Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 18.04.2016, Az.: 13 U 43/15

Zulässigkeit einer in Deutschland erhobenen Klage von Gläubigern griechischer Staatsanleihen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
18.04.2016
Aktenzeichen
13 U 43/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 15974
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2016:0418.13U43.15.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BGH - 19.12.2017 - AZ: XI ZR 217/16
BVerfG - 06.05.2020 - AZ: 2 BvR 331/18

Fundstellen

  • EWiR 2016, 579
  • IPRax 2016, 10
  • IPRax 2017, 373-378
  • NZG 2016, 6
  • RIW 2016, 459-464
  • WM 2016, 1879-1883
  • WuB 2016, 780-783
  • ZBB 2016, 357
  • ZIP 2016, 1243-1248

Amtlicher Leitsatz

1. Einer in Deutschland erhobenen Klage von Gläubigern griechischer Staatsanleihen gegen die Hellenische Republik (Griechenland), die auf Schadensersatzansprüche wegen des Eingriffs in die Position der Anleihegläubiger durch das griechische Gesetz 4050/2012 und die in diesem Zusammenhang erfolgten Maßnahmen zum Zwangsumtausch der Anleihen gestützt wird, steht der Einwand der Staatenimmunität entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 19 - 23).

2. Das gilt nicht, soweit die Gläubiger ihre Klage auf Rückzahlungsansprüche aus den ursprünglichen Staatsanleihen stützen; insoweit ist die Hellenische Republik nicht in ihrem hoheitlichen Aufgabenbereich betroffen (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14).

3. Eine auf Rückzahlungsansprüche aus den Staatsanleihen nach dem griechischen Gesetz 2198/1994 gestützte Klage ist eine Zivil- und Handelssache im Sinne des Art. 1 Abs. 1 EuGVVO aF (VO (EG) Nr. 44/2001 - Brüssel I-VO) (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-226/13, C-245/13, C-247/13 und C-578/13, Rn. 53).

4. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für eine solche Klage ergibt sich nicht aus dem Verbrauchergerichtsstand gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 EuGVVO aF (vgl. EuGH, Urteil vom 28. Januar 2015 - C-375/13, Rn. 28 - 30).

5. Die Darlegung eines auf Art. 8 Abs. 2 des griechischen Gesetzes 2198/1994 gestützten Anspruchs durch die Anleihegläubiger reicht für die Annahme eines vertraglichen Anspruchs im Sinne des Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO aF (Besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts) aus.

6. Der gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO aF an den vertraglichen Erfüllungsort geknüpfte Gerichtsstand kann nicht durch Übertragung der Forderung verändert werden. Stellt das anwendbare materielle Recht auf Umstände in der Person des Gläubigers ab (zum Beispiel dessen Wohnsitz oder gewerbliche Niederlassung), bleiben für die internationale Zuständigkeit allein die in der Person des ursprünglichen Gläubigers liegenden Umstände relevant.

Tenor:

Die Berufung der Kläger zu 3 bis 6 gegen das am 15. Mai 2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 3 einen Anteil von 5,3 %, der Kläger zu 4 einen Anteil von 92,8 %, die Klägerin zu 5 einen Anteil von 0,8 % und der Kläger zu 6 einen Anteil von 1,1 % zu tragen.

Das Urteil ist wie auch das angefochtene Urteil vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Kläger nehmen die Hellenische Republik (Griechenland) als Beklagte auf Zahlung aus Staatsanleihen in Anspruch, die im Laufe der Schuldenkrise Griechenlands im März 2012 zwangsweise gegen neue Staatsanleihen mit einem niedrigeren Nennwert getauscht werden mussten.

In den Jahren 2009 bis 2011 erwarben die Kläger in unterschiedlichem Umfang Staatsanleihen, die die beklagte Republik im Zeitraum von 1998 bis 2010 emittiert hatte. Die ursprünglichen Anleihebedingungen sahen keine Umtauschklausel ("collective action clause") vor.

Im Verlauf der Schuldenkrise Griechenlands verabschiedete das griechische Parlament am 23. Februar 2012 das Gesetz 4050/2012 ("Greek Bondholder Act"). Dieses Gesetz schuf die Grundlage dafür, dass im Rahmen eines "collective action"-Prozesses auch diejenigen Privatanleger zwangsweise in die geplante Umschuldung einbezogen werden konnten, die ein zuvor beschlossenes freiwilliges Umtauschangebot hinsichtlich der von ihnen gehaltenen Staatsanleihen nicht angenommen hatten. Auch den Klägern wurde über ihre jeweilige depotführende Bank beziehungsweise Sparkasse das Umtauschangebot zugeleitet. Sie stimmten nicht zu.

Die griechische Regierung teilte am 9. März 2012 mit, dass nach der durchgeführten Abstimmung der Anleihegläubiger die nach dem Gesetz 4050/2012 vorgesehenen Voraussetzungen für den Zwangsumtausch erfüllt seien. Mit Beschluss vom 9. März 2012 billigte der griechische Ministerrat die Entscheidung der Gläubiger. Aufgrund dessen erging am gleichen Tag eine Anweisung an die griechische Zentralbank, nach der der Zwangsumtausch ausgeführt werden sollte. Dies geschah in der Form, dass am 12. März 2012 die alten Anleihen aus dem bei der griechischen Zentralbank geführten System ausgebucht und gleichzeitig die neuen Anleihen eingebucht wurden. Infolgedessen wurden auch in den Depotbeständen der Kläger die alten Anleihen ausgebucht und gleichzeitig die neuen Anleihen (mit geringerem Nennwert) eingebucht.

