Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.04.1983, Az.: 1 C 1/82

Genehmigung und Auslegung einer Satzung ; Genehmigungspflicht für bauliche Anlagen inner halb des Geltungsbereiches einer Satzung; Regelungen zum Schutz ortsbildprägender baulicher Anlagen und zum Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung durch eine Satzung ; Auslegung eines Satzungsentwurfes für die Betroffenen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.04.1983
Aktenzeichen
1 C 1/82
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1983, 12027
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1983:0427.1C1.82.0A

Verfahrensgegenstand

BauR

Voraussetzungen einer Erhaltungssatzung

Feststellung der Nichtigkeit von Satzungen der Stadt Westerland/Sylt.

Prozessführer

des Kaufmanns ...

- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Krekeler, Manthey, Crämer, Reuker und Neuhaus, Ostenhellweg 56/58, Dortmund -

Prozessgegner

die Stadt Westerland/Sylt,

Sonstige Beteiligte

Der schleswig-holsteinische

Vertreter des öffentlichen Interesses bei dem Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein, Landeshaus, Kiel,

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Eine Gebietsfestsetzung durch "sonstige Satzung" nach § 39 h braucht das für Bauleitpläne vorgeschriebene Verfahren nicht zu durchlaufen.

  2. 2.

    Zum Umfang der Abwägung beim Erlaß einer Erhaltungssatzung.

  3. 3.

    Eine Erhaltungssatzung aus Gründen des Milieuschutzes setzt voraus, daß eine Änderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung besondere städtebauliche Nachteile bewirken würde. Die Gefahr, daß durch die Verdrängung der ortsansässigen Wohnbevölkerung und die Errichtung von Zweitwohnungen bzw. Ferienappartements ein Stadtviertel außerhalb der Saison verödet, rechtfertigt eine Satzung nach § 39 h Abs. 3 Nr. 3 BBauG.

  4. 4.

    Die Erhaltungsgründe nach § 39 h Abs. 3 Nrn. 1 und 2 BBauG setzen eine städtebauliche Eigentümlichkeit der erhaltenswerten Bauten voraus.

In dem Normenkontrollverfahren hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 1983 in Westerland
durch
die Richter am Oberverwaltungsgericht Schmaltz und Petter,
den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Jenke
sowie die ehrenamtliche Richterin Dr. Skowronek
und den ehrenamtlichen Richter Streeck
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Normenkontrollantrag des Antragstellers wird abgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller, der Eigentümer von zahlreichen Grundstücken in Westerland ist, wendet sich gegen zwei von der Antragsgegnerin erlassene Erhaltungssatzungen.

2

Die Stadtvertretung der Antragsgegnerin hat am 17. Dezember 1981 für zwei aneinandergrenzende Gebiete im Süden Westerlands Satzungen nach § 39 h BBauG beschlossen. Die Satzung I betrifft das Gebiet zwischen ... Straße im Norden, ... straße im Western, ...-Weg bzw. Trift im Süden und ... straße, Trift bzw. ... straße im Osten. Die Satzung II betrifft das Gebiet südlich ...-Weg, ... straße, Trift und ... Straße. Beide Satzungen sind zunächst am 13. Januar 1982 in vollem Wortlaut, aber ohne die jeweils in § 1 der Satzungen als Bestandteil zur Festlegung des Geltungsbereichs in Bezug genommenen Pläne in der Sylter Rundschau veröffentlicht worden. Die Genehmigung und Auslegung beider Satzungen ist mit grober Umschreibung des Geltungsbereichs in der Sylter Rundschau am 11. Februar 1982 veröffentlicht worden.

3

§ 2 der Satzung I lautet:

(1)
Zur Erhaltung der vorhandenen Bevölkerungsstruktur, die sich weitgehend durch eine ortsgebundene Wohnbevölkerung auszeichnet, die mit ihrem Hauptwohnsitz und Lebensmittelpunkt im Ort ansässig ist und deren Zusammensetzung für die Erhaltung der Wohn- und Wirtschaftsfunktion zwingend erforderlich und aufgrund der gewachsenen nachbarschaftlichen Beziehungen wünschenswert ist und zur Wahrung von für das Erscheinungsbild des Nordseeheilbades Westerland typischen Bauten, bei denen es sich zum einen um ortsbildprägende Gebäude friesischer Bauart handelt und zum anderen um überwiegend zwei- bis dreigeschossige um die Jahrhundertwende errichtete Gebäude, die mit ihren individuellen, vielfältigen Gestaltungselementen eine stadtgeschichtlich bedeutsame Epoche der sogenannten Bäderarchitektur repräsentieren, bedürfen Abbrüche, Umbauten oder Änderungen der im Geltungsbereich dieser Satzungen befindlichen baulichen Anlagen der Genehmigung nach § 39 h BBauG.

Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die bauliche Anlage erhalten bleiben soll,

a)
weil sie allein oder im Zusammenhang mit anderen baulichen Anlagen das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild prägt,

b)
weil sie von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung ist,

c)
um in dem Gebiet die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten.

(2)
Die Genehmigung erteilt die Baugenehmigungsbehörde (untere Bauaufsicht) im Einvernehmen mit der Gemeinde.

4

In der Satzung II ist der zweite Erhaltungsgrund wie folgt formuliert:

... und zur Wahrung von für das Erscheinungsbild des Nordseebades Westerland stadtgeschichtlich bedeutsamen Gebäuden überwiegend friesischer Bauart, ...

5

Die Antragsgegnerin hat während des gerichtlichen Verfahrens in einer Fotodokumentation 95 Häuser im Geltungsbereich der Satzung I und 13 Häuser im Geltungsbereich der Satzung II als nach § 39 h Abs. 3 Nr. 1 u. 2 BBauG erhaltenswert bezeichnet. Im Geltungsbereich der Satzung I zeichnet sich die Straße ... durch ältere, im Maßstab homogene Bebauung aus, in der die traufenständigen Wohnhäuser mit einem Friesengiebel über dem Eingang dominieren. Das Straßenbild der ... Straße und der ... Straße wird teilweise - je nach Blickwinkel - bereits durch massige Neubauten in Mitleidenschaft gezogen. Das Straßenbild der ... Straße wird im südlichen Bereich durch zwei- bis dreigeschossige Putzbauten der Jahrhundertwende mit Gestaltungselementen bestimmt, die - wie Gesimse und Priese - die Individualität der einzelnen Häuser betonen.

6

Der Antragsteller, der Eigentümer von 16 bebauten Grundstücken im Geltungsbereich beider Satzungen ist, trägt vor, er habe durch die Anwendung der Satzung einen Nachteil zu erwarten, weil er Umbaumaßnahmen und Renovierungsarbeiten in den ihm gehörenden Häusern beabsichtige, die nach den Satzungen einer Genehmigung bedürften. Der Genehmigungsvorbehalt erschwere die Möglichkeit, die bebauten Grundstücke nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten umzubauen und stelle daher einen Nachteil im Sinne des § 47 VwGO dar, unabhängig davon, ob er sich als wirtschaftlich meßbarer Verlust niederschlage.

7

Die Satzungen seien nicht ordnungsgemäß zustande gekommen. Auch wenn die Gemeinde Regelungen zum Schutz ortsbildprägender baulicher Anlagen und zum Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung durch eine Satzung nach § 39 h BBauG und nicht in einem Bebauungsplan treffe, müsse das für Bauleitpläne erforderliche Verfahren eingehalten werden. Die Entwürfe der Satzungen hätten mit der Begründung ausgelegt werden müssen, damit die Betroffenen Anregungen und Bedenken hätten äußern können. Die Bekanntmachung der Satzungen sei fehlerhaft. Bei einer Bekanntmachung nach § 12 BBauG, wie sie die Antragsgegnerin mit der Bekanntmachung am 11. Februar 1982 versucht habe, dürfe das Bereithalten der Satzung der Bekanntmachung zeitlich nicht nachfolgen. Außerdem erwähne die Bekanntmachung nur die Satzung und nicht den Plan, so daß der Betroffene nicht erkennen könne, welche Unterlagen auslägen. Bei der Bekanntmachung entsprechend einer einfachen Satzung, wie sie die Antragsgegnerin mit der Bekanntmachung vom 13. Januar 1982 versucht habe, hätte der Plan mit veröffentlicht werden müssen. Ebenso wie Bebauungspläne hätten die Satzungen nach § 39 h BBauG einer Begründung bedurft. Die Formulierungen in § 2 der Satzungen wiederholten im wesentlichen den Gesetzestext und könnten eine Begründung nicht ersetzen. Der Geltungsbereich der Satzungen sei nicht ausreichend bestimmt, weil nach dem veröffentlichten Geltungsbereich für den Bürger nicht zweifelsfrei erkennbar sei, welche Grundstücke im Geltungsbereich der Satzung lägen. Außerdem ergebe sich aus den von der Antragsgegnerin überreichten aber nicht ausgelegten Plänen, daß nur einzelne Gebäude erhaltenswert seien, während viel größere Bereiche einem Genehmigungsvorbehalt unterworfen seien.

