Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 06.10.2011, Az.: 2 UF 92/11

Unbezifferter Zahlungsanspruch als Voraussetzung an die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs für die Folgesache Zugewinn im Verbund als Stufenantrag

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
06.10.2011
Aktenzeichen
2 UF 92/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 35130
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2011:1006.2UF92.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Wolfenbüttel - 16.03.2011 - AZ: 21 F 2429/10

Fundstellen

  • FamFR 2012, 43
  • FamRB 2012, 83
  • FamRB 2012, 118
  • FuR 2012, 327-329
  • NJW-RR 2012, 645-647

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Der die Folgesache Zugewinn vorbereitende Auskunftsanspruch aus § 1379 BGB kann im Verbund als Stufenantrag nur geltend gemacht werden, wenn das Auskunftsverlangen zusammen mit dem noch unbezifferten Zahlungsanspruch beantragt wird.

  2. 2.

    Die "Rückwärtsfrist" für die Anhängigkeit von Folgesachen (zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung) berechnet sich in entsprechender Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 113 FamFG, 222 ZPO.

  3. 3.

    Zur Beantwortung der Frage, ob die Zwei-Wochen-Frist des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG zumutbar eingehalten werden konnte, sind die Umstände des Einzelfalls heranzuziehen und verbietet sich eine pauschale Sichtweise.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners vom... gegen den Scheidungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Wolfenbüttel vom 16.03.2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

1

I.

Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die durch Beschluss des Amtsgerichts Wolfenbüttel vom 16.03.2011 ausgesprochene Scheidung der Ehe mit der Antragstellerin, weil das Familiengericht seinen Antrag zum Zugewinnausgleich nicht als Folgesache im Scheidungsverbundverfahren behandelt hat.

2

Die beteiligten Ehegatten haben am ...1981 geheiratet und sich ... 2010 getrennt. Mit Schriftsatz vom 17.09.2010 beantragte die Antragstellerin die Scheidung der Ehe, der Scheidungsantrag wurde am 07.10.2010 rechtshängig. Nach Einholung der Auskünfte der Versorgungsträger der Ehegatten bestimmte das Amtsgericht mit Verfügung vom 04.02.2011 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 09.03.2011. Die Ladung zu diesem Termin ging dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 10.02.2011 zu. Mit Schriftsatz vom 14.02.2011 bat der Antragsgegner um Terminsaufhebung mit der Begründung, dass sich die Parteien in Verhandlungen zum Zugewinnausgleich befänden. Trotzdem beantragte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 23.02.2011 - bei Gericht eingegangen am Folgetag -, im Scheidungsverbund zu beschließen, dass die Antragstellerin zur Auskunft über ihr Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung der Beteiligten am 05.02.2010 und zum Beleg der Auskunft verpflichtet sei. Gleichzeitig behielt er sich vor, nach Erteilung der Auskunft einen Antrag auf eidesstattliche Versicherung zu stellen und "sodann die Leistungsstufe zu betreten". Mit Schriftsätzen vom 27.02.2011 widersprach die Antragstellerin der beantragten Terminsaufhebung, außerdem hielt sie dem Verbundantrag entgegen, dass es sich lediglich um ein Auskunftsbegehren ohne Leistungsstufe handele und deshalb eine Entscheidung im Scheidungsverbund ausscheide. Nachdem der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 07.03.2011 klargestellt hatte, dass er ohne Klärung der Folgesache "Zugewinn" nicht geschieden werden wolle, überreichte er im Anhörungstermin vom 09.03.2011 einen weiteren Schriftsatz vom selben Tage, in dem er seinen ursprünglichen Verbundantrag um die Stufen der Richtigkeitsversicherung und des unbezifferten Leistungsanspruchs ergänzte. In der mündlichen Verhandlung vom 09.03.2011 wurden die Beteiligten zu den Scheidungsvoraussetzungen und den Auskünften der Versorgungsträger gehört. Im Hinblick auf den Verbundantrag hielt der Antragsgegner an seinem ursprünglichen Antrag aus dem Schriftsatz vom 23.02.2011 fest, hilfsweise stellte er den Antrag aus dem Schriftsatz vom 09.03.2011. Die Antragstellerin trat beiden Anträgen entgegen.

3

Durch Beschluss vom 16.03.2011 hat das Amtsgericht die Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Den Antrag in der Folgesache "Zugewinnausgleich" hat es nicht in den Verbund aufgenommen, sondern als selbständiges Verfahren weitergeführt. Wegen der Begründung wird auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung vom 16.03.2011 (Bl. 46 ff d.A.) Bezug genommen.