Mit der Klage machen die Kläger den Nennwert ihrer ursprünglichen Anleihen zuzüglich Zinsen und abzüglich vereinnahmter Zinszahlungen, Zahlungen auf EFSF-Anleihen und (teilweise) erlangter Veräußerungserlöse geltend. Sie stützen ihre Klage in erster Linie auf von ihnen behauptete vertragliche Rückzahlungsansprüche aus den Staatsanleihen selbst, hilfsweise machen sie Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung beziehungsweise wegen einer rechtswidrigen Enteignung oder eines enteignungsgleichen Eingriffs geltend. Die Kläger meinen, die Klage sei zulässig. Insbesondere sei der von der beklagten Republik erhobene Einwand der Staatenimmunität unberechtigt, weil es um privatrechtliches Handeln der Beklagten gehe. Das Landgericht Osnabrück sei auch international und örtlich für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig. Die Klage sei begründet, weil die Beklagte sich ihren vertraglichen Zahlungspflichten nicht unter Hinweis auf die Notwendigkeit einer Haushaltssanierung entziehen könne. Die Ausbuchung der alten Anleihen sei nicht rechtmäßig erfolgt.

Die im Berufungsverfahren noch beteiligten Kläger zu 3 bis 6 haben beim Landgericht zuletzt im Wesentlichen beantragt, die Beklagte zur Zahlung folgender Beträge nebst Zinsen zu verurteilen (teilweise Zug um Zug gegen Gestattung der Rückbuchung der umgetauschten Wertpapiere):

- Kläger zu 3: 85.770,43 €

- Kläger zu 4: 1.510.822,07 €

- Klägerin zu 5: 13.813,42 €

- Kläger zu 6: 18.160,22 €

Wegen der Feststellungen und der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), mit dem das Landgericht die Klage als unzulässig abgewiesen hat (veröffentlicht in RIW 2016, 76). Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Rechtsstreit unterliege nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, weil die Beklagte Staatenimmunität genieße.

Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger zu 3 bis 6 (der Senat behält die im angefochtenen Urteil gewählte Nummerierung der Kläger bei, die von der Nummerierung in der Klageschrift und der Berufungsschrift abweicht). Die Berufungskläger (im Folgenden nur: Kläger) verfolgen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihre zuletzt in erster Instanz gestellten Anträge weiter, die Klägerin zu 5 und der Kläger zu 6 allerdings mit der Maßgabe, dass sie den Rechtsstreit wegen weiterer erhaltener Zahlungen in Höhe von 1.419,75 € (Klägerin zu 5) beziehungsweise 1.893 € (Kläger zu 6) für erledigt erklären. Hilfsweise beantragen die Kläger die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Frankfurt am Main.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis mit Recht als unzulässig abgewiesen. Soweit die Kläger - hilfsweise - deliktische Schadensersatzansprüche geltend machen, unterliegt der Rechtsstreit schon nicht der deutschen Gerichtsbarkeit. Soweit die Klage auf vertragliche Rückzahlungsansprüche aus den Staatsanleihen gestützt wird, ist das angerufene Landgericht Osnabrück international und örtlich nicht zuständig. Auch eine internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main kommt nicht in Betracht, so dass der von den Klägern hilfsweise gestellte Verweisungsantrag ebenfalls keinen Erfolg hat.

1. Der Senat kann entgegen der Auffassung der Kläger über die Zulässigkeit der Klage in vollem Umfang und nicht nur im Hinblick auf die Frage entscheiden, ob der Rechtsstreit der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt. Bei dem angefochtenen Urteil handelt es sich nicht um ein Zwischenurteil. Vielmehr hat das Landgericht die Klage insgesamt durch Endurteil als unzulässig abgewiesen (vgl. BeckOK ZPO/Bacher, § 280 Rn. 6 f.; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 280 Rn. 6; jeweils m.w.N.). Damit ist der Rechtsstreit insgesamt dem Senat als Berufungsgericht zur Entscheidung angefallen. Aufgrund des von den Klägern gestellten Zurückverweisungsantrags bestünde allenfalls - für den Fall, dass die Zulässigkeit abweichend von der Entscheidung des Landgerichts bejaht würde - die Möglichkeit, die Sache zur Entscheidung über die Begründetheit der Klage an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO). Aus der für diesen Fall getroffenen Regelung des § 538 Abs. 2 Satz 2 ZPO ergibt sich, dass das Berufungsgericht sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen zu prüfen hat.