8

Beide Satzungen nach § 39 h BBauG sollten dem Schutz von baulichen Anlagen dienen, die für das Erscheinungsbild des Nordseeheilbades typisch bzw. stadtgeschichtlich bedeutsam seien. Damit solle offensichtlich der Erhaltungsgrund des § 39 h Abs. 3 Nr. 1 BBauG aufgenommen werden. Das Ortsbild von Westerland sei infolge von Fehlplanungen der letzten Jahrzehnte nicht mehr schutzwürdig, Häuser im Stil der sogenannten Bäderarchitektur oder friesischer Bauart seien nicht mehr vorhanden. Die von der Antragsgegnerin als erhaltenswert gekennzeichneten Häuser - z.B. im Westteil der Straße ... - seien teilweise noch in jüngster Zeit verändert worden und auch nur 20 Jahre alt. Im Bereich der Satzung II seien selbst nach der Darstellung der Antragsgegnerin nur 13 Gebäude erhaltenswert. Die erhaltenswerten Gebäude seien in gutem baulichen Zustand, so daß die Gefahr eines Abbruchs nicht drohe. Die Abgrenzung der beiden Satzungsbereiche werfe die Frage auf, ob die Antragsgegnerin willkürlich vorgegangen sei, da der Satzungsbereich II doppelt so groß wie der Satzungsbereich I sei und die Bebauung im Bereich ... straße/... weg und am ... -straße der Bebauung des Satzungsgebietes I entspreche.

9

Soweit die Satzungen dem Milieuschutz dienen sollten, seien sie unwirksam, weil weder eine schutzwürdige Bevölkerungsstruktur vorhanden sei, noch besondere städtebauliche Gründe einen besonderen Schutz erforderten. Der Antragsgegnerin gehe es nicht um die Erhaltung bestimmter Bevölkerungsstrukturen und um den Schutz dieser Bevölkerung vor Verdrängung, sondern darum, ein bestimmtes finanzielles Niveau der Feriengäste und damit auch ein bestimmtes Niveau einheimischer Vermieter zu sichern. Als bodenrechtliche Maßnahme könne § 39 h BBauG nicht zur Sicherung bestimmter Einkommens Strukturen eingesetzt werden. Auch die von der Antragsgegnerin zur Begründung angeführte Forderung der Eigentumsbildung der ortsansässigen Bevölkerung sei weder Ziel der Bauleitplanung noch Zweck des § 39 h BBauG. Die Satzungsgebiete wiesen aber auch in der Bevölkerungsstruktur keine Besonderheiten gegenüber anderen Wohngebieten der Stadt Westerland auf. Die ganze Stadt werde durch Pensionen, Ferienwohnungen, Gästehäuser und Kleinvermietungen geprägt, so daß in der Saison ein Einheimischer auf 10 Gäste komme. Diese seit Jahrzehnten bestehende Situation habe keine Probleme bereitet. Es bestehe keine Gefahr, daß diese gewachsene Zusammensetzung der Wohnbevölkerung durch Sanierung zerschlagen werde. Die Antragsgegnerin habe aber in Wahrheit auch keine Abwägung der im Gesetz geforderten Kriterien durchgeführt, vielmehr habe sie mit den Erhaltungssatzungen den Anfängen eines Massentourismus wehren wollen. Dementsprechend beabsichtige die Antragsgegnerin auch Satzungen nach § 39 h BBauG flächendeckend für ihr Stadtgebiet zu erlassen.

10

Schließlich müsse die Frage gestellt werden, ob § 39 h BBauG verfassungsmäßig sei. Es sei nicht vorhersehbar, ob, wann und in welcher Weise die Gemeinde von ihrem Genehmigungsvorbehalt Gebrauch machen werde.

11

Der Antragsteller beantragt,

die Satzungen Nr. I und II für nichtig zu erklären,

hilfsweise,

das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Prüfung vorzulegen, ob § 39 h BBaaG mit Art. 14 GG im Einklang steht.

12

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

13

Sie entgegnet, beide Satzungen nach § 39 h BBauG seien entsprechend den Verfahrensvorschriften des BBauG erlassen worden. Zur Begründung der Erhaltungssatzung genügten die in § 2 der Satzungen gegebenen Hinweise. Die verbale Festlegung der Geltungsbereiche der Satzungen reiche aus, zumal dem Text nur die Aufgabe der Anstoßfunktion zukomme, während die parzellenscharfe Abgrenzung dem Plan zu entnehmen sei, der als Bestandteil der Satzung zur Einsicht ausliege.

14

Für die Wirksamkeit der Satzung sei nicht erforderlich, daß für jedes einzelne Gebäude bereits in der Satzung die Versagungsgründe konkretisiert würden bzw. die Satzung parzellenscharf auf die erhaltungswürdigen Gebäude beschränkt werde. Erhaltungssatzungen nach § 39 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BBauG zum Schutz des Ortsbildes bzw. baulicher Anlagen von städtebaulicher Bedeutung könnten sich sowohl auf ein Ensemble als auch auf Einzelobjekte beziehen. Beim Satzungsgebiet I gehe es um die Erhaltung der siedlungstypischen mehrgeschossigen Putz- und Verblendbauten beispielsweise der unteren ... Straße, der überwiegend eingeschossigen Kleinbürgerhäuser mit Backsteinmauerwerk (z.B. ... Straße und ... straße) sowie Gebäude friesischer Bauart (z.B. Westseite ... straße und Nordseite ...). In Satzungsgebiet II bezögen sich die gestalterischen Erhaltungsgründe vornehmlich auf Einzelobjekte friesischer Bauart. Die Erhaltungssatzungen stellten keine Antwort auf die unternehmerischen Aktivitäten des Antragstellers dar, sondern ergäben sich auch in ihrem räumlichen Geltungsbereich aus der Bestandsaufnahme für die ganze Stadt. Dementsprechend seien für vier weitere Gebiete Beschlüsse über die Aufstellung von Erhaltungssatzungen gefaßt worden.

15

Mit dem Schutz der Wohnbevölkerung, den die angegriffenen Satzungen auch verfolgten, halte sich die Antragsgegnerin im Rahmen der Ziele der Raumordnung und Landesplanung, die für das Stadtgebiet Westerland den Eigenbedarf in den Vordergrund rückten, und berücksichtige die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse sowie die Sicherheit der Bevölkerung. Eine Verdrängung der Mischstruktur durch rein gewerbliche Nutzung oder Zweitwohnungen lasse eine Verödung ganzer Stadtteile befürchten. Die Förderung der Wohnbedürfnisse der Einheimischen durch Neubauten stoße an die im Flächennutzungsplan festgelegten Grenzen. Mit dem Erlaß von Satzungen nach § 39 h BBauG bevorzuge sie, die Antragsgegnerin, für den jeweiligen räumlichen Bereich die Nutzungsansprüche der ortsansässigen Bevölkerung gegenüber den Erwerbs- und Nutzungsansprüchen auswärtiger Anleger, halte sich aber im Rahmen des Abwägungsgebotes. Da sich das Stadtzentrum, das als Wohnstandort der ortsansässigen Bevölkerung keine Rolle mehr spiele, im Wege städtebaulicher Umstrukturierungen in die Stadtrandbereiche ausdehne, sei der Erlaß der Satzungen erforderlich. Der mit Eigentümerwechsel, Nutzungswandel und Änderung der baulichen Struktur verbundene Prozeß werde nicht durch die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der ursprünglichen Nutzung ausgelöst, sondern durch sich überschlagende Kaufpreisangebote. Die Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, die mit den Satzungen bezweckt werde, verknüpfe den quantitativen Aspekt des Erhalts von Wohnraum für die einheimische Bevölkerung mit dem qualitativen Aspekt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung und der Angebots Struktur der Fremdenverkehrswirtschaft. Über § 39 h BBauG könnten Grundrißveränderungen der Wohnungen verhindert werden, die mit der Einrichtung von Ferienapparttements die Beseitigung von Wohnraum der Ortsansässigen zur Folge hätten.

