Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 23.07.2021, Az.: 1 Ws 190/21

Kein aktives Tun von Klinikleitung und Ärzten bei Tötung von Patienten; Beihilfestrafbarkeit durch berufstypisches Verhalten; Garantenstellung im Klinikum; Unterlassen durch Verschweigen von Verdachtsmomenten; Keine Garantenstellung nach § 242 BGB; Kein Pflichtwidrigkeitszusammenhang zwischen unrichtigem Arbeitszeugnis und Straftaten

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
23.07.2021
Aktenzeichen
1 Ws 190/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 35004
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 26.04.2021 - AZ: 5 Ks 23/19

Fundstellen

  • GesR 2021, 650-658
  • JZ 2023, 359
  • JZ 2023, 252
  • NJW-Spezial 2021, 570
  • PflR 2021, 715-727
  • StV 2023, 12-20

Amtlicher Leitsatz

Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit einer Klinikleitung für spätere Tötungsdelikte ihres vormaligen Krankenpflegers in einem anderen Klinikum; insbesondere zum (fehlenden) Pflichtwidrigkeitszusammenhang - im Rahmen einer Garantenstellung aus Ingerenz - zwischen dem Erstellen eines unzutreffenden Arbeitszeugnisses durch Verschweigen von Verdachtsmomenten und den nachfolgend begangenen Tötungen des insoweit tatverdächtigen Mitarbeiters.

Tenor:

Die sofortigen Beschwerden der Nebenklägerinnen und der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts Oldenburg vom 26. April 2021,

durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Angeschuldigten AA, DD und Prof. Dr. EE wegen der Taten 4. bis 63. der Anklage der Staatsanwaltschaft Oldenburg aus September 2019 (Geschäftsnummer: 800 Js 70900/14) abgelehnt worden ist,

werden als unbegründet verworfen.

Die Nebenklägerinnen und die Staatsanwaltschaft tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst. Die im Beschwerdeverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Nebenklägerinnen und die Staatskasse jeweils zu gleichen Teilen. Die den Angeschuldigten durch die Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

1.

Die Staatsanwaltschaft Oldenburg legt den fünf Angeschuldigten mit undatierter Anklageschrift aus September 2019 (Geschäftsnummer: 800 Js 70900/14) jeweils Totschlag durch Unterlassen zur Last. Ihnen wird vorgeworfen,

"in (...) und (...)

im Zeitraum vom 17.11.2001 bis zum 24.06.2005

durch Unterlassen

die Angeschuldigten BB und CC

in 3 rechtlich zusammentreffenden Fällen (Taten 1-3)

die Angeschuldigten AA und DD

in 63 rechtlich zusammentreffenden Fällen (Taten 1-63)

sowie der Angeschuldigte EE

in 60 rechtlich zusammentreffenden Fällen (Taten 4-63)

jeweils einen Menschen getötet zu haben, wobei es in vier Fällen beim Versuch blieb."

Im Einzelnen wird den Angeschuldigten Folgendes zur Last gelegt:

"Im Zeitraum von Juni 1999 bis zum Dezember 2002 war der II als Krankenpfleger im Klinikum AA beschäftigt, davon bis zum 09.12.2001 auf der Station 211, der kardiochirurgischen Intensivstation, sodann, bis zu seinem faktischen Ausscheiden aus dem Klinikum AA am 23.09.2002, auf der Anästhesiestation.

Während der Tätigkeit des II auf der Station 211 war deren ärztlicher Leiter der Angeschuldigte Prof. Dr. BB. Der Angeschuldigte CC war der Leiter des Bereichs Pflege der Station 211 und damit der direkte Vorgesetzte des II.

Der Angeschuldigte AA war während der gesamten Tätigkeit des Angeschuldigten im Klinikum AA dessen Geschäftsführer.

Die Angeschuldigte DD war - ebenfalls während der gesamten Zeit der Beschäftigung des gesondert verfolgten II - Pflegedirektorin des Klinikums.

Alle vier genannten Angeschuldigten waren aufgrund ihrer jeweiligen Funktion verpflichtet, das Leben der Patienten auf der Station 211 bzw. im Bereich des gesamten Klinikums zu schützen.

Während seiner Tätigkeit auf der Station 211 ermordete der II in mindestens 31 Fällen Patienten durch die nicht indizierte Beibringung verschiedener Medikamente wie Kalium, Gilurytmal, Amiodaron, Sotalex und Lidocain.

Die Angeschuldigten AA, BB, CC und DD hielten solche Taten des II spätestens seit Ende Oktober des Jahres 2001 für tatsächlich möglich, schritten jedoch nicht ein und nahmen damit zunächst die Begehung weiterer Taten auf der Station 211 billigend in Kauf.

Der II konnte hierdurch ungehindert seine Taten zum Nachteil der nachfolgend genannten Verstorbenen begehen: [...]"

Es folgt eine Darstellung der angelasteten Fälle 1. bis 3., bei denen es um das Schicksal zweier Patienten und einer Patientin geht, die im Klinikum AA zwischen dem 17. November 2001 und dem 26. November 2001 getötet worden sind.

Weiter heißt es in der Anklageschrift:

"Ab dem 10.12.2001 versah der II sodann seinen Dienst auf der Anästhesieabteilung des Klinikums. Deren ärztlicher Leiter war und ist bis heute der Angeschuldigte Prof. Dr. EE.

Auch dieser erkannte nun nach und nach - und spätestens am 20.09.2002 definitiv -, dass der II Handlungen an Patienten vornahm, die geeignet waren, diesen erheblichen Schaden zuzufügen bzw. deren Leben zu gefährden.

Obwohl also die Angeschuldigten DD und AA bereits im Oktober 2001 sowie der Angeschuldigte EE spätestens im September 2002 erkannt hatten, dass der gesondert Verfolgte II Patienten in reanimationspflichtige Zustände brachte und damit deren Leben gefährdete, unternahmen sie auch nach - weiteren - Vorfällen im Bereich der Anästhesie nichts, um hilflose Patienten vor einem so agierenden Pfleger zu schützen, namentlich die Ermittlungsbehörden einzuschalten.

Vielmehr sorgten sie - um zu verhindern, dass der bestehende Verdacht an die Öffentlichkeit geriet - zusätzlich dafür, dass der gesondert Verfolgte das Klinikum AA "sang-und klanglos" verließ, indem ihm - durch den Angeschuldigten Prof. Dr. EE persönlich - angeboten wurde, drei Monate unter Weiterzahlung seiner Bezüge freigestellt zu werden und ein gutes Zeugnis zu erhalten, wenn er das Klinikum "freiwillig" verlasse.

Nachdem der II auf dieses Angebot eingegangen war, wurde ihm, in dem Wissen um die zuvor von ihm begangenen Taten, im Oktober 2002 ein sehr gutes Zwischenzeugnis zu Bewerbungszwecken ausgehändigt, unterschrieben durch die Angeschuldigte DD.

Aufgrund dieses - wie den Angeschuldigten EE, DD und AA bekannt war - falschen bzw. unvollständigen Zeugnisses gelang es dem II problemlos eine neue Stelle im Klinikum BB zu erlangen.

Aus ihrem - insgesamt pflichtwidrigen - Vorverhalten resultierte für die Angeschuldigten AA, DD und EE eine Verpflichtung, die von dem II ausgehende Gefahr für Dritte nach Kräften abzuwenden.

Da dies nicht geschah, konnte der gesondert Verfolgte in den folgenden Jahren im Klinikum BB, wo er ab dem 15.12.2002 beschäftigt war, ungehindert die Taten zum Nachteil der nachbenannten Opfer begehen: [...]"

Es folgt die Darstellung der angelasteten Fälle 4. bis 63., bei denen es sich um Patientinnen und Patienten handelt, die zwischen dem 22. Dezember 2002 und dem 24. Juni 2005 im Klinikum BB getötet worden sind. In der Anklageschrift heißt es anschließend:

"Die vorgenannten Morde bzw. Mordversuche hätten in allen Fällen durch die Angeschuldigten AA und DD, in 60 Fällen durch den Angeschuldigten EE sowie in drei Fällen durch die Angeschuldigten BB und CC durch ihnen zumutbares und gebotenes Handeln mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert werden können, namentlich durch die Information der Ermittlungsbehörden über die Verdachtslage gegen den II und/oder dessen umgehende Freistellung vom Dienst ohne Ausstellung eines guten Zeugnisses.

Die vorgenannten Angeschuldigten BB, CC, DD und AA erkannten spätestens Ende Oktober 2001 die von dem II ausgehende Gefahr für die Patienten und fanden sich mit den - wenn auch unerwünschten - Taten ab, obwohl sie auch erkannten, dass die Möglichkeit der Verhinderung weiterer Taten gegeben war. Der Angeschuldigte EE erkannte dies spätestens am 20.09.2002. Auch dieser fand sich mit den - wenn auch unerwünschten - Taten ab, obwohl auch er erkannte, dass die Möglichkeit der Verhinderung weiterer Taten gegeben war.

