Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 23.06.2017, Az.: 9 U 8/17

Gerichtliche Zuständigkeiten für Ansprüche aufgrund von Pflichtverstößen gegen die Gasnetzzugangsverordnung in Niedersachsen

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
23.06.2017
Aktenzeichen
9 U 8/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 42142
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Braunschweig - 16.12.2016 - AZ: 8 O 1138/15

Amtlicher Leitsatz

1. Streitigkeiten über Ansprüche aufgrund von Pflichtverstößen gegen die Gasnetzzugangsverordnung sind bürgerliche Rechtsstreitigkeiten im Sinne von § 102 Abs. 1 EnWG und § 7 Abs. 1 und 2 JusGerZustV ND (bestätigt durch nachfolgend BGH, Beschl. v. 17.07.2918 - EnZB 53/17 -, juris Rn. 8, 15 und 17).

2. In Niedersachsen ist gemäß § 7 Abs. 2 JusGerZustV ND ausschließlich das Oberlandesgericht Celle für die Entscheidungen über die Berufungen gegen Endurteile in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zuständig, die in § 7 Abs. 1 JusGerZustV ND genannt sind (bestätigt durch nachfolgend BGH, Beschl. v. 17.07.2918 - EnZB 53/17 -, juris Rn. 17); ob das erstinstanzliche Gericht seine Zuständigkeit für den Erlass der angefochtenen Entscheidung irrtümlich festgestellt hat, ist dabei unerheblich.

3. Ein besonderer Einzelfall zweifelhafter Zuständigkeit, der ausnahmsweise eine fristwahrende Berufungseinlegung beim allgemein zuständigen Oberlandesgericht mit der Möglichkeit der Verweisung an das Oberlandesgericht Celle zuließe, liegt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach dem Energiewirtschaftsgesetz in Verbindung mit § 7 JusGerZustV ND nicht vor (anders nachfolgend BGH, Beschl. v. 17.07.2918 - EnZB 53/17 -, juris Rn. 23-26).

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 16. Dezember 2016 - 8 O 1138/15 - wird als unzulässig verworfen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.

III. Der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz wird auf 3.667.959,58 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen behaupteter schuldhafter Verzögerung bei der Planung, Herstellung und Inbetriebnahme des für die Gaseinspeisung erforderlichen Netzanschlusses der Biogasaufbereitungsanlage der Klägerin an das Netz der Beklagten in Anspruch. Widerklagend macht die Beklagte Netzanschlusskosten geltend.

Die Klägerin produziert Biogas zum Weiterverkauf und betreibt eine Anlage, in der das Biogas auf Erdgasqualität aufbereitet wird, um es in das regionale Gasverteilernetz im Sinne des § 3 Nr. 7 EnWG der Beklagten einzuspeisen. Die Klägerin behauptet, bei der Herstellung des Anschlusses an das Gasverteilernetz sei es aufgrund zahlreicher schuldhafter Pflichtverletzungen der Beklagten zu erheblichen Verzögerungen gekommen. Dafür macht sie mit ihrer am 1. Juni 2015 eingegangenen Klage im Umfang von insgesamt 2.796.910,89 € Schadensersatz und Freistellung von Forderungen Dritter geltend. Widerklagend fordert die Beklagte Netzanschlusskosten in Höhe von 1.394.769,59 €.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands erster Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (S. 3-35, Bl. 495-512 d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe von 1.356.507,09 € stattgegeben. Die Klage sei zulässig, insbesondere sei das Landgericht sachlich zuständig gemäß § 102 Abs. 1 EnWG und gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG. Die Klage sei jedoch unbegründet, da die geltend gemachten Schadensersatz- und Freistellungsansprüche nicht bestünden. Solche ergäben sich weder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Vorschriften der Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV), noch aus § 32 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1, § 17 Abs. 3 EnWG i.V.m. Vorschriften der Gasnetzzugangsverordnung, noch aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien vereinbarten Realisierungsfahrplan.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils (S. 35-55, Bl. 512-522 d.A.) Bezug genommen.

Mit am 20. Januar 2017 per Telefax eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage (Bl. 561 d.A.) hat die Klägerin gegen das ihr am 22. Dezember 2016 zugestellte (Bl. 530 d.A.) Urteil beim Oberlandesgericht Braunschweig Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Fristverlängerung (Bl. 569, 574 d.A.) - mit am 24. April 2017 per Telefax eingegangenem (Bl. 577 d.A.) Schriftsatz vom selben Tage begründet.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 24. April 2017 (Bl. 640-700 d.A.) Bezug genommen.

