Anlage 1 AORLTGGJan88 - Nr. 194 Richtlinien für die Anordnung von verkehrsregelnden Maßnahmen für den Transport gefährlicher Güter auf Straßen
Bibliographie
- Titel
- Vollzug der StVO; Richtlinien für die Anordnung von verkehrsregelnden Maßnahmen für den Transport gefährlicher Güter auf Straßen
- Redaktionelle Abkürzung
- AORLTGGJan88,NI
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 93100000000024
Bonn, den 9. Dezember
1987 StV 12/36.42.41-261
Die Fünfte Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) sieht in "zu Zeichen 261 Verbot für kennzeichnungspflichtige Kraftfahrzeuge mit gefährlichen Gütern" die Einführung von Richtlinien für die Anordnung von verkehrsregelnden Maßnahmen für Gefahrguttransporte auf Straßen vor. Im Einvernehmen mit den für die Straßenverkehrs-Ordnung und Verkehrspolizei zuständigen obersten Landesbehörden gebe ich die "Richtlinie für die Anordnung von verkehrsregelnden Maßnahmen für den Transport gefährlicher Güter auf Straßen - Richtlinie verkehrsregelnde Maßnahmen für Gefahrguttransport -" wegen der Dringlichkeit im Vorwege bekannt.
Der Bundesminister für Verkehr
Im Auftrag
D r . S e i d e n s t e c h e r
Der Bundesminister für Verkehr
Richtlinien für die Anordnung von verkehrsregelnden Maßnahmen für den Transport gefährlicher Güter auf Straßen
- Richtlinie verkehrsregelnde Maßnahmen für Gefahrguttransport-
Richtlinien für die Anordnung von verkehrsregelnden Maßnahmen für den Transport gefährlicher Güter auf Straßen
1. | Allgemeines |
---|---|
2. | Grundsätze |
3. | Kriterien für die Anordnung verkehrsregelnder Maßnahmen |
4. | Umleitungsempfehlung |
5. | Maßnahmen bei nicht möglicher Umleitung |
6. | Beteiligung, Anordnung |
7. | Ausnahmegenehmigung |
Anlage |
1.
Allgemeines
Schwere Unfälle beim Transport gefährlicher Güter geben Veranlassung, die Fahrwege solcher Transporte kritisch zu überprüfen und bestimmte, ungeeignete Streckenabschnitte für derartigen Verkehr zu sperren oder durch geeignete verkehrsbeschränkende Maßnahmen zu entschärfen.
Auflagen zur Fahrwegbestimmung können nach der Verordnung über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung gefährlicher Güter auf Straßen (GGVS) vom 22. 7. 1985 nach § 7 Abs. 1 nur für besonders erlaubsnispflichtige Güter der Listen I und II des Anhangs B.8 der Anlage B angeordnet werden.
Aus den Erfahrungen der letzten Zeit können aber auch bei Verkehrsunfällen mit Transporten sonstiger gefährlicher Güter erhebliche Gefahren entstehen. Eine Erweiterung des Anordnungsbereichs der Zeichen 261 und Zeichen 269 StVO ist daher geboten. Die Zeichen sollen künftig nicht nur aufgestellt werden dürfen, wenn die zusätzliche besondere Gefahrenlage im Sinne der bisherigen VwV-StVO-Regelung zu Zeichen 261 StVO auf einer Bauwerksbeschädigung beruht, sondern auch in solchen Fällen, in denen durch einen Verkehrsunfall Gefahren für Leben, Gesundheit und Umwelt in erheblichem Umfang eintreten können.
Bisher wurden die Zeichen 261 und Zeichen 269 StVO relativ selten aufgestellt. Die vorliegende Richtlinie beschreibt die erweiterten zusätzlichen Kriterien, auf deren Grundlage das Straßennetz für den Transport gefährlicher Güter zu bewerten ist.
2.
Grundsätze
(1) Die Richtlinien gelten für alle Straßen mit tatsächlich öffentlichem Verkehr.
(2) Verkehrsregelnde Maßnahmen für den Transport gefährlicher Güter sind in erster Linie solche, die durch Aufstellen von Zeichen 261 bzw. Zeichen 269 StVO bestimmte Streckenabschnitte für diese Transporte sperren und hierfür in der Regel durch Aufstellen einer Umleitungsbeschilderung einen alternativen Fahrweg empfehlen.
(3) Bestehen für bestimmte Straßen oder Straßenabschnitte erhebliche Sicherheitsbedenken (vgl. Abschnitt 3), scheidet aber eine Sperrung mangels geeigneter Ausweichstrecken aus, können besondere verkehrsbeschränkende Maßnahmen ergriffen werden, wie z. B. Überholverbote, Verbot des Fahrens ohne einen Mindestabstand, Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (s. auch Abschnitt 5) Dabei können innerorts und außerorts unterschiedliche Maßnahmen notwendig sein.
(4) Soll nicht nur der Transport gefährlicher Güter, sondern der Schwerverkehr allgemein untersagt werden, kommen Verbote nach Zeichen 253 StVO (Verbot für Fahrzeuge über einem bestimmten zulässigen Gesamtgewicht) in Verbindung mit Zusatzschild 801 oder nach Zeichen 262 StVO (Verbot für Fahrzeuge über einem angegebenen tatsächlichen Gewicht), wenn nur beladene Fahrzeuge von einer bestimmten Strecke ferngehalten werden müssen, in Betracht.
3.