16

Der Vertreter des öffentlichen Interesses äußert Zweifel, ob durch die Erhaltungssatzungen bestimmte bisher nicht genehmigungspflichtige Baumaßnahmen genehmigungspflichtig geworden seien, bejaht jedoch die Antragsbefugnis des Antragstellers. Die Satzungen der Antragsgegnerin seien ordnungsgemäß zustande gekommen, weil "sonstige Satzungen" nach § 39 h nicht das Bauleitplanverfahren durchlaufen müßten. Die Verweisung auf § 16 BBauG in § 39 h Abs. 1 BBauG eröffne die Möglichkeit, eine "sonstige Satzung" im Sinne des § 39 h BBauG wie einen Bauleitplan oder nach den Vorschriften des Kommunalrechts bekannt zu machen. Der Erlaß einer "Erhaltungssatzung" setze wohl eine Abwägung der für und gegen die Erhaltung sprechenden Belange voraus, diese Wertung müsse aber gebietsbezogen und nicht grundstücksbezogen sein. Diese Wertung finde ihren Niederschlag in der Begründung des Genehmigungsvorbehalts in § 2 der Satzungen. Die Antragsgegnerin habe nicht für das gesamte Stadtgebiet Erhaltungssatzungen erlassen, vielmehr bezögen sich die erlassenen und in Vorbereitung befindlichen Satzungen nur auf rund 50 % des Stadtgebietes.

17

Der Milieuschutz nach § 39 h Abs. 3 Nr. 3 BBauG setze nicht voraus, daß die Bevölkerungsstruktur des betroffenen Gebietes städtebauliche Besonderheiten im Vergleich zu anderen Wohngebieten aufweise. Nach § 39 h Abs. 3 Nr. 3 BBauG komme es nicht darauf an, daß die Bevölkerungsstruktur Besonderheiten aufweise, sondern daß die Verdrängung der Bevölkerung besondere städtebauliche Probleme bringe. Die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung werde in den Satzungsgebieten durch eine Mischung von Wohnnutzung und Vermietung für den Fremdenverkehr gekennzeichnet, an deren Erhaltung die Antragsgegnerin ein städtebauliches Interesse habe. § 39 h Abs. 3 Nr. 3 BBauG solle nicht nur der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung durch Sanierung entgegenwirken, sondern auch anderen Gefahren. Die vom Antragsteller geäußerten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 39 h BBauG teilt der Vertreter des öffentlichen Interesses nicht.

18

Die in der mündlichen Verhandlung angehörte Genehmigungsbehörde geht von der formellen Wirksamkeit der Erhaltungssatzungen aus. § 39 h BBauG begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sowohl die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe als auch die Einräumung von Ermessen stünden dem nicht entgegen. Ähnlich wie § 17 StBauFG stelle auch § 39 h BBauG eine Inhaltsbestimmung des Eigentums dar - zumal das Gesetz bei unzumutbaren Auswirkungen ein Übernahmeverlangen des Grundstückeigentümers vorsehe. Der von der Stadtmitte ausgehende Druck zu städtebaulich bedenklichen Umstrukturierungen erfordere den Erlaß von Erhaltungssatzungen. Die Geltungsbereiche der beiden Erhaltungssatzungen stellten insgesamt intakte Gebiete dar, auch wenn schon einige "Bausünden" unterlaufen seien. Auch die Mischung von ansässiger Wohnbevölkerung und Kurgästen müsse aus städtebaulichen Gründen erhalten werden.

19

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen. Die Vorgänge der Antragsgegnerin über die Erhaltungssatzungen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Der Senat hat das Gebiet der Erhaltungssatzung I ausschnittweise besichtigt. Auf das Protokoll vom 25. April 1983 wird Bezug genommen.

20

II.

Der im wesentlichen zulässige Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg,

21

1.

Der Antragsteller kann die Satzung I inhaltlich und räumlich in vollem Umfang anfechten, die Satzung II räumlich in vollem Umfang, inhaltlich aber nur soweit es um den sogenannten Milieuschutz nach § 39 h Abs. 3 Nr. 3 BBauG geht. Satzungen nach § 39 h BBauG unterliegen nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der Normenkontrolle durch die Oberverwaltungsgerichte. Der Antragsteller hat - in dem erwähnten Umfang - durch die Anwendung der Satzungen nach § 39 h BBauG in absehbarer Zeit einen Nachteil im Sinne des § 47 VwGO zu befürchten. Der Antragsteller ist Eigentümer von bebauten Grundstücken im Geltungsbereich beider Satzungen, die er zur Einrichtung von Ferienwohnungen bzw. Appartements erworben hat. Bei etwaigen Umbaumaßnahmen oder Änderungen der Häuser muß er damit rechnen, daß die nach den Satzungen erforderlichen Genehmigungen versagt werden. Soweit der Antragsteller als Adressat eines belastetenden Verwaltungsaktes aufgrund der Satzungen nach § 39 h BBauG in Betracht kommt, steht seine Antragsbefugnis im Sinne des § 47 VwGO außer Zweifel (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.11.1979 - IV N 1/78 u.a. - DVBl 1980, 233/235 unter VIII). Eine Anwendung der Erhaltungssatzungen der Antragsgegner in gegenüber dem Antragsteller kommt freilich nur in Betracht, soweit der Antragsteller Eigentümer von Grundstücken ist bzw. wie ein Bauherr bauliche Änderungen herbeiführen kann. Dem Antragsteller liegt zwar an einer Klärung der Wirksamkeit beider Satzungen im vollen Umfang, weil er weitere Grundstücke im Geltungsbereich der Satzungen erwerben will. Die Tatsache, daß er bereits 16 Grundstücke in beiden Satzungsgebieten erworben hat, gibt der Absicht, weitere Grundstücke zu erwerben, durchaus einen realen Hintergrund. Diese Erwerbsabsicht ist jedoch noch nicht in der Weise konkretisiert, daß der Antragsteller in Kauf Verhandlungen über andere Grundstücke steht. Diese Erwerbsabsichten für den Fall der Unwirksamkeit der Satzungen belegen ein wirtschaftliches Interesses des Antragstellers, sie begründen aber noch keinen eigenen Nachteil im Sinne des § 47 VwGO. Das wird durch die Überlegung bestätigt, daß der Antragsteller bezüglich anderer Grundstücke mit den Erhaltungssatzungen gar nicht in Berührung kommt, geschweige denn mit einer Umsetzung der Erhaltungssatzungen in belastende Verwaltungsakte zu rechnen hat. Erst wenn er in Kauf Verhandlungen über ein konkretes Grundstück eintritt, könnte er etwa durch eine Voranfrage die Zulässigkeit der Änderung der baulichen Anlage erkunden und damit die Anwendung der Satzung erreichen.

22

Auch wenn man schon in der Einführung eines Genehmigungsverfahrens mit Verbotsvorbehalt einen Nachteil im Sinne des § 47 VwGO sieht, muß doch hinzutreten, daß der Nachteil gerade den Antragsteller trifft. Das kommt bei einer Erhaltungssatzung nur für den Eigentümer eines Grundstücks oder denjenigen in Betracht, der wie ein Bauherr Änderungen der baulichen Anlage vornehmen kann.

