Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 16.04.2013, Az.: 1 A 1366/12

Widerruf der Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen gegenüber einer Inhaberin eines Omnibusbetriebes

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
16.04.2013
Aktenzeichen
1 A 1366/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 39991
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2013:0416.1A1366.12.0A

Fundstelle

  • NdsVBl 2013, 5

[Tatbestand]

Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf der Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen.

Sie ist Inhaberin eines Omnibusbetriebes. Der Beklagte erteilte der Klägerin am 22. Juli 2008 eine Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit 8 Kraftomnibussen, und zwar für Ausflugsfahrten und Ferienzielreisen (§ 48 PBefG) sowie für Verkehr mit Mietomnibussen und Mietwagen (§ 49 PBefG). In der Vergangenheit war die Klägerin zusätzlich Inhaberin einer gebündelten Konzession für Linienverkehre mit Kraftfahrzeugen, die durch die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH - LNVG - erteilt worden war. Mit Bescheid vom 27. Mai 2010, ergänzt durch Bescheid vom 9. Juni 2010, widerrief die LNVG diese Genehmigung und ordnete die sofortige Vollziehung an. Den Antrag der Klägerin, ihr hiergegen vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, lehnte die erkennende Kammer mit Beschluss vom 28. Juni 2010 (1 B 743/10) ab. Die Beschwerde der Klägerin blieb ohne Erfolg (NdsOVG, Beschl. v. 30.8.2010 - 7 ME 59/10 -). Mit Urteil vom 16. Juli 2012 wies die erkennende Kammer die gegen den Widerruf der Linienverkehrsgenehmigung gerichtete Klage der Klägerin ab (1 A 661/10). Die Klägerin beantragte die Zulassung der Berufung. Mit Beschluss vom 15. April 2013 (7 LA 144/12) stellte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht das Zulassungsverfahren ein und erklärte das Urteil des erkennenden Gerichts für ungültig. Die Klage der Klägerin gelte als zurückgenommen, weil die Klägerin das Verfahren trotz Aufforderung länger als zwei Monate nicht betrieben habe.

Nachdem der Beklagte von dem Entzug der Linienverkehrsgenehmigung Kenntnis erhalten hatte, teilte er der Klägerin im Mai 2011 mit, dass beabsichtigt sei, ihr die Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr zu entziehen und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Klägerin äußerte sich und gab an, dass alle Vorwürfe unbegründet seien. Die Genehmigung dürfe auch deswegen nicht entzogen werden, weil eine Zuverlässigkeit im Hinblick auf Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften oder Verpflichtungen nach dem PBefG nur dann verneint werden dürfe, wenn der Unternehmer nach einer schriftlichen Mahnung erneut die gerügten Handlungen oder Unterlassungen begehe. Eine Mahnung sei hier nicht entbehrlich gewesen. Sie, die Klägerin, habe durch ihr Verhalten erwiesen, dass sie zur Abhilfe bereit sei.

Mit Bescheid vom 7. September 2011 widerrief der Beklagte die der Klägerin erteilte Genehmigung und stützte sich hierfür auf § 25 Abs. 1 PBefG. Wegen der schwerwiegenden und wiederholten Verstöße gegen personenbeförderungsrechtliche Vorschriften, die die LNVG festgestellt habe und die zum Widerruf der Linienverkehrsgenehmigung geführt hätten, sei davon auszugehen, dass die Klägerin unternehmerisch unzuverlässig sei. Die Verstöße bestünden in

  • der "Nichtbedienung einzelner Linien" (Verstoß gegen § 21 Abs. 1 PBefG),

  • der nicht vorschriftsmäßigen Kennzeichnung von Haltestellen (Verstoß gegen §§ 40 Abs. 4 PBefG, 21 BOKraft),

  • der nicht rechtzeitigen Vorlage von Prüfbüchern (Verstoß gegen § 41 BOKraft),

  • dem Einsatz nicht verkehrstauglicher Fahrzeuge im Linienverkehr (Verstoß gegen § 3 Abs. 1 BOKraft).

