    Datum der letzten Tat: 8.12.1974.

    Angewendete Vorschriften: StGB § 242, § 243 Abs. 1 Nr. 2, § 267, § 263, § 25, § 52, § 53, § 56.

    6 Monate Freiheitsstrafe

    2 Jahre Bewährungszeit.

    Strafaussetzung widerrufen.

    Strafvollstreckung erledigt am 15.9.1978.

  5. 5.)

    2.9.1978 AG Elmshorn

    (X 1312) 14 Js 1218/88 -

    Rechtskräftig seit 20.9.1978.

    Tatbezeichnung: Fahren ohne Fahrerlaubnis.

    Datum der letzten Tat: 9.12.1975.

    Angewendete Vorschriften: StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 69 a.

    030 Tagessätze zu je 25,- DM Geldstrafe.

    Sperre für die Fahrerlaubnis bis 19.9.1979.

  6. 6.)

    20.7.1982 AG Syke, Zweigstelle Hoya

    (P 2713) - 3 Ds 19 Js 626/82 8 138/82 -

    Rechtskräftig seit 28.7.1982.

    Tatbezeichnung vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis.

    Datum der letzten Tat:12.3.1982.

    Angewendete Vorschriften: StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1.

    015 Tagessätze zu je 23,- DM Geldstrafe.

15

Der Angeklagte Helms aus sich 1977 von seiner Ehefrau gehend. Er lebt seiten mehreren Jahren in Lebensgemeinschaft mit Frau Bruns. Aus dieser Verbindung stammt eine derzeit 16 Jahre alte Tochter, die in häuslicher Gemeinschaft mit ihrer Mutter und dem Angeklagten lebt. Der Angeklagte ist gelernter Schlosser. Diesen Beruf hat er jedoch nur zeitweilig ausgeübt.

16

Er hat eine Gaststätte geführt, seit 1982 ist er arbeitslos Es stellte sich bei ihm Diabetes mellitus ein. Er hat Heilkurverfahren gehabt. 1983 ist eine Umschulung zum Elektroniker erfolgt. Er ist in diesem Beruf auch drei Monate tätig gewesen. Krankheitsbedingt ist dann die Tätigkeit aufgegeben. Eine Umschulung läuft zur Zeit nicht. Er bezieht Arbeitslosenhilfe zur Zeit in Höhe von 850,-DM Unterhaltspflichtig ist er der Tochter gegenüber.

17

Der Angeklagte Helms ist wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:

  1. 1.)

    29.2.1956 AG Oldenburg/Oldenburg.

    (P 3210) CSP 953/56 Jug.

    Tatbezeichnung: Übertretung der StVO und StVZO.

    Angewendete Vorschriften: StVO§ 27, § 49 StVZO§ 64 a, § 65,§ 71.

    Geldauflage.

  2. 2.)

    03.03.1956 StA Oldenburg

    (P 3200 S) - 3 Js 2604/55 -

    Tatbezeichnung: falsche Namensführung undÜbertretung der StVO und StVZO.

    Angewendete Vorschriften: ohne Angabe

    Von der Verfolgung abgesehen nach § 45 JGG.

    Ermahnung.

    Auferlegung besonderer Pflichten.

    Teilnahme am polizeilichen Verkehrsunterricht.

  3. 3.)

    21.6.1956 AG Oldenburg/Oldenburg

    (P 3210) - 14 Ds 210/56.

    Tatbezeichnung Betrug in 2 Fällen.

    Angewendete Vorschriften: StGB § 263.

    2 Freizeiten Jugendarrest.

  4. 4.)

    17.1.1957 AG Oldenburg/Oldenburg

    (P 3210) CsP 6442/56 jug.

    Tatbezeichnung: Übertretung der StVO.

    Angewendete Vorschriften: ohne Angabe.

    Geldauflage.

  5. 5.)

    27.2.1957 AG. Oldenburg/Oldenburg.

    (P 3210) XII 604 -

    vorläufige Fürsorgeerziehung. -

  6. 6.)

    27.5.1957 AG Oldenburg/Oldenburg.

    (P 3210) XII 604 -

    Fürsorgeerziehung.

    Fürtführung der Fürsorgeerziehung über das 19. Lebensjahr hinaus.

  7. 7.)

    30.12.1957 AG Oldenburg/Oldenburg

    (P 3210) 13 Ds 75/57 -

    Tatbezeichnung: ohne Angabe

    Angewendete Vorschriften ohne Angabe.

    Verfahren eingestellt nach § 47 JGG.

  8. 8.)

    27.5.1958 StA Oldenburg

    (P 3200 S) - 3 Js 1742/58 -

    Tatbezeichnung unbefugte Fahrzeugbenutzung.

    Angewendete Vorschriften StGB § 248 b, JGG § 3, § 31.

    Von der Verfolgung abgesehen nach § 45 JGG.

  9. 9.)

    23.4.1959 AG Oldenburg/Oldenburg

    (P 3210) - 14 Ds 132/59.

    Tatbezeichnung: Diebstahls.

    Angewendete Vorschriften: StGB § 242, 10 Tage Jugendarrest.

  10. 10.)

    29.6.1959 AG Oldenburg/Oldenburg

    (P 3210) - 3 Ms 47/59 -

    Tatbezeichnung: Diebstahls in Tateinheit mit Fahren ohne

    Führerschein und fahrlässige Körperverletzung, Unfallflucht.

    Angewendete Vorschriften: StGB § 142, § 230, § 242, 1 Jahr Jugendstrafe.

    Einbezogen wurde eine nicht Zentralregisterpflichtige Entscheidung.

    Rest der Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt bis 1.1.1963.

    Strafaussetzung widerrufen.

    Strafvollstreckung erledigt am 31.7.1961.

  11. 11.)

    16.1.1961 AG Oldenburg/Oldenburg

    (P 3210) -. 3 Ms 100/60 -

    Tatbezeichnung Diebstahl.

    Angewendete Vorschriften: StGB § 242.

    6 Monate Gefängnis.

  12. 12.)

    14.2.1962 AG Bremen

    (H 1101 - 3 Ls 19/61)

    Tatbezeichnung: schwerer Diebstahl, versuchter schwerer

    Diebstahl, Diebstahl im Rückfall.

    Angewendete Vorschriften: StGB § 242, § 243 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3, § 244, § 245, § 43, § 74

    1 Jahr 8 Monate Gefängnis.

    Strafvollstreckung erledigt am 15.5.1963.

  13. 13.)

    07.01.1965 AG Friesoythe

    (P 3206) - Ds 56/64)

    Tatbezeichnung: Fahren ohne Führerschein in 2 Fällen

    Angewendete Vorschriften: StVG § 24 Abs. 1 Nr. 1,

    2 Wochen Gefängnis

    20,- DM Geldstrafe oder 1 Tag Freiheitsstrafe.

