Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 28.11.2018, Az.: 13 WF 105/18

Vergütung des berufsmäßigen Umgangspflegers vor dem Hintergrund einer absolvierten Ausbildung zum Heilerziehungspfleger

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
28.11.2018
Aktenzeichen
13 WF 105/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 69654
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Meppen - 18.10.2018 - AZ: 9 F 41/17 PF

In der Familiensache
betreffend die Pflegschaft für
F.B., geb. am 24.XX.20XX, B. Weg XX, 4XXXX W.,
Beteiligte:
1. Bezirksrevisor bei dem Landgericht, Neumarkt 2, 49074 Osnabrück, Geschäftszeichen: 567 Ea (66/18 Ro)
Beschwerdeführer,
2. C. P., c/o K GmbH, M. Straße XX, 4XXX Lingen (Ems),
Umgangspflegerin,
hat der 13. Zivilsenat - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Joswig als Einzelrichter
am 28. November 2018
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Meppen vom 18. Oktober 2018 geändert und der der Umgangspflegerin für die Tätigkeit ihres Mitarbeiters Michael Franke aus der Staatskasse zu erstattende Anspruch in der Zeit vom 4. April 2017 bis 28. Juli 2018 auf insgesamt 3.131,96 Euro festgesetzt. Der weitergehende Vergütungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die durch das Amtsgericht zugelassene Beschwerde der Staatskasse richtet sich gegen den hiermit vollinhaltlich in Bezug genommenen Beschluss des Amtsgerichts vom 18. Oktober 2018, soweit der der Umgangspflegerin C. P. für die Tätigkeit ihres Mitarbeiters M. F. aus der Staatskasse zu erstattende Anspruch auf Grundlage eines Stundensatzes von 33,50 Euro gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG festgesetzt wurde.

Das statthafte Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.

Für die Vergütung der berufsmäßigen Umgangspfleger gilt § 1684 Abs. 3 Satz 6 BGB i.V.m. § 277 Abs. 2 FamFG, § 3 VBVG.

Unter die Hochschulausbildung bzw. den Hochschulabschluss i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 VBVG fällt sowohl ein abgeschlossenes Universitätsstudium als auch eine abgeschlossene Fachhochschulausbildung. Eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung ist mit der für den betreffenden Studiengang regelmäßig vorgeschriebenen (erfolgreichen) Ablegung der Abschlussprüfung beendet. Darunter fallen das erste Staatsexamen, ein Diplom, Bachelor- oder Magisterabschlüsse (siehe jurisPK-BGB-Jaschinski, Stand 9. Mai 2018, § 3 VBVG Rdnr. 30).

Einer Hochschulausbildung vergleichbar i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alt. 2 VBVG ist eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Dies ist gegeben, wenn die Ausbildung staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem durch ein Hochschulstudium vermittelten entspricht. Demgegenüber kommt es auf die Bezeichnung der Einrichtung nicht an. Die Ausbildung muss also an einer Einrichtung erfolgen, die

- einer überwiegend wissenschaftlichen Lehrstoffvermittlung dient,

- über einen entsprechenden wissenschaftlichen Lehrkörper verfügt und

- die Erlangung graduierter Abschlüsse, deren Erfolg durch eine vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle abgelegte Prüfung belegt ist, ermöglicht.

Bei dieser Prüfung der Vergleichbarkeit hat der Tatrichter strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. jurisPK-BGB-Jaschinski, Stand 9. Mai 2018, § 3 VBVG Rdnr. 32 unter Hinweis auf BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - XII ZB 139/13 - ).

Zu berücksichtigen ist zunächst, dass sich (Fach-) Hochschulausbildungen auch dadurch auszeichnen, dass sie auf einem bestimmten Wissensgebiet ein breites und vertieftes Basiswissen verschaffen, aus dem heraus berufspraktisch verschiedenste Fachrichtungen aufgefächert betrieben werden können (siehe OLG Braunschweig, Beschluss vom 08. Februar 2000 - 2 W 2/00 - juris).

Die Ausbildungen des Mitarbeiters der Umgangspflegerin erfüllen weder einzeln noch kumuliert die vorgenannten Anforderungen. Die staatlich anerkannte vierjährige in Vollzeit absolvierte Ausbildung zum Heilerziehungspfleger erfüllt die oben genannten Kriterien nicht; insbesondere entspricht der durch diese vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang nicht dem, der durch ein Hochschulstudium vermittelt wird. Entsprechendes gilt für die eineinhalbjährige staatlich anerkannte in Vollzeit absolvierte Ausbildung zum Heilpädagogen, die zweijährige berufsbegleitende Weiterbildung zum MarteMeo-Therapeuten, die dreijährige berufsbegleitende Weiterbildung zum Systemischen Therapeuten/Familientherapeuten DGSF, die "Kinder im Blick" - Kursleiterschulung, die dreijährige berufsbegleitende Weiterbildung zum Systemischen Familientherapeuten (ifs) sowie die zweijährige berufsbegleitende Weiterbildung zum Systemischen Kinder- und Jugendlichentherapeuten. Da das Vergütungssystem in §§ 3 und 4 VBVG an den typisierten Ausbildungsgang anknüpft, sind auch mehrere Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sowie Lebens- und Berufserfahrung mit einer Hochschulausbildung nicht vergleichbar. Denn mit dem nach Art der Ausbildung gestaffelten Stundensatz wollte der Gesetzgeber den Gerichten eine leicht zu handhabende Regelung zur Verfügung stellen und auf diese Weise eine einheitliche Vergütungspraxis sichern (vgl. BGH, Beschluss vom 02. Mai 2012 - XII ZB 393/11 - juris).

Mithin war der der Umgangspflegerin für die Tätigkeit ihres Mitarbeiters M. F. aus der Staatskasse zu erstattende Anspruch in der Zeit vom 4. April 2017 bis 28. Juli 2018 auf Grundlage eines Stundensatzes gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 von 25,00 Euro auf 3.131,96 Euro festzusetzen.

Dr. Joswig