Die KB hat grundsätzlich zu prüfen, ob für den Export eines bestimmten Lebensmittels eine bilateral abgestimmte oder eine durch die EU gemeinschaftlich abgestimmte, amtliche Bescheinigung (im Folgenden: Veterinärzertifikat) vorliegt. Sofern dies zutrifft, ist diese zu verwenden.
Im Sinne einer bundeseinheitlichen Zertifizierung und unter Berücksichtigung besonderer Anforderungen der Drittländer sind die "Hinweise für das Ausstellen von amtlichen Veterinärzertifikaten für die Ausfuhr" in der jeweils geltenden Version im Fachinformationssystem für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (FIS-VL) abgebildet und anzuwenden. Dieses gilt ebenfalls für Ausführungshinweise oder Leitlinien bezogen auf den Export in ein Drittland. Die jeweils geltenden Versionen sind im FIS-VL über den Pfad "A-Z > Themen des Verbraucherschutzes/Export" zu finden.
Für jede zu zertifizierende Sendung ist eine Dokumentenkontrolle durchzuführen. Der Umfang einer Nämlichkeitskontrolle und Warenuntersuchung und die damit verbundene Anwesenheit des amtlichen Personals hängen von der Beschaffenheit der Ware unter Berücksichtigung betriebsspezifischer Faktoren ab. Artikel 88 Abs. 3 Buchst. c der Verordnung (EU) 2017/625 eröffnet die Möglichkeit zur Ausstellung von Veterinärzertifikaten auf der Grundlage von Fakten und Daten, die mithilfe der Eigenkontrollsysteme der Lebensmittelunternehmerinnen und Lebensmittelunternehmer erlangt und durch Ergebnisse der regelmäßigen amtlichen Kontrollen ergänzt wurden. Eine Inaugenscheinnahme der Sendung ist keine Voraussetzung. Die zertifizierende Tierärztin oder der zertifizierende Tierarzt muss jedoch die nötige Gewissheit haben, dass die Voraussetzungen für das Ausstellen des jeweiligen Veterinärzertifikats erfüllt sind. Um diese Gewissheit zu erlangen, sind im Rahmen der risikoorientierten Kontrollen insbesondere das Rückverfolgbarkeitssystem, der Produktionsprozess mit dem Schwerpunkt Verladeprozess, das Beschwerdemanagement sowie das Betriebssystem zur Zusammenstellung und Verladung von Ausfuhrsendungen regelmäßig zu überprüfen. Dies gilt auch für Lager. Eine zweimal jährliche Überprüfung wird empfohlen. Unbenommen davon ist die risikoorientierte Anwesenheit in Form unangekündigter Stichproben.
Wird gemäß den Vorgaben im Zertifikat eine Anwesenheit des amtlichen Personals gefordert und/oder ist zu zertifizieren, dass die Sendung nach dem Beladen unter amtstierärztlicher Aufsicht verplombt wurde, ist die Anwesenheit von amtlichem Personal, welches der Kontrolle der amtlichen Tierärztin oder des amtlichen Tierarztes untersteht, bei der Verladung zu gewährleisten. Es ist erforderlich, dass dieses amtliche Personal entsprechend und nachweisbar geschult ist.
1.1
Zulassung zum Export
Es ist zu unterscheiden zwischen der EU-Zulassung von Betrieben und der Zulassung
zur Ausfuhr in ein Drittland. Die Zulassung zur Ausfuhr ist in § 9 LMHV geregelt. Für die Zulassung von Betrieben zur Ausfuhr nach § 9 LMHV ist das LAVES zuständig (vgl. § 6d Nr. 9 ZustVO-NPOG).
1.2
Listung exportwilliger Betriebe, Exportanträge, Management der Betriebslisten
Es ist zu unterscheiden zwischen einem Interessenbekundungsverfahren und einem amtlichen Listungsverfahren. Unter einem Interessenbekundungsverfahren ist die Abfrage nach dem Exportinteresse zu verstehen. Dies erfolgt in der Regel im Rahmen von Marktöffnungsverfahren. Hierfür ist die Wirtschaft zuständig. Eine Interessenabfrage bei nicht in Fachverbänden organisierten Betrieben kann in eigener Zuständigkeit erfolgen, ist jedoch fakultativ.
Amtlichen Listungsverfahren unterliegen Betriebe, die Lebensmittel in ein Drittland exportieren wollen und sich bei den Behörden des Drittlandes registrieren und/oder amtlicherseits listen lassen müssen. Dazu sind in der Regel amtlich bestätigte Exportanträge zu stellen, in denen in vielen Fällen auch die Einhaltung der vom Drittland vorgegebenen Anforderungen bescheinigt werden muss. Nach erfolgter Prüfung der Anträge durch die Behörden des Drittlandes und ggf. erfolgreich stattgefundener Vor-Ort-Kontrollen werden die Betriebe durch das jeweilige Drittland für den Export zugelassen und gelistet.