  14. 14.)

    01.12.67 AG Bremen

    (H 1101 - 94 Cs 790/67 -

    Tatbezeichnung Fahren ohne Fahrerlaubnis

    Angewendete Vorschriften: StGB § 42 M, § 42 n, StVG § 24 Abs. 1 Nr. 1

    1 Monat Gefängnis

    Sperre für die Fahrerlaubnis bis 12.12.1968.

  15. 15.)

    12.2.1968 AG Bremen

    - (H 1101) 14 Ls 7/67 -

    Tatbezeichnung: schwerer Diebstahl gemeinschaftlicher schwerer Diebstahl in 2 Fällen, sämtlich im Rückfall. Angewendete Vorschriften: StGB § 242, § 243 Abs. 1 Nr. 2, § 244, § 47, § 74

    2 Jahre Gefängnis

    Einbezogen wurde die Entscheidung vom 1.12.1967 + 94 Cs 790/67 + H 1101 + AG Bremen + ...

    Strafvollstreckung erledigt am 30.9.1969.

  16. 16.)

    16.11.1971 AG Bremen

    (H 1101) - 82 Ds 103/71 -

    Tatbezeichnung: Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit 2 Vergehen gegen das Waffengesetz und Urkundenfälschung

    Angewendete Vorschriften: StGB § 267, StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1,

    WaffG. § 26 Abs. 1 Nr. 2,§ 14.

    8 Monate Freiheitsstrafe.

    Strafvollstreckung erledigt am 19.10.1972.

  17. 17.)

    4.9.1972 AG Bremen

    (H 1101) 96 Ds 7/72 -

    Rechtskräftig seit 26.3.1973.

    Tatbezeichnung fortgesetztes Fahren ohne Fahrerlaubnis.

    Angewendete Vorschriften: StGB § 17, § 42 n, StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1

    7 Monate Freiheitsstrafe.

    Sperre für die Fahrerlaubnis bis 25.3.1976.

    Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 9.4.1978.

    Strafrest erlassen.

  18. 18.)

    10.3.1978 LG Stade

    (P 2600) 4 KLs 5/77)

    rechtskräftig seit 26.9.1978

    Tatbezeichnung gemeinschaftlicher besonders schwerer Fall des Diebstahls in 12 Fällen.

    Datum der letzten Tat: 7.6.7.

    Angewendete Vorschriften: StGB § 242, § 243, § 53, § 25 Abs. 2, 4 Jahre Freiheitsstrafe.

  19. 19.)

    30.1.1979 LG Stade

    (P 2600) 4 KLs 8/78

    Rechtskräftig seit 7.2.1979

    Tatbezeichnung: versuchter gemeinschaftlicher besonders schwerer Diebstahls

    Datum der letzten Tat: 25.2.1976.

    Angewendete Vorschriften: StGB § 243 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, § 242, § 55, § 54, § 25 Abs. 2, § 23, § 22

    4 Jahre 3 Monate Freiheitsstrafe.

    Einbezogen wurde die Entscheidung vom 10.3.1978 + 4 KLs 5/77 + P 200 + LG Stade + ...

    Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 24.4.1984.

    Ausgesetzt durch StVK LG Lüneburg, 16 StVK (1) 39/80

    Bewährungshelfer bestellt.

    Bewährungszeit abgekürzt bis 31.12.1983.

    Strafrest erlassen mit Wirkung vom 11.1.1984.

18

III.

Die Angeklagten sind miteinander bekannt.

19

Der Angeklagte Wapenhans hat einen Campingwagen auf dem Campingplatz "Alte Rethemer Fähre" in Rethem. Er bat, den Angeklagten Helms ihm bei Fußbodenverlege-Arbeiten auf seinem Campingplatz zu helfen. Der Angeklagte Helms sagte zu.

20

Am 13. April 1985 fuhren die Angeklagten im Pkw des Angeklagten Wapenahans BMW, Kennzeichen DH DX 451 zum Campingplatz.

21

Der Angeklagte Wapenhans fuhr. Auf dem Campingplatz trafen sie etwa gegen mittag ein. Sie begannen mit dem Fußbodenlege-Arbeiten, wie geplant.

22

Im Laufe des Nachmittages trank der Angeklagte Helms 5-6 Weinbrand. Gegen Abend waren die Fußbodenverlege-Arbeiten - nicht beendet. Die Angeklagten beschlossen, auf dem Campingplatz zu übernachten und am kommenden Tag die Arbeiten zu beendet. Der Angeklagte Wapenhans legte sich hin und versuchte zu schlafen.

23

Er hatte starke Rückenschmerzen. Auch hatte er die Nacht zuvor nicht geschlafen. Er hatte sich zwar, den Gewohnheiten entsprechend, um 22.00 Uhr herum zu Bett gelegt. Er war jedoch nicht zum Schlafen gekommen.

24

Am Schlafen hatten ihn seine starken Rückenschmerzen, die Folge seiner Operation sind und deretwegen er weiterhin in Behandlung ist, sowie das Weinen der damals 1 1/2-jährigen ältesten Tochter, die Zähne bekam, gehindert.

25

Die neben ihm schlafende Ehefrau war mehrfach aufgestanden, um das weinende Kind zu beruhigen. Der Angeklagte konnte aufgrund dieses Aufstehens und Wiederhinlegens nicht einschlafen. Gegen Mitternacht weinte das Kind wieder besonders heftig. Der Angeklagte machte seine Ehefrau aufmerksam.

26

Die Ehefrau, die hochschwanger war, äußerte nun gegenüber dem Angeklagten, daß "auch er einmal nach dem Kind sehen könne". Auf diese Äußerung reagierte der durch Schmerzen und Wicht-Einschlafen-Können gereizte Angeklagte übermäßig. Es entwickelte sich zwischen den Eheleuten ein heftiger Streit. Der Angeklagte verließ das eheliche Schlafzimmer und hielt sich bis in die frühen Morgenstunden rauchend und nicht schlafenden, der Küche auf, teils sitzend, teils stehend, teils herumlaufend.

27

Der Angeklagte Helms saß während dieser Zeit vor dem Fernseher. Er trank 1 1/2 Flaschen Weinbrand leer. Als das Fernsehprogramm gegen 1.00 Uhr des 14.4.1986 beendet war, war ihm beim Aufstehend leicht übel. Er ging nach draußen. Der Angeklagte Wapenhans, der während der ganzen Zeit, bedingt durch seine Schmerzen und Gedanken an den in der Nacht vorangegangenen Streit mit der Ehefrau, von der er unversöhnt gegen Morgen fortgefahren war, hörte den Angeklagten Helms. Der Angeklagte Wapenhans stand auf. Die Angeklagten beschloßen, nach kurzer Erörterung nach Bremen zurückzukehren. Der Angeklagte Helms hielt die Schlafmöglichkeiten im Campingwagen nicht für angenehm, zumal er eineÜbernachtung nicht eingeplant hatte. Der Angeklagte Helms wollte zu seiner Frau zurück.