23

Da dem Antragsteller im Geltungsbereich der Satzung I fünf Grundstücke gehören, deren Bausubstanz die Antragsgegnerin als erhaltenswert - und zwar als ortsbildprägende Gebäude friesischer Bauart und Beispiele der stadtgesichtlich bedeutsamen Bäderarchitektur - eingestuft hat, und der Genehmigungsvorbehalt nach § 39 h Abs. 3 Nr. 3 BBauG für alle Häuser im Satzungsbereich gilt, kann sich der Antragsteller gegen alle Erhaltungsgründe wenden, die in § 2 der Satzung I genannt sind. Alle drei Erhaltungsgründe können ihm gegenüber durch Versagung der Genehmigung von Änderungen baulicher Anlagen zum Tragen kommen. Da sowohl die Grundstücke mit ortsbildprägenden Gebäuden als auch die anderen Häuser des Antragstellers im Satzungsbereich I so über den Geltungsbereich verteilt sind, daß bei einem Erfolg der Normenkontrolle der Geltungsbereich der Satzung so durchlöchert würde, daß eine sinnvolle Gebietsfestsetzung nicht mehr existieren würde, kann der Antrag nicht auf räumliche Teile der Satzung I begrenzt werden.

24

Anderes gilt für den Geltungsbereich der Satzung II, in welchen dem Antragsteller kein Grundstück mit ortsbildprägender oder städtebaulich bedeutsamer Bausubstanz gehört. Die Erhaltungsgründe des § 39 h Abs. 3 Nr. 1 und 2 BBauG können daher gegenüber dem Antragsteller in Satzungsgebiet II keine Bedeutung erlangen. Ob der Antragsteller jemals eines von den 13 Gebäuden erwirbt, die die Antragsgegnerin im Satzungsgebiet II als erhaltenswert ansieht, ist völlig offen. Freilich sind auch die Grundstücke des Antragstellers im Satzungsgebiet II so über den Geltungsbereich verstreut, daß eine räumliche Beschränkung der Antragsbefugnis nicht in Frage kommt. Eine etwaige Nichtigkeit der Satzung II im Bereich der Grundstücke des Antragstellers würde den Geltungsbereich so "durchlöchern", daß sie die Existenzfähigkeit der Gebietsfestsetzung nach § 39 h BBauG in Frage stellen würde.

25

2.

Der Antrag des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg, weil die angefochtenen Erhaltungssatzungen insoweit wirksam sind, als der Antrag zulässig ist.

26

2.1.

Die Antragsgegnerin hat die Festsetzung von Gebieten nach § 39 h BBauG nicht in Bebauungspläne aufgenommen, sondern durch "sonstige Satzung" getroffen. Entgegen der Ansicht des Antragstellers muß eine "sonstige Satzung" nach § 39 h BBauG nicht das für Bauleitpläne vorgeschriebene Verfahren nach § 2 ff BBauG durchlaufen (vgl. Ernst/Zinkhahn/Bielenberg, Stand 1. Juni 1982, § 39 h RdNr. 25 f; Schrödter, BBauG, 4. Aufl. 1980, § 39 h RdNr. 3; Schlichter/Stich/Tittel, BBauG, 3. Aufl. 1979, § 39 h RdNr. 4; vgl. auch Schmidt-Eichstaedt, Städtetag 1979, 143). § 39 h Abs. 1 Satz 3 BBauG sieht die entsprechende Anwendung des § 16 für Gebietsfestlegungen durch Satzung vor. Diese Bezugnahme bedeutet, daß die Satzung nach § 39 h der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde bedarf, wobei § 6 Abs. 2 bis 4 BBauG den Maßstab der Genehmigungskontrolle bestimmt. Die entsprechende Anwendung des § 16 Abs. 2 BBauG bedeutet, daß die Satzung nach § 39 h BBauG zusammen mit der Genehmigung ortsüblich bekanntzumachen ist oder entsprechend § 12 BBauG wie ein Bebauungsplan. Die Bezugnahme auf § 16 BBauG spricht gegen die Annahme des Antragstellers, eine sonstige Satzung nach § 39 h BBauG müsse das Verfahren nach § 2 ff BBauG einhalten, denn § 16 BBauG schreibt nur einzelne Verfahrensschritte des Bauleitverfahrens für die Veränderungssperre vor. Wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen wäre, daß sonstige Satzungen nach § 39 h BBauG einer Bürgerbeteiligung bedürfen, hätte er - wie für die "Infrastruktursatzung" nach § 9 a Abs. 8 BBauG - die entsprechende Anwendung des § 2 a Abs. 6 und 7 BBauG ausdrücklich vorgeschrieben oder aber allgemein das Verfahren zur Aufstellung von Bauleitplänen für entsprechend anwendbar erklärt. Daß nicht alle Satzungen des ersten bis dritten Teils des BBauG das relativ langwierige und schwerfällige Bauleitplanverfahren durchlaufen müssen, belegen nicht nur die Veränderungssperre, sondern auch die Satzung für das besondere Vorkaufsrecht nach § 25 BBauG oder die Satzungen nach § 34 Abs. 2 und 2 a BBauG.

27

Aus § 39 h Abs. 2 BBauG ergibt sich auch nicht, daß die Gemeinde vor dem Erlaß einer sonstigen Satzung nach § 39 h BBauG einen Aufstellungsbeschluß fassen oder ortsüblich bekanntmachen muß (vgl. auch Ernst/Zinkhahn/Bielenberg, § 39 h RdNr. 26). Ebenso wie für das Bauleitplanverfahren der Aufstellungsbeschluß nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BBauG bundesrechtlich nicht unabdingbar ist, andererseits aber Voraussetzung für Zurückstellung und Veränderungssperre ist, bedarf es eines Aufstellungsbeschlusses nach § 39 h Abs. 2 BBauG nur dann, wenn ein Antrag auf Abbruch, Anbau oder Änderung einer baulichen Anlage zurückgestellt werden soll. Dafür besteht auch bei einer sonstigen Satzung nach § 39 h BBauG Anlaß, wenn die Dauer des Genehmigungsverfahrens nicht ohne weiteres übersehen werden kann. Schließlich gilt aber § 39 h Abs. 2 BBauG auch für Fälle, in denen die Gebietsbezeichnung nach § 39 h BBauG in einen Bebauungsplan aufgenommen wird.

28

Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist die durch § 39 h Abs. 1 Satz 1 BBauG eingeräumte Wahlmöglichkeit zwischen Bebauungsplan und sonstiger Satzung auch nicht deshalb sinnlos, weil die Gemeinden sich immer für die sonstige Satzung entscheiden würden, wenn für diese die Einhaltung des Bauleitverfahrens nicht vorgeschrieben ist. Im Gegenteil erscheint die Wahlmöglichkeit gerade dann sinnvoll, wenn das Verfahren unterschiedlich gestaltet ist, weil bei gleicher Ausgestaltung des Verfahrens alles für die Aufnahme der Gebietsfestsetzung in einen - auch einfachen - Bebauungsplan sprechen würde. Bei Erhaltungssatzungen zum Milieuschutz dürften z.B. als flankierende Maßnahmen Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 und 8 BBauG zweckmäßig sein - für den Fall, daß die Abbruchgenehmigung nach § 39 h Abs. 7 BBauG erteilt werden muß. Schließlich nötigt auch die Eingriffsintensität und der Regelungsgehalt der Erhaltungssatzung nicht zu der Annahme, die sonstige Satzung nach § 39 h BBauG müsse das Bauleitverfahren durchlaufen (vgl. dazu unten 3.2.). Abgesehen davon, daß die Erhaltungssatzung nur ein Genehmigungsverfahren mit Verbotsvorbehalt einführt, sind Regelungen zur Bestimmung des Inhalts des Eigentums - auch soweit sie als Satzungen der Gemeinden ergehen - nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen an eine Bürgerbeteiligung gebunden.

29

2.2.