Da die Klägerin im Hinblick auf den Linienverkehr unzuverlässig sei, sei sie dies auch für Gelegenheitsverkehre, weil für beide Verkehrsformen § 13 Abs. 1 Nr. 1 - 3 PBefG Anwendung finde. Trotz des Widerrufs der Genehmigung für den Linienverkehr sei die Klägerin ihrer Verpflichtung, die Prüfbücher für die im Gelegenheitsverkehr eingesetzten Fahrzeuge vorzulegen, nur schleppend und nur nach jeweiliger Aufforderung nachgekommen. Solche Aufforderungen seien am 8. Juli 2010, am 18. November 2011, am 14. Februar 2011 und am 26. April 2011 ergangen. Den Kraftomnibus mit dem Kennzeichen F. habe die Klägerin erst nach der Aufforderung zur Vorlage des Prüfbuches zur Hauptuntersuchung vorgestellt. Am 17. März 2011 habe er, der Beklagte, die Klägerin aufgefordert, den Wechsel des Bestands der im Gelegenheitsverkehr eingesetzten Fahrzeuge unverzüglich anzuzeigen. Trotzdem habe die Klägerin das Fahrzeug G. außer Betrieb genommen, ohne ihn, den Beklagten, davon in Kenntnis zu setzen. Durch das Verhalten der Klägerin sei erwiesen, dass sie kein Interesse daran habe, die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Weiter habe die AOK die fälligen Beiträge im Wege der Zwangsvollstreckung einziehen müssen und es sei gegen die Klägerin bereits zwei Mal Haft zur Erzwingung der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung angeordnet worden.

Die Klägerin erhob am 12. September 2011 Widerspruch, den sie nicht begründete.

Mit Bescheid vom 15. Dezember 2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wiederholte er zunächst die Gründe des Ausgangsbescheides. Ergänzend machte er geltend, selbst nach dem Widerruf der Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr sei die Klägerin ihrer Verpflichtung zur Vorlage der Prüfbücher nur schleppend und nur nach ausdrücklicher Aufforderung nachgekommen. Es seien auch am 20. September 2011 und 5. Dezember 2011 entsprechende Aufforderungen notwendig gewesen. Nach Vorlage des Prüfbuches für das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen H. seien auch erneut Unregelmäßigkeiten festgestellt worden, die die Einhaltung der Termine für die vorgeschriebenen Sicherheitsüberprüfungen beträfen. Es habe weiter bei den im freigestellten Verkehr eingesetzten Fahrzeugen Beanstandungen gegeben. Am 29. September 2011 sei bei einer Polizeikontrolle an dem Fahrzeug mit dem Kennzeichen I. die mangelnde Profiltiefe eines Reifens festgestellt worden, weiter das Fehlen der Beschilderung zur Kenntlichmachung der Schülerbeförderung. Dies sei am 28. November 2011 mit einem Ordnungsgeld geahndet worden. Für die Fahrzeuge J. und K. sei am 8. Dezember 2011 die Zwangsstillegung verfügt worden, weil die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung die geänderte Anschrift nicht in die Fahrzeugpapiere habe eintragen lassen. Durch ihr Verhalten erweise sich, dass die Klägerin ihrer Pflicht, das Unternehmen nach § 3 BOKraft ordnungsgemäß zu führen, nicht nachkomme.

Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 17. Dezember 2011 zugestellt. Am 19. Januar 2012 hat sie Klage erhoben. Gleichzeitig hat sie beantragt,

ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Sie sei wegen einer Erkrankung in der Zeit vom 10. November 2011 bis zum 29. Januar 2012 nicht arbeitsfähig gewesen. Deswegen sei es ihr nicht möglich gewesen, innerhalb der Frist Klage zu erheben. Ihre Tochter, die im Büro angestellt sei, sei ab dem 26. September 2011 in Mutterschutz bzw. Elternzeit gewesen.