28

Die Angeklagten traten gegen 15 Uhr die Rückfahrt im Pkw des Angeklaten Wapenhans, von diesem gesteuert, an. Der Angeklagte Wapenhans fuhr von Rethem in Richtung Eitze-Verden. Diese Strecke war dem Angeklagten Helms unbekannt. Er fährt, wenn er auf den Campingplatz "Rethemer Fähre" selbst fährt, die Strecke die von Bremen linksseitig über die Weser führt. Unterwegs in Höhe der Gaststätte "Eitzer Hof" in Verden-Eitze, Walsroder Straße bat der Angeklagte Helms den Angeklagten Wapenhans anzuhalten, weil ihm übel wurde. Der Angeklagte Wapenhans hielt unmittelbar auf der Fahrstraße an.

29

Der Angeklagte Helms stieg, ohne daß die Angeklagten noch miteinander ein weiteres Wort wechselten, über die Beifahrertür aus und verschwand in Richtung Eitzer Hof. Der Angeklagte Wapenhans wartete im Pkw, wobei der Standplatz des Pkw zunächst unverändert blieb. Ihm erschien die Zeit der Abwesenheit des Angeklagten Helms unangemessen lang, so daß er sich Gedanken über das lange Ausbleiben machte, zumal er von der bei Helms bestehenden Zuckerkrankheit wußte. Der Angeklagte Wapenhans fuhr nunmehr den Pkw in die Seitenstraße "Am Westerfeld". Er stieg aus, schloß die Fahrertür ab und ging in Richtung Eitzer Hof dem Angeklagten Helms nach. Er sah sich dort draußen um, konnte den Angeklagten Helms jedoch nicht entdecken.

30

Er befand sich von der Straße aus rechtsseitig gesehen, vor dem Grundstück in unmittelbarer Nähe der Hauswand.

31

In diesem Augenblick sah er den Angeklagten Helms vor einem Fenster an der, von der Straße aus gesehen, rechten Seite des Hauses auftrauchen. Der Angeklagte Helms war ohne Wissen und Kenntnis des Angeklagten Wapenhans auf nicht geklärte Art und Weise in das Gebäude und in die Gaststube der Gaststätte "Eitzer Hof" gelangt. Dort hatte der Angeklagte Helms ebenfalls ohne Wissen und Kentnnis des Angeklagten Wapenhans einen Geldspielautomaten der Marke "Derby" in Höhe des oberen Riegels aufgehebelt und die Geldröhren mit einem Inhalt von ca. 500,- DM an sich genommen. Der Angeklagte Helms hielt Unmittelbar nachdem er den Angeklagte Wapenhans gesehen hatte, diesem die Geldröhre mit den Worten: Nimm und hau abentgegen. Der Angeklagte Wapenhans nahm auf den Zuruf, ohne weiter nachzudenken, rein automatisch den ihm hingehaltenen Gegenstand, den er im Augenblick des Zufassens nicht identifizierte, sondern von dem er nur feststellte, daß er sich hart anfühlte und klapperte, entgegen und lief. Der Angeklagte Helms folgte ihm und rief ihm zu: "Lauf und schmeiß weg".

32

Die Angeklagten hatten in diesem Augenblick ein der Gaststätte gegenüberliegendes Grundstück erreicht. Auf diesem Grundstück warf der Angeklagte Wapenhans die Geldröhre, die er bis dahin nicht als solche erkannt hatte, weg.

33

Die Angeklagten machten nunmehr einen längeren Fußmarsch, dessen Verlauf nicht aufgeklärt werden konnte, bis sie gegen 6.50 Uhr Weitzmühlen erreichten. Aus einer Telefonzelle von Weitzmühlen bestellten sie über das Taxenunternehmen Böschen eine Fahrt nach Rethem zur "Rethemer Fähre".

34

Durch das Taxiunternehmen verständigt/trafen gegen 7.10 Uhr am Campingplatz "Rethemer Fähre" Beamte der Rethemer Schutzpolizei und des 4.K der Kriminalpolizei Verden ein. Der Angeklagte Helms fing an zu laufen als die Polizei auf dem Campingplatz erschien. Der Angeklagte Wapenhans entfernte sich langsamen Schrittes, als ob ihn die Angelegenheit nichts anginge. Der Angeklagte Helms konnte nach einer Verfolgung durch den Pkw z.A. Riekenberg festgenommen werden, der Angeklagte Wapenhans ließ sich durch den ihm folgenden PK z.A. Thietz widerstandslos festnehmen. Er gab auch zu, der Halter und Fahrer des im Westerfeld von der Polizei bemerkten Pkw, BMW, Farbe rot DH-DX 481 zu sein. In dem Pkw hatte die Polizei die Jacke sowohl des Angeklagten Helms als auch des Angeklagten Wapenhans mit deren gesamten Personalpapieren gefunden.

35

IV.

Aufgrund dieses festgestellten Sachverhaltes hat sich der Angeklagte Helms des Diebstahls und zwar unter den erschwerten Umständen des Einbruchs schuldig gemacht. Er hat die Geldröhre, für ihn eine fremde bewegliche Sache, an sich genommen, nachdem er zuvor den Geldspielautomaten auf nicht vorgesehene Art und Weise durch Aufhebeln in Höhe des oberen Riegels ... geöffnet hatte. Das Geld wollte er für sich behalten.

36

Der Angeklagte Helms hat auch schuldhaft im Sinne vorsätzlichen Handels gehandelt. (§ 242 StGB)

37

Aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens steht fest, daß der Angeklagte sich im Tatzeitpunkt trotz des zuvor genossenen Alkohols von 5-7 Weinbrand im Laufe des Nachmittags und weiterer 1 1/2 Flaschen ... Weinbrand im Laufe des Abends bis kurz nach Mitternacht nicht im Zustande der Schuldunfähigkeit befand. Der Sachverständige hat einen Alkoholwert von 2,20 Promille für die Tatzeit unter Zugrundelegung der Rückrechnung festgestellt. Zwar eröffnet ein Blutalkoholwertüber 2.00 Promille die Möglichkeit der Annahme des Vollrausches.

38

Der Sachverständige hat aber auch die Möglichkeit eines zugunsten des Angeklagten angenommenen Vollrausches ausgeschlossen.