Das Unterlassen jeglichen Einschreitens sowie die in der Absicht, die Vorkommnisse, unter dem Deckel zu halten', vorgenommene Ausstellung eines guten und unwahren Zeugnisses, geschahen aus Sorge um die Reputation der Station 211 und des Klinikums AA insgesamt, welches in der Zeit davor zunächst bereits mit dem Fall des sog.,Oldenburger Babys' sowie durch einen Hygieneskandal in die Schlagzeilen geraten war."

2.

Das Landgericht Oldenburg - 5. Große Strafkammer - hat mit Beschluss vom 26. April 2021 hinsichtlich der Angeschuldigten AA, Prof. Dr. BB, CC und DD die Anklage der Staatsanwaltschaft Oldenburg aus September 2019 mit der Maßgabe zur Hauptverhandlung zugelassen, dass diesen Angeschuldigten Beihilfe zum Totschlag durch Unterlassen in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen (Fälle 1. bis 3.) zur Last gelegt und insoweit das Hauptverfahren eröffnet wird. Im Übrigen (Fälle 4. bis 63.) - und hinsichtlich des Angeschuldigten Prof. Dr. EE insgesamt - hat es die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Wegen der Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

3.

Hiergegen richten sich die sofortigen Beschwerden der Nebenklägerinnen sowie der Staatsanwaltschaft Oldenburg, der die Generalstaatsanwaltschaft beigetreten ist. Auch insoweit wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die jeweiligen Beschwerdebegründungen verwiesen.

Die Verteidiger haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Die Angeschuldigten Prof. Dr. EE, DD und AA haben hiervon mit - in Bezug genommenen - Schriftsätzen vom 11. Juni 2021, 18. Juni 2021 sowie 21. Juni 2021 Gebrauch gemacht.

II.

Die zulässigen Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg. Das Landgericht Oldenburg hat die Zulassung der Anklage bezüglich der in der Anklageschrift aufgeführten Taten 4. bis 63. zu Recht abgelehnt, weil insoweit aus Rechtsgründen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO64, § 204 Rn. 2) eine Verurteilung der drei Angeschuldigten AA, DD und Prof. Dr. EE ausscheidet. Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit dieser Angeschuldigten für die Tötungen im Klinikum BB folgt weder aus einem - die Garantenstellung nicht voraussetzenden - aktiven Tun (dazu 1.) noch aus einem Unterlassen (dazu 2.).

1.

Eine - wie indes von der Nebenklage angenommene - Beihilfestrafbarkeit durch aktives Tun kommt auf der Grundlage der bisher ermittelten und zu erwartenden Beweislage nicht in Betracht.

a)

Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit (vgl. Fischer, StGB68, § 13 Rn. 5 m.w.N.) bezüglich der Tötungen der Patienten im Klinikum BB liegt nicht in einem aktiven Tun, sondern in einem Unterlassen. Zwar käme als Anknüpfungspunkt für ein aktives Tun (allenfalls) die Erstellung des (Zwischen-)Zeugnisses für II in Betracht. Diese Tätigkeit ist jedoch für sich genommen weder strafbewehrt noch sonst pflichtwidrig. Vielmehr sind die - ohnehin nur insoweit tätig gewordenen - Angeschuldigten DD und AA ihrer in § 109 GewO bzw. § 630 BGB gesetzlich normierten arbeitsvertraglichen Nebenpflicht nachgekommen, ihrem Arbeitnehmer ein schriftliches Zeugnis zu erteilen (vgl. Wiebauer, in: Landmann/Rohmer, GewO, 85. EL, § 109 Rn. 2; Müller-Glöge, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht21, GewO § 109 Rn. 1). Hinzu kommt, dass sich das Zwischen- wie Endzeugnis in weiten Teilen auf eine "neutrale" Schilderung der zeitlichen Abläufe sowie der Einsatzbereiche und -tätigkeiten von II erstreckt und damit auch ohne Berücksichtigung etwaig pflichtwidriger Teile "sinnvoll" bleibt (vgl. - indes auf etwas anderer Prüfungsstufe - BGH, Urteil vom 08.03.2001 - 4 StR 453/00, NJW 2001, 2409 [2410]). Mit anderen Worten, selbst wenn man den Fokus allein auf den Inhalt des Zeugnisses richten wollte, läge der Schwerpunkt des Vorwurfs in der Nichterwähnung etwaiger gegen II streitenden Verdachtsmomente (dazu sogleich unter Ziffer 2. lit. c) cc) (1)), mithin in einem Unterlassen, nicht aber in der Erteilung des Zeugnisses als aktivem Tun.

b)

Eine Strafbarkeit aus aktivem Tun kommt auch nicht nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Beihilfestrafbarkeit durch sog. berufstypisches oder neutrales Verhalten in Betracht (vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 01.08.2000 - 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107 = NJW 2000, 3010 [3011]): Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung zu werten. In diesem Fall verliert sein Tun stets den "Alltagscharakter"; es ist als "Solidarisierung" mit dem Täter zu deuten und dann auch nicht mehr als sozialadäquat anzusehen. Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Hauttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung "die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein" ließ. Zwar mag es - unter Zugrundelegung der in der Anklageschrift aufgeworfenen Verdachtsmomente - nicht ganz fernliegend erscheinen, dass die beiden Angeschuldigten DD und AA das von ihnen erkannte Risiko strafbaren Verhaltens von II für derart hoch erachtet haben, dass sie sich mit Erstellen des Arbeitszeugnisses "die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein" ließen. Da hier jedoch der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit auf einem Unterlassen liegt und ein Nicht-Handeln - anders als ein (sog. berufstypisches oder professionell adäquates) Handeln - für sich genommen äußerlich immer "neutral" ist, lassen sich diese Grundsätze nicht ohne weiteres auf Unterlassungsdelikte übertragen (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 24.07.2008 - 3 U 216/06, NJOZ 2008, 4082 [4105 f.]).

c)

Insbesondere ist auch in den Fällen der Beihilfe durch Unterlassen das Erfordernis einer Garantenstellung zu verlangen (vgl. Fischer, StGB68, § 27 Rn. 13a m.w.N.), woran es jedoch aus den nachfolgend unter Ziffer 2. näher dargestellten Gründen im Hinblick auf die Tötungen im Klinikum in (... (Klinikum BB)) mangelt, so dass auch eine etwaige, die Grenzen berufstypischen Verhaltens überschreitende Hilfeleistung im Sinne des § 27 StGB hier keine strafbare Beihilfe durch Unterlassen zu begründen vermag.

2.

Während jeweils eine Garantenstellung als Überwacher-/Beschützergarant und damit eine hinreichend wahrscheinliche Unterlassungsstrafbarkeit der Angeschuldigten AA, Prof. Dr. BB, DD und CC hinsichtlich der in der Anklageschrift aufgeführten im Klinikum AA behandelten drei Patienten aus tatsächlicher bzw. vertraglicher Übernahme von Pflichten hergeleitet werden kann, gilt dies nicht für die Angeschuldigten AA, DD und Prof. Dr. EE gegenüber den im Klinikum BB aufgenommenen und später dort getöteten Patienten (Fälle 4. bis 63.). Insoweit wird zur Begründung vollumfänglich auf die vom Senat geteilten Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen, die auch durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet werden.

Im Einzelnen:

Da - wie bereits ausgeführt - im Hinblick auf die im Klinikum BB aufgrund der Tötungshandlungen von II verstorbenen Patienten der Schwerpunkt einer etwaigen Vorwerfbarkeit auf einem Unterlassen der insoweit Angeschuldigten beruht, sind sie nur dann für den Tod der Patienten im Klinikum in (... (Klinikum BB)) verantwortlich, wenn sie nach § 13 Abs. 1 StGB rechtlich dafür einzustehen haben und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands durch ein Tun entspricht. Während bei den Begehungsdelikten die objektive Zurechnung auf der Verursachung des tatbestandsmäßigen Erfolgs beruht, reicht bei den unechten Unterlassungsdelikten die Tatsache, dass eine mögliche Handlung den Erfolg verhindert hätte, nicht aus, um die Beeinträchtigung des Rechtsguts jedem Handlungsfähigen als von ihm zu verantwortendes Unrecht zur Last legen zu können. Vielmehr muss ein besonderer Rechtsgrund nachgewiesen werden, wenn jemand ausnahmsweise dafür verantwortlich gemacht werden soll, dass er es unterlassen hat, zum Schutz fremder Rechtsgüter positiv tätig zu werden. Die Gleichstellung des Unterlassens mit dem aktiven Tun setzt deshalb voraus, dass der Täter als "Garant" für die Abwendung des Erfolgs einzustehen hat. Alle Erfolgsabwendungspflichten beruhen auf dem Grundgedanken, dass eine bestimmte Person in besonderer Weise zum Schutz des gefährdeten Rechtsguts aufgerufen ist und dass sich alle übrigen Beteiligten auf das helfende Eingreifen dieser Person verlassen und verlassen dürfen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 25.09.2014 - 4 StR 586/13, BGHSt 59, 318 = NJW 2014, 3669 [3670 Tz. 19]; Beschluss vom 08.03.2017 - 1 StR 466/16, BGHSt 62, 72 = NJW 2017, 2052 [2053 Tz. 16] jew. m.w.N.). Eine solche Garantenstellung ergibt sich vorliegend auf der Grundlage der vorhandenen und zu erwartenden Beweislage jedoch weder aus Gesetz (dazu lit. a)), noch aus Gewährsübernahme (dazu lit. b)), noch aus pflichtwidrigem Vorverhalten, sog. Ingerenz (dazu lit. c)), noch aus sonstigen pflichtbegründenden Umständen wie etwa dem Grundsatz von Treu und Glauben (dazu lit. d)) (vgl. Fischer, StGB68, § 13 Rn. 17 ff. zur quellen-orientierten Bestimmung der Garantenstellung).