Zur Begründung ihrer Klage trägt sie im Wesentlichen folgendes vor:

Es bestehe der Verdacht, dass sie gezielt gemobbt werde. Dies ergebe sich aus dem Ablauf in der Vergangenheit, den die Klägerin im Einzelnen darstellt. Insbesondere ihr Ehemann intrigiere gegen sie, weil er mit einer Entscheidung des Familiengerichts im Rahmen des Scheidungsverfahrens nicht einverstanden sei. Sie habe sich zu den Protokollen, die über die Aussagen ihres Ehemannes und des Herrn L. gefertigt worden seien, nicht rechtzeitig äußern können. Es gebe Beschwerden gegen das Konsortium, das nun die Linienverkehrsgenehmigung der von ihr früher bedienten Linien innehabe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid des Beklagten vom 7. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei bereits unzulässig, weil die Klagefrist versäumt worden sei. Allein der Umstand, dass die Klägerin arbeitsunfähig gewesen sei, erkläre nicht, warum sie ohne ihr Verschulden daran gehindert gewesen sei, rechtzeitig Klage zu erheben. Sie habe ja auch am 19. Januar 2012 Klage erheben können, obwohl sie bis zum 29. Januar 2012 krankgeschrieben gewesen sei. Im Übrigen wiederholt der Beklagte die Gründe der angegriffenen Bescheide.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Das Gericht kann über die vorliegende Sache entscheiden, auch wenn die Klägerin zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, weil die Klägerin bei der Ladung darauf hingewiesen wurde, dass auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO). Dies gilt auch mit Rücksicht auf die ärztliche Bescheinigung, die dem Gericht durch das Telefaxgerät des Facharztes Dr. M. am Nachmittag des 15. April 2013 übermittelt wurde. In dieser Bescheinigung wird der Klägerin Reise- und Verhandlungsunfähigkeit attestiert. Die Klägerin hat aber weder einen Antrag gestellt, den Termin zu verlegen, noch hat sie ansonsten erkennen lassen, dass sie an dem Termin zur mündlichen Verhandlung teilnehmen möchte. Sie hat sich selbst nicht geäußert. Das Gericht hat die Bescheinigung vor diesem Hintergrund als bloße Nachricht verstanden, dass die Klägerin dem Verhandlungstermin fernbleiben wird.

Der Umstand, dass - wie dem Gericht durch das anhängige Verfahren 1 A 1380/13 bekannt ist - über das Vermögen der Klägerin mittlerweile ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, steht einer Entscheidung in dem vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht entgegen. Eine Unterbrechung des Verfahrens ist nicht nach §§ 240 ZPO, 173 VwGO geboten, weil das vorliegende Verfahren nicht die Insolvenzmasse betrifft. Die Insolvenzmasse ist nur betroffen, wenn Verfahrensgegenstand ein Vermögenswert ist, der zur Insolvenzmasse gehören kann. Es erfolgt keine Unterbrechung, wenn nur höchstpersönliche Ansprüche betroffen sind (Zöller, ZPO, § 240 Rn. 8). Durch den hier vorliegenden Widerruf der Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen wird keine Regelung getroffen, die sich auf die Vermögenswerte der Klägerin bezieht. Der Widerruf knüpft vielmehr an Unzuverlässigkeitstatbestände an, die in ihrer Person liegen und entzieht ihr die Befugnis, bestimmten beruflichen Tätigkeiten nachgehen zu dürfen. Dieses Recht fällt aber nicht in die Insolvenzmasse (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.8.2012 - 22 ZB 12.949 -, [...] zum Gewerberecht). Die Personenbeförderungsgenehmigung wird dem Unternehmer für einen bestimmten Verkehr und für seine Person erteilt (§ 3 PBefG), sie ist eine sog. Personalgenehmigung und keine Sachkonzession (vgl. VG Gießen, Urt. v. 4.10.2005 - 8 E 2110/04 -, [...]).