39

Der Vollrausch ergibt sich nicht aus dem Promille-Wert, sondern aus der Verhaltensanalyse. Beim Angeklagten Helms läßt die Verhaltensanalyse, beurteilt aus körperlicher Ausfallserscheinung, psychischer Ausfallserscheinung und Erinnerungslücken nicht die Feststellung des Vollrausches weder positiv nocn zugunsten des Angeklagten zu. Derartige gravierende körperliche und psychische Ausfallerscheinungen ergibt weder der Tatablauf noch das Verhalten des Angeklagten Helms nach der Tat Der Ablauf des Geschehens-Hineingelangen in das Gebäude, Erkennen der Entwendungsmöglichkeit durch Auffinden des Automaten und Ausnutzen dieser Erkenntnis, Öffnen des Automatens ohne Zerstörung des Automatens, Reaktion auf von außen kommende Geräusche durch Wahrnehmung der Heimkehr des Kellners entsprechende Reaktion auf diese Geräusche, wie Flucht durchs Fenster - zeigen folgerichtiges Handeln und damit das Fehlen von Ausfallerscheinungen sowohl körperlicher als auch psychischer Art an. Es liegen auch keine Erinnerungslücken, die ein weiterer Gesichtspunkt bei der Verhaltensanalyse zur Feststellung des Vollrausches sind, im Sinne von Vollrausch vor. Der Angeklagte vermag zwar nicht in exakter Folge den Ablauf des Tatgeschehens zu schildern. Diese Ausfälle stellen sich aber nicht als Erinnerungslücken im Sinne des Vollrausches dar. Der Angeklagte vermag eine Gesamtschilderung abzugeben, bei der es nun an exakten Einzelheiten fehlt. Es sind aber keine Lücken derart da, daß der Angeklagte für bestimmte Zeiträume nicht weiß, was geschehen ist.

40

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes war der AngeklagteWapenhans hingegen vom Vorwurf des Diebstahls in der Nacht zum 14.4.1985 freizusprechen.

41

Es hat nicht festgestellt werden können, daß zwischen den Angeklagten Helms und Wapenhans eine Absprache hinsichtlich des Einbruchs in die Gaststätte "Eitzer Hof" getroffen worden ist. Es ist nicht zu widerlegen, daß die Angeklagten trotz nicht beendeter Fußbodenverlegearbeiten und dem Entschluß, auf dem Campingplatz zuübernachten, die Arbeiten am nächsten Tage fortzusetzen, diesen Entschluß geändert haben mit der Maßgabe der Rückkehr in später Nacht nach Bremen. Es ist nicht auszuschließen, daß es dem Angeklagten Helms trotz - wie vom Sachverständigen festgestellt - guter Alkoholverträglichkeit - in diesem Fall aufgrund des zuvor genossenen Alkohols übel wurde und aufgrund dieses mangelnden Wohlbefindens beim Angeklagten Helms der Wunsch entstanden ist, nach Haufe zurückzukehren.

42

Beim mangelndem Wohlbefinden entsteht der Wunsch in der eigenen Häuslichkeit zu schlafen. Die Verhältnisse im Campingwagen sind beengt. Der Angeklagte Helms war zur Tatzeit 45 Jahre alt. Er war auch nicht auf die Übernachtung eingerichtet. Die Fußbodenverlegearbeiten sollten am selben Tag beendet sein. Hinsichtlich des Angeklagten Wapenhans ist der Wunsch zur Rückkehr nicht auszuschließen, bedingt durch den Streit mit der Ehefrau. Frau Wapenhans war hoch schwanger. Ein 1 1/2 - järiges Kind war im Hause. Aus dem Halt vor der Gaststätte Eitzer Hof ist auch keine Vereinbarung als gesichert zu entnehmen. Es ist nicht zu widerlegen, daß bei dem Angeklagten Helms bedingt durch den zuvor genossenen Alkohol, ein plötzliches Übelsein oder Bedürfnis zur Verrichtung seiner Notdurft entstanden ist und den Stop bedingt hat. Für die Einlassung spricht der Halt unmittelbar vor der Gaststätte auf beleuchteter Straße und die sich anschließende Wartezeit an diesem Platz.

43

Es kann dem Angeklagten Wapenhans auch nicht eine Tatbeteiligung im Sinne einer suksessiven Mittäterschaft nachgewiesen werden. Es ist zwar richtig, oaß der Angeklagte Wapenhans dem Angeklagten Helms gefolgt ist. Die Tatsache des Nachfolges kann aber nicht als Feststellung einer Mittäterschaft in dem Sinne ausgelegt werden, daß der Angeklagte Wapenhans aufgrund des Ausstiegs des Angeklagten Helms nunmehr davon ausging, daß dieser einen Einbruch in der Gaststätte begehen und er sich an diesem Einbruch beteiligen wollte. Es kann nicht widerlegt werden, daß der Angeklagte Helms seinerseits ausgestiegen und auf das Gaststättengelände gegangen ist, weil er sich um den Angeklagten Helms sorgte. Der Angeklagte Wapenhans wußte von der Zuckererkrankung des Angeklagten Helms. Ihm war auch der vorangegangene Alkoholgenuß aufgrund der Tatsache der geleerten 1 1/2 Flaschen Weinbrand, die er im Campingwagen gesehen hatte, bekannt. Er hatte auch den vorangegangenen Genuß von 5-7 Weinbrand im Laufe des Nachmittags bei der gemeinsamen Arbeit beobachtet. Aufgrund dieser Tatsachen kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Angeklagte Wapenhans den plötzlichen Wunsch auf Halt derart wertete, daß es dem Angeklagten Helms übel war und er aus diesem Grunde aus dem Fahrzeug aussteigen wollte, zumindest um auszutreten. Gegen diese Beurteilung spricht auch nicht, daß der Angeklagte Wapenhans nur kurz im Auto auf den Angeklagten Helms gewartet hat. Die kurze Wartezeit ergibt sich aus dem Zeitablauf der Handlungen des Angeklagten Helms. In der Nachtzeit unter Berücksichtigung einer gewissen Ungeduld, selbst nach Hause zu kommen, erscheinen kurze Zeiträume dem Wartenden relativ lang. Gegen die Tatbeteiligung im Sinne einer Mittäterschaft spricht auch der Umstand, daß der Pkw durch den Angeklagten Wapenhans verschlossen worden ist. Aufgrund der Bekundung des Zeugen Tietz ergibt sich, daß die Fahrerseite abgeschlossen war. Offen war lediglich die Beifahrerseite. Der Pkw war durch die verschlossene Fahrertür nicht als Fluchtauto geeignet.

44

Das Wollen der Tat des Angeklagten Helms durch den Wapenhans als eigene Tat kann nicht als gesichert festgestellt werden.

45

Zugunsten des Angeklagten Wapenhans ist davon auszugehen, daß er rein automatisch gehandelt hat.