2. Das Landgericht hat die Frage als vorrangig angesehen, ob der Rechtsstreit überhaupt der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt und dies mit der Begründung verneint, dass dem der Grundsatz der Staatenimmunität entgegenstehe. Die vorrangige Prüfung des von Amts wegen zu berücksichtigenden Grundsatzes der Staatenimmunität ist zutreffend (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, juris, Rn. 11). Die vom Landgericht zu dieser Frage vertretene Auffassung teilt der Senat indessen nur im Hinblick auf die hilfsweise verfolgten deliktischen Ansprüche.

a) Die Kläger stützen ihre Klage in erster Linie auf Rückzahlungsansprüche aus den Staatsanleihen (LGU 7; GA I 42). Soweit es um solche Rückzahlungsansprüche geht, ist der beklagte Staat nicht in seinem hoheitlichen Aufgabenbereich betroffen. Denn die Kapitalaufnahme durch Emission von Staatsanleihen wird nach ganz überwiegender Ansicht zum Kreis nicht-hoheitlichen Handelns gerechnet. Es ist aber keine allgemeine Regel des Völkerrechts mehr, dass ein Staat Immunität auch für nicht-hoheitliches Handeln genießt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2006 - 2 BvM 9/03, BVerfGE 117, 141 = NJW 2007, 2605, Rn. 34 f.; BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, juris, Rn. 12, 17; jeweils m.w.N.). Auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union setzt die Emission von Anleihen nicht notwendigerweise die Wahrnehmung von Befugnissen voraus, die von den im Verhältnis zwischen Privatpersonen geltenden Regeln abweichen (EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-226/13, C-245/13, C-247/13 und C-578/13, EuZW 2015, 633, Rn. 53).

Wenn die Emission von Staatsanleihen aber zum Kreis nicht-hoheitlichen Handelns zählt, dann kann die Beklagte sich gegenüber einer auf die Staatsanleihen gestützten gerichtlichen Inanspruchnahme in einem anderen Staat nicht mit dem Einwand der Staatenimmunität zur Wehr setzen. Daran ändern die späteren, zum Zweck des Zwangsumtauschs der Anleihen durchgeführten Maßnahmen des griechischen Gesetzgebers und der griechischen Regierung nichts. Ein einmal als nicht-hoheitlich eingestuftes Rechtsverhältnis kann diesen Charakter grundsätzlich nicht durch spätere Maßnahmen verlieren, mögen diese auch hoheitlicher Natur sein. Vielmehr ist die beklagte Republik insoweit nicht anders zu behandeln als jeder andere Schuldner einer privaten Forderung, der sich darauf beruft, dass seine Verbindlichkeit durch ein Gesetz oder andere hoheitliche Maßnahmen erloschen sei. Wird ein solcher Schuldner in einem anderen Staat als seinem Heimatstaat verklagt, wäre es fernliegend, die Gerichtsbarkeit des angerufenen Gerichts unter dem Gesichtspunkt der Staatenimmunität in Zweifel zu ziehen. Vielmehr hat das angerufene Gericht in einem solchen Fall (sofern es für die Entscheidung des Rechtsstreits international, sachlich und örtlich zuständig ist) nach dem anwendbaren - gegebenenfalls ausländischen - materiellen Recht zu prüfen, ob die behaupteten Verbindlichkeiten, wenn und soweit sie bestanden haben, erloschen sind (vgl. auch Müller, RIW 2016, 80, 81, unter 3).

Diese Beurteilung steht nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. März 2016 (VI ZR 516/14). Darin hat der Bundesgerichtshof zwar eine von Gläubigern griechischer Staatsanleihen gegen die Beklagte erhobene Klage insgesamt als unzulässig angesehen, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nach dem Grundsatz der Staatenimmunität nicht eröffnet sei (BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, juris, Rn. 11). In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall haben die Kläger ihre Klage aber allein darauf gestützt, dass die Beklagte die Ausbuchung der Anleihen gegen den Willen der Kläger durch Anweisung an die depotführende Bank veranlasst und dadurch Eigentum und Besitz der Kläger an den Schuldverschreibungen verletzt habe. Die Kläger jenes Verfahrens haben sich gerade nicht auf Ansprüche aus den erworbenen Schuldverschreibungen oder auf Ersatzansprüche wegen deren Nichterfüllung gestützt (BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, juris, Rn. 8, 18). Davon unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall grundlegend, soweit die Kläger sich - in erster Linie - auf Rückzahlungsansprüche aus den Staatsanleihen stützen. Insoweit hat die Beklagte mit dem von ihr erhobenen Einwand der Staatenimmunität keinen Erfolg.

b) Etwas anderes gilt jedoch, soweit die Kläger ihre Ansprüche - hilfsweise - auch auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (LGU 7; GA I 89) beziehungsweise wegen einer rechtswidrigen Enteignung oder eines enteignungsgleichen Eingriffs (GA I 38) stützen. Insoweit steht der Einwand der Staatenimmunität einer Inanspruchnahme der beklagten Republik vor deutschen Gerichten entgegen.

