Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.08.2012, Az.: 2 K 80/12
Investitionsabzugsbetrag für von Anfang an erkennbar nur kurzfristig im Betriebsvermögen verbleibende Wirtschaftsgüter
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 15.08.2012
- Aktenzeichen
- 2 K 80/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 29582
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2012:0815.2K80.12.0A
Rechtsgrundlage
- § 7g EStG
Fundstellen
- EFG 2012, 2191-2194
- StuB 2013, 69
Amtlicher Leitsatz
Kein Investitionsabzugsbetrag für von Anfang an erkennbar nur kurzfristig im Betriebsvermögen verbleibende Wirtschaftsgüter.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g Einkommensteuergesetz (EStG).
Die Kläger sind Eheleute und wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt vornehmlich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und ist dabei insbesondere im Bereich der Geflügelhaltung tätig. Das Wirtschaftsjahr läuft jeweils vom 1. Juli bis zum 30. Juni des Folgejahres.
Im Rahmen der Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre (Wirtschaftsjahr 2007/2008) machte der Kläger Investitionsabzugsbeträge in Höhe von 2 x ... EUR für die voraussichtliche Anschaffung von Legehennen und Hähnen geltend (sog. 6. und 7. Durchgang). Die voraussichtlichen Anschaffungskosten sollten dabei jeweils rund ... EUR betragen. Der Kläger schaffte sodann die Tiere für den 6. Durchgang im März/April 2009 bzw. für den 7. Durchgang im Februar 2010 an. Die Anschaffungskosten für ein Tier lagen dabei jeweils zwischen 10 und 12 EUR. Die Tiere des 6. Durchganges stallte der Kläger am 18. Januar 2010, die des 7. Durchganges am 23. November 2010 aus. Er veräußerte in diesem Rahmen die Tiere als Schlachtvieh, wofür er jeweils einen Kaufpreis zwischen 1,93 EUR und 2,06 EUR erhielt, wobei aus dem 6. Durchgang 39,92% und aus dem 7. Durchgang 33,64% der Tiere nicht mehr veräußert werden konnten. Ausweislich eines Vertrags des Klägers mit einem Geflügellieferanten sollte das Geflügel jeweils im Alter von 22 Wochen an den Kläger geliefert werden, wobei die Legeperiode der Tiere (für die Erzeugung von Bruteiern) von der 22. bis zur 60. Lebenswoche läuft. Dementsprechend tauschte der Kläger bereits in den Vorjahren mindestens einmal jährlich den Bestand an Hennen und Hähnen aus. Der Kläger bewertete die Hühner entsprechend dem BMF-Schreiben vom 14. November 2001 (IV A 6-S 2170-36/01, BStBl I 2001, 864) nach den Grundsätzen der Gruppenbewertung.
Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - gewährte die Investitionsabzugsbeträge zunächst in den jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheiden vom 5. Mai 2009 für das Jahr 2007 und vom 30. August 2010 für das Jahr 2008. Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, die Gewährung der Investitionsabzugsbeträge müsse rückgängig gemacht werden, da die gesetzlich vorgesehenen Verbleibensvoraussetzungen für die Hühner nicht erfüllt seien. Dementsprechend änderte das FA die bis dahin ergangenen Bescheide unter dem 3. Juni 2011 unter Berufung auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO), wobei es die spätere Auflösung der Investitionsabzugsbeträge in anderen hier nicht in Streit stehenden Jahren ebenfalls rückgängig machte.
Im dagegen angestrengten Einspruchsverfahren beriefen die die Kläger auf Rdnr. 45 und 64 des BMF-Schreibens vom 8. Mai 2009 (IV C 6-S 2139-b/07/10002, BStBl I 2009, 633) und trugen in diesem Zusammenhang vor, das Ausscheiden der Hühner basiere nicht auf einer Willensbildung des Klägers, vielmehr seien diese infolge des Ablaufs der Nutzungsdauer wirtschaftlich verbraucht. Zudem handele es sich bei den Hühnern um geringwertige Wirtschaftsgüter, so dass deren Verbleiben im Betrieb nicht zu prüfen sei. Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 8. März 2012 als unbegründet zurück und schloss sich dabei der Auffassung des Senats eines in gleicher Sache ergangenen Beschlusses über die Aussetzung der Vollziehung an (Az. 2 V 293/11). Danach falle die Prognose im Hinblick auf den nötigen Verbleib der Hühner im Betrieb zulasten der Kläger aus und die im BMF-Schreiben geregelten Ausnahmen seien nicht einschlägig.
