1.
Grundsätze
Die Staatsanwaltschaft trägt die Verantwortung für das Ermittlungsverfahren und für die Vollständigkeit der Ermittlungen. Sie hat in diesem Rahmen Leitungs- und Weisungsbefugnis gegenüber der Polizei.
Die Gefahrenabwehr ist Aufgabe der Polizei. Hier entscheidet die Polizei über Art und Weise sowie Zeitpunkt der Maßnahmen. In diesem Bereich besteht kein Raum für Anordnungen der Staatsanwaltschaft.
Ergeben sich aus einem Sachverhalt gleichzeitig und unmittelbar Aufgaben der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr, ist nach dem Grundsatz der Güter- und Pflichtenabwägung zu entscheiden, welchen Maßnahmen der Vorrang einzuräumen ist. In jedem Fall ist hier eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei erforderlich (vgl. auch RiStBV, Anlage A, Abschnitt B III).
2.
Festlegung der polizeilichen Einsatzführung und der staatsanwaltschaftlichen Zuständigkeit bei Erpressung mit mehreren Tatorten
Zeichnet sich ab, dass Maßnahmen im Zuständigkeitsbereich verschiedener Polizeibehörden zu treffen sind, wird vor dem Hintergrund möglicher Auswirkungen für die Allgemeinheit, betroffene Unternehmen und die Einsatzbewältigung, im Rahmen eines Abstimmungsverfahrens unverzüglich eine Polizeibehörde mit der Führung des Einsatzes beauftragt. Dabei erfolgt die Festlegung der Zuständigkeit im Wesentlichen unter taktischen Gesichtspunkten. Bei der Festlegung sind die beteiligten Staatsanwaltschaften, soweit im Einzelfall möglich, einzubinden.
Die mit der Einsatzführung beauftragte Polizeibehörde sowie die anderen durch die Erpressung betroffenen Polizeibehörden teilen den für ihren Bezirk zuständigen Staatsanwaltschaften die Entscheidung über die Festlegung der Einsatzführung mit.
Die beteiligten Staatsanwaltschaften konzentrieren unverzüglich die Ermittlungsverfahren bei einer zuständigen Staatsanwaltschaft, die dann das Sammelverfahren führt. Dabei beziehen sie die Entscheidung der Polizei über die getroffene Zuständigkeit bei der Einsatzführung mit ein. Die das Sammelverfahren führende Staatsanwaltschaft informiert die mit der Einsatzführung beauftragte Polizeibehörde über die Entscheidung.
Bis zur Entscheidung über, die zentralen Zuständigkeiten obliegen den von der Erpressung betroffenen Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden alle unaufschiebbaren Maßnahmen. Diese sind zwischen allen betroffenen Behörden abzustimmen.
3.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Die nachfolgenden Grundsätze für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gelten sowohl während als auch nach Beendigung der Einsatzlage. Staatsanwaltschaft und Polizei haben sich an diesen Grundsätzen zu orientieren.
Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit muss die Belange der Lagebewältigung, des Ermittlungsverfahrens sowie des Presserechts berücksichtigen.
Während der Lagebewältigung durch die Polizei richtet sich die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an taktischen Erfordernissen, insbesondere Aspekten der Gefahrenabwehr, aus. Hierfür ist durch die einsatzführende Polizeibehörde ein Konzept zu erstellen, das mit der Staatsanwaltschaft abgestimmt wird.
Nach Beendigung der Gefahrenlage führt die zuständige Staatsanwaltschaft die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit fort, in die sie die ermittlungsführende Polizeibehörde einbindet.
Pressekonferenzen sind in gegenseitiger Absprache vorzubereiten und grundsätzlich gemeinsam durchzuführen.
Im Rahmen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sind insbesondere folgende Aspekte zu berücksichtigen:
Eine frühzeitige Information der Medien kann erforderlich werden, wenn
Haben Medienvertreter von der Erpressung bereits Kenntnis oder ist zu erwarten, dass diese Kenntnis erhalten, ist mit ihnen ein vertrauliches Gespräch mit dem Ziel zu führen, Gefährdungen der Allgemeinheit und Beeinträchtigungen des Ermittlungsverfahrens durch vorzeitige Veröffentlichungen zu vermeiden. Dies gilt insbesondere, wenn Veröffentlichungen beabsichtigt sind. Erforderlichenfalls ist eine zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft abgestimmte Pressemitteilung herauszugeben.
Informationen dürfen nicht zu einer erhöhten Gefährdung der Erpressten und sonstigen Betroffenen oder zu einer Beunruhigung der Bevölkerung führen.
Grundsätzlich dürfen keine Informationen weitergegeben werden über Einzelheiten, die taktische oder technische Maßnahmen offen legen,
deren Bekannwerden auch zukünftige Einsätze in erheblichem Umfang gefährden können,
die nur die Täter kennen können,
die die Rechte der Erpressten oder sonstigen Betroffenen verletzen.
Inhalte und Umstände von Täterkontakten (Telefonate, Tatschreiben) sowie Einzelheiten zu Täteraktivitäten dürfen grundsätzlich nicht bekannt gegeben werden. Dadurch sollen Nachahmungen erschwert und Trittbrettfahrer leichter erkannt werden.