Die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche werden auf den Eingriff in die Position der Kläger als Anleihegläubiger durch das griechische Gesetz 4050/2012, den Ministerratsbeschluss vom 9. März 2012 und die in diesem Zusammenhang erfolgten Maßnahmen der griechischen Zentralbank gestützt, die zum Zwangsumtausch der Anleihen geführt haben. In diesen Prozess war der beklagte Staat als privater Schuldner der Anleihen allenfalls insoweit eingebunden, als die alten Anleihen am 12. März 2012 aus dem System der griechischen Zentralbank ausgebucht und die neuen Anleihen eingebucht wurden, was gemäß Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes 4050/2012 (von den Klägern in griechischer Sprache sowie englischer und deutscher Übersetzung vorgelegt als Anlage K 23, Anlagenordner I) zur Aufhebung aller Rechte und Verpflichtungen aus den alten Titeln führte. Die für den beklagten Staat tätige griechische Zentralbank handelte dabei entsprechend einer Anweisung, die aufgrund des Ministerratsbeschlusses vom 9. März 2012 ergangen war. Mit diesem Ministerratsbeschluss wiederum war der Beschluss der Anleihegläubiger zum Zwangsumtausch verabschiedet worden, der Vorrang gegenüber gegenteiligen Gesetzesbestimmungen, Rechtsvorschriften oder Vereinbarungen hatte (Art. 1 Nr. 8 und 9 des Gesetzes 4050/2012). Die durch die griechische Zentralbank vorgenommenen Maßnahmen dienten damit ausschließlich zur Ausführung des allgemeingültigen, bindenden und durch Ministerratsbeschluss verabschiedeten Gläubigerbeschlusses. Es ist nicht ersichtlich, dass dabei irgendein Handlungsspielraum der griechischen Zentralbank bestanden hätte. Das den Maßnahmen der Zentralbank zugrunde liegende Gesetz 4050/2012 ist aber ebenso wie der Ministerratsbeschluss vom 9. März 2012 dem hoheitlichen Tätigkeitsbereich der Beklagten zuzuordnen. Diese Qualifikation als hoheitliches Handeln hat für sämtliche im Zusammenhang mit dem Zwangsumtausch aufgrund des Gesetzes 4050/2012 erfolgten Maßnahmen einschließlich der zwingend vorgeschriebenen Ausbuchung der Anleihen aus dem System der griechischen Zentralbank zu gelten (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, juris, Rn. 19 - 23 m.w.N.). Demzufolge ist die Prüfung der auf die behauptete Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen gestützten Ansprüche der Kläger den deutschen Gerichten nach dem Grundsatz der Staatenimmunität entzogen.

3. Hinsichtlich der in erster Linie geltend gemachten vertraglichen Rückzahlungsansprüche kommt es auf die Frage der internationalen und örtlichen Zuständigkeit des von den Klägern angerufenen Landgerichts Osnabrück an, die nach den Vorschriften der EuGVVO aF (VO (EG) Nr. 44/2001 - Brüssel I-VO) zu prüfen ist. Diese Verordnung ist gemäß Art. 66 Abs. 1 EuGVVO nF (VO (EU) Nr. 1215/2012 - Brüssel Ia-VO) auf den vorliegenden Fall noch anzuwenden, weil das Verfahren vor dem 10. Januar 2015 eingeleitet worden ist. Die in Betracht kommenden Vorschriften gemäß Art. 5 Nr. 1 und Nr. 3 sowie Art. 15 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1 EuGVVO aF bestimmen nicht nur die internationale, sondern auch - unter Verdrängung nationaler Vorschriften - die örtliche Zuständigkeit (vgl. Leible in: Rauscher, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 5 Brüssel I-VO Rn. 4 m.w.N., und Staudinger, ebenda, Art. 16 Brüssel I-VO Rn. 1 m.w.N.).

Der Anwendungsbereich der EuGVVO aF ist - entgegen der Auffassung der Beklagten - eröffnet, soweit die Kläger die Erfüllung von Ansprüchen aus den im Streit stehenden Staatsanleihen geltend machen. Es handelt sich um eine Zivil- und Handelssache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 EuGVVO aF. Denn der Streitgegenstand der auf Erfüllung gerichteten Klage ist zivilrechtlicher und nicht öffentlich-rechtlicher Natur (zur Abgrenzung siehe Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., Art. 1 EuGVVO Rn. 15 ff. m.w.N.). Wie bereits oben (unter 2) ausgeführt, ist die Kapitalaufnahme durch Emission von Staatsanleihen dem Kreis nicht-hoheitlichen Handelns zuzuordnen (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2006 - 2 BvM 9/03, BVerfGE 117, 141 = NJW 2007, 2605, Rn. 34 f. m.w.N.). Sie setzt nicht notwendigerweise die Wahrnehmung von Befugnissen voraus, die von den im Verhältnis zwischen Privatpersonen geltenden Regeln abweichen (EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-226/13, C-245/13, C-247/13 und C-578/13, EuZW 2015, 633, Rn. 53).

a) Die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Osnabrück ergibt sich nicht aus dem Verbrauchergerichtsstand gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 EuGVVO aF.

Voraussetzung dafür wäre, dass ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag, den ein Verbraucher geschlossen hat, den Gegenstand des Verfahrens bilden. Dem hält die Beklagte aber mit Recht entgegen, dass die ursprünglich im Rahmen der Emissionen geschlossenen Verträge nicht mit den Klägern und auch nicht mit anderen Verbrauchern zustande gekommen sind, sondern mit den im Rahmen der Emission beteiligten Instituten als Ersterwerber.