Die erforderlichen Aufgaben für die amtliche Listung von Betrieben durch das Drittland obliegen dem LAVES. Alle vom Drittland geforderten Informationen einschließlich Betriebsdaten/Betriebsdatenänderungen von interessierten und/der von bereits gelisteten Betrieben werden grundsätzlich durch die Lebensmittelunternehmerin oder den Lebensmittelunternehmer über die KB dem LAVES zugeleitet. Dies gilt auch für jegliche Änderungen bestehender Exportanträge. Ist nicht ersichtlich, dass ein Antrag über die KB eingereicht wurde, übersendet das LAVES diesen der jeweils zuständigen KB zur Kenntnis. Wird einem Exportbetrieb seine EU-Zulassung entzogen oder gibt er diese zurück, meldet das LAVES dies zeitnah dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zwecks Mitteilung an das Drittland und Änderung der Liste der gemäß Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. 4. 2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (ABl. EU Nr. L 139 S. 55, Nr. L 226 S. 22; 2008 Nr. L 46 S. 50; 2010 Nr. L 77 S. 59, Nr. L 119 S. 26; 2013 Nr. L 160 S. 15; 2015 Nr. L 29 S. 16, Nr. L 66 S. 22; 2019 Nr. L 13 S. 12; 2021 Nr. L 302 S. 20), zuletzt geändert durch Delegierte Verordnung (EU) 2023/166 der Kommission vom 26. 10. 2022 (ABl. EU Nr. L 24 S. 1), zugelassenen Betriebe für den Handel mit Lebensmitteln tierischen Ursprungs in Deutschland. Das ML und die zuständige KB sind nachrichtlich zu beteiligen.
Eine Prüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Unterlagen für eine amtliche Listung oder Änderung erfolgt durch das LAVES in enger Abstimmung mit der KB. Die elektronische Übermittlung der Unterlagen einschließlich der ggf. geforderten Bescheinigung über die Einhaltung von Drittlandsanforderungen an die zuständige Bundesbehörde (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft oder Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und nachrichtlich an das ML sowie die zuständige KB erfolgt durch das LAVES. Ist nach der Verifizierung der elektronischen Unterlagen durch die zuständige Bundesbehörde die Papierform und/oder ein Datenträger zu übersenden, erfolgt dies ebenfalls durch das LAVES.
Folgende Varianten für das Ausstellen einer Bescheinigung über die Einhaltung von Drittlandsanforderungen sind zu unterscheiden:
a)
Bescheinigung von EU-Anforderungen
Entsprechen die Drittlandsanforderungen dem EU-Recht und/oder ist es ausreichend, die Einhaltung von EU-Recht zu bescheinigen, stellen die KB die Bescheinigungen aus. Das LAVES führt anhand der dort vorliegenden EU-Zulassungsakten eine Plausibilitätsüberprüfung durch und fordert eventuell noch ausstehende Berichte über abzustellende Mängel von der KB an.
b)
Anforderungen, die geringfügig über EU-Recht hinausgehen
Unter Anforderungen, die geringfügig über EU-Recht hinausgehen, sind solche Anforderungen zu verstehen, deren Einhaltung anhand von Dokumenten belegt werden kann.
Nach der Einreichung des Exportantrags über die KB nimmt das LAVES einen Abgleich mit den dort vorliegenden EU-Zulassungsakten vor (siehe Buchstabe a). Zu Abweichungen vom EU-Recht müssen die Betriebe Unterlagen und/oder Konzepte einreichen, die von der KB bestätigt werden. Das LAVES prüft die vorgelegten Dokumente anhand des jeweiligen Drittlandrechts und stellt anschließend die erforderliche Bescheinigung aus.
c)
Anforderungen, die erheblich über EU-Recht hinausgehen
Unter Anforderungen, die erheblich über EU-Recht hinausgehen, sind spezielle Drittlandsanforderungen zu verstehen, die nicht zu Buchstabe b gehören.
Für das Ausstellen der Bescheinigung führt das LAVES eine Betriebskontrolle auf Einhaltung der Drittlandsanforderungen durch. Dies gilt für alle Drittländer und nicht nur für diejenigen, welche diese Bescheinigung und die damit verbundene Kontrolle von einer Landesbehörde einfordern. Es ist sicherzustellen, dass die KB als zuständige Überwachungsbehörde die Möglichkeit zur Teilnahme hat.