46

Der Sachverständige Kampmann hat ausgeführt, daß sich der Angeklagte Wapenhans in dieser Nacht zur Tatzeit in einem psychischen Ausnahmezustand befunden hat. Diese Ausführungen hat der Sachverständige Kampmann zwar im Zusammenhang mit seiner Gutachtenerstattung zur Frage der Vernehmungsfähigkeit des Angeklagten Wapenhans zur Zeit 11.00 Uhr des 14.4.1986 gemacht.

47

Die Verneinung der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten Wapenhans stützt sich aber nicht nur auf den zum Zeitpunkt 14.4.1986 fehlenden Schlafs von mehr als 30 Stunden, sondern auf die Feststellungen der psychischen Ausnahmesituation, die zu dem fehlenden Schlaf hinzugetreten ist.

48

Diese psychische Aussnahmesituation hat nicht nur im Zeitpunkt 14.4.1986, 11.00 Uhr bestanden. Diese psychische Ausnahmesituation bestand ab Abfahrt Campingplatz Rethemer Fähre und somit zur Tatzeit. Diese psychische Ausnahmesituation ist gegründet auf die starken Schmerzen, die der Angeklagte unwiderlegt aufgrund der erlittenen Rückenoperation hat und deretwegen er sich weiter in Behandlung befindet.

49

Die starken Schmerzen bedingen eine Tabletteneinnahme.

50

Der Angeklagte nimmt Neurog und Thomapyrin.

51

Beide Medikamente hat er am 13.4.1986 nach Bekundung der Ehefrau in vorgeschriebener Form eingenommen.

52

Er hat die Einnahme weder unterlassen, noch übersteigert.

53

Es kann nicht widerlegt werden, daß die Tabletten auch im Laufe des 14.4.1986 genommen sind. Der Angeklagte Wapenhans hat gegenüber dem Angeklagten Helms über starke Schmerzen geklagt.

54

Aus diesem Grunde hatte er sich auch hingelegt. Der Angeklagte W. hatte einen tiefergehenden Streit mit der Ehefrau. Die Ehefrau hat diesen Streit zur Nachtzeit/verbunden mit dem mangelnden Schlaf in der Nacht vom 13. auf den 14., ebenso wie gereizte Stimmung des Angeklagten, begründet auf Schmerzen und Schlaflosigkeit, bestätigt. Diese psychische Ausnahmesituation hat nach Bekundungen des Sachverständigen zu Einschränkungen in der Reaktionsfähigkeit geführt. Die Einschränkungen der Reaktionsfähigkeit zeigt sich insbesondere in dem verlangsamten Erkennen von Situationen. Sie führt auch zu mechanischem Handeln, wie Auführen von Anweisungen, wie hier Befolgen der Worte des Angeklagten Helms, nimm und hau ab.

55

Der Angeklagte Wapenhans war auch nicht wegen Beihilfe am Diebstahl des Angeklagten Helms zu verurteilen.

56

Die subjektiven Voraussetzungen der Beihilfe fehlen insoweit, als dem Angeklagten Wapenhans nicht nachzuweisen ist, daß er hier wissentlich das Verhalten des Angeklagten Helms unterstützte. Die Einlassung, Helms habe aus dem Fenster etwas hingehalten, das er entgegengenommen habe, ohne es näher zu erkennen, ist nicht zu widerlegen. Es ist auch insoweit zugunsten des Angeklagten das Sachverständigengutachten zur Frage der Vernehmungsfähigkeit heranzuziehen, das von einer psychischen Ausnahmesituation des Angeklagten spricht. Aus diesem Grunde kann aus dem Ablauf "Annehmen eines Gegenstandes und damit Weglaufen" nicht mit der zur Verurteilung notwendige sichere Schluß gezogen werden, daß in diesem Augenblick der Angeklagte erkannt hat, daß er einen von dem Angeklagten Helms entwendeten Gegenstand annimmt und diesem Augenblick zugleich den Entschluß fasst, dem Angeklagten Helms diesen Gegenstand zu erhalten. Gegen diesen Vorsatz spricht das Verhalten des Angeklagten Wapenhans, des auf Zuruf des Angeklagten Helms, der unmittelbar nach der Annahme und dem Zuruf "nimm und hau ab" erfolgt. Der Angeklagte Wapenhans wirft nunmehr den zuvor hingereichten und angenommenen Gegenstand auf den Zuruf "Lauf und schmeiß weg" fort. Es kann nicht festgestellt werden, daß der Angeklagte Wapenhans Kenntnis vom dem nach Hause kommenden Kellner gehabt und diese Tatsache zu seinem Verhalten geführt hat. Er hat ohne nachzudenken, den Gegenstand angenommen und ist gelaufen, und hat ihn genauso ohne nachzudenken, fortgeworfen.

57

V.

Die Angeklagten Wapenhans und Helms waren vom Vorwurf des Diebstahls in 2 Fällen zum Nachteil des Inhabers der Gaststätte Win kelvoss in 2725 Kirchwalsede, am 5.12.1984 und des Inhabers der Gaststätte Vollmer in 2722 Jeddingen-Heidmark ebenfalls in der Nacht zum 5.12.1984, freizusprechen.

58

Es ist zwar jemand in der Nacht zum 5.12.1984 gewaltsam sowohl in den abgeschlossenen Gaststättenraum der Gaststätte Winkelvoss, als auch in den der Gaststätte Vollmer eingedrungen. Es steht auch weiter fest, daß sowohl aus der Gaststätte Winkelvoss, als auch aus der Gaststätte Vollmer in den Gasträumen Geldautomaten gewaltsam geöffnet und Geld entwendet ist. Es gibt aber keine Zeugen, die die Angeklagten bei der Ausführung der Einbrüche in der Gaststätte Winkelvoss oder Vollmer beobachtet haben. Es gibt auch kein Nachweis der Tatbeteiligung der Angeklagten durch Spuren am Tatort. Die Angeklagten selbst bestreiten ihre Tatbeteiligung. Es ist zwar richtig, daß der Angeklagte Wapenhans vor dem K4 der Kriminalpolizei Verden am 14.4.1985 ein Geständnis dahingehend abgelegt hat, daß er gemeinsam mit dem Angeklagten Helms die Einbrüche in den Gaststätten ausgeführt hat. Die Vernehmungsprotokolle enthalten Tatschilderungen. Der Angeklagte Helms hat dies Geständnis in der Hauptverhandlung jedoch nicht wiederholt, sondern seine Tatbeteiligung bestritten. Eine Verwertung der Aussagen des Angeklagten Helms vor der Kriminalpolizei in der Hauptverhandlung durch Vernehmung des den Angeklagten Helms vernehmenden Beamten des Zeugen Bötjer ist jedoch gem. § 136 a StPO ausgeschlossen. Der Sachverständige Kampmann hat positiv die Voraussetzungen des Ausschluß der Verwertung dieser Aussage bekundet. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, daß sich der Angeklagte Helms aufgrund durch sein Rückenleiden und die Rückenoperation bestehenden Schmerzen, der Tabletteneinnahme sowie des fehlenden Schlafes in einer psychischen Ausnahmesituation befunden hat, die positiv zu seiner Vernehmungsunfähigkeit führt. Das Vorliegen der Rückenoperation und der damit verbundenen Schmerzen ist aufgrund der Tatsache der Operation und der Behandlung, die zu Einnahme von Tabletten führt, nachgewiesen. Die Tabletteneinnahme für den 13.4.1986 als auslösender Faktor für die psychische Situation am 14.4.1986 ist durch Bekundung der Ehefrau nachgewiesen. Die Zeugin Wapenhans hat die Einnahme von Tabletten, wie vom Arzt vorgeschrieben, je dreimal 1-2 Tabletten Neuro und Thomapyrin bekundet. Diese Einnahme ist als eine den Anordnungen entsprechende und vom Sachverständigen sachgerechte Einnahme bezeichnete Maßnahme festzuhalten. Beide Medikamente verbunden, führen zu einer Einschränkung der Reaktionsfähigkeit und der Fähigkeit konstruktiven Handelns. Es ist auch nachgewiesen, daß in der Nacht vom 13. auf den 14. der Streit mit der Ehefrau stattgefunden hat. Die Zeugin Wapenhans hat diesen Streit bestätigt.