Die Kläger haben die geltend gemachten Forderungen nach ihrem eigenen Vortrag im Wege der Übertragung erworben. In den Schriftsätzen vom 12. März und 4. November 2015 (GA II 37 ff. und GA III 95 ff.) verweisen sie auf die Regelungen in den Art. 5 und 6 des griechischen Gesetzes 2198/1994 in der durch das griechische Gesetz 2469/1997 geänderten Fassung (von der Klägerin in deutscher Übersetzung vorgelegt als Anlage K 22, Anlagenordner I). Gemäß Art. 5 Abs. 1 dieses Gesetzes kann der griechische Staat ohne Ausgabe von Wertpapieren Darlehen aufnehmen. In Art. 5 Abs. 2 wird bestimmt, dass die Darlehen und ihre Unterteilungen ("Titel") in einem von der Bank von Griechenland geführten "System" gebucht werden. Nach Art. 6 Abs. 1 nehmen an dem System juristische oder natürliche Personen ("Träger") teil, die entweder durch Kategorien oder namentlich durch Akte des Direktors der Bank von Griechenland bestimmt werden. Nach der in Art. 6 Abs. 2 getroffenen Regelung können die Titel auf Dritte ("Investoren") übertragen werden; dazu wird in Art. 6 Abs. 5 bestimmt, dass die Konten der Träger im "System", die Konten der Investoren bei den Trägern geführt werden.

Der nach dem Vorbringen der Kläger (die nach ihrem Vortrag sämtlich Verbraucher sind) auf diesem Wege erfolgte Erwerb der Anleihen von einem der "Träger" (unmittelbar oder von einem Zwischenerwerber) kann nicht zur Anwendung des Art. 15 EuGVVO aF führen. Denn der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass das Erfordernis eines Vertragsschlusses zwischen einem - klagenden - Verbraucher und einem - beklagten - beruflich oder gewerblich Handelnden nicht erfüllt ist, wenn der beruflich oder gewerblich Handelnde aufgrund einer Kette von Verträgen bestimmte Rechte oder Pflichten gegenüber dem Verbraucher hat (EuGH, Urteil vom 28. Januar 2015 - C-375/13 [Kolassa/Barclays Bank plc], NJW 2015, 1581, Rn. 28 - 30; vgl. auch Wagner in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Art. 15 EuGVVO [aF] Rn. 15 m.w.N.; Thole, WM 2012, 1793, 1795). Nichts anderes kann für die hier zu beurteilende Konstellation gelten, in der die maßgeblichen Verpflichtungen der Beklagten zunächst im "System" im Verhältnis zu den (beruflich oder gewerblich handelnden) "Trägern" entstanden sind und die entsprechenden Titel erst dann auf Dritte ("Investoren") übertragen wurden.

b) Das Landgericht Osnabrück ist auch nicht gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO aF (Besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts) international und örtlich zuständig. Nach dieser Vorschrift kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vor dem Gericht des Ortes in einem anderen Mitgliedsstaat verklagt werden, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden.

aa) Die Begriffe "Vertrag" und "Ansprüche aus einem Vertrag" setzen grundsätzlich eine von einer Partei gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung voraus, auf die sich die Klage stützt. Die Begriffe sind autonom, also ohne Rückgriff auf einzelstaatliche Auslegungen, und weit auszulegen. Das Gericht muss zur Feststellung seiner Zuständigkeit nicht überprüfen, ob tatsächlich ein Vertrag zustande gekommen ist. Es ist vielmehr ausreichend, dass der Kläger einen vertraglichen Anspruch darlegt und seine Klage darauf stützt (vgl. EuGH, Urteil vom 28. Januar 2015 - C-375/13 [Kolassa/Barclays Bank plc], NJW 2015, 1581, Rn. 39; ferner Stadler in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., Art. 7 EuGVVO Rn. 2 m.w.N.). Das ist hier der Fall.

Die Beklagte ist mit der Ausgabe der im Streit stehenden Staatsanleihen freiwillig eine Verpflichtung eingegangen. Eine im Verhältnis zu den Klägern bestehende Verpflichtung der Beklagten haben die Kläger schlüssig dargelegt. Die Verpflichtung ergibt sich nach dem Vortrag der Kläger jedenfalls aus Art. 8 Abs. 2 des griechischen Gesetzes 2198/1994 in der durch das griechische Gesetz 2469/1997 geänderten Fassung (Anlage K 22, Anlagenordner I). Danach hat der Investor einen Anspruch aus dem Titel - nur - gegen den Staat, hier also die Beklagte, falls diese ihre gemäß Absatz 6 des Artikels bestehenden Verpflichtungen (zur Zahlung der fälligen Beträge an die Bank von Griechenland) nicht erfüllt hat. Darauf dass die Zahlung der - nach dem ursprünglichen Nennwert der Anleihen - fälligen Beträge durch die Beklagte infolge des Zwangsumtauschs ausgeblieben ist, stützen die Kläger ihre Klage.

Dagegen lässt sich, anders als die Beklagte meint, nicht einwenden, dass es sich bei dem in Art. 8 Abs. 2 des Gesetzes 2198/1994 geregelten Anspruch nicht um einen vertraglichen, sondern einen gesetzlichen Anspruch handele. Wie bereits ausgeführt, sind die Begriffe "Vertrag" und "Ansprüche aus einem Vertrag" weit auszulegen. Sie erfassen nicht nur Ansprüche gegen den ursprünglichen Vertragspartner, sondern auch solche gegen dessen Rechtsnachfolger und alle, die für die Erfüllung einer bestimmten Vertragspflicht haften (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., Art. 7 EuGVVO Rn. 5; Geimer in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO [aF] Rn. 73). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist nach Auffassung des Senats die in Art. 8 Abs. 2 des Gesetzes 2198/1994 angeordnete unmittelbare Verpflichtung der Beklagten gegenüber den Investoren als Anspruch aus einem Vertrag im Sinne des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO aF anzusehen.