Sollten entsprechende Bescheinigungen aus einem anderen Grund gefordert werden, wie die jährliche Einforderung von Konformitätsbestätigungen, wird entsprechend verfahren.
Eine Weiterleitung an die zuständige Bundesbehörde erfolgt ebenfalls direkt unter nachrichtlicher Beteiligung des ML und der zuständigen KB.
Bestätigungen, dass der Betrieb einer regelmäßigen Überwachung im Rahmen des EU-Rechts unterliegt, werden weiterhin durch die zuständige KB ausgestellt.
1.3
Überwachung der Exportbetriebe auf Einhaltung spezieller Drittlandsanforderungen
Drittländer, die spezielle Anforderungen an die Herstellung und den Import von Lebensmitteln stellen, erwarten von den exportierenden Betrieben deren Einhaltung und von dem ausländischen Veterinärdienst deren Überwachung. Im Sinne einer landesweit einheitlichen Umsetzung von umfangreichen Drittlandsanforderungen erfolgen in Exportbetrieben durch das LAVES regelmäßige Begehungen. Dies gilt für die Drittländer, für die Ausführungshinweise/Leitlinien erstellt wurden und für die damit spezielle und umfangreiche Drittlandsanforderungen vorliegen. Die Anforderungen mehrerer Drittländer in einem Betrieb sollten grundsätzlich zeitgleich überprüft werden. Diese regelmäßigen Begehungen von Exportbetrieben, bei denen durch die Drittländer keine jährlichen Überprüfungen gefordert werden, sind in einem Zeitrahmen zwischen drei und fünf Jahren durchzuführen.
Die Betriebe, die aufgrund der Anforderung eines Drittlandes jährlich eine Konformitätserklärung benötigen, werden entsprechend jährlich vom LAVES überprüft (siehe Nummer 1.2 Buchst. c).
Es ist sicherzustellen, dass die KB die Möglichkeit zur Teilnahme an den Exportkontrollen hat. Hierzu ist in der Regel mindestens zwei Monate vorher eine Terminabstimmung mit der zuständigen KB vorzunehmen. Die zuständige KB ist, sofern sie nicht an der Begehung teilgenommen hat, unverzüglich über das Ergebnis dieser zu informieren. Die Überprüfung der Beseitigung festgestellter Mängel erfolgt durch die KB. Hiervon unbenommen bleibt eine fakultative Hinzuziehung des LAVES durch die KB. Bei außergewöhnlichen Feststellungen, die z. B. ein Aussetzen der Zertifizierung zur Folge hätten, ist auch das ML unverzüglich zu informieren.
Das LAVES berichtet dem ML im Rahmen des jährlichen Controllings über die durchgeführten Exportkontrollen.
1.4
Kontrollen durch Drittländer
Drittländer können gemäß Artikel 124 der Verordnung (EU) 2017/625 Kontrollen in den Mitgliedstaaten durchführen. Sollte es sich bei den Kontrollen um Systemaudits handeln, sind alle zuständigen Behörden (KB und LAVES) zu beteiligen. Die Kontrollen sind durch Vertreterinnen und Vertreter der zuständigen KB und des LAVES zu begleiten. Aufgrund der Außenwirkung ist das ML für die Belange einer Kontrolle durch ein Drittland einschließlich der Koordinierung der Vor- und Nachbereitung zuständig. Für das Systemaudit benannte Betriebe sind grundsätzlich anlassbezogen auf die Einhaltung von EU-Recht durch die KB zu kontrollieren. Es wird empfohlen, insbesondere dann, wenn spezielle Drittlandsanforderungen vorliegen, diese Kontrollen gemeinsam mit dem LAVES durchzuführen, um etwaige Mängel rechtzeitig festzustellen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Über das Ergebnis der Kontrolle einschließlich der Mitteilung, wenn der Betrieb für eine Inspektion nicht geeignet ist, ist das ML unverzüglich zu unterrichten.
Bei reinen Betriebsaudits durch ein Drittland, bei denen die amtliche Überwachung nicht Bestandteil der Kontrolle ist, wird dem LAVES und den KB eine Begleitung der Drittlandskontrolle anheimgestellt.
Als Reaktion auf den Inspektionsbericht der Drittlandsbehörde sind in der Regel betriebliche und amtliche Stellungnahmen gefordert. Die Überprüfung der Abstellung von während der Kontrolle durch das Drittland festgestellten Mängeln erfolgt durch die KB. Hiervon unbenommen bleibt eine fakultative Hinzuziehung des LAVES durch die KB. Die KB erstellt eine amtliche Stellungnahme, die in Abstimmung mit dem LAVES dem ML zur Weiterleitung an die zuständige Bundesbehörde übermittelt wird.