59

Es kann auch nicht festgestellt werden, daß dieser Streit ein konstruierter ist. Es handelt sich um eine im Rahmen des Möglichen alltägliche Situation. Die 1 1/2-jährige Tochter der Eheleute Wapenhans zahnt. Sie schreit. Sie läßt die Eltern nicht schlafen. Frau Wapenhans steht des öfteren auf.

60

Nach etwa 2 Stunden des sich Hinlegens und Wiederaufstehens, wendet sich die hochschwangere Frau an den Angeklagten Wapenhans mit derÄußerung, nun möge er aufstehen. Dieser gereizt durch Schmerzen und mangelndes Schlafvermögen, wird aggressiv. Es entwickelt sich ein Streit, der dazu führt, daß der Angeklagte Wapenhans aufsteht, nicht wieder zu Bett kommt, in der Küche verbleibt, dort raucht und gegen Morgen ohne Aussöhnung das Haus verläßt. Diese Fakten Schmerzen, Tabletten, Streit, ergeben die schlechte psychische Ausgangssituation. Zu dieser schlechten Ausgangssituation tritt der fehlende Schlaf hinzu. Aufgrund der Bekundungen der Ehefrau ist nachgewiesen fehlender Schlaf für die Nacht 12. auf den 13.4.1986. Es hat auch nicht nachgewiesen werden können, daß der Angeklagte im Laufe des Tages 13.4.1986 geschlafen hat. Es ist weiter nicht festzustellen, daß er in der Nacht vom 13. auf den 14. ... 1986 geschlafen hat. Es steht gegen das Sachverständigengutachten nicht die Tatsache, daß dem vernehmenden Beamten, dem Zeugen Bötjer, die vom Sachverständigen festgestellte fehlende Vernehmungsfähigkeit nicht aufgefallen ist. Nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofes in seiner Entscheidung Bd. 1, 376 (379) bedarf es nicht der Erkenntnis des vernehmenden Beamten hinsichtlich der Vernehmungsfähigkeit des zu Vernehmenden. Hinzukommt, daß der Sachverständige Kampmann ausgeführt hat, daß Schwierigkeiten beim Feststellen von Vernehmungsunfähigkeit bestehen, die zumeist auf fehlender Schulung der Beamten, aber auch bei entsprechender Schulung nur aus kleinsten Anzeichen diese fehlende Vernehmungsfähigkeit festgestellt werden könne, wobei hinzukommt, daß der vernehmende Beamte auf ein Ziel hin arbeitet, bei dieser Zielsetzung die Beobachtungsfähigkeit für neben diesem Ziel liegenden Punkten/herabgesetzt ist.

61

VI.

Gegen den Angeklagten Helms war unter Berücksichtigung der ihn belastenden und entlastenden Tatumstände eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen (§§ 242, 243, 21, 49 StGB).

62

Das Gericht hat von der Möglichkeit der Strafmilderung gem.§ 21, 49 StGB Gebrauch gemacht. Die Mindeststrafe von 3 Monaten konnte auf eine Geldstrafe herabgemildert werden. Aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen ist für den Angeklagten Helms zur Tatzeit eine erhebliche Verminderung seiner Schuldfähigkeit anzunehmen, die die Anwendung von § 21 StGB nicht ausschließt. Es lagen keine Gründe vor, diese Strafmilderung nicht anzuwenden. Es hat nicht nachgewiesen werden können, daß sich der Angeklagte Helms in den alkoholisierten Zustand versetzt hat, um bei einer später begangenen Straftat Milderungsgründe zu erfahren. Es hat nicht nachgewiesen werden können, daß der Einbruch im Eitzer Hof eine geplante Tat war. Der Angeklagte Helms hat den Angeklagten Wapenhans auf dessen Campingplatz begleitet, um dort Arbeiten vorzunehmen. Im Laufe des Nachmittags hat der Angeklagte Helms getrunken 5-7 Weinbrand.

63

Er hat dann die 1 1/2 Flaschen Weinbrand, die zu der hohen Alkoholkonzentration und damit zur verminderten Schuldfähigkeit geführt haben, getrunken, als feststand, daß der Angeklagte Helms auf dem Campinplatz bleibt, um dort zu übernachten. Es hat zwar eine spätere Veränderung dieses Entschlusses, bedingt durch verschiedene Umstände gegeben, die aber bei Beginn der Trinkerei nicht vorauszusehen war. Es darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß eine so große Menge Alkohol, wie 1 1/2 Flaschen Weinbrand, die eine Menge von 400 g reinen Alkohol, lt. Sachverständigen ergeben, nicht getrunken werden wird, wenn jemand einen Bruch vorhat. Die Straftat muß als eine Spontantat, entstanden aus der Gelegenheit, unter Einwirkung des Alkohols angesehen werden.

64

Die Tat- und die persönlichen Umstände des Angeklagten lassen eine Herabsetzung auf eine Geldstrafe zu. Die Geldstrafe ist den Tatumständen schuldangemessen.

65

Zugunsten des Angeklagten ist zu werten sein Geständnis in der Hauptverhandlung. Es kann auch nicht festgestellt werden, daß dieses Geständnis lückenhaft und die Verurteilung erschwerend mit der Absicht, diese unmöglich zu machen, abgegeben ist. Die Lücken dieses Geständnisses, wie Unkenntnis über das Hineingelangen in die Gaststätte und die fehlende Beschreibung des Aufbruchs des Automaten können nicht derart gewertet werden. Sie sind Folgen des vom Sachverständigen festgestellten Alkoholwertes von 2,2 g Promille. Ein Schaden ist nicht entstanden. Es ist keine Beschädigung des Gebäudes, noch des Automaten erfolgt. Dies ergibt die Bekundung des Zeugen Tietz. Die Beute ist gering. Sie beträgt 500,- DM.