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang den Klägern abspricht, überhaupt Gläubiger der durch die Ausgabe der Staatsanleihen begründeten Forderungen gewesen zu sein, ist das aus Sicht des Senats nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Es erscheint fraglich, welchen Wert die Anlage von Geld in Staatsanleihen haben soll, wenn der die Anleihe ausgebende Staat sich gegenüber dem Anleger später darauf berufen kann, dieser sei gar nicht Gläubiger der Anleihe. Diese Frage und das von der Beklagten in diesem Zusammenhang angeführte Argument, die fehlende Gläubigerstellung der Kläger ergebe sich bereits aus der in den Kaufabrechnungen enthaltenen Formulierung "Wertpapierrechnung ... Griechenland" muss hier jedoch nicht näher erörtert werden. Ob die Kläger als Investoren im Sinne des Art. 8 Abs. 2 des Gesetzes 2198/1994 anzusehen sind, wäre gegebenenfalls bei der Prüfung der Begründetheit der Klage zu klären. Im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung gemäß Art. 5 Abs. 1 EuGVVO aF genügt das Vorbringen der entsprechenden - auf schlüssigen Sachvortrag gestützten - Rechtsansicht der Kläger.

Unbeachtlich ist auch der Einwand der Beklagten, dass den Klägern keine vertraglichen Ansprüche zustünden, weil die Anleihen - nach dem Zwangsumtausch - nicht mehr existierten. Die Frage, ob die Anleihen aufgrund des Zwangsumtauschs erloschen sind, ist gerade die materielle Frage des Rechtsstreits, die bei der Prüfung der Begründetheit, nicht im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung zu klären wäre.

bb) Da es nicht um den Verkauf beweglicher Sachen oder die Erbringung von Dienstleistungen geht, ist gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. a und c EuGVVO aF das Gericht des Ortes zuständig, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Maßgeblich ist die vertragliche Pflicht, die den Gegenstand des Rechtsstreits bildet, hier also die Zahlungspflicht der Beklagten (vgl. MünchKommZPO/Gottwald, 4. Aufl., Art. 5 EuGVO [aF] Rn. 3 m.w.N.). Der Erfüllungsort dieser primären Hauptleistungspflicht ist auch maßgeblich für die Bestimmung der Zuständigkeit für etwa durch Leistungsstörung entstandene Schadensersatzpflichten oder sonstige anstelle der Erfüllungsverpflichtung getretene sekundäre Pflichten aus dem Vertrag (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2015 - V ZR 120/14, NJW 2016, 409, Rn. 7; Stadler in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., Art. 7 EuGVVO Rn. 7; jeweils m.w.N.).

(1) Der Erfüllungsort ist nach dem kollisionsrechtlich anwendbaren materiellen Recht zu bestimmen (vgl. Gottwald, aaO., Rn. 37; Stadler, aaO.; jeweils m.w.N.). Das ist hier - unstreitig - nach den Anleihebedingungen das griechische Recht. Unstreitig ist auch, dass nach der - dispositiven - Vorschrift des Art. 321 des griechischen Zivilgesetzbuchs (GR-ZGB; von der Beklagten in deutscher Übersetzung auf GA II 113 f. zitiert) der Wohnort beziehungsweise der Ort der gewerblichen Niederlassung des Gläubigers der Erfüllungsort für eine Geldschuld ist. Die Beklagte macht aber mit Recht geltend, dass selbst bei einer Anwendung von Art. 321 GR-ZGB der Erfüllungsort jedenfalls nicht im Bezirk des Landgerichts Osnabrück (am Wohnsitz der Kläger) liegt.

Denn die Kläger haben, wie bereits oben (unter a) dargestellt, die geltend gemachten Forderungen nach ihrem eigenen Vortrag im Wege der Übertragung erworben. Im Schriftsatz vom 4. November 2015 (GA III 95 ff.) haben sie dazu ausgeführt, dass mit der Eintragung des Investors in das beim Träger geführte Unterkonto der Erwerb der Forderung durch den Investor vollzogen ist. Es ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der (Wohn-)Sitz oder die gewerbliche Niederlassung auch nur eines einzigen Trägers im Bezirk des Landgerichts Osnabrück gelegen hätte. Damit liegt der Erfüllungsort für die ursprüngliche Verpflichtung der Beklagten gegenüber den Trägern jedenfalls nicht im Bezirk des Landgerichts Osnabrück (zu der von den Klägern erstmals in der Berufungsinstanz behaupteten Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main siehe unten, unter c).