Die Bekanntmachung der Erhaltungssatzung am 11. Februar 1982 entspricht § 39 h Abs. 1 Satz 3 BBauG in Verbindung mit §§ 16 Abs. 2, 12 BBauG. Bei der Ersatzverkündung nach § 12 BBauG, die die Antragsgegnerin mit dieser Bekanntmachung gewählt hat, braucht der Geltungsbereich der Satzungen in der Bekanntmachung nicht parzellenscharf umschrieben zu werden, vielmehr genügt eine Beschreibung des Geltungsbereichs, der eine "Anstoßfunktion" zukommt (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978 - 4 C 9.77 - DVBl 1978, 815). Diesen Anforderungen genügen die Bekanntmachungen beider Satzungen. Läßt sich nach der Bekanntmachung vom 11. Februar 1982 der Geltungsbereich der Satzung I nahezu genau nachzeichnen, so läßt die Umschreibung des Geltungsbereichs der Satzung II dessen südliche Grenze offen. Das mag im Interesse einer möglichst umfassenden Information der Bürger wenig erfreulich sein, es hindert aber die Anstoßfunktion nicht, weil sich eine Erhaltungssatzung auf bebautes Gebiet bezieht und daher selbstverständlich ist, daß der Geltungsbereich der Erhaltungssatzung mit der bebauten Ortslage endet.

30

Die genaue Grenze des Geltungsbereichs braucht im Text der Ersatzverkündung nicht beschrieben zu werden, sondern kann der zu jedermanns Einsicht bereitzuhaltenden Satzung vorbehalten bleiben. Da der Plan mit der Einzeichnung des Geltungsbereichs der Satzung nach deren § 1 Bestandteil der Satzung ist, bedurfte es keines besonderen Hinweises in der Bekanntmachung, daß die Satzung aus Text und Plan besteht.

31

Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist die genehmigte Satzung entsprechend § 12 BBauG auch mit Wirksamwerden der Bekanntmachung zu jedermanns Einsicht bereitgehalten worden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die "Bereithaltungspflicht" der Gemeinde ein Element der Bekanntmachung ist (vgl. dazu Beschluß des Senats v. 16.06.1982 - 1 C 9/81 - BauR 1983, 49; a.A. Kirchmeyer, BauR 1983, 12); denn nach § 6 Nr. 1 der Bekanntmachungs-VO vom 12.06.1979 (GVOBl S. 378) ist die örtliche Bekanntmachung im Falle des Abdrucks in der Zeitung erst mit Ablauf des Erscheinungstages bewirkt. Die Sylter Rundschau mit der Bekanntmachung der Genehmigung der Erhaltungssatzungen ist am 11. Februar 1982 erschienen. Mit dem Beginn des 12. Februar 1982 lagen die Satzungen in der Stadtverwaltung aus.

32

2.3.

Die Antragsgegnerin hat den Erhaltungssatzungen keine besondere Begründung beigefügt, die Versagungsgründe aber in § 2 der Satzungen hinreichend konkretisiert. § 39 h BBauG schreibt - anders als etwa § 9 a Abs. 8 BBauG für die "Infrastruktursatzung" - keine Begründung vor, auch wenn die Darlegung der tatsächlichen Grundlagen für die verschiedenen Erhaltungsziele nicht nur die Abwägung der Gemeinde und deren gerichtliche Kontrolle, sondern auch die Durchführung der Erhaltungssatzung erleichtern dürfte. Ob allein die Bezugnahme aus § 39 h Abs. 3 und 4 BBauG oder die Wiederholung der gesetzlichen Erhaltungsgründe ausreicht (so Schlichter/Tittel, a.a.O. RdNr. 3; Schrödter a.a.O., RdNr. 3; a.A. Schmidt-Eichstaedt a.a.O.) kann offenbleiben, denn die Antragsgegnerin hat - in knapper Form - die Erhaltungsgründe unter Hinweis auf die maßgeblichen örtlichen Gegebenheiten konkretisiert. Die Antragsgegnerin hat in beiden Satzungen in § 2 die Bedeutung der vorhandenen Bevölkerungsstruktur für die Erhaltung der Wohn- und Wirtschaftsstruktur erwähnt. In der Satzung I sind die für das Erscheinungsbild des Nordseeheilbades Westerland typischen Bauten als Gebäude friesischer Bauart und als überwiegend zwei- bis dreigeschossige Gebäude der Jahrhundertwende konkretisiert, wobei bei letzteren mit dem Hinweis auf die stadtgeschichtlich bedeutsame Bäderarchitektur auch der Bezug zu § 39 h Abs. 3 Nr. 2 BBauG hergestellt wird. Damit hat die Antragsgegnerin die Erhaltungsgründe ausreichend konkretisiert. Ob die örtlichen Gegebenheiten den Erlaß einer Satzung nach § 39 h BBauG rechtfertigen, ist eine Frage ihrer materiellen Wirksamkeit.

33

Eine darüber hinausgehende Begründung ist auch nicht deshalb erforderlich, weil andernfalls eine Rechtskontrolle der Satzung und des ihr zugrunde liegenden Abwägungsvorgangs nicht möglich wäre (so OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.06.1981 - 11 A 392/80 - BRS 38 Nr. 138 zu Gestaltungssatzungen nach § 103 BauONW). Der Gesetzgeber hat damit, daß er eine Begründung für Satzungen nach § 39 h BBauG nicht vorgeschrieben hat, die gerichtliche Überprüfung des Abwägungsvorgangs weitgehend ausgeschlossen und auf das Abwägungsergebnis konzentriert. Die damit verbundene Einschränkung der gerichtlichen Überprüfung begegnet auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die gerichtliche Überprüfung auch des Abwägungsvorgangs bei Bauleitplänen verfassungsrechtlich geboten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.08.1981 - 4 C 54.80 - DVBl 1982, 354), keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil der Erlaß einer Erhaltungssatzung mit dem Erlaß eines Bebauungsplanes in seiner eigentumsrechtlichen Tragweite nicht verglichen werden kann (dazu unter 3.2.). Zudem sind die Voraussetzungen der Erhaltungssatzung relativ eng und mit dem Planungsermessen der Gemeinde beim Erlaß eines Bebauungsplans nicht vergleichbar,

34

3.

Die Erhaltungssatzungen sind auch materiell wirksam, soweit der Normenkontrollantrag zulässig ist.

35

3.1.

Die Ermächtigungsgrundlage der Satzungen begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. § 39 h BBauG führt ein Genehmigungsverfahren mit Verbotsvorbehalt ein und sichert eine präventive Kontrolle des nicht grundsätzlich verbotenen Abbruchs, Umbaus oder der Änderung baulicher Anlagen. Diese präventive Kontrolle und das Verbot des Abbruchs, Umbaus und der Änderung baulicher Anlagen in den Fällen des § 39 h Abs. 3 und 4 BBauG erscheint im Hinblick auf den Schutzzweck dieser Vorschrift nicht unangemessen. Das Bundesverfassungsgericht vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß der Gesetzgeber bei der Begrenzung von Eigentümerbefugnissen der verfassungsrechtlichen Anerkennung des Privateigentums sowie dem Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung gleichermaßen Rechnung tragen und dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten muß. Die Erhaltung von baulichen Anlagen, die das Ortsbild prägen oder von städtebaulicher Bedeutung sind sowie aus besonderen städtebaulichen Gründen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erforderlich sind, dient Belangen des Gemeinwohls. Die Eigentümerinteressen werden insbesondere durch die in § 39 h Abs. 6 und 7 BBauG geregelten Folgen der unzumutbaren Genehmigungsversagung gewahrt.

36

Die Satzungsermächtigung in § 39 h BBauG begegnet ebensowenig rechtsstaatlichen Bedenken wie die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe als Voraussetzungen der Satzungen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Landgerichts München (Urt. v. 03.08.1981 - NVwZ 1982, 59 [LG Stuttgart 27.05.1981 - 15 O 11/81]), auf die der Antragsteller hingewiesen hat, richten sich nicht gegen § 39 h BBauG, sondern gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 a BBauG außerhalb des Geltungsbereichs von Erhaltungssatzungen.