Hiergegen richtet sich nunmehr die Klage. Zur Begründung verweisen die Kläger wiederum auf Rdnr. 45 und 64 des genannten BMF-Schreibens.
Insbesondere Rndr. 45 beziehe sich systematisch - anders als in der Einspruchsentscheidung dargestellt - auf die voraussichtliche Verwendung des Wirtschaftsguts und damit auf den Prognosezeitpunkt. Die Veräußerung der Tiere sei nicht vom Willen des Klägers, sondern von der Leistungsfähigkeit der Tiere abhängig. Das Tatbestandsmerkmal "unvorhergesehen" werde im BMF-Schreiben nicht genannt. Bereits zu § 7g EStG a.F. habe die Verwaltung in H 7g (2-9) EStH 2006 Ausnahmen bei Ablauf der Nutzungsdauer oder wirtschaftlichem Verbrauch geregelt. Eine Verschärfung von Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags gegenüber der früheren Ansparabschreibung habe der Gesetzgeber nicht gewollt, da die Verlagerung von Steuerlasten nach § 7g EStG n.F. nicht mehr möglich sei. Ohnehin habe eine erhebliche Anzahl an Tieren nicht mehr veräußert werden können.
Aufgrund von Rdnr. 64 des BMF-Schreibens seien zudem die Verbleibens- und Nutzungsvoraussetzungen aus Vereinfachungsgründen nicht zu prüfen. Es reiche insoweit bereits aus, dass ein geringwertiges Wirtschaftsgut vorliege, es komme nicht darauf an, ob die Bewertungsvereinfachung in Anspruch genommen worden sei oder der Steuerpflichtige die Gruppenbewertung gewählt habe.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Abänderung der Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008 vom 2. Juni 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. März 2012 die Einkommensteuer 2007 auf ... EUR und die Einkommensteuer 2008 auf ... EUR herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und verweist dazu auf die Einspruchsentscheidung bzw. den vorangegangenen Beschluss über die Aussetzung der Vollziehung.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
I.
Das Gericht konnte nach § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet hatten.
II.
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Voraussetzungen für die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags liegen nicht vor.
1. Gemäß § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40% der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbetrag). Der Investitionsabzugsbetrag kann aber u.a. nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige beabsichtigt, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich zu nutzen (§ 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EStG). Wird das Wirtschaftsgut nicht bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebes ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt, ist der Investitionsabzugsbetrag rückgängig zu machen (§ 7g Abs. 4 Satz 1 EStG). Nach Satz 2 der genannten Vorschrift sind die bereits vorhandenen Steuerfestsetzungen insoweit zu ändern.
2. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
a) Zwar gehören die Hühner trotz ihrer kurzen Nutzungsdauer zu den Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Als Anlagevermögen definiert der BFH in Anlehnung an das Handelsrecht (§ 247 Abs. 2 HGB) die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen. Zum Umlaufvermögen gehören demgegenüber die zum Verbrauch oder sofortigen Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter. Die Zuordnung orientiert sich danach maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts im Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich andererseits aber an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss (wie z.B. der Art des Wirtschaftsguts, der Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, der Art des Betriebs, ggf. auch der Art der Bilanzierung; vgl. BFH-Urteil vom 25. Oktober 2001 IV R 47, 48/00, BFHE 197, 109, BStBl II 2002, 289). In diesem Sinne dienen die Hühner "dauernd" dem Betrieb des Klägers, da sie bezogen auf ihre Zweckbestimmung und ihre wirtschaftliche Nutzbarkeit - welche nur einige Monate beträgt - im Betrieb zur Produktion von Eiern verbleiben.