In der Hauptsache kündigt die Klägerin an, zu beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Braunschweig vom 16. Dezember 2016 - 8 O 1138/15 -

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 2.156.205,86 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einem Betrag in Höhe von 1.588.277,36 Euro seit dem 30. April 2013 sowie weitere Zinsen in Höhe von 140.603,08 Euro zu zahlen und des Weiteren die Beklagte zu verurteilen, auf einen Betrag in Höhe von 563.478,50 Euro an die Klägerin für jeden Tag seit Rechtshängigkeit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen,

2. die Beklagte weiter zu verurteilen, die Klägerin von dem von der N... E... GmbH geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus dem Biomethanliefervertrag in Höhe von 127.962,38 Euro nebst Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz freizustellen,

3. die Beklagte weiter zu verurteilen, die Klägerin von dem von der N... GmbH geltend gemachten Entschädigungsanspruch für Substratmanagementkosten in Höhe von 31.284,25 Euro nebst Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz freizustellen,

4. die Beklagte weiter zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtlich angefallene Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 21.746,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2014 zu zahlen,

5. die Widerklage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Beklagte hat in der Hauptsache (noch) keinen Antrag angekündigt.

Mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 25. April 2017 (Bl. 639 d.A.) hat der Senat darauf hingewiesen, dass das Oberlandesgericht Braunschweig für die Berufungssache nicht zuständig sein dürfte und eine Verwerfung der Berufung nach § 522 Abs. 1 ZPO in Betracht komme, da diese nicht innerhalb der Berufungsfrist bei dem zuständigen Berufungsgericht eingelegt worden sei, §§ 517, 519 Abs. 1 ZPO. Nach der Klage, der Widerklage und der Berufungsbegründung würden Ansprüche aus der Gasnetzzugangsverordnung geltend gemacht. Die Gasnetzzugangsverordnung regele die Bedingungen, zu denen die Netzbetreiber den Netzzugangsberechtigten im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes (§ 20 Abs. 1 EnWG) Zugang zu ihren Leitungsnetzen gewährten, § 1 GasNZV. Es handele sich deshalb - wie das Landgericht zutreffend angenommen habe - um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit im Sinne von § 102 EnWG. Das Landgericht habe aber die Niedersächsische Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten in der Gerichtsbarkeit und der Justizverwaltung (ZustVO-Justiz) nicht erkennbar geprüft. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 5 ZustVO-Justiz wäre für die vorliegende Sache (Eingang der Klage am 1. Juni 2015) das Landgericht Hannover erstinstanzlich zuständig gewesen, für die Berufungssache das Oberlandesgericht Celle. Auf § 513 Abs. 2 ZPO komme es nicht an, denn die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Celle für die Berufungssache folge unmittelbar aus § 7 Abs. 2 Satz 1 ZustVO-Justiz. Nach dieser Vorschrift sei das Oberlandesgericht Celle über die Berufung gegen Endurteile in den in § 7 Abs. 1 ZustVO-Justiz genannten Rechtsstreitigkeiten zuständig, mithin auch für Endurteile des Landgerichts Braunschweig nach § 102 EnWG. Darüber, ob gegebenenfalls eine Verweisung an das Oberlandesgericht Celle möglich sei oder nicht, habe sich der Senat zum Zeitpunkt der Hinweisverfügung noch keine abschließende Auffassung gebildet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verfügung vom 25. April 2017 (Bl. 639 d.A.) Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2017 hat die Klägerin ausgeführt, das Oberlandesgericht Braunschweig sei ihrer Ansicht nach für den vorliegenden Rechtsstreit zuständig.

Hierzu beantragt die Klägerin jeweils hilfsweise,

1. der Klägerin wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,

2. den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht Celle zu verweisen.

Zu Begründung trägt sie vor, sie - die Klägerin - habe nach umfassender und gründlicher Prüfung der Rechtslage nur zu dem Ergebnis kommen können, dass das Oberlandesgericht Braunschweig für die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig zuständig sei, und dass andernfalls jedenfalls eine fristwahrende Verweisung an das Oberlandesgericht Celle zu erfolgen habe. Das Landgericht habe durch Annahme seiner Zuständigkeit einen Vertrauenstatbestand geschaffen; die dem Urteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung habe nur den Schluss zugelassen, dass das Oberlandesgericht Braunschweig zuständig sei; insoweit sei die irrige Auffassung gegebenenfalls vom Gericht veranlasst. Schon angesichts der erheblichen Kostenfolgen habe es nicht von der Klägerin verlangt werden können, wegen Zuständigkeitszweifeln bei beiden Oberlandesgerichten Berufung einzulegen.