37

Die Erhaltungssatzung nach § 39 h BBauG hat keinen enteignenden Charakter. Sie ist in ihrer eigentumsrechtlichen Bedeutung der Eintragung eines Gebäudes in eine "konstitutive" Denkmalliste vergleichbar: der Eintragung kommt keine enteignende Wirkung zu, weil die gesetzlichen Bindungen des Denkmalschutzgesetzes noch keinen endgültigen Charakter haben, sondern nur virtueller Natur sind (vgl. Moench, NJW 1980, 1545/1550). Entsprechendes gilt für die Erhaltungssatzung nach § 39 h BBauG: es ist bei ihrem Erlaß noch offen, ob die Behörde die Genehmigung für die Veränderung des Gebäudes erteilt oder versagt. Die Schwere des mit der Versagung der Genehmigung verbundenen Eingriffs hängt von der beabsichtigten Veränderung des Gebäudes ab und läßt sich allein aufgrund der Satzung nicht abschätzen. Im Genehmigungsverfahren für das Einzelvorhaben schließt § 39 h Abs. 6 und 7 BBauG enteignende Folgen aus.

38

3.2.

Ob die Behauptung des Antragstellers zutrifft, die Erhaltungssatzungen seien als "lex Reh" nur eine Reaktion der Antragsgegnerin auf seine Aktivitäten in Westerland, kann offenbleiben. Die Möglichkeit der Zurückstellung von Anträgen auf Abbruch, Umbau oder Änderung baulicher Anlagen nach § 39 h Abs. 2 BBauG verdeutlicht, daß der Gesetzgeber die Erhaltungssatzung auch zur schnellen Reaktion auf städtebaulich bedenkliche Entwicklungen vorgesehen hat. Es wäre daher auch nicht zu mißbilligen, daß bestimmte Grundstückskäufe die Gemeinde zum Erlaß einer Satzung nach § 39 h BBauG veranlassen.

39

Dem Antragsteller ist darin zuzustimmen, daß bereits bei Erlaß einer Erhaltungssatzung die für und gegen die Erhaltung sprechenden Belange abgewogen werden müssen. Der Vortrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe eine Abwägung der in § 39 BBauG genannten Kriterien gar nicht vorgenommen, wird durch die zitierten Äußerungen in der NDR-Sendung "Schleswig-Holstein Report" vom 21. Juni 1982 nicht belegt. Das Zitat des Geschäftsführers der Bäder-Vereinigung der Insel Sylt mag zutreffen oder nicht, er hat die für den Erlaß der Erhaltungssatzung maßgebende Abwägung weder zu treffen noch zu vertreten. Ob die vom Antragsteller zitierte Außerung des Stadtbaumeisters zutrifft oder die Situation überzeichnet, kann ebenfalls offenbleiben, weil die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin die erforderliche Abwägung zu treffen hat. Die Vorlage für die Stadtvertreterversammlung am 17. Dezember 1981 verdeutlicht, daß das maßgebende Gremium eine Abwägung vorgenommen hat.

40

Der Erlaß der Erhaltungssatzung nach § 39 h BBauG setzt keine so umfassende Abwägung voraus, wie der Erlaß eines Bebauungsplanes. Zum einen ist der Inhalt der Satzung nach § 39 h BBauG - ein Genehmigungsvorbehalt für Abbruch, Umbau oder Änderung baulicher Anlagen aus den Gründen der Absätze 3 und 4 - mit den komplexen Festsetzungen eines Bebauungsplanes nicht vergleichbar, zum anderen ist die Erhaltungssatzung - anders als die Bauleitplanung - an relativ genaue materielle Voraussetzungen gebunden. Darüber hinaus wird die Entscheidung über die Erhaltung der einzelnen baulichen Anlagen noch nicht mit der Erhaltungssatzung getroffen, sondern im Genehmigungsverfahren für das einzelne Vorhaben. Die Ausgestaltung des Genehmigungsverfahrens mit der Erörterung nach § 39 h Abs. 8 BBauG und die Folgen einer unzumutbaren Genehmigungsversagung nach § 39 h Abs. 6 und 7 BBauG tragen den Belangen der betroffenen Eigentümer Rechnung und erübrigen insoweit eine Abwägung beim Erlaß der Satzung. Sind in dem vorgesehenen. Erhaltungsgebiet bauliche Anlagen vorhanden, die das Ortsbild prägen und deshalb erhaltenswert sind bzw. ist die Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus besonderen städtebaulichen Gründen erforderlich, hat die Gemeinde lediglich die Gefahr des Abbruchs, Umbaus oder der Änderung baulicher Anlagen mit ihren städtebaulichen Folgen zu gewichten, weil der Gesetzgeber durch das der Erhaltungssatzung folgende Genehmigungsverfahren die Belange der Grundstückseigentümer ausreichend berücksichtigt hat.

41

3.3.

Die Rechtmäßigkeit der Erhaltungssatzung hängt nicht davon ab, daß alle Gebäude im Geltungsbereich der beiden Erhaltungssatzungen unter den in den Satzungen genannten Gründen erhaltungswürdig sind. Die Einführung des Genehmigungsvorbehalts für den Satzungsbereich weist die konkrete Prüfung, ob "die (einzelne) bauliche Anlage erhalten bleiben soll", der zweiten Stufe, dem Genehmigungsverfahren zu. Der Erlaß der Satzung setzt zunächst voraus, daß überhaupt bauliche Anlagen erhalten bleiben sollen. Je nach dem einschlägigen Erhaltungsgrund muß freilich der Geltungsbereich der Erhaltungssatzung entsprechend der Reichweite der ortsbildprägenden Bebauung oder den - vor allem - optischen Auswirkungen des Bauwerks von städtebaulicher Bedeutung gezogen werden. Bei der Satzung nach § 39 h Abs. 3 Nr. 3 BBauG muß der Massierung oder Streuung der Gebäude Rechnung getragen werden, die für die Erhaltung der Wohnbevölkerung wichtig sind. Auch bei der Grenzziehung ist aber zu beachten, daß nicht alle Gebäude erhaltenswert sein müssen: das ermöglicht eine praktikable, d.h. in der Regel auch gradlinige Grenzziehung.

42

3.4.

Beide Satzungen sehen einen Genehmigungsvorbehalt für Abbrüche, Umbauten und Änderungen der baulichen Anlage "zur Erhaltung der vorhandenen Bevölkerungsstruktur" vor. Nach § 39 h Abs. 3 Nr. 3 BBauG darf die Genehmigung im Einzelfall nur versagt werden, wenn die bauliche Anlage erhalten bleiben soll, "um in dem Gebiet die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten, wenn dies aus besonderen städtebaulichen Gründen erforderlich ist". Löhr (NVwZ 1982, 19 [VGH Hessen 10.03.1981 - II OE 12/80]) hat in Auseinandersetzung mit dem Urteil des LG München (NVwZ 1982, 59) zutreffend darauf hingewiesen, daß das Gesetz nicht eine Bevölkerungsstruktur voraussetzt, die Besonderheiten im Vergleich zu anderen Wohngebieten aufweist, daß vielmehr besondere städtebauliche Gründe ihre Erhaltung erforderlich machen müssen. Gleichwohl erscheint nicht jede Bevölkerungsstruktur erhaltenswert. Die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung muß nicht nur den Planungsgrundsätzen des § 1 Abs. 6 BBauG entsprechen, wonach einseitige Bevölkerungsstrukturen vermieden werden sollen, sie muß sich auch praktisch bewährt haben.

43

Zu dieser bewährten Bevölkerungsstruktur muß freilich hinzutreten, daß ihre Erhaltung aus besonderen städtebaulichen Gründen erforderlich ist. Es ist nicht auszuschließen, daß die besonderen städtebaulichen Gründe in den Besonderheiten der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung begründet sein können, i.d.R. aber werden sie darin begründet sein, daß eine Änderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung nachteilige städtebauliche Folgen befürchten läßt. Dabei reichen freilich vage Befürchtungen, die mehr oder weniger jede Veränderung als möglicherweise nachteilig erscheinen lassen, nicht aus, vielmehr müssen sich die nachteiligen Folgen - besondere städtebauliche Gründen im Sinn des § 39 h Abs. 3 BBauG - mit der bei Prognosen möglichen Sicherheit abschätzen lassen. Schließlich muß gerade der Abbruch, der Umbau oder die Änderung baulicher Anlagen die Gefahr einer Veränderung der Wohnbevölkerung befürchten lassen.

