Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 19.11.2021, Az.: 1 Ss (OWi) 202/21
Verwerfung des Einspruchs bei vorzeitigem Verlassen der Hauptverhandlung; Verlassen der Hauptverhandlung vor Urteilsverkündung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 19.11.2021
- Aktenzeichen
- 1 Ss (OWi) 202/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 54649
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:2021:1119.1SS.OWI202.21.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Northeim - 02.08.2021 - AZ: 9 OWi 500 Js 16368/21
Rechtsgrundlagen
- § 74 Abs. 2 OWiG
- § 260 Abs. 1 StPO
- § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG
- § 73 Abs. 1 Nr. 24 IfSchG
Fundstelle
- VRA 2022, 52
Amtlicher Leitsatz
Das Gericht ist auch dann gemäß § 74 Abs. 2 OWiG zur Verwerfung des Einspruchs verpflichtet, wenn sich der Betroffene ohne genügende Entschuldigung vorzeitig aus der Hauptverhandlung entfernt. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Ende der Hauptverhandlung ist auch in diesem Zusammenhang die Verkündung des Urteils.
Gründe
Wegen Verstoßes gegen § 73 Abs.1 a Nr. 24 IfSG in der Fassung vom 6. November 2020 i.V.m. §§ 2 Abs. 1, 19 Abs. 1 der Niedersächsischen Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus-SARS-Cov-2 vom 30. Oktober 2020 wird der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Northeim vom 2. August 2021 - auf seine Kosten (§§ 473 Abs. 1 StPO, 79 Abs. 3, 80 Abs. 3 S. 2 und Abs. 4, 46 Abs. 1 OWiG) - als unbegründet verworfen (§ 80 Abs. 4 S. 3 OWiG).
Das Vorbringen des Betroffenen, er habe bis zum Ende der Beweisaufnahme an der Hauptverhandlung teilgenommen und sich erst nach seinem Schlusswort entfernt, gibt dem Senat - unabhängig von der Zulässigkeit einer auf § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG gestützten Verfahrensrüge - Anlass zu folgender Bemerkung: Nach § 74 Abs. 2 OWiG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten und anderer Gesetze vom 26. Januar 1998 ist die Verwerfung des Einspruchs zwingend, wenn der Betroffene ohne genügende Entschuldigung ausbleibt, obwohl er von der Verpflichtung zum Erscheinen nicht entbunden war. Das vorzeitige Entfernen (also das Ausbleiben nach Beginn) steht dem Ausbleiben bereits zu Beginn der Hauptverhandlung gleich (KG Berlin, Beschluss vom 28. April 1999, 2 Ss 55/99 - 3 Ws (B) 218/99, juris; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 5. Februar 2003, 1 Ss 287/02, juris, Rn. 26 ff.; Senge in Karlsruher Kommentar, OWiG, 5. Aufl., § 74 Rn. 30; Seitz/Bauer in Göhler, OWiG, 18. Aufl., § 74 Rn. 28). Die Hauptverhandlung schließt erst mit der Verkündung des Urteils (§§ 71 Abs.1 OWiG, 260 Abs. 1 StPO).