66

Die Beute ist gefunden. Die Tat ist eine spontane, aus der Gelegenheit erwachsende. Es hat, wie vorstehend ausgeführt, keine Absprache gegeben. Dem Angeklagten Helms ist nicht zu widerlegen, daß er um Auszutreten, auf das Gelände der Gaststätte gelangen ist. Es ist auch weiter dem Angeklagten Helms nicht zu widerlegen, daß er diese Gaststätte und damit die Möglichkeit zu Bruch, zuvor nicht gekannt hat.

67

Zulasten des Angeklagten Helms ist festzuhalten, daß die Tat nicht wesensfremd ist. Es liegen einschlägige Verurteilungen zum AZ. 3 Ms 47/49 AG Oldenburg in Oldenburg, 3 Ms 100/60 AG Oldenburg in Oldenburg, 3 Ls 19/61 AG Bremen, 14 Ls 7/67 AG Bremen, 4 KLs 5/77 Landgericht Stade, sowie 4 KLs 8/78 LG Stade vor, wobei es sich bis auf die Verurteilungen unter Anwendung von Jugendrecht zu 14 Ds 132/59 u. 3 Ms 47/59 jeweils Oldenburg in Oldenburg, um Diebstähle unter erschwerten Umständen handelt. Es ist aber zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, daß die Tatzeit der letzten Verurteilung aus 4 Kls 8/78 Landgericht Oldenburg vom 30.1.1979 unter Einbeziehung der Verurteilung 4 KLs 5/77 Landgericht Stade vom 10.3.1977 als Tatzeiten den 7.6.1977 aufweist, so daß zwischen der Tatzeit der letzten Tat der Vorverurteilung und der Tatzeit der nunmehr zur Verurteilung anstehenden Tat ein Zeitraum von 7 Jahren und 10 Monaten liegt. Es ist zulasten des Angeklagten nicht zu übersehen, daß dem Angeklagten dreimal Strafaussetzung zur Bewährung gewährt worden ist, wobei es sich bei dem einen Fall der Bewährung um ein nicht einschlägiges Verfahren handelt.

68

Die Verurteilung zu 96 Ds 7/72 AG Bremen ist wegen fortges. Fahrens ohne Fahrerlaubnis gem. §§ 1742 StGB, § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG erfolgt ohne Einbezug von Eigentumsdelikten. Derzeit ist eine 7-monatige Freiheitsstrafe ausgeworfen, weil der Angeklagte bereits einschlägig vorbelastet war. Es hat eine Teilverbüßung mit der Maßgabe der Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung gegeben. Es ist zugunsten des Angeklagten hinsichtlich des Bewährungsversagens zu sagen, daß es sich bei der ersten gewährten Bewährung um eine solche im Rahmen des Jugendstrafrechtes gehandelt hat. In 3 Ms 47/59 AG Oldenburg ist durch Urteil vom 29.6.1969 wegen Diebstahls in Tateinheit mit Fahren ohne Führerschein und fahrlässige Körperverletzung und Unfallflucht eine Jugendstrafe von einem Jahr ausgeworfen, deren Rest zunächst zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

69

Bei der gewährten Bewährung zu 96 Ds 7/72 AG Bremen sowie 4 Kls 8/78 LG Stade handelt es sich jeweils um zur Bewährung ausgesetzte Strafreste nach Teilverbüßung. Es ist zugunsten des Angeklagten auch hier nicht zu übersehen, daß die Bewährungszeit aus der letzten Verurteilung 4 Kls 8/78 auf Antrag der Staatsanwaltschaft vorzeitig abgekürzt worden ist. Die Bewährungszeit lief bis zum 24.4.1984.

70

Sie ist verkürzt auf den 31.12.1983 mit Wirkung vom 11.1.1984 erlassen. Es ist daher zugunsten des Angeklagten festzustellen, daß er sich seit 11.1.1984 straffrei geführt hat.

71

In diesem Zusammenhang ist nochmals darauf hinzuweisen, daß diese Tat keine geplante, sondern eine spontane Tat, gegeben aus der Gelegenheit heraus, war. -

72

Zugunsten des Angeklagten waren bei der Strafzumessung auch seine geänderten Lebensumstände zu berücksichtigen. Der Angeklagte ist zwischenzeitlich 45 Jahre alt geworden.

73

Er leidet an einer diabetis mellitus sowie Coronarerterienstörungen, verbunden mit Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen. Diese Erkrankungen, insbesondere die des Herzens, bedürfen nach Ansicht des Sachverständigen dringender Behandlung. Außerdem hat sich bei dem Angeklagten, wie während der Untersuchungshaft durch den Augenarzt Dr. Paeper festgestellt, ein grüner Star eingestellt. Bedingt durch diese Erkrankungen ist die Wiederholungsgefehr gering zu achten, zumal aus dem Strafregister sich durch die größer werdenden Abstände der Tatzeiten eine Stabilisierung des Angeklagten Helms verdeutlicht.

74

Der Angeklagte Helms hat eine Lebensgefährtin. Aus dieser Verbindung stammt eine 16 Jahre alte Tochter.

75

Diese Beziehung ist im Hinblick auf die Beurteilung einer sozialen Bindung des Angeklagten einer Ehe gleichzusetzen.

76

Der Angeklagte lebt bei seiner Lebensgefährtin und hat auch nach der Haftentlassung dort Aufnahme gefunden.

77

Eine Trennung ist nicht beabsichtigt. Es darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Angeklagte sich aufgrund des gegen ihn ergangenen Haftbefehls in dieser Sache 5 1/2 Monate in Untersuchungshaft befunden und diese Untersuchungshaft im Hinblick auf sein körperliches Wohlbefinden, bedingt durch die bei ihm bestehenden Erkrankungen, als besonders einschneidend empfunden hat. Eine Star-Operation erscheint im Bereich des Möglichen. Insbesondere die Gesundheitsbeeinträchtigungen des Angeklagten, die von Dauer sind und die eine Verschlechterung des Zustandes erwarten lassen, stützen die Entscheidung, daß diese Tat in ihrer Art und Ausführung unter Berücksichtigung der Persönlichkeit dieses Täters nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe bedingt. Hiergegen steht nicht dieüberreichliche Aufnahme von Alkohol. Es muß hier zugunsten des Angeklagten bei der Aufnahme des Alkohols die Situation auf dem Campingplatz berücksichtigt werden.

78

Auch insoweit ergab sich der Alkoholgenuß aus spontaner Situation. Der Angeklagte saß allein vor dem Fernseher. Der Weinbrand stand bereit.

