Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 28.11.2002, Az.: 4 AR 94/02

Angabe des Abgabegerichtes im Mahnbescheidsantrag ; Verbindliche Ausübung des Wahlrechts nach § 35 Zivilprozessordnung (ZPO); Verweisung des Abgabegerichtes ; Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses; Objektive Willkür wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
28.11.2002
Aktenzeichen
4 AR 94/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 16312
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2002:1128.4AR94.02.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover 509 C 12384/02
AG Leipzig 6 C 10212/02

Fundstelle

  • OLGReport Gerichtsort 2003, 94

Amtlicher Leitsatz

Die Angabe des Abgabegerichtes im Mahnbescheidsantrag stellt i.d.R. eine verbindliche Ausübung des Wahlrechts gemäss § 35 ZPO dar, sodass eine Verweisung des Abgabegerichtes nur noch in Betracht kommt, wenn kein eigener Gerichtsstand begründet ist.

Tenor:

Das Amtsgericht Leipzig ist zuständig.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe

1

I.

Amtsgericht Hannover und Amtsgericht Leipzig streiten über ihre örtliche Zuständigkeit.

2

Mit Antrag vom 21. Dezember 2001 hat die Klägerin beim Amtsgericht Hannover den Erlass eines Mahnbescheides wegen Hausgeldrückständen für 1997 und 1998 gegen den am 23. November 1998 ausgeschiedenen Wohnungseigentümer, den Beklagten, begehrt. Als Abgabegericht wurde das Amtsgericht Hannover angegeben. Nach Eingang des Widerspruchs vom 25. Februar 2002 und Mitteilung einer neuen Anschrift in Leipzig hat die Klägerin die Durchführung des streitigen Verfahrens - entgegen der Angabe in dem Mahnbescheid - vor dem Amtsgericht Leipzig mit Schriftsatz vom 30. Mai 2002 begehrt und um Abgabe an dieses Gericht gebeten. Mit Beschluss vom 13. September 2002 hat das Amtsgericht Hannover sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht in Leipzig verwiesen. Dieses hat mit Beschluss vom 11. Oktober 2002 die Übernahme des Verfahrens abgelehnt und mit Beschluss vom 14. November 2002 das Verfahren dem Oberlandesgericht Celle mit der Bitte um Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

3

II.

Das Amtsgericht Leipzig war gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO als zuständiges Gericht zu bestimmen, da es örtlich zuständig ist und der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Hannover auch gemäß § 281 Abs. 2 Satz 5 ZPO Bindungswirkung für das Amtsgericht Leipzig entfaltet.

4

1.

Das Amtsgericht Leipzig ist örtlich sowohl als Wohnsitzgericht gemäß §§ 12, 13 ZPO als auch als Gericht des Erfüllungsortes gemäß § 29 ZPO zuständig, da der Beklagte in Leipzig wohnt und die mit der Klage begehrten Hauskosten eine Geldschuld darstellen, für die gemäß § 269 Abs. 1 BGB im Zweifel - entgegenstehende Gründe sind weder vorgetragen noch ersichtlich - der Wohnsitz des Schuldners Erfüllungsort ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Auf. , § 29 Rn. 1).

5

2.

a)

Demgegenüber ergibt sich eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Hannover nicht, da zwar das geltend gemachte Wohngeld grundsätzlich gemäß § 43 Abs. 1 WEG in das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit fällt (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl. , § 43 Rn. 11, m. w. N. ) und Hannover dann als Ort des belegenen Grundstücks in Betracht käme, indes Streitigkeiten mit ausgeschiedenen Wohnungseigentümern, wie vorliegend mit dem Beklagten, grundsätzlich im Zivilprozess geltend zu machen sind (vgl. Bärmann, a. a. O. , Rn. 27).

6

b)

Auch aus der von der Klägerin im Mahnbescheidsantrag mit der Angabe des Amtsgerichtes Hannover als Abgabegericht vorgenommenen wirksamen, unwiderruflichen und verbindlichen Ausübung ihres Wahlrechtes gemäss § 35 ZPO (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10. September 2002 zu X ARZ 299/02) folgt keine Zuständigkeit des Amtsgerichts Hannover, da kein Gerichtsstand insoweit eröffnet ist, sodass das Amtsgericht Hannover nicht gehindert war, eine Verweisung vorzunehmen (vgl. BGH a. a. O. ). Deshalb ergibt sich die Zuständigkeit des Amtsgerichts Leipzig auch durch die dieses Gericht gemäß § 281 Abs. 2 Satz 5 ZPO bindende Verweisung durch den Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 13. September 2002. Eine objektiv willkürliche Verweisung wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit, wie das Amtsgericht Leipzig meint, liegt daher gerade nicht vor, sodass der Beschluss für das Amtsgericht Leipzig auch bindend ist und es als zuständiges Gericht zu bestimmen war.