b) Jedoch fehlte dem Kläger die Absicht, die Hühner voraussichtlich über den in § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EStG bezeichneten Zeitraum in seinem Betrieb zu belassen.
aa) Zwar sind keine hohen Anforderungen an die voraussichtliche Verwendung der Wirtschaftsgüter zu stellen. Denn aufgrund der Regelungen in § 7g Abs. 4 EStG wäre der Investitionsabzugsbetrag im Falle des "Nichtverbleibens" rückgängig zu machen. Da der Gesetzgeber aber nicht eine gleichsam voraussetzungslose Möglichkeit der Steuerstundung bzw. eine allgemeine Liquiditätsverbesserung schaffen wollte, sondern insbesondere die Investitionskraft kleiner und mittlerer Betriebe stärken wollte (BT-Drucks. 16/4841, S. 51), sind die Voraussetzungen der Bildung des Investitionsabzugsbetrags gleichwohl schon im Veranlagungszeitraum des gewinnmindernden Abzugs zu überprüfen. Da das Gesetz verlangt, dass der Steuerpflichtige "beabsichtigt", das Wirtschaftsgut "voraussichtlich" innerhalb der Verbleibensfrist im Betrieb zu belassen, ist damit jedenfalls eine Prognose dahingehend zu fordern (vgl. zum summarischen Verfahren BFH-Beschluss vom 26. November 2009, VIII B 190/09, BFHE 226, 541, HFR 2010, 246; sowie Brandes in Blümich, EStG, § 7g Rn. 45; Kaligin in Lademann, EStG, § 7g n.F. Rn. 19; Kratzsch in Frotscher, EStG, § 7g Rn. 47; BMF-Schreiben vom 8. Mai 2009, BStBl I 2009, 633, Rn. 48; a.A. Handzik in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 7g ab UntStRefG 2008, Rn. 40, welcher dem Tatbestandsmerkmal "voraussichtlich" keine Bedeutung zumessen will). Angesichts des Gesetzeswortlauts verstieße eine Auslegung dahin, dass keinerlei Überprüfung der beabsichtigen voraussichtlichen Verwendung vorgenommen wird, gegen den möglichen Wortsinn der Regelung und scheidet daher aus. Dementsprechend geht auch die Rechtsprechung des BFH davon aus, dass die Investitionsabsicht im Sinne von § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a EStG anhand einer auf Grundlage objektivierter und wirtschaftlicher Gegebenheiten zu treffenden Prognose zu beurteilen ist (BFH-Urteil vom 8. Juni 2011 I R 90/10, BFHE 234, 130, HFR 2011, 1103 unter II.2.b)aa) der Gründe). Nichts anderes kann ausweislich des Einleitungssatzes von § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG ("beabsichtigt, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich"), aus welchem der BFH die Notwendigkeit der Prognoseentscheidung herleitet, für die sodann in Buchst. b der genannten Vorschrift geregelte Verbleibensvoraussetzung gelten. Bei der Prognose können die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte liefern. Die Prognose hat sich aber nicht ausschließlich an der Vergangenheit zu orientieren, vielmehr ist aus Sicht am Ende des Wirtschaftsjahres zu entscheiden, ob das vom Steuerpflichtigen dargelegte künftige Investitionsverhalten schlüssig und plausibel ist (BFH-Beschluss vom 26. November 2009, VIII B 190/09, BFHE 226, 541, HFR 2010, 246).