Gleichwohl hat die Klägerin in der 3. oder 4. Maiwoche 2017 gegen das angefochtene Urteil des Landgerichts Braunschweig auch bei dem Oberlandesgericht Celle Berufung eingelegt, die dort unter dem Geschäftzeichen 13 U 67/17 geführt wird (Bl. 727 d.A.).

Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2017 hat die Klägerin ihre Ausführungen weiter vertieft.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 19. Mai 2017 (Bl. 722-726 d.A.) und 8. Juni 2017 (Bl. 744-770 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die beim Oberlandesgericht Braunschweig eingelegte Berufung ist gemäß § 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen, weil sie unzulässig ist. Das Oberlandesgericht Braunschweig ist nicht das zuständige Berufungsgericht (1.) und eine Verweisung an das zuständige Oberlandesgericht Celle kommt nicht in Betracht (2.). Einer Verwerfung der bei dem Oberlandesgericht Braunschweig eingelegten Berufung steht nicht entgegen, dass die Klägerin zwischenzeitlich bei dem Oberlandesgericht Celle ebenfalls Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt hat (3.). Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - soweit er sich an das Oberlandesgericht Braunschweig richtet - ist gegenstandslos (4.).

1. Das Oberlandesgericht Braunschweig ist nicht das in dieser Sache zuständige Berufungsgericht im Sinne des § 519 Abs. 1 ZPO, denn es handelt sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 102 Abs. 1 EnWG (a), bei der gemäß § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 5 ZustVO-Justiz das Oberlandesgericht Celle für die Entscheidungen über die Berufung gegen Endurteile zuständig ist (b). Dem steht auch nicht entgegen, dass das Landgericht Braunschweig seine Zuständigkeit fälschlich angenommen und dem Urteil bezüglich der Streitwertfestsetzung eine falsche - weil auf das Oberlandesgericht Braunschweig verweisende - Rechtsmittelbelehrung beigefügt hat (c).

a) Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 102 Abs. 1 EnWG.

Wie bereits in der Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 25. April 2017 ausgeführt, werden nach der Klage, Widerklage und Berufungsbegründung Ansprüche aus der Gasnetzzugangsverordnung geltend gemacht. Mit der Klage werden insbesondere Ansprüche aus §§ 32 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1, 33 Abs. 6 Satz 3 sowie Abs. 7 Sätze 1 und 3 GasNZV i.V.m. §§ 3 Nr. 7, 17 Abs. 3 EnWG, § 823 Abs. 2 BGB (vgl. landgerichtliches Urteil S. 3 und 36, Bl. 496 und 512 R. d.A.; Berufungsbegründung S. 16, Bl. 592 d.A.) geltend gemacht, mit der Widerklage insbesondere solche aus § 33 Abs. 1 Satz 3 GasNZV i.V.m. § 3 Nr. 7 EnWG (vgl. landgerichtliches Urteil S. 3 und 51, Bl. 496 und 520 d.A.).

Solche Streitigkeiten über Ansprüche aus der Gasnetzzugangsverordnung sind Streitigkeiten im Sinne des § 102 EnWG. § 102 EnWG erfasst "bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die sich aus diesem Gesetz ergeben". Dies sind unter anderem solche Rechtsstreitigkeiten, die Schadensersatzansprüche aus dem Energiewirtschaftsgesetz gegen den Netzbetreiber betreffen (Säcker/Keßler, Energierecht, 3. Auflage 2014, § 102 EnWG, Rn. 9), sowie solche Rechtsstreitigkeiten, deren streitentscheidende Details nach dem Vortrag der Parteien in einer das Energiewirtschaftsgesetz ergänzenden Verordnung geregelt sind (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. August 2014 - 11 SV 54/14 -, juris Rn. 8). Beides ist vorliegend der Fall: Die Gasnetzzugangsverordnung regelt die Bedingungen, zu denen die Netzbetreiber - hier die Beklagte - den Netzzugangsberechtigten im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes (§ 20 Abs. 1 EnWG) - hier die Klägerin - Zugang zu ihren Leitungsnetzen gewähren, § 1 GasNZV. Der Rechtsstreit steht auch nicht nur in einem - nicht ausreichenden (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 30. Dezember 2015 - 11 SV 116/15 -, juris Rn. 13) - losen Zusammenhang zur Gasnetzzugangsverordnung: Die Beklagte ist direkte Adressatin der Verordnung, insbesondere des hier relevanten § 33 GasNZV, auf den die Klägerin ihre Schadensersatzforderung stützt.