Die Klage bleibt ohne Erfolg. Sie ist allerdings zulässig, insbesondere hat die Klägerin die in § 74 VwGO geregelte Klagefrist nicht versäumt. Danach muss die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides erhoben werden. Ist ein Widerspruchsverfahren nicht erforderlich, muss die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides erhoben werden. Hier war ein Widerspruchsverfahren wegen der Regelung des § 8a NdsAGVwGO nicht erforderlich (vgl. hierzu: VG Oldenburg, Urt. v. 23.9.2011 - 7 A 923/11 -, [...]). Richtiger Rechtsbehelf gegen den Bescheid des Beklagten vom 7. September 2011 wäre deswegen direkt die Klage an das Verwaltungsgericht gewesen. Hierüber ist die Klägerin aber nicht, wie es § 58 Abs. 1 VwGO fordert, zutreffend belehrt worden. Damit konnte sie gegen den Bescheid des Beklagten vom 7. September 2011 innerhalb eines Jahres Klage erheben (§ 58 Abs. 2 VwGO), was sie getan hat.

Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 7. September 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Maßgeblich für die Beurteilung durch das Gericht ist dabei die Sach- und Rechtslage, wie sie zu dem Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestand (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.10.1996 - 11 B 53/96 -). Der Beklagte hat auf der Grundlage des § 25 PBefG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1990 - BGBl. I, S. 1690 -, geändert durch Gesetz vom 29. Juli 2009 - BGBl I, S. 2258 -) zu Recht die der Klägerin erteilte Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr widerrufen. Die Genehmigungsbehörde hat nach der genannten Vorschrift die Genehmigung zu widerrufen, wenn nicht mehr alle Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 PBefG vorliegen. Danach ist Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung, dass die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit des Betriebs gewährleistet sind (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PBefG), keine Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Antragstellers als Unternehmer oder der für die Führung der Geschäfte bestellten Personen dartun (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG) und dass der Antragsteller als Unternehmer oder die für die Führung der Geschäfte bestellte Person fachlich geeignet ist (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PBefG).

Hier fehlt es schon an der notwendigen Zuverlässigkeit der Klägerin im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG. Die erforderliche Zuverlässigkeit ist insbesondere dann nicht mehr gegeben, wenn in dem Verkehrsunternehmen des Unternehmers trotz schriftlicher Mahnung die der Verkehrssicherheit dienenden Vorschriften nicht befolgt werden oder den Verpflichtungen zuwidergehandelt wird, die dem Unternehmer nach dem PBefG oder nach den auf Grund des PBefG ergangenen Rechtsvorschriften obliegen (§ 25 Abs. 1 Satz 2 PBefG). Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit des Unternehmers sind nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 a und c PBZugV insbesondere schwere Verstöße gegen Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes oder der auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsverordnungen sowie gegen Vorschriften, die im Interesse der Verkehrs- und Betriebssicherheit erlassen wurden, insbesondere gegen Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes, der Straßenverkehrs-Ordnung oder der Straßenverkehrs-Zulassung-Ordnung. Aus dem Umstand, dass § 1 Abs. 2 Satz 1 PBZugV schwere Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften (in Nr. 1) einerseits und schwere Verstöße gegen sonstige Vorschriften und Pflichten (in Nr. 2) andererseits als Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit gleichordnet, ist zu folgern, dass es sich bei den letzteren um schwerwiegende Verstöße mit so negativer Aussagekraft handeln muss, dass bereits aus diesem Verhalten generalisierend auf eine (auch) künftige Missachtung der für den Straßenpersonenverkehr geltenden Vorschriften bei Führung des Unternehmens oder eine Gefährdung der Allgemeinheit bei dem Betrieb des Unternehmens geschlossen werden kann. Bagatellverstöße oder einmalige Vorfälle, die nicht den Rückschluss auf Organisationsverschulden oder die fehlende Bereitschaft oder Fähigkeit zur ordnungsgemäßen Führung des Unternehmens zulassen, sind daher insoweit nicht ausreichend (vgl. hierzu: NdsOVG, Beschl. v. 30.8.2010 - 7 ME 59/10 -, m.w.N).