Der gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO aF an den vertraglichen Erfüllungsort geknüpfte Gerichtsstand kann indessen nicht durch Übertragung der Forderung verändert werden. Zwar können sich auf Klägerseite auch Rechtsnachfolger (z.B. Zessionare oder Gesamtrechtsnachfolger) auf die Zuständigkeit gemäß Art. 5 Nr. 1 EuGVVO aF stützen; der zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien bestehende Gerichtsstand steht auch dem Zessionar offen (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2009 - VIII ZR 156/07, NJW 2009, 2606 [BGH 22.04.2009 - VIII ZR 156/07], Rn. 15; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., Art. 7 EuGVVO Rn. 6 m.w.N; Wagner in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 26). Stellt aber das anwendbare materielle Recht auf Umstände in der Person des Gläubigers ab, zum Beispiel dessen Wohnsitz oder gewerbliche Niederlassung, wie hier (bei unterstellter Anwendbarkeit) Art. 321 GR-ZGB, kann die Zuständigkeitsanknüpfung nicht durch die Rechtsnachfolge verändert werden. Für die internationale und örtliche Zuständigkeit relevant bleiben allein die in der Person des ursprünglichen Gläubigers liegenden Umstände. Eine davon abweichende Sichtweise wäre mit dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit des Gerichtsstandes (11. Erwägungsgrund der EuGVVO aF) nicht zu vereinbaren (vgl. Zöller/Geimer, aaO., Rn. 8; Wagner, aaO., Rn. 26 [Fn. 76]; Schlosser in: Schlosser/Hess, EU-Zivilprozessrecht, 4. Aufl., Art. 7 EuGVVO Rn. 10d; Geimer in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO [aF] Rn. 118; Gebauer, IPrax 1999, 432, 435; dieser kritisch zu OLG Celle, Urteil vom 11. November 1998 - 9 U 87/98, IPrax 1999, 456).

(2) Nach Auffassung des Senats folgt nichts anderes daraus, dass die Kläger sich im Wesentlichen auf Art. 8 Abs. 2 des Gesetzes 2198/1994 berufen. Die aus dieser Vorschrift folgende Verpflichtung der Beklagten kann entgegen der Ansicht der Kläger, die in diesem Zusammenhang von zwei unterschiedlichen Rechtskreisen (Beklagte/Träger einerseits und Beklagte/Investor andererseits) sprechen, nicht als eigenständige Pflicht betrachtet werden, die erst bei Fälligkeit der Anleihe (und Nichterfüllung der Pflichten gemäß Art. 8 Abs. 6 des Gesetzes 2198/1994) entstünde. Denn die in Art. 8 Abs. 2 des Gesetzes 2198/1994 angeordnete unmittelbare Verpflichtung der Beklagten gegenüber den Investoren ist untrennbar mit der durch Ausgabe der Anleihe begründeten Verpflichtung verbunden (siehe dazu oben unter aa). Außerdem wäre bei der Betrachtungsweise der Kläger bereits die Voraussetzung eines vertraglichen Anspruchs im Sinne des Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO aF nicht erfüllt, weil Anspruchsgrund dann nicht die freiwillige Eingehung der mit Ausgabe der Anleihe begründeten Pflichten, sondern allein die spätere Nichterfüllung der Pflichten aus Art. 8 Abs. 6 des Gesetzes 2198/1994 wäre.

(3) Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht mit dem vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2015 vorgetragenen Argument rechtfertigen, für die Bestimmung des Erfüllungsortes und damit des Gerichtsstands komme es auf den (Wohn-)Sitz desjenigen an, der zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Anleihe deren Gläubiger sei. Denn es wäre mit dem bereits erwähnten Grundsatz der Vorhersehbarkeit des Gerichtsstandes (11. Erwägungsgrund der EuGVVO aF) nicht zu vereinbaren, wenn im Hinblick auf einen vertraglich begründeten Anspruch der Gerichtsstand erst bei dessen späterer Fälligkeit bestimmt werden könnte. Das muss erst recht gelten, wenn der Anspruch typischerweise, wie bei den hier im Streit stehenden Staatsanleihen, auf Dritte übertragen (und unter Umständen vielfach weiter übertragen) wird.

c) Auch das Landgericht Frankfurt am Main ist nicht gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO aF international und örtlich zuständig. Der von den Klägern im Schriftsatz vom 21. Dezember 2015 hilfsweise gestellte Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Frankfurt am Main hat deshalb ebenfalls keinen Erfolg. Allerdings ist ein erstmals - auch hilfsweise - in der Berufungsinstanz gestellter Verweisungsantrag gemäß § 281 Abs. 1 ZPO zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2014 - VIII ZR 376/13, BGHZ 202, 39 = NJW 2014, 2864 [BGH 09.07.2014 - VIII ZR 376/13], Rn. 52; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 281 Rn. 9; ferner BeckOK ZPO/Bacher § 281 Rn. 9, 12 m.w.N.).

Die Kläger haben im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2015 vorgetragen, dass die ... Bank AG hinsichtlich aller im Streitfall relevanten Staatsanleihen aufgrund ihrer Stellung als "Primary Dealer", "Co-Manager" oder "Joint Lead Manager" einer der "Träger" im Sinne von Art. 6 Abs. 1 des griechischen Gesetzes 2198/1994 und damit Gläubiger der ursprünglichen Verpflichtung der Beklagten gewesen sei (GA III 133 ff., 172 ff., 206 ff.; siehe auch GA II 29 ff.). Dem ist die Beklagte entgegen getreten (GA III 197 f.).