Die Vorschriften der Gasnetzzugangsverordnung sind gemäß § 1 Satz 2 GasNZV ausdrücklich abschließend im Sinne von § 111 Abs. 1 EnWG, so dass schon von daher eine Anwendung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht in Betracht kommt.

Es handelt sich damit - wie auch das Landgericht zutreffend angenommen hat -um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit im Sinne von § 102 EnWG. Dies wird auch von den Parteien nicht in Zweifel gezogen.

b) Gemäß § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 5 ZustVO-Justiz ist das Oberlandesgericht Celle für die Entscheidung über eine Berufung gegen ein Endurteil in einer bürgerlichen Rechtsstreitigkeit im Sinne des § 102 Abs. 1 EnWG zuständig.

Gemäß § 103 Abs. 1 Satz 1 EnWG sind Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, für die nach § 102 EnWG ausschließlich die Landgerichte zuständig sind, einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte zuzuweisen. Davon hat die Landesregierung von Niedersachsen Gebrauch gemacht. Sie hat die Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung nach § 103 Abs. 1 Satz 1 EnWG in § 1 Nr. 52 Subdelegationsverordnung-Justiz (eingefügt mit der Verordnung zur Änderung der Subdelegationsverordnung-Justiz vom 24. November 2009, Nds. GVBl. 2009, S. 439 [440]) auf das für Justiz zuständige Ministerium übertragen. Die Justizministerin hat mit der Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten in der Gerichtsbarkeit und der Justizverwaltung vom 17. Februar 2015 (Nds. GVBl. 2015, S. 33) mit Wirkung ab dem 1. April 2015 (Art. 2 der Verordnung vom 17. Februar 2015) davon Gebrauch gemacht. Zum Zeitpunkt des Klageeingangs am 1. Juni 2015 galt danach § 7 ZustVO-Justiz in der - seitdem unveränderten - Fassung der Verordnung vom 17. Februar 2015.

In § 7 Abs. 1 Nr. 5 ZustVO-Justiz ist geregelt, dass das Landgericht Hannover für die Bezirke aller Landgerichte zuständig ist "für die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die sich ergeben aus ... § 102 des Energiewirtschaftsgesetzes." § 7 Abs. 2 ZustVO-Justiz verweist auf § 7 Abs. 1 ZustVO-Justiz, knüpft allerdings nicht an die Zuständigkeit des Landgerichts Hannover an, sondern ausdrücklich an die in Absatz 1 genannten Rechtsstreitigkeiten. Ersetzt man die Verweisung auf Absatz 1 durch den dortigen Text, ergibt sich die folgende klare Zuständigkeitsregelung:

Das Oberlandesgericht Celle ist für die Entscheidungen über die Berufung gegen Endurteile ... in [bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die sich ergeben aus ... § 102 des Energiewirtschaftsgesetzes] zuständig.

Diese Zuständigkeitsregelung des Absatz 2 begründet ihrem Wortlaut nach die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Celle unabhängig davon, ob erstinstanzlich das Landgericht Hannover oder ein anderes niedersächsisches Landgericht tätig geworden ist; eine Rechtsstreitigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 ZustVO-Justiz wird zur solchen nicht erst dadurch, dass sie beim Landgericht Hannover anhängig wird, sondern dadurch, dass sie eines der unter den Ziffern 1.-5. genannten Sachgebiete betrifft.