79

Die Geldstrafe war auf 90 Tagessätze zu bemessen. 90 Tagessätze sind bei Art udn Umfang der Ausführung schuldangemessen. Es sind zu berücksichtigen auch insoweit die Tatausführung als spontane Nutzung der Gelegenheit, fehlender Schaden. -

80

Ein Tagessatz war unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Angeklagten auf 15,- DM festzusetzen.

81

Der Angeklagte bezieht 850,- DM Arbeitslosenhilfe.

82

Er hat eine minderjährige Tochter zu unterhalten.

83

Auf die Geldstrafe war die erlittene Untersuchungshaft anzurechnen. Gründe, die gegen eine Anrechnung sprechen, sind nicht gegeben.

84

Soweit keine Anrechnung erfolgt, hat die Landeskasse den Angeklagten wegen der überschießenden Zeit an erlittener Untersuchungshaft zu entschädigen (§ 1 ff StrEG). Es liegen keine Gründe vor, die Entschädigung zu versagen. Es ist nicht festzustellen, daß der Angeklagte durch haftes Verhalten die Verbüßung der Untersuchungshaft aus dem Haftbefehl des AG Verden vom 7.5.1985 - 4 Gs 329/85 - schuldhaft herbeigeführt hat. Es ist nicht zu übersehen, daß der Haftbefehl vom 7.5.1985 erlassen ist, weil der Angeklagte unbekannten Aufenthaltes war. Er hatte die Wohnung der Lebensgefährtin verlassen, so daß von einer Lösung der Beziehung durch ihn auszugehen war. Er war auch nicht anderweitig gemeldet.

85

Der Vollzug der Untersuchungshaft und damit die Zeit der Anrechnung tritt aber erst ein nach der Verkündung des aufgehobenen Urteils mit Wirkung vom 18.2.1986. Vor diesem Termin ist der Haftbefehl nicht vollstreckt. Der Angeklagte hat sich zur Verhandlung vom 13.2.1986 durch seinen Verteidiger selbst gestellt. Er hat auf Einhaltung sämtlicher Fristen verzichtet, so daß die Verhandlung vom 13.2.1986, wie anberaumt, durchgeführt werden konnte.

86

Es sind auch in der Hauptverhandlung 13.2.1986 keine Beweisanträge gestellt, die sich insoweit auf mangelnde Verteidigungsmöglichkeit gründen. Der Haftbefehl ist durch Beschluß vom 13.2.1986 außer Vollzug gesetzt unter dem Nachweis der polizeilichen Meldung unter der Wohnadresse der Lebensgefährtin und der Auflage des Erscheinens zur Urteilsverkündung 18.2.1986, 14.30 Uhr. Der Angeklagte hat diese Auflagen erfüllt. Er hat sich gemeldet und ist über die Auflage hinaus bei der Lebensgefährtin wohnhaft, nachweislich bis zum Zeitpunkt der erneuten Urteilsverkündung am 21.8.1986. Der Angeklagte hat den Verkündungstermin wahrgenommen. Er ist zur anberaumten Terminsstunde auflagengemäß erschienen. Er hat die Wartezeit, die sich zwischen zunächst anberaumter Terminsstunde und tatsächlicher Durchführung des Termins von ca. 30 Minuten ergab, durchstanden trotz Kenntnis der Anwesenheit von Beamten der Justizvollzugsanstalt Verden, deren Anwesenheit die Möglichkeit einer Inhaftierung darstellten. Es kann nicht festgestellt werden, daß der Angeklagte nunmehr in Kenntnis einer Verurteilung von drei Jahren sich unbekannten Aufenthaltes begeben hätte. Es ist nicht übersehen, daß die Hauptverhandlung vom 13.2.1986 und die vom 18.2.1986 einen anderen Verlauf als vom Angeklagte erwartet, vernommen hat. Es waren seitens des Verteidigers des Angeklagten Helms Freispruch Anklagepunkte Nr. 1) und 2) (Jeddingen und Visselhövede) beantragt. Es ist aber festzuhalten, daß für den Anklagepunkt Nr. 3 (Eitzer Hof) mit einer Verurteilung seitens des Angeklagten und seiner Verteidigung gerechnet ist, da insoweit neben Hilfsbeweisenträgen ein freiheitsentziehender Antrag seitens der Verteidigung in Erwägung gezogen ist, so daß für den Angeklagten freiheitsentziehende Maßnahmen nicht außer Betracht geblieben waren. Aus dieser Erwägung heraus ist das Gericht der Auffassung, daß die höhe Strafe allein den Fluchtverdacht nicht begründet. Der weitere Haftgrund unbekannten Aufenthaltes und flüchtig waren durch die nachgewiesene Wohnung ausgeräumt.

87

Hinsichtlich des Angeklagten Wapenhans war der Beschluß über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach erfolgtem Freispruch aufzuheben.

88

Eine Entscheidung wegen einer Entschädigung nach StrEG hinsichtlich des Entzugs des Führerscheins war nicht zu treffen, da der Angeklagte Wapenhans für den Fall des Freispruchs ausweislich der Sitzungsniederschrift auf Entschädigung verzichtet hat.

89

VI

Es war sowohl über die Kosten I. als auch II. Instanz zu entscheiden, da das Urteil I. Instanz vom 13.2./18.2.1986 aufhebende Urteil den ausdrücklichen Hinweis auf Kostenentscheidung durch das andere Schöffengericht beim Amtsgericht Verden enthält.

90

Der Angeklagte Helms hat die Kosten des Verfahrens I. und II. Instanz zu tragen, soweit er im Fall der Nr. 3) der Anklage (Diebstahl Eitzer Hof) verurteilt worden ist:

91

Soweit der Angeklagte vom Vorwurf in der Gaststätte Winkelvoss und in der Gaststätte Vollmer Anklagepunkte Nr. 1 und 2 freigesprochen ist, hat die Landeskasse die Kosten des Verfahrens zu trägen.

92

Der Angeklagte Helms hat seine außergerichtlichen notwendigen Auslagen I. und II. Instanz zu tragen, soweit er verurteilt ist (Anklagepunkt Nr. 3 Gaststäte Eitzer Hof). Die Landeskasse hat die notwendigen außergerichtlichen Auslagen des Angeklagten Helms I. und II. Instanz zu tragen, soweit er vom Vorwurf des Diebstahls zum Nachteil der Gastätte Winkelvoss und Gaststätte Vollmer (Anklagepunkte Nr. 1) und 2) freigesprochen ist.

93

Die Landeskasse hat die Verfahrenskosten I. und II. Instanz einschließlich der notwendigen Auslagen I. und II. Instanz soweit sie den Angeklagten Wapenhans betreffen zu tragen.

Treichler Richterin am Amtsgericht