Es kann als richtig unterstellt werden, dass die ... Bank AG, deren Hauptsitz sich in Frankfurt am Main befindet, die Stellung eines "Trägers" hatte. Es ist aber schon nicht nachvollziehbar, dass es unter diesen Umständen für die Bestimmung des Erfüllungsorts gemäß Art. 321 GR-ZGB auf den Hauptsitz in Frankfurt am Main ankommen soll. Denn die von den Klägern vorgetragenen Funktionen, die die ... Bank AG im Zusammenhang mit der Ausgabe der Staatsanleihen durch den griechischen Staat gehabt haben soll, sind von solchem Umfang und Gewicht, dass deren Erfüllung ohne eine zum selbständigen Geschäftsabschluss befugte Niederlassung in Griechenland nicht möglich erscheint. Dann ist der Ort dieser gewerblichen Niederlassung und nicht der in Deutschland gelegene Hauptsitz des Unternehmens Erfüllungsort im Sinne des Art. 321 GR-ZGB.

Aber selbst wenn man in diesem Punkt zu einem anderen Ergebnis käme, führte dies nicht zu einer internationalen und örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main, wie sie die Kläger annehmen (abweichend von ihrem früheren Standpunkt, mit dem sie hingenommen haben, dass der Erfüllungsort für die Verpflichtungen der Beklagten im Verhältnis zu den Trägern "in Griechenland, annehmbar wohl sogar in Athen, liegt"; GA III 96). Nach Auffassung der Kläger soll jeder Anleihegläubiger am Geschäftssitz eines jeden der - in verschiedenen Staaten ansässigen - "Primary Dealer" beziehungsweise "Träger" als Erfüllungsort klagen können, weil aufgrund der Zuteilung der Anleihen durch ein elektronisches Verfahren gar nicht feststellbar sei, welcher Träger welche Anleihe erworben habe. Wie bereits in der Verfügung vom 5. Januar 2015 ausgeführt (GA III 156), erscheint eine solche weltweite Zerstreuung möglicher Erfüllungsorte nicht praktikabel. Sie wäre, anders als die Kläger meinen, gerade mit dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit des Gerichtsstandes nicht zu vereinbaren. Außerdem stehen die Vorschriften in Art. 5 und 6 des griechischen Gesetzes 2198/1994 sowie die Anleihebedingungen der Auffassung der Kläger entgegen. Nach diesen Regelungen ist für das Verhältnis zwischen dem beklagten Staat als Anleiheschuldner und den "Trägern" als Ersterwerbern der Anleihen allein die Annahme eines einheitlichen Erfüllungsortes am Sitz der griechischen Zentralbank als Verwalterin des "Systems" sinnvoll. Soweit sich aus der - unstreitig dispositiven - Vorschrift des Art. 321 GR-ZGB etwas anderes ergeben sollte, würde diese von den genannten Regelungen verdrängt.

Denn nach den in Art. 5 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes 2198/1994 getroffenen Regelungen ist das von der griechischen Zentralbank verwaltete "System" der Dreh- und Angelpunkt für die Ausgabe von Staatsanleihen, in dem gemäß Art. 6 Abs. 5 des Gesetzes die Konten der Träger geführt werden. Hinzu kommt die in sämtlichen Anleihebedingungen für die hier relevanten Anleihen enthaltene Bestimmung: "Paying Agent: Bank of Greece." Nach Auffassung des Senats ergibt sich aus diesen Regelungen, dass die wechselseitigen Verpflichtungen zwischen der beklagten Republik und den "Trägern" innerhalb des "Systems" und damit am Sitz der griechischen Zentralbank (Athen) zu erfüllen sind. Der Senat kann nicht erkennen, warum die Stellung der griechischen Zentralbank als Vertreterin des griechischen Staates oder der von den Klägern vorgetragene Umstand, dass die griechische Zentralbank keine Kreditdienstleistungen für die Allgemeinheit erbringen dürfe, dieser Sichtweise entgegenstehen soll, wie die Kläger meinen (GA III 171, 209 f.).

Danach führt die Annahme, dass die ... Bank AG die Stellung eines "Trägers" im Sinne von Art. 6 Abs. 1 des griechischen Gesetzes 2198/1994 hatte, nicht zur internationalen und örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO aF. Insoweit kann sich, wie bereits oben (unter b) ausgeführt, auch aufgrund von späteren Übertragungen der Forderung nichts anderes ergeben.

d) Die Landgerichte Osnabrück oder Frankfurt am Main sind auch nicht gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO aF international und örtlich zuständig. Voraussetzung für eine Anwendung dieser Vorschrift wäre, dass eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bildeten. Insofern kommen allein die mit der Klage hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung beziehungsweise wegen einer rechtswidrigen Enteignung oder eines enteignungsgleichen Eingriffs in Betracht. Diese Ansprüche sind aber, wie bereits oben (unter 2 b) dargestellt, nach dem Grundsatz der Staatenimmunität von deutschen Gerichten nicht zu prüfen. Daher kommt im vorliegenden Rechtsstreit eine Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO aF von vornherein nicht in Betracht.

4. Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 2 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und zur Fortbildung des Rechts - einschließlich der Frage einer eventuellen Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV - zugelassen (§ 543 Abs. 2 ZPO).