bb) Dies vorausgeschickt ist die schlüssige und plausible positive Prognose im Hinblick auf die Verbleibensvoraussetzungen bei den Klägern nicht möglich. Denn der Kläger hat bereits bei der Bildung des Investitionsabzugsbetrags gewusst, dass die Hühner nicht bis zum Ende des Wirtschaftsjahres, welches dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung folgt, im Betrieb verbleiben würden. Dies war bereits bei den vorhergehenden Durchgängen, und mithin bei den zu berücksichtigen Verhältnissen aus der Vergangenheit, der Fall. Auch die - hier nicht maßgebliche - ex post-Betrachtung der Ausstallung der Tiere des 6. und des 7. Durchgangs führt zum gleichen Ergebnis. Darüber hinaus ist ausweislich des sich in den Akten befindlichen Vertrags ohnehin nur von einer wirtschaftlich sinnvollen Legeperiode von 38 Wochen auszugehen, in denen der Antragsteller die Hühner für seine betrieblichen Zwecke nutzen kann. Die wirtschaftlichen Gegebenheiten, namentlich die wirtschaftlich sinnvolle Dauer der betrieblichen Nutzung der Hühner, sprach damit bereits anfänglich gegen die Kläger. Es steht daher zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger von Anfang an nicht beabsichtige, die angeschafften Wirtschaftsgüter innerhalb der Verbleibensfrist in seinem Betrieb zu belassen.
Hieran ändert es nichts, dass nicht alle Hühner veräußert werden konnten. Es kann dahinstehen, auf welchen - von den Klägern nicht dargelegten - Gründen dies beruht, denn jedenfalls war eine wirtschaftliche Nutzung der Tiere insgesamt nicht mehr möglich. Ein Verbleiben im Betrieb ergibt sich aus der fehlenden Veräußerung jedenfalls nicht. Der Senat geht vielmehr davon aus, es im Rahmen der Massentierhaltung ein erheblicher Anteil der Tiere das Ende der Legeperiode nicht erlebt.
3. Die Berufung der Kläger auf die im genannten BMF-Schreiben geregelten Ausnahmen führt nicht zum Erfolg der Klage.
Zunächst weist der Senat darauf hin, dass der Gesetzeswortlaut des hier maßgeblichen § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EStG keine Ausnahmen enthält und ohnehin für den Senat keine Bindung an die in den Verwaltungsvorschriften, nicht jedoch im Gesetz, geregelten Ausnahmen bestünde. Gleichwohl sei zur Vervollständigung angeführt, dass nach Ansicht des Senats die Ausnahmen im Streitfall auch nicht einschlägig wären.
a) Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die in Rdnr. 64 geregelte Ausnahme, welche mangels gesetzlicher Grundlage in § 7g EStG allenfalls aus dem Gesetzeszusammenhang mit § 6 Abs. 2 EStG hergeleitet werden kann, dem Grunde nach möglich ist. Denn es fehlt schon deswegen an deren Voraussetzungen, weil wie dargelegt, nicht erst die (spätere) Feststellung, dass die Verbleibensvoraussetzungen nicht erfüllt sind, sondern bereits die fehlende Absicht dahingehend zur Versagung des Investitionsabzugsbetrags führt. Die Ausnahmeregelung bezieht sich aber lediglich auf Fälle des § 7g Abs. 4 Satz 1 EStG, nicht schon auf die Überprüfung der Investitionsabsicht. Nach Auffassung des Senats können damit also allenfalls diejenigen Fälle von der Ausnahme erfasst werden, in denen die Wirtschaftsgüter entgegen der ursprünglich gefassten Absicht bzw. entgegen der Prognose aus dem Betrieb ausscheiden bzw. deren Ausscheiden buchmäßig nicht mehr verfolgt werden kann. Im Streitfall entspricht die Prognose hingegen dem tatsächlichen Ablauf.
Im Übrigen ist insoweit anzuführen, dass der Kläger für die Hühner nicht von der Bewertungsvereinfachungsregelungen des § 6 Abs. 2 EStG Gebrauch machte. Vielmehr hat er insoweit eine Gruppenbewertung vorgenommen. Die Prämisse der Ausnahmeregelung, wonach weitere Aufzeichnungen über die Wirtschaftsgüter fehlen, trifft damit gerade nicht zu.
b) Nichts anderes gilt im Ergebnis für die im BMF-Schreiben unter Rdnr. 45 geregelten Ausnahmen. Denn auch diese beziehen sich auf das "vorzeitige Ausscheiden", also wiederum auf einen von der Prognose abweichenden tatsächlichen Verlauf, und sind damit systematisch § 7g Abs. 4 EStG zuzurechnen. Selbst wenn die Ansicht der Kläger zuträfe, es solle bereits - wie es die Einordnung im BMF-Schreiben unter "6. Voraussichtliche Verwendung des Wirtschaftsgutes" auch nahelegt - eine Ausnahme im Hinblick auf die zu treffende Prognose geregelt werden, lägen diese Voraussetzungen nicht vor.