a)

Eine gesetzlich begründete Einstandspflicht der Angeschuldigten für die Tötungen im Klinikum BB ist nicht ersichtlich. Eine solche folgt insbesondere auch nicht aus dem Straftatbestand des Nichtanzeigens geplanter Straftaten gemäß § 138 StGB. So ist der objektive Tatbestand dieser Norm schon nicht erfüllt, weil hinsichtlich der Fälle 1. bis 3. die Katalogtat des Totschlags - bezogen auf den Zeitraum der Tatbegehung in (... (Klinikum BB)) - bereits beendet und damit eine Anzeigepflicht erloschen war (vgl. Hohmann, in: MüKo-StGB3, § 138 Rn. 10) und es bezüglich der Fälle 4. bis 63. mehr als fernliegend erscheint, geschweige denn hinreichend erwiesen ist, dass die Angeschuldigten von den einzelnen Taten im BB Klinikum vorab glaubhaft erfahren haben.

Aber selbst wenn die Angeschuldigten - wofür es indes keine Anhaltspunkte gibt - hiervon Kenntnis gehabt haben sollten, würde ihr Wissen nicht per se zu einer strafrechtlichen Verantwortung führen und ihnen eine strafbewehrte Überwachungspflicht erwachsen. Vielmehr zeigt die Vorschrift des § 138 StGB, dass das Wissen um Straftaten nur in Ausnahmefällen strafbar ist (vgl. Warneke, NStZ 2010, 312 [316]). So wird der Mitwisser gerade nicht als Beteiligter durch Unterlassen an der fremden Tat bestraft, sondern aus § 138 StGB selbst (vgl. BGH, Urteil vom 29.11.1963 - 4 StR 390/63, NJW 1964, 731 [732]). Würde nämlich das bloße Wissen um eine Straftat für eine Garantenstellung genügen, enthielte § 138 StGB für die dort genannten besonders schweren Katalogtaten eine Privilegierung (so Warneke a.a.O.). In Ansehung dessen begründet § 138 StGB keine Garantenstellung im Sinne des § 13 StGB, sondern lediglich eine Warnpflicht (ganz h.M.; statt vieler Lackner/Kühl, StGB29, § 138 Rn. 8; Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB30, § 138 Rn. 2; Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 49. Ed., § 138 Rn. 1.1). Die Nichterfüllung der Anzeigepflicht allein reicht mithin nicht aus, eine Unterlassung tatbestandsmäßig einem Tun gleichzustellen (vgl. Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB30, § 13 Rn. 57 m.w.N.).

b)

Eine Garantenstellung folgt für die Angeschuldigten auch nicht aus vertraglicher und/oder tatsächlicher Übernahme für die Gewähr eines Rechtsguts.

aa)

Zwar treffen einen Arzt, der einen hilfsbedürftigen Kranken als Patienten an- bzw. übernimmt, in jedem Fall - unabhängig vom Bestehen eines rechtswirksamen Behandlungsverhältnisses (§ 630a BGB) - sämtliche ärztliche Garantenpflichten, die gebotenen medizinischen Maßnahmen im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren zu ergreifen, um die einem Kranken drohenden Schädigungen abzuwenden und seine Gesundheit wieder herzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 08.02.2000 - VI ZR 325/98, NJW 2000, 2741 [2742]; OLG Bamberg, Urteil vom 01.08.2011 - 4 U 38/09, NJOZ 2012, 936 [937]; Ulsenheimer, in: Laufs/Kern/Rehborn, Hdb. d. Arztrechts5, § 150 Rn. 14 m.w.N.). Dies gilt auch ganz allgemein für den Krankenhausträger bzw. für denjenigen, der ein Krankenhaus dem hilfesuchenden Publikum eröffnet; insofern muss bei stationärer Behandlung die Sicherheit des Patienten oberstes Gebot sein (vgl. BGH, Urteil vom 02.12.1975 - VI ZR 79/74, NJW 1976, 1145). Diese ärztliche Garantenstellung endet jedoch, sobald ein anderer Arzt die Behandlung übernimmt (vgl. OLG Bamberg, Urteil vom 01.08.2011 - 4 U 38/09, NJOZ 2012, 936 [938]) oder der Patient in eine andere stationäre oder ambulante Abteilung verlegt wird (vgl. Ulsenheimer, in: Laufs/Kern/Rehborn, Hdb. d. Arztrechts5, § 150 Rn. 14 a.E. sowie § 151 Rn. 2). In Ansehung dessen haben die seinerzeit im Klinikum AA tätigen Angeschuldigten allenfalls bezüglich der dort aufgenommenen Patienten, nicht aber für diejenigen des Klinikums in (... (Klinikum BB)) eine Garantenstellung inne.

bb)

Eine (Überwachungs-)Garantenstellung ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der sog. Geschäftsherrenhaftung (grundlegend BGH, Urteil vom 20.10.2011 - 4 StR 71/11, BGHSt 57, 42 = NJW 2012, 1237 ff.; Beschluss vom 06.02.2018 - 5 StR 629/17, NStZ 2018, 648; ferner Burchard, in: Leitner/Rosenau, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, StGB § 13 Rn. 30 ff.; Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB30, § 13 Rn. 53). Die Entstehung einer Garantenstellung hieraus folgt aus der Überlegung, dass denjenigen, dem Obhutspflichten für eine bestimmte Gefahrenquelle übertragen sind, dann auch eine "Sonderverantwortlichkeit" für die Integrität des von ihm übernommenen Verantwortungsbereichs trifft (vgl. BGH, Urteil vom 17.07.2009 - 5 StR 394/08, BGHSt 54, 44 = NJW 2009, 3173 [3174 Tz. 23]). Insoweit kann sich aus der Stellung als Betriebsinhaber bzw. Vorgesetzter je nach den Umständen des Einzelfalls eine Garantenpflicht zur Verhinderung von Straftaten nachgeordneter Mitarbeiter ergeben. Diese beschränkt sich indes auf die Verhinderung betriebsbezogener Straftaten und umfasst nicht solche Taten, die der Mitarbeiter lediglich bei Gelegenheit seiner Tätigkeit im Betrieb begeht. Betriebsbezogen ist eine Tat dann, wenn sie einen inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Begehungstäters oder mit der Art des Betriebs aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2011 - 4 StR 71/11, BGHSt 57, 42 = NJW 2012, 1237 [1238 Tz. 13]; Beschluss vom 06.02.2018 - 5 StR 629/17, NStZ 2018, 648). Die Beschränkung der Garantenhaftung des Betriebsinhabers auf betriebsbezogene Taten ist unabhängig davon geboten, welche tatsächlichen Umstände für die Begründung der Garantenstellung im Einzelfall maßgebend sind. Weder mit einem auf dem Arbeitsverhältnis beruhenden Weisungsrecht gegenüber Mitarbeitern noch mit der Herrschaft über die "Gefahrenquelle Betrieb" oder unter einem anderen Gesichtspunkt lässt sich eine über die allgemeine Handlungspflicht hinausgehende, besondere Verpflichtung des Betriebsinhabers begründen, auch solche Taten von voll verantwortlich handelnden Angestellten zu verhindern, die nicht Ausfluss seinem Betrieb oder dem Tätigkeitsfeld seiner Mitarbeiter spezifisch anhaftender Gefahren sind (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2011 - 4 StR 71/11, BGHSt 57, 42 = NJW 2012, 1237 [1238 Tz. 14]). Damit besteht im Ergebnis lediglich eine Pflicht zur Eindämmung von Gefahrenquellen im eigenen Organisationsbereich, nicht aber eine darüber hinausreichende Garantieverantwortlichkeit für das eigenverantwortliche Handeln Betriebsangehöriger (vgl. Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB30, § 13 Rn. 53 m.w.N.).