Auch aus der Regelungssystematik ergibt sich, dass die zweitinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Celle unabhängig vom erstinstanzlichen Tätigwerden des Landgerichts Hannover bestehen soll. Hätte die zweitinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Celle lediglich im Falle von erstinstanzlichen Entscheidungen des Landgerichts Hannover bestehen sollen, hätte es der Sonderregelung des § 7 Abs. 2 ZustVO-Justiz nicht bedurft, da sich diese Zuständigkeit schon aus den allgemeinen Regeln ergibt: Für Berufungen und Beschwerden gegen Entscheidungen des Landgerichts Hannover ist das Oberlandesgericht Celle ohnehin gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 NJG zuständig. Einer Klarstellung bezüglich dieses selbstverständlichen Instanzenzuges bedurfte es nicht. Eine solche findet sich beispielsweise auch nicht in §§ 1a und 5 ZustVO-Justiz, die § 7 Abs. 1 ZustVO-Justiz entsprechen und die Zuständigkeitskonzentration für Baulandsachen bei dem Landgericht Hannover respektive Kennzeichenstreitsachen bei dem Landgericht Braunschweig regeln. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Celle respektive des Oberlandesgerichts Braunschweig ergibt sich diesbezüglich aus den allgemeinen Vorschriften. Von der Verordnungsermächtigung des § 229 Abs. 2 BauGB für die Berufungsinstanz hat die niedersächsische Landesregierung keinen Gebrauch gemacht. Schon die Existenz des § 7 Abs. 2 ZustVO-Justiz spricht demnach deutlich dafür, dass sein Regelungsgehalt über den des § 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 NJG hinausgehen muss, und zwar in der Form, dass dem Oberlandesgericht Celle die Zuständigkeit für weitere Verfahren in den Sachgebieten des § 7 Abs. 1 Nrn. 1-5 ZustVO-Justiz zugewiesen wird, namentlich auch für die, die erstinstanzlich bei anderen niedersächsischen Landgerichten als dem Landgericht Hannover anhängig waren.

Die Anknüpfung an das Sachgebiet - und nicht lediglich an das Erstgericht - entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung: Die Vorteile einer Zuständigkeitskonzentration kommen umso mehr zum Tragen, je umfassender sie ist. Durch die Bildung und Anwendung von besonderer Sachkunde entstehen Synergieeffekte; gleichzeitig wird die Rechtsprechung vereinheitlicht. Diesem Ziel ist mehr gedient, wenn eine zentrale zweitinstanzliche Zuständigkeit unabhängig davon besteht, welches Gericht die jeweilige erstinstanzliche Entscheidung getroffen hat. Gerade bei einer "Aufsplitterung" der erstinstanzlichen Rechtsprechung - komme sie auch contra legem zustande - gewinnt die Zuständigkeitskonzentration in der zweiten Instanz an Bedeutung. Dies gewährleistet § 7 Abs. 2 ZustVO-Justiz, indem er nicht an das Erstgericht anknüpft, sondern an das Sachgebiet.

c) Der Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Celle steht nicht entgegen, dass das Landgericht Braunschweig seine Zuständigkeit irrtümlich angenommen sowie dem Urteil bezüglich der Streitwertfestsetzung eine falsche - weil auf das Oberlandesgericht Braunschweig verweisende - Rechtsmittelbelehrung beigefügt hat.

Wie oben ausgeführt, richtet sich die Zuständigkeit des Berufungs- und Beschwerdegerichts hier ausnahmsweise gerade nicht nach dem Erstgericht, sondern gemäß § 7 Abs. 2 ZustVO-Justiz ausschließlich nach dem Sachgebiet. Nimmt das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht an, soll dies gemäß § 513 ZPO gerade keine Auswirkungen auf das Berufungsverfahren haben. Die Regelung soll zugunsten der Verfahrensbeschleunigung vermeiden, dass die vom Ausgangsgericht geleistete Sacharbeit hinfällig wird, wobei dessen Unzuständigkeit hinzunehmen ist (Zöller/Heßler, 31. Auflage 2016, § 513 ZPO, Rn. 6 m.w.N.). Dies führt aber nicht dazu, dass bestimmte Zuständigkeitsregeln bezüglich des Beschwerde- und Berufungsgerichts nicht mehr anzuwenden wären. Im Gegenteil: Auch im Falle der örtlichen Unzuständigkeit des Erstgerichts beurteilt sich die Zuständigkeit des Berufungsgerichts nach den allgemeinen Vorschriften. Dies führt - gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 NJG - in der Regel zur Zuständigkeit des dem Erstgericht direkt übergeordneten Gerichts, vorliegend aber - gemäß § 7 Abs. 2 ZustVO-Justiz - ausnahmsweise zur Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Celle. Dabei handelt es sich um eine ausschließliche Zuständigkeit (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 29. Oktober 2013 - 1 W 42/13 -, juris Rn. 9), so dass auch nicht etwa eine Wahl zwischen zwei Oberlandesgerichten besteht.