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Gegen diesen seinem Verfahrensbevollmächtigten am 22.03.2011 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 18.04.2011 Beschwerde eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Beschwerdebegründungsfrist mit weiterem Schriftsatz vom 22.06.2011 begründet. Mit seiner Beschwerde erstrebt der Antragsgegner die Aufhebung des Scheidungsausspruchs und die Wiederherstellung des Verbundes in Bezug auf den Zugewinnausgleich. Er ist der Auffassung, dass sein Auskunftsantrag zum Trennungsvermögen allein für sich bereits verbundfähig sei. Jedenfalls sei der Stufenantrag im Schriftsatz vom 09.03.2011 in den Verbund aufzunehmen gewesen. Insoweit rügt er die Nichtbeachtung der Grundsätze des rechtlichen Gehörs und fairen Verfahrens. Die Vorschrift des § 137 Abs.2 S.1 FamFG, wonach der zwischen Zustellung der Terminsladung und dem Termin liegende Zeitraum zwei Wochen betragen müsse, sei verfassungskonform einschränkend dahin auszulegen, dass zwischen der Ladung zur Anhörung und dem Terminstag eine Vier-Wochen-Frist einzuhalten sei. Nur so werde den Beteiligten ausreichend Zeit gelassen, sachgerechte Entscheidungen im Hinblick auf die Stellung von Folgeanträgen zu treffen.

5

Die Antragstellerin verteidigt den erstinstanzlichen Scheidungsbeschluss. Sie sieht bereits den Auskunftsantrag vom 23.02.2011 als verspätet an, weil die Zwei-Wochen-Frist des § 137 Abs.2 FamFG am Tag zuvor abgelaufen sei. Darüber hinaus müsse auch der Auskunftsanspruch bezogen auf den Trennungszeitpunkt als echter Stufenantrag gestellt sein, um im Verbund entschieden zu werden. Dem Antragsgegner sei schließlich genügend Zeit verblieben, seinen Verbundantrag in zulässiger Form zu stellen, so dass es im vorliegenden Fall einer "verfassungskonformen Auslegung" der Norm des§ 137 FamFG nicht bedürfe, auch vor dem Hintergrund, dass eine Härtescheidung beantragt worden sei und das Scheidungsverfahren bereits etwas über ein halbes Jahr anhängig gewesen sei.

6

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Ehescheidungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Wolfenbüttel vom 16.03.2011 ist zulässig (§§ 58, 117 FamFG), hat in der Sache aber keinen Erfolg.

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Der angefochtene Beschluss leidet nicht an einem wesentlichen Verfahrensmangel.

8

Das Familiengericht hat die Anträge des Antragsgegners zum Zugewinn zu Recht nicht als Verbundsache angesehen und die Entscheidung über die Folgesache als selbständiges Verfahren weitergeführt.

9

Im Einzelnen:

10

1. Die Beteiligten gehen zutreffend davon aus, dass der die Folgesache Zugewinn vorbereitende Auskunftsanspruch aus§ 1379 BGB im Verbund als Stufenantrag geltend gemacht werden kann (vgl. BGH, FamRZ 1979, 690, 692 [BGH 30.05.1979 - IV ZR 160/78]). Das gilt allerdings nur, wenn das Auskunftsverlangen zusammen mit dem noch unbezifferten Zahlungsanspruch beantragt wird. Wegen des nur vorbereitenden Charakters des Auskunftsbegehrens kann im Rahmen des Verbunds ein Auskunftsanspruch ohne die entsprechende Hauptsache selbst nicht als Folgesache entschieden werden, weil der Auskunftsanspruch für sich genommen den Streit über die Folgesache nicht erledigt und damit dem Zweck des Verbundverfahrens nach § 137 Abs.1 FamFG widerspricht, den Ehegatten die Folgen der Auflösung ihrer Ehe vor Augen zu führen und die abschließende Klärung u.a. der vermögensrechtlichen Folgen zu ermöglichen (vgl. BGH, FamRZ 1997, 811; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, Kommentar, § 137 Rdziff.1, 21). Das gilt ebenso für den Auskunftsanspruch über das Vermögen der Ehegatten zum Zeitpunkt der Trennung (§ 1379 Abs.1 Nr.1 BGB), der in gleicher Weise einen möglichen Leistungsanspruch vorbereiten soll.

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Diesen Anforderungen wird der "Auskunfts-Stufenantrag" im Schriftsatz des Antragsgegners vom 23.02.2011 nicht gerecht. Nach dem darin angekündigten Antrag und dessen Begründung besteht kein Zweifel, dass die (unbezifferte) Leistungsstufe noch nicht Verfahrensgegenstand sein sollte, vielmehr die Geltendmachung des Leistungsanspruchs vom Ergebnis der begehrten Auskunft abhängig gemacht werden sollte. Insoweit tragen die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses (S.3), denen der Senat nach eigener Prüfung und Bewertung beitritt.