Gemessen daran handelt es sich bei den Tötungen zulasten der Patienten im Klinikum BB nicht um betriebsbezogene Straftaten. Zwar mag noch davon ausgegangen werden, dass sich in den Patiententötungen im Klinikum AA und im Klinikum BB gleichermaßen eine dem Betrieb eines Klinikums anhaftende Gefahr verwirklicht hat, weil insoweit die einem Krankenpfleger durch seine Stellung eingeräumten medizinischen Machtbefugnisse zur Tatbegehung ausgenutzt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2011 - 4 StR 71/11, BGHSt 57, 42 = NJW 2012, 1237 [1238 Tz. 15]). Gleichwohl lässt sich nicht feststellen, dass die Taten in (... (Klinikum BB)) in einem inneren Zusammenhang mit der im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zum Klinikum in (... (Klinikum AA)) erbrachten Tätigkeit gestanden haben (vgl. BGH a.a.O.). Insofern standen sowohl die geschädigten Patienten im Klinikum BB als auch II selbst während seiner dortigen Tätigkeit - um mit den Worten des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 20. Oktober 2011 (4 StR 71/11, BGHSt 57, 42 = NJW 2012, 1237 [1238 Tz. 11]) zu sprechen - nicht (mehr) "innerhalb des personellen Verantwortungsbereichs" der hier Angeschuldigten; in diesem Zeitraum waren die Angeschuldigten weder "planmäßige Vorgesetzte", noch waren ihnen II und die Geschädigten in irgendeiner Weise "zugeordnet". Den inneren Zusammenhang vermag auch die wiederholt fortgesetzte Tatbegehung durch II nicht herzustellen; insbesondere verlieren die Tötungsdelikte hierdurch nicht ihren Charakter als Exzesstaten (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2011 - 4 StR 71/11, BGHSt 57, 42 = NJW 2012, 1237 [1239 Tz. 17]). Ließe man nämlich allein das iterative Moment für die Annahme der Betriebsbezogenheit ausreichen, würde die mit diesem Merkmal bezweckte und im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG gebotene Einschränkung der Haftung des Geschäftsherrn aufgegeben und dieser im Ergebnis doch für eine insgesamt straffreie Lebensführung seiner Mitarbeiter verantwortlich gemacht (so BGH a.a.O.).

cc)

Vor diesem Hintergrund verbietet sich - entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft - auch eine Einstandspflicht der Angeschuldigten nach den Grund-sätzen der sog. strafrechtlichen Produkthaftung (grundlegend BGH, Urteil vom 06.07.1990 - 2 StR 549/89, BGHSt 37, 106 = NJW 1990, 2560 ff.). Zwar haben dieser und der vorgenannte Grundsatz gemeinsam, dass Garant derjenige ist, der die Verantwortung für eine bestimmte Gefahrenquelle innehat, die in den eigenen Zuständigkeitsbereich fällt (vgl. Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 49. Ed., § 13 Rn. 77). Angesichts des Umstandes jedoch, dass der Bundesgerichtshof bezüglich der "Gefahrenquelle Mensch" mit der sog. Geschäftsherrenhaftung (speziellere) Maßstäbe entwickelt hat, kann - unabhängig davon, wie die strafrechtliche Produktverantwortung im Einzelfall begründet wird - mit dieser Einstandspflicht weitergehend keine Garantenstellung für strafrechtliches Handeln von Mitarbeitern hergeleitet werden, weil ansonsten die strengen Voraussetzungen der sog. Geschäftsherrenhaftung ad absurdum geführt würden. Denn - anders als etwa bei dem Inverkehrbringen eines gefährlichen Produkts - gilt bei Personen als Gefahrenquelle in erster Linie das Prinzip der Selbstverantwortung, wonach zunächst einmal keine Garantenpflicht zur Verhinderung von Straftaten anderer Personen besteht (vgl. Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB30, Vor § 13 Rn. 101 ff. m.w.N.) und von diesem Grundsatz nur in engen, eben den im Rahmen der sog. Geschäftsherrenhaftung herausgebildeten Grenzen Ausnahmen zugelassen sind. Dabei gilt es zu bedenken, dass dieses Haftungsmodell gerade keine "Sonderverantwortlichkeit" des Geschäftsherrn für bestimmte Rechtsgüter Dritter - hier die körperliche Unversehrtheit der Patienten im BB Klinikum - begründet, sondern allein auf der Herrschaft über das Unternehmen und deliktisch handelnde Mitarbeiter als Gefahrenquelle - hier den Pfleger II - beruht (vgl. Rönnau/Schneider, ZIP 2010, 53 [57]).

Dem steht auch die in diesem Kontext in der Anklageschrift zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Dezember 1974 (4 StR 529/74, NJW 1975, 1175 f.) nicht entgegen, da es in jenem Fall um die Garantenstellung eines Gastwirts gegenüber einer volltrunkenen und somit gerade nicht mehr eigenverantwortlich handelnden Person ging. Insofern knüpfte die (Beschützer-) Garantenstellung - anders als in vorliegender Fallgestaltung - an den Ausschluss der Verantwortlichkeit einer gefährdeten Person an (vgl. Freund, in: MüKo-StGB4, § 13 Rn. 151; Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB30, § 13 Rn. 40 f.).

dd)

Schließlich kommt den Angeschuldigten auch keine besondere Pflichtenstellung etwa diejenige eines Amtsträgers oder einer solchen Person zu, welcher qua Gesetz - wie etwa dem Beauftragten für Gewässer-, Immissions- und Strahlenschutz - besondere Überwachungspflichten gegenüber der Allgemeinheit überantwortet ist (vgl. BGH, Urteil vom 17.07.2009 - 5 StR 394/08, BGHSt 54, 44 = NJW 2009, 3173 [3174 Tz. 24 m.w.N.]; Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB30, § 13 Rn. 31 f. m.w.N.). Dagegen spricht bereits, dass das Klinikum AA bis zum Jahr 2016 - und damit auch in den angeklagten Tatzeiträumen - noch in der Rechtsform einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung und erst nach einem Formwechsel in diesem Jahr als Anstalt des öffentlichen Rechts betrieben wurde. Dies hat für die Eingrenzung der den Angeschuldigten obliegenden Überwachungspflichten insofern signifikante Bedeutung, als nur bei einer Anstalt des öffentlichen Rechts der Gesetzesvollzug das eigentliche Kernstück ihrer Tätigkeit ist mit der Folge, dass im hoheitlichen Bereich die Trennung zwischen den Interessen des eigenen Unternehmens einerseits und den Interessen außenstehender Dritter andererseits gänzlich entfällt. Demgegenüber wird ein in privater - wenn auch gemeinnütziger - Rechtsform betriebenes Unternehmen lediglich innerhalb eines rechtlichen Rahmens, den es zu beachten hat, maßgeblich zur Gewinnerzielung tätig (vgl. BGH, Urteil vom 17.07.2009 - 5 StR 394/08, BGHSt 54, 44 = NJW 2009, 3173 [3174 Tz. 29]).

Aber selbst unter Annahme einer (öffentlich-rechtlichen) Überwachungspflicht - hier zum Schutz von Leib und Leben der ihnen anvertrauten Bürger - führt dies nicht zu einer unbegrenzten Verantwortlichkeit für jedes (strafbare) unternehmerische Handeln mit Außenwirkung (in diese Richtung bereits Warneke, NStZ 2010, 312 [315]). Vielmehr konzentriert sich die Überwachungspflicht auch in diesem Kontext auf die Einhaltung dessen, was die Tätigkeit des Dienstherrn ist; sie bestimmt sich nach dem Zuschnitt des konkreten Dienstpostens und der von dem Verpflichteten übernommenen Aufgabe (so BGH, Urteil vom 17.07.2009 - 5 StR 394/08, BGHSt 54, 44 = NJW 2009, 3173 [3175 Tz. 30]). Von daher kann den Angeschuldigten, deren Aufgabenkreis sich auf das Klinikum in (... (Klinikum AA)) beschränkte, nicht angesonnen werden, eine (öffentlich-rechtliche) Überwachungspflicht zugleich im Bereich des Klinikums in (... Klinikum BB)) übernommen zu haben.

Insofern verfängt auch der von der Staatsanwaltschaft angebrachte Hinweis auf jene Fallkonstellation nicht, in welcher ein Polizeibeamter gleichfalls bei außerdienstlich erlangter Kenntnis von Straftaten mit besonderem Gewicht eine Rechtspflicht zum Handeln hat (vgl. BGH, Urteil vom 03.11.1999 - 2 StR 326/99, NStZ 2000, 147 m.w.N.). Denn zum einen sind die Angeschuldigten - anders als ein solcher Amtsträger - bereits im Rahmen ihrer regulären Dienstausübung nicht zur Mitwirkung in einem Ermittlungsverfahren berufen und insoweit keine Garanten für strafrechtlich geschützte Rechtsgüter Dritter (vgl. BGH a.a.O.; Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB30, § 13 Rn. 31a). Zum anderen lässt sich die dortige Sachverhaltsgestaltung auch in tatsächlicher Hinsicht nicht auf das hiesige Verfahren übertragen, weil den Angeschuldigten schon nicht ansatzweise nachzuweisen ist, dass sie von den Straftaten im Klinikum in (... (Klinikum BB)) - allein diese sind Bezugspunkt für eine etwaige Garantenpflicht in den Fällen 4. bis 63. - außerdienstlich Kenntnis erlangt haben.

c)

Ein pflichtwidriges Vorverhalten vermag zwar ebenfalls eine Garantenstellung zu begründen, wenn es die naheliegende Gefahr des Eintritts des konkret untersuchten, tatbestandsmäßigen Erfolgs verursacht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 19.04.2000 - 3 StR 442/99, NJW 2000, 2754 [2756]; Urteil vom 17.07.2009 - 5 StR 394/08, BGHSt 54, 44 = NJW 2009, 3173 [3174 Tz. 21]). Eine derartige Garantenstellung aus sog. Ingerenz kommt hier jedoch nicht in Betracht.