Daran ändert auch die dem Urteil bezüglich der Streitwertfestsetzung beigefügte Rechtsmittelbelehrung nichts. Auch diesbezüglich ergibt sich aus § 7 Abs. 2 ZustVO-Justiz ("Beschwerde gegen sonstige Entscheidungen") die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Celle. Es liegt nicht in der Hand des Erstgerichts, diese gesetzlich vorgegebene Zuständigkeit abzuändern. Die falsche Rechtsmittelbelehrung und der von der Klägerin angeführte Vertrauenstatbestand werden bei einer gegebenenfalls vorzunehmenden Prüfung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch das zuständige Berufungsgericht zu prüfen sein. Auf die (Un-)Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Braunschweig haben sie keine Auswirkung.

2. Eine Verweisung an das zuständige Oberlandesgericht Celle kommt nicht in Betracht. Eine solche Verweisung ist grundsätzlich nicht möglich (a) und die Voraussetzungen für eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegen nicht vor (b).

a) In der Berufungsinstanz kommt eine Verweisung gemäß § 281 ZPO an ein anderes Gericht grundsätzlich nicht in Betracht (Zöller/Greger, 31. Auflage 2016, § 281 ZPO, Rn. 4a; Wieczorek/Schütze/Assmann, 4. Auflage 2013, § 281 ZPO, Rn. 26; Stein/Jonas/Leipold, 22. Auflage 2008, § 281 ZPO, Rn. 59 jedenfalls bei funktioneller Unzuständigkeit; alle m.w.N.; a.A. MüKo/Prütting, 5. Auflage 2016, § 281 ZPO, Rn. 10 und wohl auch Musielak/Voit/Foerste, 14. Auflage 2017, § 281 ZPO, Rn. 2, beide allerdings ohne Begründung und Angabe von Quellen). Wird die Berufung bei einem unzuständigen Gericht eingelegt, ist sie grundsätzlich als unzulässig zu verwerfen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 1996 - XII ZB 90/95 - NJW-RR 1997, S. 55 [Ziff. II.1 und 2]; Beschluss vom 10. Dezember 2009 - V ZB 67/09 -, NJW 2010, S. 1818 [1819 Rn. 9]; Zöller/Greger, 31. Auflage 2016, § 281 ZPO, Rn. 4a; BeckOK/Bacher, 24. Ed. 1. März 2017, § 281 ZPO, Rn. 13). Eine Verweisung auch an das zuständige Berufungsgericht kommt grundsätzlich nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2009 - V ZB 67/09 -, NJW 2010, S. 1818 [1819 Rn. 9] m.w.N.; vgl. auch Urteil vom 9. Dezember 1999 - III ZR 73/99 -, NJW 2000, S. 1574 [1575 Ziff. 3 lit. b]).

b) Die Voraussetzungen für eine Verweisung in Ausnahme von dem oben geschilderten Grundsatz liegen hier nicht vor.

Zwar kann eine Berufung, über die ein Oberlandesgericht mit einem Kartellsenat zu entscheiden hat, fristwahrend auch bei dem nach § 119 GVG allgemein zuständigen Oberlandesgericht eingelegt werden; dieses hat die Sache auf Antrag an den Kartellsenat des für Berufungen in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen zuständigen Oberlandesgericht zu verweisen (BGH, Urteil vom 30. Mai 1978 - KZR 12/77 -, BGHZ 71, 397, zit. n. juris, dort Rn. 14 ff.). Diese Ausnahme kann aber - entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts Köln (Beschluss vom 18. Dezember 1996 - 7 U 123/96 -, NJW-RR 1997, S. 1351, Rn. 6, zit. n. juris) nicht auf sämtliche Verfahren übertragen werden, in denen ein Instanzenzug abweichend von den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes geregelt ist. Die vom Bundesgerichtshof in Kartellsachen zugelassene Ausnahme beruht darauf, dass wegen der Besonderheiten, die sich aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und den kartellrechtlichen Verfahrensvorschriften ergeben, im Einzelfall vielfach zweifelhaft ist, ob das Landgericht als das für Kartellsachen zuständige Gericht als Kartellkammer entschieden hat, wovon die Zuständigkeit des Kartellsenats abhängt (BGH, a.a.O; Urteil vom 9. Dezember 1999 - III ZR 73/99 -, NJW 2000, S. 1574 [1575 Ziff. 3 lit. b]).