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2. Darüber hinaus hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren richtigerweise angemerkt, dass der Verbundantrag des Antragsgegners vom 23.02.2011 nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 137 Abs.2 S.1 FamFG bei Gericht eingereicht worden ist. Die "Rückwärtsfrist" für die Anhängigkeit von Folgesachen (zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung) berechnet sich nach §§ 113 FamFG, 222 ZPO, 187 Abs.1 BGB analog. Zwar regelt § 187 BGB nur den Fall, dass der Fristbeginn festgelegt ist und das Fristende ermittelt werden soll. Die Regelung ist aber entsprechend anwendbar, wenn die Frist - wie hier - von einem Endzeitpunkt (Termin zur mündlichen Verhandlung) zu berechnen ist (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 187 Rdziff.4 m.w.N.). Der Verhandlungstermin ist ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt, von dem ab zurückzurechnen ist, so dass der Tag des Endzeitpunktes nicht mitzuzählen ist (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., Rdziff.4, ebenfalls m.w.N.).

13

Da der Anhörungstermin auf Mittwoch, den 09.03.2011, angesetzt war, musste der Verbundantrag mithin am Dienstag, den 22.02.2011, eingehen, tatsächlich ist der Schriftsatz vom 23.02.2011 aber erst am Folgetag per Fax bei Gericht eingereicht worden. Damit ist die Zwei-Wochen-Frist des § 137 Abs.2 S.1 FamFG nicht gewahrt und eine Verbundentscheidung auch von daher nicht möglich gewesen.

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3. Das gilt in gleicher Weise von vornherein auch für den hilfsweise erhobenen, die Voraussetzungen eines Stufenantrages erfüllenden Auskunftsanspruch im Schriftsatz vom 09.03.2011, so dass der Antragsgegner hieraus ebenfalls nichts zu seinen Gunsten herleiten kann.

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4. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners verstößt die Nichteinbeziehung der Folgesache in den Verbund im vorliegenden Fall nicht gegen die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens.

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In Übereinstimmung mit dem Amtsgericht hält der Senat die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Oldenburg (FamRZ 2010, 2015, [...], Rdziff.14 ff; Anschluss: OLG Stuttgart, NJW 2011, 1522 [OLG Stuttgart 11.01.2011 - 17 UF 304/10]), wonach trotz Nichteinhaltung der Zwei-Wochen-Frist des § 137 Abs.2 S.1 FamFG Folgesachen einzubeziehen sind, wenn die Terminsladung weniger als vier Wochen vor dem Verhandlungstermin erfolgt, für zu pauschal und weitgehend; vielmehr sind zur Beantwortung der Frage, ob die Zwei-Wochen-Frist zumutbar eingehalten werden konnte, die Umstände des jeweiligen Einzelfalls heranzuziehen.

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Allerdings folgt der Senat dem Ansatz, dass für die Anwendung der Ausschlussfrist nicht allein auf den Gesetzeswortlaut abgestellt werden kann, weil dies zu einer Verfahrensgestaltung führen kann, die gegen rechtsstaatliche Maßstäbe verstößt. Deutlich wird dies besonders in dem Fall, dass lediglich eine Ladungsfrist von unter zwei Wochen bis hin zur einwöchigen Mindestladungsfrist (§§ 113 Abs.1 S.2 FamFG; 217 ZPO) verfügt wird und deshalb die Zwei-Wochen-Frist des § 137 Abs.2 S.1 FamFG von vornherein nicht eingehalten werden kann. Den Beteiligten des Scheidungsverfahrens muss es möglich sein, nach Zugang der Ladung Folgesachen in zumutbarer Weise anhängig zu machen, ansonsten würde die Schutzfunktion des Verbundverfahrens, das eine Klärung der wirtschaftlichen Scheidungsfolgen vor Ausspruch der Ehescheidung bezweckt, unterlaufen. Zutreffend weist das Oberlandesgericht Oldenburg (a.a.O., [...], Rdziff.24) in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass die Beteiligten erst seit dem Zeitpunkt des Zugangs der Ladung sicher wissen, dass sie handeln müssen, wenn sie Ansprüche noch in den Verbund einbeziehen wollen. Ferner ist es richtig, dass das Hinausschieben der Anhängigkeit von Folgesachen bis nach der Terminsladung nicht missbräuchlich sein, sondern im Interesse beider Parteien liegen kann, etwa weil eine gütliche Einigung versucht und damit eine im Einzelfall kostenaufwändige gerichtliche Klärung vermieden werden soll. Hinter diesen Erwägungen muss der präventive Zweck des§ 137 Abs.2 S.1 FamFG zurücktreten, die Rechtzeitigkeit einer Folgesache sicherzustellen und taktischen Verzögerungen keinen Raum zu geben. Deshalb ist es vom Ausgangspunkt her zutreffend, dass es nach der Ladung noch einer angemessenen Vorbereitungsfrist bedarf, um Anträge sachgerecht einreichen zu können.