aa)

Soweit auf das bloße Unterlassen durch Verschweigen von Verdachtsmomenten bzw. Nichteinschaltung der Ermittlungsbehörden abgestellt wird, ergibt sich schon nicht, dass bzw. inwieweit durch die Angeschuldigten durch ein dieser Unterlassung vorangegangenes Tun/Unterlassen, eine Gefahr geschaffen worden sein soll, aufgrund derer sie nun gegenüber Patienten im Klinikum BB als Garanten eine Erfolgsabwendungspflicht trifft. Denn - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - stellt die von der Staatsanwaltschaft den Angeschuldigten vorgeworfene Untätigkeit bzw. Nichteinschaltung von Ermittlungsbehörden nach der Anklage bereits das Unterlassen selbst dar und kann mithin nicht gleichzeitig als vorangegangenes Tun bzw. Unterlassen zur Begründung einer Garantenstellung aus Ingerenz herangezogen werden. Das Unterlassen und das die Garantenstellung begründende Vorverhalten können insofern nicht identisch sein. Würde man dies anders sehen wollen, so liefe dies im Ergebnis darauf hinaus, schon allein die Nichterfüllung einer dahingehenden Anzeigepflicht ausreichen sein zu lassen, eine Unterlassung tatbestandsmäßig einem aktiven Tun gleichzusetzen, was aber - wie bereits oben unter lit. a) erläutert - dem Regelungsgedanken und -zusammenhang des § 138 StGB widerspräche.

Dessen ungeachtet muss bei einer Garantenstellung aus Ingerenz der durch das pflichtwidrige Vorverhalten herbeigeführte Zustand so beschaffen sein, dass bereits ein bloßes Untätigbleiben die Gefahr vergrößert, dass es zum Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges kommt oder ein bereits eingetretener Schaden vertieft wird (vgl. BGH, Beschluss vom 19.11.2013 - 4 StR 292/13, BGHSt 59, 68 = NJW 2014, 711; Beschluss vom 08.03.2017 - 1 StR 466/16, BGHSt 62, 72 = NJW 2017, 2052 [2054 Tz. 26]). Durch das Stillhalten der Angeschuldigten während der Beschäftigungsdauer des II im Klinikum AA bestand aber hinsichtlich der erst geraume Zeit später behandelten Patienten des Klinikums BB noch keine Gefahr des Eintritts des tatbestandsmäßigen Erfolges. Insofern wurde diese Gefahr auch nicht vergrößert, sondern eine - weiterhin bestehende, allein von II ausgehende - Gefahr (lediglich) nicht aufgehalten.

bb)

Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit ergibt sich ebenso wenig unter dem Blickwinkel eines möglichen Organisationsmangels im Vorfeld der Taten (vgl. Ulsenheimer, in: Laufs/Kern/Rehborn, Hdb. d. Arztrechts5, § 150 Rn. 16; Erlinger/Warntjen/Bock, in: MAH-Strafverteidigung2, § 50 Rn. 40 ff. jew. m.w.N.).

Zwar ist jeder Weisungsberechtigte und Übergeordnete im medizinischen Bereich (Krankenhausträger, Chefarzt etc.) dazu verpflichtet, durch geeignete organisatorische Maßnahmen die dem Patienten aus dem Umstand seiner Krankheit oder auch nur seiner Patienteneigenschaft entstehenden Gefahr so weit wie möglich zu minimieren (vgl. Erlinger/Warntjen/Bock, in: MAH-Strafverteidigung2, § 50 Rn. 40). Hierzu gehört unter anderem die sorgfaltsgemäße Auswahl der Mitarbeiter, deren Anleitung und laufenden Überwachung sowie die regelmäßige Überprüfung ihrer fachlichen und persönlichen Qualifikation (vgl. Erlinger/Warntjen/Bock, in: MAH-Strafverteidigung2, § 50 Rn. 47). Diese gleichermaßen im Verhältnis zwischen dem ärztlichen Personal gegenüber dem nichtärztlichen Assistenzpersonal wie dem Pflegepersonal geltenden Organisations- und Überwachungspflichten greifen insbesondere dann, wenn Qualitätsmängel oder Fehlleistungen anderer ins Auge springen. Genau in diesem Moment findet auch der bei arbeitsteiligem Zusammenwirken medizinischen Personals sonst geltende Vertrauensgrundsatz, wonach jeder bei der Krankenhausbehandlung Mitwirkende sich darauf verlassen darf, dass der jeweils andere den ihn obliegenden Aufgabenbereich mit den dazu erforderlichen Kenntnissen und der gebotenen Sorgfalt erfüllt, seine Grenze (vgl. BGH, Urteil vom 08.11.1988 - VI ZR 320/87, NJW 1989, 1536 [1538]; Urteil vom 26.01.1999 - VI ZR 376/97, NJW 1999, 1779 [1780]; Erlinger/Warntjen/Bock, in: MAH-Strafverteidigung2, § 50 Rn. 55 und 60 ff.).

Diese Maßstäbe indes gelten nur für den für die jeweilige Struktur und Organisationsbereich Verantwortlichen (vgl. Erlinger/Warntjen/Bock, in: MAH-Strafverteidigung2, § 50 Rn. 40) und allenfalls solange organisatorische Überschneidungen zwischen den jeweiligen Verantwortungsbereichen bestehen (vgl. OLG Bamberg, Urteil vom 01.08.2011 - 4 U 38/09, NJOZ 2012, 936 [939]). Insoweit trifft das bereits oben zur Gewährsübernahme Ausgeführte (siehe lit. b) aa)) auch in diesem Kontext zu: Die strafrechtliche Verantwortlichkeit der hier Angeschuldigten bezieht sich allein auf das Klinikum in (... (Klinikum AA)), zumal nicht ansatzweise erkennbar ist, dass eine strukturelle/organisatorische Verflechtung mit dem Klinikum in (... (Klinikum BB) bestand oder sonst ein arbeitsteiliges Zusammenwirken mit dem dortigen ärztlichen wie nichtärztlichen Personal in Bezug auf die angeklagten Fälle 4. bis 63. vorlag.

cc)

Das II erteilte (Zwischen-)Zeugnis mag zwar ein pflichtwidriges Vorverhalten darstellen und grundsätzlich (auch) als Anknüpfungspunkt für eine Garantenstellung aus Ingerenz in Betracht kommen (dazu (1)). Jedenfalls aber fehlt es an einem Pflichtwidrigkeitszusammenhang zwischen dem Arbeitszeugnis und den nachfolgend begangenen Straftaten im Klinikum BB (dazu (2)).

(1)

Das Arbeitszeugnis bescheinigt dem Arbeitnehmer die bei dem Arbeitgeber ausgeübte Tätigkeit und enthält eine Leistungsbeurteilung, die für den Arbeitnehmer von hohem persönlichen Wert ist. Das Zeugnis dient vor allem als Unterlage für seine Bewerbung um einen neuen Arbeitsplatz und stellt zugleich eine Grundlage für den künftigen Arbeitgeber für seine Personalauswahl dar. Vor allem bei der Vorauswahl der Bewerber und der Frage, wer zu einem Vorstellungsgespräch zugelassen wird, spielt das Zeugnis eine wesentliche Rolle, da es zu diesem Zeitpunkt die einzige Informationsquelle ist, die nicht vom Bewerber selbst, sondern von einem Dritten stammt. Für den Arbeitnehmer ist das Zeugnis gleichsam die "Visitenkarte" für weitere Bewerbungen. Für den künftigen Arbeitgeber schafft es hingegen eine Unterlage für seine Entscheidungsfindung. Das Zeugnis muss also einer zweiseitigen Zielsetzung gerecht werden. Hinsichtlich des Inhalts hat sich daher der gefestigte Grundsatz entwickelt, dass das Zeugnis dem Arbeitnehmer das weitere Fortkommen nicht ungerechtfertigt erschweren darf, zugleich aber auch der Wahrheit entsprechen muss (st. Rspr.; vgl. nur BAG, Urteil vom 03.03.1993 - 5 AZR 182/92, NZA 1993, 697 f.; Urteil vom 10.05.2005 - 9 AZR 261/04, NZA 2005, 1237 f. jew. m.w.N.; ferner Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB40, GewO § 109 Rn. 2). Vom bisherigen Arbeitgeber wird demzufolge verlangt, dass er den Arbeitnehmer auf der Grundlage von Tatsachen beurteilt und dessen Tätigkeiten in einem Zeugnis so vollständig und genau beschreibt, dass sich künftige Arbeitgeber ein klares Bild über den Verlauf des Arbeitsverhältnisses machen können. Der Grundsatz der Zeugniswahrheit und -klarheit erstreckt sich auf alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung sind und an deren Kenntnis ein künftiger Arbeitgeber ein berechtigtes und verständiges Interesse haben kann (vgl. BAG, Urteil vom 10.05.2005 - 9 AZR 261/04, NZA 2005, 1237 f.; Wiebauer, in: Landmann/Rohmer, GewO, 85. EL, § 109 Rn. 2). Vor diesem Hintergrund findet die Rücksichtnahme auf das weitere Fortkommen des Arbeitnehmers dort ihre Grenze, wo sich das Interesse des künftigen Arbeitgebers an der Zuverlässigkeit der Grundlagen für die Beurteilung des Arbeitsuchenden ohne weiteres aufdrängt und das Verschweigen bestimmter für die Führung im Dienst bedeutsamer Vorkommnisse die für die Beurteilung des Arbeitnehmers wesentliche Gesamtbewertung in erheblichem Maße als unrichtig erscheinen lässt. Ein solch berechtigtes und verständiges Interesse des künftigen Arbeitgebers ist insbesondere an der Kenntnis nicht unwesentlicher strafbarer Handlungen des Arbeitnehmers zu bejahen, die mit dem Arbeitsverhältnis in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.1970 - VI ZR 193/69, NJW 1970, 2291 [2292]; ferner LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.2007 - 11 Sa 53/07, juris Rn. 32).