Hier hat die Klägerin im Rahmen der ihr erteilten Linienverkehrsgenehmigung wiederholt und schwerwiegend gegen personenbeförderungsrechtliche Vorschriften verstoßen, namentlich gegen die Pflichten, den ihr genehmigten Linienbetrieb aufzunehmen und zu unterhalten (§ 21 Abs. 1 PBefG), Haltestellen zu kennzeichnen und Abfahrtzeiten anzugeben (§§ 40 Abs. 4 PBefG, 32 Abs. 2 BOKraft), nach Hauptuntersuchungen das Prüfbuch unverzüglich der Genehmigungsbehörde vorzulegen (§ 41 Abs. 2 BOKraft) und dafür zu sorgen, dass sich die Fahrzeuge in vorschriftsmäßigem Zustand befinden, insbesondere keine verkehrsuntauglichen Fahrzeuge im Linienverkehr eingesetzt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BOKraft; § 1 Abs. 2 Nr. 2 c PBZugV i.V. mit § 36 StVZO). Ihr wurde deswegen mit Bescheid der LNVG vom 27. Mai 2010, der durch Bescheid vom 9. Juni 2010 ergänzt wurde, die ihr erteilte Linienverkehrsgenehmigung entzogen. Dieser Bescheid ist mittlerweile unanfechtbar. Er ist im Übrigen auch rechtmäßig, wie die Kammer in ihrem der Klägerin bekannten Beschluss vom 28. Juni 2010 (1 B 743/10) festgestellt hat, der durch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht bestätigt wurde (Beschl. v. 30.8.2010 - 7 ME 59/10 -).

Diese Verstöße können der Klägerin auch im Rahmen der hier streitigen Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr vorgehalten werden, selbst wenn die Genehmigung für einen bestimmten Verkehr erteilt wurde. Allerdings muss die Frage der Zuverlässigkeit im Hinblick auf die von der Genehmigung betroffene Tätigkeit beurteilt werden (Bauer, PBefG, § 13 Rn. 13). Im Rahmen des Gewerberechts entspricht es aber der ständigen Rechtsprechung, dass Tatsachen, die die gewerbliche Unzuverlässigkeit begründen, nicht unbedingt bei Ausübung des Gewerbes eingetreten sein müssen, das Gegenstand des Verfahrens bildet. Es kommt vielmehr darauf an, ob sich die betreffenden Tatsachen auf die ordnungsgemäße Führung des in Rede stehenden Gewerbes auswirken (BVerwG, Beschl. v. 9.9.1981 - 1 B 118.81 -, [...]). Dieser Grundsatz hat für das gesamte Verkehrsrecht Bedeutung (OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 6.7.1999 - B 1 S 63/99 -) und findet insbesondere auch bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit im gewerblichen Güterkraftverkehr Anwendung (BVerwG, Urt. v. 20.11.1970 - VII C 73.69 -, BVerwGE 36, 288. So kann die Unzuverlässigkeit des Unternehmers oder Geschäftsführers im Güterkraftverkehr auch aus Verfehlungen im Zusammenhang mit einer Tätigkeit in einem anderen Gewerbeunternehmen geschlossen werden, wenn diese auf eine Unzuverlässigkeit des Unternehmers auch in der Zukunft schließen lassen und zwar insbesondere dann, wenn die Verfehlungen einschlägig für das in Rede stehende Güterkraftverkehrsgeschäft sind (OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 6.7.1999 - B 1 S 63/99 - , [...] m.w.N.). Diese Grundsätze können auf die Prüfung der Zuverlässigkeit im Rahmen des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG übertragen werden (Bauer, PBefG, § 13 Rn. 13).