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Das bedeutet aber nicht, dass hierfür ein starrer Zeitraum auf die einwöchige Mindestladungszeit aufzuschlagen wäre.

19

In Rechtsprechung und Literatur finden sich hierzu voneinander abweichende Auffassungen, die von der Ablehnung einer Fristverlängerung (Zöller/Philippi, ZPO, 28. Aufl., § 137 FamFG, Rdziff.32; Münchner Kommentar/Heiter, FamFG, § 137 Rdziff.51, 52; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, § 137 Rdziff.28) über einen Fristaufschlag von zwei Wochen (Prütting/Helms, FamFG, § 137, Rdziff.48) bis zu vier Wochen (OLG Oldenburg, a.a.O., [...], Rdziff.25; OLG Stuttgart, a.a.O., [...], Rdziff.19; Bassenge/Roth/Walter, FamFG, § 137 Rdziff.10; Rakete-Dombeck, FPR 2009, 16, 19) reichen oder dahin gehen, dass "großzügig bemessene Ladungsfristen erforderlich seien" (Löhnig, FamRZ 2009, 737, 738).

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Schon dieses Meinungsspektrum zeigt, dass eine feste starre Ladungsfrist zur Bemessung einer angemessenen Vorbereitungszeit für die Einreichung von Verbundanträgen weniger geeignet ist, vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen ist, auch vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber mit der Fristenregelung in § 137 Abs.2 Abs.1 FamFG eine möglichst baldige Anhängigkeit der Folgesache im Scheidungsverbund erreichen wollte, um einer missbräuchlichen Praxis entgegenzuwirken, Folgeanträge aus taktischen Gründen zum spätest möglichen Zeitpunkt zu stellen (vgl. Nr.43 der Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucksache 16/6308, S.374).

21

Danach ist der Verfahrensgang im vorliegenden Scheidungsverfahren in den Blick zu nehmen, um einzelfallbezogen zu entscheiden, ob dem Antragsgegner eine angemessene Frist zur Stellung des Antrages in der Folgesache Zugewinn zur Verfügung stand. Diese Frage hat das Amtsgericht zu Recht bejaht.

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Es hat auf die im konkreten Fall dem Antragsgegner zur Verfügung stehende Zeitspanne zwischen der Ladung und dem Beginn der Zwei-Wochen-Frist von 13 Tagen abgestellt und diese Frist zutreffend für ausreichend und angemessen gehalten, um den Antragsgegner zumutbar in den Stand zu setzen, fristgerecht den beabsichtigten Antrag in der Folgesache zu stellen. Das Scheidungsverfahren war bereits seit dem 17.10.2010 rechtshängig, so dass der Antragsgegner genügend Zeit hatte, die Entscheidung zu treffen, ob das Güterrechtsverfahren einbezogen werden sollte, und die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen. Zudem handelte es sich bei dem Stufenantrag um eine Verfahrenshandlung, die ohne längere Vorbereitungszeit auskam, weil sie keiner zeitaufwendigen Recherche bedurfte und in der ersten Stufe weder tatsächliche noch rechtliche Schwierigkeiten zu bewältigen waren. Schließlich ist das Interesse der Antragstellerin an einer schnellen Ehescheidung zu berücksichtigen; sie hat bereits in der Antragsschrift vom 17.09.2010 dargetan, dass die Fortsetzung der Ehe für sie eine unzumutbare Härte darstellen würde, und nachvollziehbar als ausreichenden Härtegrund den gegen den Antragsgegner durch das Landgericht Braunschweig bejahten hinreichenden Tatverdacht des versuchten Mordes zu ihrem Nachteil angegeben, der auch nach der zwischenzeitlichen rechtskräftigen Verurteilung des Antragsgegners wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung pp. fortbesteht.

23

Im Ergebnis war der Ausspruch der Ehescheidung der Beteiligten nicht wegen Verstoßes gegen § 137 Abs.1 FamFG ausgeschlossen und hat der Scheidungsbeschluss des Amtsgerichts Wolfenbüttel vom 16.03.2011 deshalb Bestand.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs.1 FamFG, 97 Abs.1 ZPO.

25

Der Verfahrenswert ist nach §§ 40, 43, 44 FamGKG festgesetzt worden.

26

Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil die Rechtssache wegen der umstrittenen Anwendung des § 137 Abs.2 S.1 FamFG grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 70 Abs.2 S.1 Nr.1 u.2 FamFG).