Gemessen an diesen Maßstäben erscheint es zweifelhaft, ob das Arbeitszeugnis für II dem Gebot der Zeugniswahrheit und -klarheit entspricht. Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen haben insbesondere die das Zeugnis ausstellenden Angeschuldigten DD und AA spätestens Ende Oktober 2001 erkannt, dass II Patienten in reanimationspflichtige Zustände gebracht und somit deren Leben gefährdet hat. Durch das Verschweigen eben dieses, einen Krankenpfleger völlig disqualifizierenden Umstands unter zeitgleicher Erwähnung nur der günstigen, auf ein - so wörtlich - "umsichtiges", "gewissenhaftes", "überlegt und sachlich richtiges" Arbeitsverhalten hinweisenden Tatsachen ist die Annahme durchaus berechtigt, dass diese Angeschuldigten beim Ausstellen des Zeugnisses pflichtwidrig gehandelt haben. Denn eine durch das Verschweigen etwaiger strafbarer Handlungen zum Ausdruck kommende wohlwollende Gesinnung zugunsten des Arbeitnehmers auf Kosten anderer, zukünftiger Arbeitgeber begründet einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 826 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.1970 - VI ZR 193/69, NJW 1970, 2291 [2292]; ferner eine Sittenwidrigkeit annehmend RG, Urteil vom 17.04.1905 - 329/04 VI, JW 1905, 369; OLG München, Urteil vom 30.03.2000 - 1 U 6245/99, BeckRS 2000, 31362731). Beiden Angeschuldigten DD und AA muss bei Zeugnisausstellung klar gewesen sein, dass es für einen zukünftigen Arbeitgeber ersichtlich von Bedeutung ist, nur eine solche Pflegekraft einzustellen, deren einwandfreie Führung und Leistung es erlaubt, diesem das Wohl von hilfebedürftigen Patienten anzuvertrauen; ein Zeugnis in dieser Form hätten sie daher ohne Erwähnung ihres Kenntnisstandes von den bisherigen internen Ermittlungen zu den reanimierungspflichtigen Vorgänge um II (etwa "CC-Liste"; "Kaliumkonferenz") wohl kaum ausstellen dürfen (vgl. BAG, Urteil vom 05.08.1976 - 3 AZR 491/75, AP BGB § 630 Nr. 10 m. Anm. Schnorr von Carolsfeld; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.2007 - 11 Sa 53/07, juris Rn. 32).

Dementsprechend dürfte auch eine Pflicht zur Aufnahme eines dahingehenden Tatverdachts in das Arbeitszeugnis bestanden haben - und zwar gerade auch vor dem Hintergrund des vorstehend zitierten Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 5. August 1976 (a.a.O.): Jene Entscheidung hatte den Schadensersatzanspruch eines pädagogischen Mitarbeiters wegen der Erstellung eines aus seiner Sicht unrichtigen Zeugnisses zum Gegenstand. Gegen den Kläger hatte der (bisherige) Arbeitgeber zuvor eine Strafanzeige wegen sexueller Übergriffe auf von ihm betreute Jugendliche erstattet. Obwohl das daraufhin eingeleitete Strafverfahren mangels Tatverdachts mit einem rechtskräftigen Freispruch geendet hatte, hat das Bundesarbeitsgericht die Auffassung vertreten, dass der Kläger von seinem Arbeitgeber nicht habe verlangen können, dass dieser das Strafverfahren in seinem Zeugnis über Führung und Leistung hätte unerwähnt lassen dürfen.

In Ansehung dieses Maßstabs und unter Zugrundelegung der in der Anklageschrift erwähnten Erkenntnisse hätte eine mögliche Erstattung einer Strafanzeige gegen II wegen des Verdachts der Tötungen im AA Klinikum im Zeugnis Erwähnung finden müssen, auch wenn - wie in dem vom Bundesarbeitsgericht (a.a.O.) entschiedenen Fall - sich der Tatverdacht im Nachhinein nicht erhärten sollte. Dabei dürfte es - entgegen der Ansicht von Prof. Dr. JJ in seinem von der Verteidigung im Zwischenverfahren vorgelegten Gutachten - in Ansehung des Grundsatzes der Zeugniswahrheit und -klarheit keinen Unterschied machen, ob eine Strafanzeige tatsächlich erstattet wurde oder nicht. Denn das berechtigte und verständige Interesse des (künftigen) Arbeitgebers an der Kenntnis strafbarer Handlungen des Arbeitnehmers kann - wie hier - bei einem erheblichen Tatverdacht und angesichts der Schwere des im Raume stehenden Vorwurfs nicht allein von der Zufälligkeit oder dem Belieben des (bisherigen) Arbeitgebers abhängen, ob sich dieser zu einer Strafanzeige entschließt oder nicht. Dies gilt um so mehr, als vorliegend im Zuge interne Ermittlungen bereits explizit die Frage nach Einschaltung der Ermittlungsbehörden aufgeworfen wurde, so dass die Erwähnung derartiger Umstände im Zeugnis mehr als nahegelegen hätte.

(2)

Zwar mag das insoweit unrichtige Zeugnis kausal für die Einstellung von II im Klinikum BB gewesen sein; es wäre ihm dementsprechend bei pflichtgemäßer Zeugniserteilung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht möglich gewesen, seine Taten im dortigen Klinikum fortzusetzen. Bei Erfolgsdelikten muss aber - über die Ursächlichkeit hinaus - zur sachgemäßen Begrenzung der objektiven Zurechenbarkeit der Erfolg seinen Grund genau in der objektiven Pflichtverletzung haben (vgl. BGH, Urteil vom 19.04.2000 - 3 StR 442/99, NJW 2000, 2754 [2757]). Mit anderen Worten, die Pflichtwidrigkeit muss in der Verletzung eines Gebots bestehen, das gerade dem Schutz des konkret gefährdeten Rechtsguts zu dienen bestimmt ist, sog. Pflichtwidrigkeits- oder Schutzzweckzusammenhang (vgl. BGH, Urteil vom 06.07.1990 - 2 StR 549/89, BGHSt 37, 106 = NJW 1990, 2560 [2563]; Urteil vom 03.07.2019 - 5 StR 132/18, BGHSt 64, 121 = NJW 2019, 3092 [3095 Tz. 39] jew. m.w.N.). An einem solchen Zusammenhang fehlt es hier jedoch zwischen der Zeugniserteilung und dem Tod der Patienten im Klinikum in (... (Klinikum BB)) - und zwar vor folgendem Hintergrund:

In § 109 GewO bzw. § 630 BGB ist lediglich eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht des Arbeitgebers gesetzlich festgeschrieben, seinem Arbeitnehmer ein schriftliches Zeugnis zu erteilen, welches den dort normierten Voraussetzungen zu genügen hat (vgl. Wiebauer, in: Landmann/Rohmer, GewO, 85. EL, § 109 Rn. 2; Müller-Glöge, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht21, GewO § 109 Rn. 1). Insofern kommt dem Zeugnis zuvorderst der Zweck zu, das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers bei künftigen Bewerbungen zu sichern (vgl. LAG Nürnberg, Urteil vom 16.06.2009 - 7 Sa 641/08, BeckRS 2009, 68723; Henssler, in: MüKo-BGB8, § 630 Rn. 4; Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB40, GewO § 109 Rn. 2). Zugleich dient das Zeugnis - wie vorstehend unter Ziffer (1) erläutert - dem künftigen Arbeitgeber als Grundlage, sich ein objektives Bild von der Befähigung und Leistung des potentiellen Arbeitsnehmers zu verschaffen (sog. zweiseitige Zielsetzung). Insoweit hat der künftige Arbeitgeber ein schutzwürdiges Interesse an einem wahrheitsgemäßen Zeugnis (vgl. Henssler a.a.O.), welches einen ganz wesentlichen Faktor für seine Einstellungsentscheidung ausmacht (vgl. Wiebauer a.a.O.; Müller-Glöge a.a.O.). Hierdurch soll der Zeugnisadressat letztendlich auch vor Schäden bewahrt bleiben, die auf ein pflichtwidriges Zeugnis zurückzuführen sind (vgl. BGH, Urteil vom 15.05.1979 - VI ZR 230/76, NJW 1979, 1882 [1884]; LAG Nürnberg, Urteil vom 16.06.2009 - 7 Sa 641/08, BeckRS 2009, 68723; Novak, in: BeckOGK-BGB, § 630 Rn. 65). Dass sich insoweit die Schutzwirkung eines Zeugnisses allein auf Rechtsgüter, insbesondere Vermögensinteressen des künftigen Arbeitgebers erstreckt, entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung der Zivilgerichte. So ist in solchen Fällen, in denen in einem Zeugnis die Unterschlagung/Entwendung von Geldern durch einen Arbeitnehmer nicht mitgeteilt wurde und dieser zu Lasten seines neuen Arbeitgebers weitere Vermögensdelikte beging, Letzterem ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber aus § 826 BGB zugesprochen worden (vgl. RG, Urteil vom 17.04.1905 - 329/04 VI, JW 1905, 369; BGH, Urteil vom 22.09.1970 - VI ZR 193/69, NJW 1970, 2291 [2292]; OLG München, Urteil vom 30.03.2000 - 1 U 6245/99, BeckRS 2000, 31362731).