44

Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Die Bevölkerungsstruktur in den Satzungsgebieten zeichnet sich dadurch aus, daß die ansässige Wohnbevölkerung in der Saison Fremdenzimmer bzw. Ferienappartements vermietet. Diese Besonderheit rechtfertigt freilich nicht die Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, zumal sie nahezu für die ganze Stadt Westerland zutrifft. Die ungebrochene Nachfrage nach Zweitwohnungen, die in den letzten 20 Jahren - bei einer Einwohnerzahl von knapp 10.000 - zur Errichtung von 4.400 Zweitwohnungen geführt hat, birgt jedoch städtebauliche Gefahren. Da die Nachfrage nach Zweitwohnungen aber auch nach Ferienappartements im Zentrum von Westerland nicht mehr befriedigt werden kann, wird sie zunehmend von der Stadtmitte in die Randgebiete gelenkt. Damit bahnt sich eine Entwicklung an, die über die Umstrukturierung des Wohngebiets in ein Ferienhausgebiet besonderer Art zur Verdrängung der ansässigen Wohnbevölkerung führt. Diese Entwicklung läßt sich am Zentrum Westerlands mehr oder weniger deutlich ablesen: Hand in Hand mit der Veräußerung von Grundstücken aufgrund "astronomischer" Kauf Preisangebote geht die intensive Ausnutzung durch Eigentumswohnungen oder Ferienappartements. Im Zentrum von Westerland tritt die Verdrängung der ansässigen Wohnbevölkerung auch außerhalb der Saison nicht so stark hervor, weil Läden, Gastronomie und Büros nicht den Eindruck einer verödeten Innenstadt aufkommen lassen. Für die im Süden an das Stadtzentrum angrenzenden Bereiche der Erhaltungssatzungen I und II zeichnet sich als Folge einer solchen Umstrukturierung der Verlust jeglicher Funktionen als Stadtviertel bzw. Siedlung ab. Mit dem Abbruch der alten Bausubstanz, die auch dem Wohnen der ortsansässigen Bevölkerung dient, und dem Neubau von Eigentumswohnungen bzw. Ferienappartements würden die Erhaltungsbereiche außerhalb der Saison menschenleer werden und veröden. Der Neubau von Eigentumswohnungen, der wegen der Boden- und Baupreise im Vordergrund steht, schränkt darüber hinaus die Funktion der Stadt als Fremdenverkehrsort dadurch ein, daß die Beherbergungskapazität reduziert wird. Ob die weitere Befürchtung der Antragsgegnerin zutrifft, daß die Verdrängung der ortsansässigen Bevölkerung wegen des landesplanerisch beschränkten Siedlungsraumes zu einer erheblichen Störung der Funktion des Gemeinwesens führen werde, kann offenbleiben. Sicher können sich die heute bestehenden Schwierigkeiten, Arbeitskräfte des Dienstleistungssektors während der Saison unterzubringen, bei fortschreitender Umstrukturierung dahin zuspitzen, daß der Wohnbedarf der ortsansässigen Bevölkerung auch außerhalb der Saison nicht mehr ausreicht. Diese Befürchtung läßt sich ohne weiteres Zahlenmaterial aber nicht nachvollziehen.

45

Die Gefährdung der vorhandenen Fremdenverkehrsstruktur in Form des privaten Vermietungsgewerbes in den Erhaltungsgebieten könnte für sich allein den Erlaß einer Satzung nach § 39 h BBauG nicht rechtfertigen, denn § 39 h BBauG ist eine Vorschrift des Bodenrechts und kann nicht als Instrument gemeindlicher Wirtschaftspolitik eingesetzt werden. Die Erwähnung der wirtschaftlichen Folgen einer fortschreitenden Umstrukturierung der Erhaltungsbereiche in der Sitzungsvorlage zu den Erhaltungssatzungen ist aber unschädlich, weil die Gefährdung der vorhandenen Fremdenverkehrs Struktur nur eine Folge der befürchteten Verdrängung der ortsansässigen Bevölkerung ist. Ob die nachteiligen Folgen von Abbruch, Umbau oder Änderung baulicher Anlagen für die Infrastruktur zur Rechtfertigung einer Erhaltungssatzung beitragen können, erscheint ebenfalls zweifelhaft. Die Reduzierung der ständigen Auslastung der Infrastruktureinrichtungen bei gleichzeitiger Erhöhung der Spitzenbelastung, die mit dem weiteren Bau von Eigentumswohnungen bzw. Ferienappartements verbunden ist, ist aus städtebaulicher Sicht sicherlich nicht wünschenswert. Die Möglichkeit einer Infrastruktursperre nach § 9 a Abs. 8 BBauG zum Schutz vor Überlastung der Infrastruktureinrichtungen durch Einrichtung weiterer Wohnstätten legt es freilich nahe, daß der Gesetzgeber bei den besonderen städtebaulichen Gründen im Sinne des § 39 h Abs. 3 Nr. 3 BBauG diesen Gesichtspunkt nicht im Auge hatte. Dies kann aber offenbleiben, weil auch die infrastrukturellen Nachteile einer Verdrängung der Wohnbevölkerung im Zusammenhang einer Begründung einer Erhaltungssatzung ihren Platz haben und in einem solchen Zusammenhang auch dann keinen Abwägungsfehler belegen, wenn die infrastrukturellen Nachteile selbst die Erhaltungssatzung nicht rechtfertigten können.

46

Die besonderen städtebaulichen Gründe, die die Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in den Satzungsbereichen I und II vernünftigerweise geboten erscheinen lassen, Folgen nach alle dem in der Befürchtung begründet, daß die Verdrängung der ortsansässigen Wohnbevölkerung die Erhaltungsbereiche ausserhalb der Saison des Lebens beraubt und den Eindruck toter Stadtviertel entstehen läßt.

47

Ohne den Erlaß der Erhaltungssatzungen ist die Veränderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung konkret zu befürchten. Die von der Antragsgegnerin vorgelegte Aufstellung über die Entwicklung des Bestands an Zweitwohnungen belegt die offensichtlich ungebrochene Nachfrage. Die neueren Appartementhäuser im Bereich ... straße/... -straße verdeutlichen diese Gefahr auch in räumlicher Hinsicht: die Nachfrage nach Zweitwohnungen führt zum Abbruch älterer (baulich intakter) Bausubstanz und zum Neubau von Eigentumswohnungen, die den Wohnbedürfnissen der ortsansässigen Bevölkerung nicht gerecht werden. Ähnliches gilt - wie das Beispiel des Hauses ... straße ... des Antragstellers belegt - auch für die Einrichtung von Ferienappartements in Häusern, die bisher auch dem ständigen Wohnen dienten. Nachdem sich diese Entwicklung im Stadtkern weitgehend vollzogen hat, drängen Bauträger und Immobilienanleger in die Randbereiche.

48

3.5.

Beide Satzungen sehen einen Genehmigungsvorbehalt nach § 39 h. Abs. 3 Nr. 1 und 2 BBauG vor. Nach dieser Vorschrift darf die Genehmigung für den Abbruch, den Umbau oder die Anderung einer baulichen Anlage nur versagt werden, weil sie allein oder im Zusammenhang mit anderen baulichen Anlagen das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild prägt, bzw. weil sie von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung ist. Die Erhaltungsgründe nach § 39 h Abs. 3 Nr. 1 und 2 BBauG gehen mehr oder weniger fließend ineinander über, weil die städtebauliche Bedeutung nach Nr. 2 Auswirkungen auf das Ortsbild hat (vgl. Stich ZfBR 1983, 61/62). Legt der bodenrechtliche Charakter der Vorschrift es auch zunächst nahe, daß Ortsbild im Sinne der bodenrechtlichen Bezüge der Baugestaltung zu verstehen, d.h. auf die Merkmale zu reduzieren, die einer Festsetzung im Bebauungsplan zugänglich sind, zeigt das hier umstrittene Ortsbild, das damit noch nicht das wesentliche erfaßt wird. Der Spitzgiebel über der Haustür als Merkmal friesischer Bauart ist nicht durch einen Bebauungsplan festsetzbar, sondern könnte nur durch eine örtliche Bauvorschrift über Gestaltung festgelegt werden. Was beim einzelnen Haus unzweifelhaft als Frage der bauordnungsrechtlichen Gestaltung erscheint, kann bei vielfältiger Wiederholung - und auch Abwandlung - in städtebauliche Qualität umschlagen und damit auch das Ortsbild im Sinne des § 39 h Abs. 3 Nr. 1 BBauG prägen. Ähnliches gilt für § 39 h Abs. 3 Nr. 2 BBauG: diese Vorschrift gestattet einen Erhaltungsschutz auch unterhalb der Ebene des landesrechtlichen Denkmalschutzes. Dabei kann die städtebauliche Relevanz der baulichen Anlage aber auch durch Merkmale begründet werden, die in einem Bebauungsplan nicht festsetzbar sind. Freilich setzt der Erhaltungsgrund nach § 39 h Abs. 3 Nr. 1 BBauG eine Eigentümlichkeit des Ortsbildes bzw. der ortsbildprägenden Bauwerke voraus, weil auch ein Genehmigungsvorbehalt die Eigentümerbefugnisse nicht voraussetzungslos einschränken darf. Entsprechendes gilt für die städtebauliche Bedeutung. Den Erhaltungsgründen nach § 39 h Abs. 3 Nr. 1 und 2 BBauG muß ein solches Gewicht zukommen, daß ihnen der Vorrang vor den Interessen des Eigentümers zuzubilligen ist. Dabei spielt auch eine Rolle, in welchem Umfang stadtbildprägende Bauten noch vorhanden sind bzw. in welchem Umfang ihr Eindruck bereits beinträchtigt wird.