Die Verstöße, die die Klägerin im Rahmen des ihr genehmigten Linienverkehrs begangen hat, lassen darauf schließen, dass sie sich auch im Hinblick auf den hier zu beurteilenden Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen künftig nicht im notwendigen Umfang als zuverlässig erweisen wird. Sie zeigen nämlich insgesamt, dass die Klägerin allgemein nicht willens oder in der Lage ist, geltende gesetzliche Vorschriften zu beachten. Insbesondere kann davon ausgegangen werden, dass sie auch künftig nicht die Vorschriften des PBefG sowie der BOKraft befolgen wird, die nicht nur bei dem Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen sondern auch bei dem hier umstrittenen Gelegenheitsverkehr zu beachten sind. Dies wird dadurch bestätigt, dass es auch im Rahmen des Gelegenheitsverkehrs wieder zu gleich gelagerten Verstößen gekommen ist, wie im Rahmen des von ihr betriebenen Linienverkehrs. So lässt sich den vorgelegten Verwaltungsvorgängen entnehmen, dass die Klägerin auch im Zusammenhang mit dem ausgeübten Gelegenheitsverkehr Prüfbücher unter Verstoß gegen § 41 BOKraft nicht vorgelegt hat. Die Klägerin musste an ihre Verpflichtung zur Vorlage mit Schreiben vom 8. Juli 2010, 15. Dezember 2010, 14. Februar 2011, 6. April 2011 und vom 26. April 2011 erinnert werden. Die Hartnäckigkeit, mit der die Klägerin ihre sich aus den maßgebenden gesetzlichen Vorschriften ergebenden Verpflichtungen missachtet, zeigt sich auch darin, dass sie selbst nach Ergehen des hier angefochtenen Bescheides vom 7. September 2011 weiterhin Prüfbücher unter Verstoß gegen § 41 BOKraft nicht vorgelegt hat. So musste sie mit Schreiben vom 14. Januar 2013 und vom 7. Februar 2013 erneut erinnert werden. Dies bestätigt die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Einschätzung, dass die Klägerin auch künftig die für den Straßenpersonenverkehr geltenden Vorschriften nicht in ausreichemden Umfang befolgen wird.

Der Einwand der Klägerin, es könne ohne vorherige Mahnung nicht zu einem Widerruf wegen Verstoßes gegen Vorschriften des PBefG kommen, trifft nicht zu. Hierzu hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 30. August 2010 ausgeführt.

"Mit dem Einwand, § 25 Abs. 1 Satz 2 PBefG setze eine schriftliche Abmahnung vor dem Widerruf der Genehmigung voraus, an der es vorliegend fehle, kann die Antragstellerin nicht gehört werden ...

Im Übrigen ergibt sich aus § 25 Abs. 1 Satz 2 PBefG nicht, dass jede Aufhebung nach § 25 Abs. 1 PBefG eine vorherige schriftliche Mahnung durch die Behörde voraussetzt. Vielmehr schließt diese Vorschrift nicht aus, den Widerruf auch ohne vorherige Mahnung oder Warnung auszusprechen, wenn bereits dem bisherigen gesetzwidrigen und damit unzuverlässigen Verhalten des Unternehmers ein Gewicht zukommt, das das zusätzliche Erfordernis besonderer behördlicher Abmahnungsmaßnahmen bedeutungslos macht (BVerwG, Beschl. v. 25.10.1996 - 11 B 53.96 -, [...]; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 9.4.1997 - A 4 S 238/96 -, [...]; BayVGH, Beschl. v. 26.1.2009 - 3 CS 09.46 -, [...]). Davon ist hier im Hinblick auf die nachhaltigen Verstöße der Antragstellerin gegen personenbeförderungs- und straßenverkehrsrechtliche Bestimmungen ohne weiteres auszugehen."

Dies gilt auch in dem vorliegenden Verfahren.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.