Etwas anderes, vor allem eine weitergehende Haftung für Schäden Dritter, die nicht - wie der künftige Arbeitgeber - Adressaten des Zeugnisses sind, lässt sich auch der von der Staatsanwaltschaft in Ansatz gebrachten und bereits erwähnten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 5. August 1976 (3 AZR 491/75, AP BGB § 630 Nr. 10 m. Anm. Schnorr von Carolsfeld) nicht entnehmen. Die Schadensersatzklage des pädagogischen Mitarbeiters, welche er darauf gestützt hat, dass in einem Zeugnis über seine Führung und Leistung das Strafverfahren wegen sexueller Übergriffe auf von ihm betreute Jugendliche keine Erwähnung habe finden dürfen, hat das Bundesarbeitsgericht (a.a.O.) mit folgender Begründung zurückgewiesen:

"[...] Das Zeugnis stellt auf der einen Seite für den Arbeitnehmer eine wichtige Unterlage für eine neue Bewerbung dar, auf der anderen Seite soll es zur Unterrichtung des an einer Einstellung des Bewerbers interessierten Dritten dienen. Es muß daher wahr sein und alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen enthalten, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung sind und an denen ein künftiger Arbeitgeber ein berechtigtes und verständiges Interesse haben kann [...].

Für einen Arbeitgeber, der pädagogische Mitarbeiter für die Betreuung der in seinen Anstalten untergebrachten, in Heimerziehung stehenden Jungen von 11 bis 15 Jahren beschäftigt, ist es schon wegen der seelischen Entwicklung der ihm überantworteten jungen Menschen von erheblichem Interesse, nicht nur über die rein fachlichen Fähigkeiten eines Stellenbewerbers, sondern auch über seine sittliche Qualifikation unterrichtet zu werden. Im Hinblick auf die große Bedeutung, die dem sittlich einwandfreien Verhalten eines Heimerziehers gegenüber den ihm anvertrauten Jungen zukommt, hätte daher ein auf Führung und Leistung ausgedehntes Zeugnis des Beklagten - entgegen der in der Revision geäußerten Ansicht - einen Hinweis darauf enthalten müssen, daß gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts unsittlicher Handlungen an ihm anvertrauten Heimjungen geführt werde.

Ein derartiges Zeugnis hat der Kläger vom Beklagten aber nicht verlangt und auch gar nicht gewollt. Andererseits hätte der Beklagte ihm ein Zeugnis ohne den erwähnten Hinweis nicht ausstellen dürfen. Wenn der Beklagte dem Verlangen des Klägers nach Ausstellung eines Zeugnisses ohne Erwähnung des Ermittlungsverfahrens nicht nachgekommen ist, so hat er seine Pflicht zur Erteilung eines ordnungsgemäßen Zeugnisses dadurch nicht verletzt und sich infolgedessen dem Kl. gegenüber auch nicht schadenersatzpflichtig gemacht. [...]"

Der Senat verkennt nicht, dass ein Zeugnis nicht nur Auswirkungen auf Rechtsgüter des (zukünftigen) Arbeitnehmers, sondern durchaus auch auf Rechtsgüter dritter Personen haben kann. Der Gesamtkontext der Urteilsgründe lässt aber erkennen, dass ein solcher Drittbezug nur als Begründung dafür herangezogen wurde, um das besondere berechtigte Interesse des Arbeitgebers an einem wahrheitsgemäßen - hier auch das Ermittlungs- und Strafverfahren erwähnende - Zeugnis herauszustellen. Mit anderen Worten, Bezugspunkt und Maßstab für den Grundsatz der Zeugniswahrheit und -klarheit ist allein das Interesse des - um mit den Worten des Bundesarbeitsgerichts (a.a.O.) zu sprechen - "an einer Einstellung des Bewerbers interessierten Dritten", eben des "künftigen Arbeitgebers". Insoweit erweist sich der Schutz weiterer Personen - in jenem Fall der vom Arbeitgeber betreuten Jugendlichen - lediglich als ein "Reflex", welcher nicht geeignet ist, einen Zurechnungszusammenhang herzustellen (vgl. Jäger, in: SK-StGB9, Vor § 1 Rn. 110; ferner - in etwas anderem Kontext - Hardtung, in: MüKo-StGB4, § 18 Rn. 34).

Vor diesem Hintergrund vermag der Senat der - offensichtlich auch von der Staatsanwaltschaft geteilten - Auffassung von Schnorr von Carolsfeld (a.a.O.) in seiner Anmerkung zu diesem Urteil nicht zu folgen, wonach mit Blick auf die Gefahren für die Heimbewohner bei der Abfassung eines Zeugnisses auch Belange der Allgemeinheit zu wahren sein sollen - Schnorr von Carolsfeld (a.a.O.) spricht insoweit von einem "Drittbezug der subjektiven Rechte auf die Allgemeinheit wie in Art. 14 GG". Denn abgesehen davon, dass sich eine derartige Schutzwirkung, die sogar über diejenige eines Vertrages zugunsten Dritter hinausgehen würde (vgl. Hofer/Hengstberger, NZA-RR 2020, 118 [119 f.]), dem (besprochenen) Urteil gerade nicht entnehmen lässt, steht einem derart weiten Verständnis der Normzweck des § 109 GewO bzw. § 630 BGB entgegen: Der bisherige Arbeitgeber will mit dem Zeugnis in erster Linie den nebenvertraglichen Anspruch seines Arbeitnehmers erfüllen, nicht aber weitere rechtsgeschäftliche und sonstige Pflichten gegenüber ihm unbekannten "Dritten" übernehmen (vgl. LAG Nürnberg, Urteil vom 16.06.2009 - 7 Sa 641/08, BeckRS 2009, 68723; Wiebauer, in: Landmann/Rohmer, GewO, 85. EL, § 109 Rn. 147; Müller-Glöge, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht21, GewO § 109 Rn. 72).

Zwar hat sich der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 15. Mai 1979 (VI ZR 230/76, NJW 1979, 1882 [1883 f.]) dafür ausgesprochen, dass sich eine Einstandspflicht des bisherigen Arbeitgebers aus einem unrichtigen Zeugnis nicht nur - wie bereits oben ausgeführt - aus deliktischer Haftung, sondern auch aus Vertrag bzw. vertragsähnlicher Beziehung ergeben kann, weil der - so wörtlich - "vertrauenserheischende Bescheinigungscharakter" eines Zeugnisses es erforderlich mache, ihm "eine rechtsgeschäftliche Komponente zuzuerkennen". Damit geht aber keine Ausweitung des Adressatenkreises einher. So hat der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung (a.a.O.) nicht nur an mehreren Stellen hervorgehoben, dass eine "Rechtspflicht [...] des "Auskunftsgebende[n] gegenüber dem Adressaten [...] seiner Auskunft", eine "Mindestgewähr des Ausstellenden [...] gegenüber nachfolgenden Arbeitgebern", eine "unmittelbare Einstandspflicht des Ausstellers gegenüber demjenigen [...], dessen Vertrauen er bestimmungsgemäß in Anspruch nimmt" bzw. "den das Zeugnis später angeht", besteht, sondern zugleich einer etwaigen Ausuferung des Haftungsrisikos wie folgt eine klare Absage erteilt:

"[...] Indessen gilt es hier andererseits klarzustellen, daß der Annahme einer stillschweigenden Haftungsübernahme in diesem Bereich insgesamt enge Grenzen gesetzt sein müssen [...]. Es kann also auch dem Aussteller eines Dienstzeugnisses nicht ohne besonderen Anlaß unterstellt werden, daß er gegenüber "jedem, den es angeht" eine uneingeschränkte Garantie- oder auch nur Schadensersatzhaftung für den Inhalt des Zeugnisses habe eingehen wollen. Dieses Ansinnen wäre überzogen, weil einerseits die damit verbundenen Haftungsrisiken kaum überschaubar wären, und weil andererseits der Umstand, daß der Aussteller mit der Hingabe des Zeugnisses nur einer unabdingbaren Pflicht aus dem Dienstvertrag genügt, nur diejenige Einstandsbereitschaft für den Inhalt des Zeugnisses anzunehmen erlaubt, ohne die dieses seinem bestimmungsgemäßen Zweck nicht mehr genügen könnte [...]".