49

Die Antragsgegnerin hat im Satzungsgebiet I - der Normenkontrollantrag gegen die Satzung II ist insoweit unzulässig - nach § 2 der Satzung die Gebäude friesischer Bauart und die Bauten der sogenannten Bäderarchitektur als ortsbildprägend angesehen. Wenn dies auch mit der vom Landesamt für Denkmalspflege verwendeten Nomenklatur - "siedlungstypisch ... ist einerseits das überwiegend eingeschossige Kleinbürgerhaus mit Backsteinmauerwerk ... und andererseits mehrgeschossige, gründe r zeitliche Putz- oder Verblendbauten mit mehr oder weniger gegliederten Fassaden" - nicht völlig übereinstimmt, läßt sich doch der Erhaltungsgrund mit hinreichender Deutlichkeit erkennen. Die "eingeschossigen Kleinbürgerhäuser" haben häufig gewisse Merkmale friesischer Bauart übernommen: relativ schmale und im First niedrige Häuser, die mitunter stattliche Länge erreichen (z.B. Gaadt 4, Brönswai 5, Bundiswung 24) und ihre besondere Prägung durch den Spitzgiebel über der Haustür erhalten (vgl. Kamphausen/Philipp, Nordfriesland, 3. Aufl., Heide 1973, S. 64 ff). So sind die Häuser ... bis ... straße ... - straße ... Beispiele friesischer Bauart, die durch ihre deutliche Ausprägung der Stilelemente und ihre Zahl dem Ortsbild ein besonderes Gepräge geben. Sie erreichen - vom Haus ... Nr. ... abgesehen - nicht den Rang von Denkmälern, sind aber trotz gewisser Veränderungen durch Anbauten und den Einbau von Fenstern ohne Unterteilung einem einheitlichen Maßstab verpflichtet und vermitteln daher den Eindruck einer homogenen Bebauung.

50

Mit der sogenannten Bäderarchitektur sind die Bauten unter den Schutz der Erhaltungssatzung gestellt worden, die in der Zeit der Entwicklung zum städtischen Seebad entstanden sind und die gründerzeitlich wilhelminischen Stilformen bewahrt haben. Das Landesamt für Denkmalspflege hat beispielhaft ... -straße ... hingewiesen, denen aber viele andere Häuser (z.B. ... Straße ...) nach ihrer gestalterischen Qualität an die Seite gestellt werden können. Eine Reihe von Häusern übernehmen den sogenannten Friesengiebel, sind aber im übrigen - nach Größe und Schmuckformen - der sogenannten Bäderarchitektur zuzuordnen (vgl. Dr.-Ross-Straße 19, 31).

51

Die Ortsbesichtigung hat ergeben, daß die homogene individuelle gestaltete Bebauung in großem Umfang erhalten geblieben ist und das Bild des Gebietes der Erhaltungssatzung I prägt, auch wenn dieser Eindruck an einigen Stellen durch Neubauten empfindlich gestört wird ("es kommt gar nicht darauf an, bei Neubauten in altertümlicher Umgebung das zu wahren, was die Leute "Stil" nennen und was in der Regel nichts ist als eine künstliche, unwahre Altertümelei: sondern allein darauf, in den Massenverhältnissen und in der künstlerischen Gesamthaltung sich dem überlieferten Strassenbilde anzupassen, was ganz wohl auch in modernen Formen geschehen kann" - Georg Dehio, Stadtbauwelt 1975, 218). Ob und in welchem Umfang "moderne Kästen" wie das Haus ... straße ... das homogene Straßenbild stören, bedarf in diesem Zusammenhang keiner Erörterung, weil weite Bereiche des von der Antragsgegnerin festgesetzten Gebietes nach § 39 h BBauG davon nicht betroffen werden. Allein darauf kommt es für die Gültigkeit der Satzung an.

52

Die homogene individuelle Bebauung gleichen Maßstabs, die durch Häuser "friesischer Bauart" und der Bäderarchitektur der Jahrhundertwende geprägt wird, bestimmt das Ortsbild und hebt den Erhaltungsbereich I im Sinne einer städtebaulichen Bedeutung von anderen Bereichen Westerlands ab. Diese in der Situation des Erhaltungsbereichs I begründeten Besonderheiten rechtfertigen es, die Interessen der Eigentümer an ungehinderter Veränderung baulicher Anlagen gegenüber dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung von Bauten, die das Ortsbild prägen oder von städtebaulicher Bedeutung sind, hintanzustellen und Änderungen einem Genehmigungsvorbehalt zu unterwerfen.

53

Ohne den Erlaß der Erhaltungssatzung ist die Beseitigung ortsbildprägender oder städtebaulich bedeutsamer Bausubstanz konkret zu befürchten. Die hohen Grundstückspreise zwingen - jedenfalls nach dem Kauf von Grundstücken - geradezu zur rationellen Ausnutzung, die sich in Häusern aus der Zeit um die Jahrhundertwende und früher häufig nicht realisieren läßt. Dazu kommt in einigen Fällen, daß die stärkere Ausnutzung der Nachbargrundstücke einen Anreiz gibt, entsprechend neu zu bauen.

54

Der starke Baudruck in Westerland trägt ein übriges dazu bei, daß die Gefahr von Abbruch und Änderung gerade älterer Häuser nicht hoch genug veranschlagt werden kann.

55

3.6.

Der Normenkontrollantrag gibt keinen Anlaß, auf die Grenzziehung der Erhaltungssatzung I näher einzugehen, zumal dem Antragsteller nicht an Grenzkorrekturen, sondern an der Geltung der Satzung überhaupt gelegen ist. Es kommt hinzu, daß die Antragsgegnerin die Erhaltungssatzung auf alle drei Gründe des § 39 h Abs. 3 BBauG gestützt hat. Eine allein auf § 39 h Abs. 3 Nr. 1 und 2 BBauG gestützte Erhaltungssatzung könnte hinsichtlich des Straßengevierts ... straße/... Straße/... straße/...-Straße Anlaß zu Zweifeln geben, weil es möglicherweise durch die Neubebauung mit Appartementhäusern geprägt wird und das Haus ... Straße ... möglicherweise als Relikt einer früheren Bebauung in völlig veränderter Umgebung steht und keine Auswirkungen auf das Ortsbild hat. Da der Milieuschutz nach § 39 h Abs. 3 Nr. 3 BBauG auch für diesen Bereich Bedeutung hat, kann die Reichweite der Verbote nach § 39 h Abs. 3 Nr. 1 und 2 BBauG dem Genehmigungsverfahren überlassen bleiben.

56

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Streitwertbeschluss:

Beschluss

Der Streitwert wird auf 160.000,00 DM (i.W.: einhundertsechzigtausend Deutsche Mark) festgesetzt.

Schmaltz Petter Dr. Jenke

Schmaltz
Petter
Dr. Jenke