Auch im Falle einer Streitigkeit im Sinne von § 43 Nrn. 1 bis 4 und 6 WEG kann die Berufung fristwahrend zwar grundsätzlich nur bei dem Gericht des § 72 Abs. 2 Satz 1 GVG eingelegt werden und eine Verweisung in entsprechender Anwendung von § 281 ZPO scheidet grundsätzlich aus. Etwas anderes gilt aber ausnahmsweise dann, wenn die Frage, ob eine solche Streitigkeit vorliegt, für bestimmte Fallgruppen noch nicht höchstrichterlich geklärt ist und man über deren Beantwortung mit guten Gründen unterschiedlicher Auffassung sein kann (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2009 - V ZB 67/09 -, NJW 2010, S. 1818 [1819 Rn. 10 f.] m.w.N. und weiteren Beispielen).

Solche Zweifel bzw. Unsicherheiten ergeben sich aber nicht in allen Fällen, in denen ein Instanzenzug abweichend von den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes geregelt ist:

Beispielsweise ist in Urheberrechtssachen - soweit die jeweilige Landesregierung von der Verordnungsermächtigung in § 105 Abs. 1 UrhG Gebrauch gemacht hat, wie etwa das Land Niedersachsen in § 6 ZustVO-Justiz - die Zuständigkeit des Landgerichts als Berufungsgericht allein danach bestimmt, ob eine Urheberrechtssache vorliegt. Ursache für die Anrufung eines unzuständigen Berufungsgerichts in Urheberrechtssachen ist deshalb - anders als in Kartellsachen - nicht eine unklare Rechtslage, sondern die versehentliche Nichtbeachtung der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung (vgl. so zur parallelen Situation in Baden-Württemberg LG Hechingen, Beschluss vom 28. August 2002 - 3 S 53/02 -, NJW-RR 2003, S. 768; LG Mannheim, Beschluss vom 5. November 2008 - 2 S 3/08 -, juris Rn. 29 ff.).

Über die Berufung gegen ein Urteil der Kammer für Baulandsachen (vgl. §§ 220 Abs. 1, 226 Abs. 1 BauGB) entscheidet das Oberlandesgericht, Senat für Baulandsachen (§ 229 Abs. 1 BauGB). Soweit die jeweilige Landesregierung von der Verordnungsermächtigung des § 229 Abs. 2 BauGB Gebrauch gemacht hat - was in Niedersachsen nicht der Fall ist - folgt aus der entsprechenden Zuständigkeitsverordnung, dass landesweit nur ein Oberlandesgericht für Berufungen in Baulandsachen zuständig ist. Entscheidende Zweifel über das einzuhaltende Verfahren bei der Berufung gegen Urteile der Kammern für Baulandsachen ergeben sich aus dieser Regelungssystematik nicht; die Zuständigkeit ist - auch bei Existenz einer Verordnung im Sinne des § 229 Abs. 2 BauGB - eindeutig geregelt (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1999 - III ZR 73/99 -, NJW 2000, S. 1574 [1575 f Ziff. 3 lit. b] zur Situation in Nordrhein-Westfalen).

Dasselbe gilt für die Frage der Zulässigkeit der Berufung in Binnenschifffahrtssachen (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1978 - II ZR 100/78 -, juris Rn. 5).

Eine mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbare Zugangshürde wird durch solche Zuständigkeitsregelungen im Allgemeinen nicht errichtet; in der Berufungsinstanz müssen sich die Parteien regelmäßig durch Rechtsanwälte vertreten lassen, die mit der Materie des Berufungsverfahrens vertraut sind und die anhand der Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes, der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen und der Einteilung der Gerichtsbezirke in der Regel unschwer das richtige Rechtsmittelgericht feststellen können.

In solchen Fällen erforderte die Gewährleistung staatlichen Rechtsschutzes selbst dann nicht unbedingt eine Durchbrechung der eindeutigen Vorschrift des § 519 Abs. 1 ZPO, wenn dem Rechtsuchenden der Zugang zur Rechtsmittelinstanz durch die konkrete Ausgestaltung der Zuständigkeitsregelung durch das Zusammenspiel von Gesetz und Verordnung unzumutbar erschwert würde. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, wäre eine Fristversäumung durch Einlegung der Berufung beim unzuständigen Berufungsgericht unverschuldet im Sinne von § 233 Abs. 1 ZPO, da ein Vorgehen der Partei, das auf unzumutbaren Anforderungen beruht, nicht als schuldhaft angesehen werden kann. Darüber, ob das in der vorliegenden Sache der Fall ist und ob deshalb eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt, hat jedoch nicht das Oberlandesgericht Braunschweig zu entscheiden, da es für die Entscheidung über die Berufung in der Sache nicht zuständig ist.