In Ansehung dessen ist die Einstandspflicht und damit die Schutzwirkung eines Zeugnisses ausschließlich auf den Adressaten dieses Zeugnisses und dessen Rechtsgüter zu beschränken. Dieser, im vorstehenden Judikat zum Ausdruck kommenden Ansicht hat sich indirekt auch der Gesetzgeber angeschlossen (vgl. Henssler, in: MüKo-BGB8, § 630 Rn. 81), indem es in der Gesetzesbegründung zur Neufassung des § 109 GewO heißt, dass "ein schutzwürdiges Interesse der einstellenden Arbeitgeber an einer möglichst wahrheitsgemäßen Unterrichtung über die fachlichen und persönlichen Qualifikationen [besteht]" (vgl. BT-Drs. 14/8796, S. 25; Herv. d. Senat).

Diese Sichtweise fügt sich schließlich auch in die strafgerichtliche Rechtsprechung ein, wonach sich die (strafrechtliche) "Einstandspflicht nicht nur darauf [beschränkt], Vermögensbeeinträchtigungen des eigenen Unternehmens zu unterbinden, sondern sie [...] auch die Verhinderung aus dem eigenen Unternehmen kommender Straftaten gegen dessen Vertragspartner umfassen [kann]" (vgl. BGH, Urteil vom 17.07.2009 - 5 StR 394/08, BGHSt 54, 44 = NJW 2009, 3173 [3174 Tz. 25]; Herv. d. Senat).

Nach diesen Maßstäben entfaltet das verfahrensgegenständliche (Zwischen-) Zeugnis für II seine "strafbegründende Wirkkraft" (so BGH, Urteil vom 03.07.2019 - 5 StR 132/18, BGHSt 64, 121 = NJW 2019, 3092 [3095 Tz. 39]) allenfalls in Bezug auf Rechtsgutsbeeinträchtigungen des Krankenhausträgers des Klinikums BB selbst, nicht jedoch hinsichtlich der Verletzung der höchstpersönlichen Rechtsgüter von Leib und Leben der dort behandelten Patienten. Wollte man dies anders sehen und Letztere gleichwohl in den Schutzbereich des § 109 GewO bzw. § 630 BGB einbeziehen, würde der Normzweck gegen den Willen des Gesetzgebers und der bisherigen Linie der arbeits- wie zivil- und strafgerichtlichen Rechtsprechung ins Uferlose überdehnt und der Zeugnisaussteller mit kaum überschaubaren zivil- und strafrechtlichen Haftungsrisiken überzogen werden, obwohl sich in der Praxis das Arbeitszeugnis ohnehin als eine ausgesprochen unzuverlässige Informationsquelle darstellt, deren Aussagewert sich nur in engen Grenzen hält (vgl. Müller-Glöge, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht21, GewO § 109 Rn. 72; Wiebauer, in: Landmann/Rohmer, GewO, 85. EL, § 109 Rn. 148 jew. m.w.N.).

Vor diesem Hintergrund kann auch dahingestellt bleiben, ob und inwiefern dem Angeschuldigten Prof. Dr. EE, welcher weder das Zwischenzeugnis noch das endgültige Zeugnis verantwortlich gezeichnet hat, überhaupt eine diesbezügliche Garantenstellung aus Ingerenz zukommt, zumal nicht erkennbar ist, inwiefern sich selbst seine im Vier-Augen-Gespräch gegenüber II getätigte Äußerung, dass ihm ein "gutes Zeugnis" ausgestellt werden soll, hinsichtlich der Rechtsgüter der betroffenen Patienten in (...) konkret gefahrerhöhend ausgewirkt hat (vgl. BGH, Urteil vom 19.04.2000 - 3 StR 442/99, NJW 2000, 2754 [2756]).

d)

Eine Garantenstellung ergibt sich schließlich - entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft - auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Dieser - soweit ersichtlich - vornehmlich für die Unterlassungsstrafbarkeit bei Vermögensdelikten entwickelte Grundsatz kam bislang für solche Personen infrage, die eine Pflicht zur Aufklärung über vermögensrelevante Tatsachen haben (vgl. BGH, Beschluss vom 08.03.2017 - 1 StR 466/16, BGHSt 62, 72 = NJW 2017, 2052 [2053 Tz. 17]; kritisch dagegen Dannecker, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht2, StGB § 263 Rn. 56 und Schröder, in: Momsen/Grützner, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht2, § 18 Rn. 59). Eine solche strafrechtlich erhebliche Aufklärungspflicht setzt bestehende, etwa auf einer ständigen Geschäftsverbindung beruhenden Vertrauensverhältnisse, zumindest aber die Anbahnung besonderer, von gegenseitigem Vertrauen gekennzeichneter Verbindungen voraus, bei denen Treu und Glauben und die Verkehrssitte die Offenbarung der für die Entschließung des anderen Teils wichtiger Umstände gebieten (vgl. nur BGH, Beschluss vom 08.03.2017 - 1 StR 466/16, BGHSt 62, 72 = NJW 2017, 2052 [2053 Tz. 20; Urteil vom 25.07.2000 - 1 StR 162/00, NJW 2000, 3013 [3014] jew. m.w.N.).

Eine derartige, auf vertraglicher bzw. vertraglich angenäherter Basis beruhende Vertrauensbeziehung zwischen dem Klinikum AA und demjenigen in BB ist indes nicht erkennbar. Selbst wenn man mit dem bereits zitierten Judikat des Bundesgerichtshofs vom 15. Mai 1979 (VI ZR 230/76, NJW 1979, 1882 [1883 f.]) dem Zeugnis für II eine "rechtsgeschäftliche Komponente" zuerkennen und eine hierdurch begründete (quasi-)vertragliche Beziehung zwischen den beiden Kliniken annehmen wollte, so fehlt es insoweit doch an einer Verbindung nach der Art einer ständigen Geschäftsbeziehung oder einer besonderes Vertrauen in Anspruch nehmenden Vertragsanbahnung. Vielmehr wurde diese (quasi-)vertragliche Beziehung hier allenfalls nur mittelbar und zwar durch Vorlage des Zeugnisses seitens II "vermittelt". Überdies ist nicht ersichtlich, dass für die Verantwortlichen im Klinikum AA im Zeitpunkt der Zeugniserstellung überhaupt schon absehbar war, bei welcher Einrichtung sich II mit diesem Zeugnis bewerben und somit gleichsam ihr "Vertragspartner" wird. Insofern reichen aber allein (quasi-)vertragliche Pflichten aus gegenseitigen Rechtsgeschäften zur Begründung einer strafbewehrten Garantenpflicht nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 25.07.2000 - 1 StR 162/00, NJW 2000, 3013 [3014]; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB30, § 266 Rn. 23 m.w.N).

III.

Dass das Landgericht in seiner Eröffnungsentscheidung bezüglich der Fälle 1. bis 3. das vorgeworfene Verhalten der Angeschuldigten - abweichend von der Anklage - rechtlich lediglich als Beihilfe zum Totschlag durch Unterlassen würdigt, bedarf an dieser Stelle keiner näheren Erörterung, weil dies nicht zulässiger Gegenstand der Beschwerde sein kann (vgl. Stuckenberg, in: LR-StPO27, § 210 Rn. 16). Denn nach ihrem Grundgedanken ist die (insoweit) positive Eröffnungsentscheidung unanfechtbar, weil sie nur eine vorläufige Tatbewertung darstellt, die in der Hauptverhandlung und mit den Rechtsmitteln gegen die abschließende Entscheidung ausreichend überprüfbar ist. Demgegenüber unterliegt allein die - hier bezüglich der Fälle 4. bis 63. - negative Entscheidung nach § 204 StPO einer Rechtsmittelkontrolle, weil sie das Verfahren wegen der Rechtskraftwirkung gemäß § 211 StPO endgültig abschließt (vgl. Stuckenberg, in: LR-StPO27, § 210 Rn. 1 m.w.N.).

IV.

Die Beschwerdeführer tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel gemäß § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO selbst. Da sowohl die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft als auch die der Nebenklage erfolglos geblieben sind, haben auch die Nebenklägerinnen anteilig die gerichtlichen Auslagen zu tragen. Die durch die sofortigen Beschwerden verursachten notwendigen Auslagen der Angeschuldigten hat nach § 473 Abs. 2 Satz 1 StPO allein die Staatskasse zu tragen, da eine Auferlegung der notwendigen Auslagen der Angeschuldigten auf die Nebenkläger nur dann erfolgt, wenn diese gemäß § 473 Abs. 1 Satz 3 StPO allein erfolglos Rechtsmittel eingelegt haben, nicht dagegen, wenn - wie hier - auch die Staatsanwaltschaft Rechtsmittelführerin ist (vgl. BGH, Beschluss vom 08.04.2020 - 3 StR 606/19, juris Rn. 5).