Die Veräußerung der Hühner war nicht etwa unvorhergesehen, sondern hatte ihren Ursprung in der - anfänglich bekannten - betrieblichen Nutzbarkeit derselben. Der Kläger schaffte damit die Hühner bereits in dem Bewusstsein an, später damit noch einen Veräußerungserlös zu erzielen. Insgesamt kann daher nicht davon gesprochen werden, das vorzeitige Ausscheiden aus dem Betrieb sei, wie es der in der Verwaltungsanweisung geregelte Ausnahmetatbestand voraussetzt, nicht vom Willen des Steuerpflichtigen abhängig, da sich dieser sogar vertraglich verpflichtete, nach Ablauf der Legeperiode zusammen mit dem Geflügellieferanten einen Ausstallungstermin festzulegen. Letztlich war damit die Veräußerung schon vertraglich und damit willentlich vor der Anschaffung der Hühner angelegt.
Ein "wirtschaftlicher Verbrauch" ist bei den Hühnern deswegen nicht eingetreten, weil diese zu Preisen von annähernd 20% des Einkaufswertes weiterverkauft werden konnten. Die Tiere waren daher nicht verbraucht, sondern wiesen nach deren betriebsspezifischer Verwendung noch einen nicht zu vernachlässigenden Schlachtwert auf. Da das Gesetz keine Ausnahmen von den Verbleibensvoraussetzungen vorsieht, wären diese jedenfalls eng zu ziehen. Der Senat hielte es daher allenfalls und ohne dass es im Streitfall darauf ankommt, bei einem Verwertungserlös von bis zu 10% (vgl. zum InvZulG 1993 BFH-Urteil vom 9. Dezember 1999 III R 49/97, BFHE 190, 559, [BFH 09.12.1999 - III R 49/97] BStBl II 2000, 434 [BFH 09.12.1999 - III R 49/97]) der Anschaffungskosten für vertretbar, eine Ausnahme zuzulassen (so auch Kulosa im Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 7g Rn. 34). Auch eine solche Grenze hätte der Kläger nicht eingehalten.
Der Senat geht in diesem Zusammenhang ohnehin davon aus, dass es nicht der Intention des Gesetzgebers entspricht, insoweit eine Ausnahme zuzulassen. So sind im Rahmen der Investitionszulage die Ausnahmen für Wirtschaftsgüter mit einer gegenüber der Verbleibensdauer geringeren Nutzungsdauer bereits seit geraumer Zeit geregelt (vgl. etwa § 2 Abs. 1 Satz 6 InvZulG 2005, § 2 Abs. 1 Satz 7 InvZulG 2007). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der insoweit ohne Ausnahme geregelte Investitionsabzugsbetrag einer vergleichbaren Regelung zugänglich ist, zumal die Verbleibensfrist des § 7g EStG deutlich hinter denen des InvZulG zurückbleibt und eine Ausnahmeregelung daher im Rahmen einer generalisierenden Betrachtung nicht nötig erscheint.
Auch kommt die Übertragung der zu § 7g EStG a.F. in den entsprechenden Verwaltungsanweisungen geregelten Ausnahmetatbestände, wonach namentlich allein der Ablauf der Nutzungsdauer - wie er hier unstreitig gegeben ist - für die Verbleibensvoraussetzung unschädlich sein sollte (H 7g (2-9) "Verbleibensvoraussetzung" EStH 2006), nicht in Betracht. Denn die Vorgängerregelung erforderte jedenfalls nicht in dieser Deutlichkeit das Kriterium eine Prognose über den Verbleib der Wirtschaftsgüter im Betrieb wie es nunmehr beim Investitionsabzugsbetrag der Fall ist.
4. Die Änderung der Steuerbescheide konnte das FA auf § 164 Abs. 2 AO stützen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.