Vor diesem Hintergrund kann eine bei dem falschen Berufungsgericht eingelegte Berufung, die nicht rechtzeitig in die Verfügungsgewalt des richtigen Berufungsgerichts gelangt, auch nicht in entsprechender Anwendung von § 281 ZPO an dieses Gericht verwiesen werden. Vielmehr ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Ergänzend sei - ohne dass es darauf für die hiesige Entscheidung ankommt - vorsorglich darauf hingewiesen, dass eine fristwahrende Weiterleitung der Berufung an das Oberlandesgericht Celle nicht möglich gewesen ist. Die Berufungsschrift ist am Freitag, den 20. Januar 2017 um 15.36 Uhr per Telefax eingegangen (Bl. 561 d.A.). Sie enthielt keinen Hinweis darauf, dass es sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 102 Abs. 1 EnWG handeln könnte. Das angegriffene Urteil war diesem Telefax nicht beigefügt; es ging erst mit dem Original der Berufungsschrift am Mittwoch, den 25. Januar 2017 ein. Zu diesem Zeitpunkt war die Monatsfrist des § 517 ZPO bereits abgelaufen: Das Urteil ist der Klägerin am 22. Dezember 2016 zugestellt worden; dieser Tag ist auch für den Fristbeginn maßgeblich, unabhängig davon, dass das Landgericht den Tatbestand mit Beschluss vom 27. Februar 2017 (Bl. 554 d.A.) gemäß § 320 ZPO berichtigt hat. Eine Tatbestandsberichtigung nach § 320 ZPO hat keinen Einfluss auf Beginn oder Lauf der Rechtsmittelfrist, weil sie keine neue Beschwer enthält und die Parteien den Verfahrensablauf selbst kennen (BeckOK/Wulf, 24. Ed. 1. März 2017, § 517 ZPO, Rn. 13 m.w.N.). Danach ist die Berufungsfrist mit Ende des Montags, 23. Januar 2017 abgelaufen, bevor das Oberlandesgericht Braunschweig seine Zuständigkeit prüfen konnte.

3. Einer Verwerfung der bei dem Oberlandesgericht Braunschweig eingelegten Berufung steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin zwischenzeitlich bei dem Oberlandesgericht Celle ebenfalls Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt hat. Das Rechtsmittel der Berufung ist zwar ein einheitliches Rechtsmittel, auch wenn es mehrmals und bei verschiedenen Gerichten eingelegt wird. Das später angerufene Gericht darf deshalb eine mehrfach eingelegte Berufung nicht schon dann verwerfen, wenn sie bei ihm selbst nicht form- und fristgerecht eingelegt worden ist. Es muss vielmehr prüfen, ob eine frühere Einlegung der Berufung insoweit erfolgreich war (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 - V ZB 34/13 -, NJW 2015, S. 3171 [3173 Rn. 11]), etwa weil die Berufungsfrist nach dem oben geschilderten Maßstab durch Einlegung bei einem an sich unzuständigen Gericht doch gewahrt worden ist. Einer Entscheidung des (unzuständigen) Gerichts, bei dem die Berufung zuerst eingelegt worden ist, steht dieser Grundsatz aber nicht entgegen.

4. Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - soweit er sich an das Oberlandesgericht Braunschweig richtet - ist gegenstandslos. Die Klägerin hat gegenüber dem Oberlandesgericht Braunschweig keine Frist versäumt, in die ihr Wiedereinsetzung gewährt werden könnte. Sie hat die Berufung hier ja gerade rechtzeitig eingelegt. Über eine Wiedereinsetzung in die beim Oberlandesgericht Celle - bei dem die Berufung fristwahrend hätte eingelegt werden können - versäumte Frist kann das Oberlandesgericht Braunschweig nicht entscheiden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Der für das Berufungsverfahren festgesetzte Streitwert beruht auf §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1, 45 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO und entspricht dem geltend gemachten Interesse an der Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung hinsichtlich Klage (2.311.452,49 €) und Widerklage (1.356.507,09 €).

V.

Der Schriftsatz der Beklagten vom 8. Juni 2017 (Bl. 729-743 d.A. = Bl. 800 ff. d.A.) hatte auf diese Entscheidung keinen Einfluss.