Kriterien für die Anordnung verkehrsregelnder Maßnahmen
(1) Durch Anordnung von Zeichen 261 bzw. von Zeichen 269 StVO können Straßenabschnitte für den Transport gefährlicher Güter gesperrt werden, wenn über die zusätzliche besondere Gefahrenlage im Sinne der VwV-StVO zu o. g. Zeichen hinaus folgende örtliche Gegebenheiten vorliegen:
(1.1) Es führt eine längere Gefällstrecke (ab ca. 500 m; bei größerem Gefälle können auch kürzere Gefällstrecken in Betracht kommen) mit einem mittleren Gefälle von mehr als 4 % unmittelbar in eine bebaute Ortslage oder durch eine in besonderer Gefahrenlage befindliche Ansiedlung/ein Gewerbegebiet/ein Industriegebiet hindurch.
(1.2) Es weist eine Ortsdurchfahrt eine enge und/oder kurvenreiche Straßenführung auf, bei der insbesondere entgegenkommende Lastkraftwagen nicht ohne wesentliche Geschwindigkeitsreduzierung oder Halt an Engstellen aneinander vorbeifahren können.
(1.3) Es führt innerorts eine Gefällstrecke von mehr als 4 % Gefälle unmittelbar über eine wartepflichtige oder mit Lichtsignalen geregelte Kreuzung oder Einmündung.
(1.4) Es führt eine längere Gefällstrecke (ab ca. 500 m; bei größerem Gefälle können auch kürzere Gefällstrecken in Betracht kommen) mit einem mittleren Gefälle von mehr als 4 % durch sensible Umwelträume (Naturschutzgebiete jeglicher Art) und/oder weist enge Kurven auf oder endet in einer engen Kurve, die außerdem nicht ohne besondere Gefahren von Lastkraftwagen im Innerortsbereich mit 50 km/h, im Außerortsbereich mit 80 km/h befahren werden können (s. Abschnitt 5).
(2) Ein Verkehrsverbot nach Zeichen 269 StVO kann dort angeordnet werden, wo Gesichtspunkte des Wasser- und Quellenschutzes zu berücksichtigen sind. Im einzelnen ist zu beachten:
(2.1) Kreuzt eine öffentliche Straße den Fassungsbereich eines Wasser- oder Quellenschutzgebiets (Wasserschutzzone I), so ist in der Regel neben dem Zeichen 354 (Wasserschutzgebiet) auch das Zeichen 269 aufzustellen.
(2.2) Kreuzt eine öffentliche Straße die engere Schutzzone eines Wasser- oder Quellenschutzgebietes (Wasserschutzzone II), so ist neben dem Zeichen 354 das Zeichen 269 aufzustellen, wenn eine zumutbare Umleitung für Fahrzeuge mit wassergefährdender Ladung vorhanden ist und nicht besondere Umstände einen uneingeschränkten Verkehr erfordern.
(2.3) Kreuzt eine öffentliche Straße den Fassungsbereich oder die engere Schutzzone eines Wasser- oder Quellenschutzgebiets (Wasserschutzzone II), so ist in der Regel die Geschwindigkeitsbeschränkung mit Zeichen 274 auf eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von z. B. für den Außerortsbereich 60 km/h anzuordnen. Ist entgegen den o. g. Regelungen Zeichen 269 nicht aufgestellt, dann kann die zulässige Höchstgeschwindigkeit auch auf unter 60 km/h festgesetzt werden Daneben können nach den Erfordernissen des Einzelfalls noch andere Anordnungen getroffen werden, wie z. B. Gewichtsbeschränkungen für Lkw oder Überholverbote für Lkw.
(2.4) Kreuzt eine öffentliche Straße die weitere Schutzzone eines Wasser- oder Quellenschutzgebiets (Wasserschutzzone III), so können in besonderen Fällen nach den Erfordernissen des Einzelfalls Geschwindigkeitsbeschränkungen verfügt und/oder andere Anordnungen getroffen werden.
(2.5) Anordnungen nach (2.3) aus Gründen des Gewässerschutzes sollen außerhalb von Schutzgebieten nur in besonderen Fällen getroffen werden (z. B. zum Schutz von Seen)
(3) Bei Straßentunneln wirken in der Regel keine straßenseitigen, zusätzlichen Gefahren auf den Transport gefährlicher Güter. Jedoch muß im einzelnen geprüft werden, ob andersartige Kriterien, wie in diesem Abschnitt aufgezählt, Verkehrsbeschränkungen erfordern, wie z. B. für Transportverbote von explosionsgefährlichen oder leichtentzündlichen Stoffen.
4.
Umleitungsempfehlung
(1) Bei der Sperrung bestimmter Straßen oder Straßenabschnitte ist stets zu prüfen, ob geeignete Umleitungsstrecken zur Verfügung stehen. Durch die Verlagerung von Gefahrgutverkehr darf keine neue Gefahrensituation an anderer Stelle geschaffen werden.
(2) Das Verbot der Durchfahrt für den Transport gefährlicher Güter sollte rechtzeitig angekündigt und mit der örtlich vorhandenen wegweisenden Beschilderung abgestimmt werden. Die Ankündigung erfolgt einheitlich mit dem Zeichen 261 bzw. Zeichen 269 StVO in Verbindung mit dem Zusatzzeichen 741 StVO "nach ... m" in einem ausreichenden Abstand vor der stationären Wegweisung der jeweiligen Kreuzung bzw. Einmündung. Zur Verdeutlichung der Ankündigung kann das Zeichen 261 bzw. Zeichen 269 StVO in die vorhandene stationäre Wegweisung aufgenommen werden. Hierdurch kann ein besonderer Beschilderungsaufwand vermieden werden.
(3) In besonderen Fällen kann die Umleitung ergänzend durch Zeichen 459 StVO (Planskizze) angekündigt werden. Hierbei sollte von einer möglichst einfachen und einheitlichen Darstellung des Sachverhalts gemäß Anlage ausgegangen werden.
(4) Auf der Ausweichstrecke erfolgt die Umleitungswegweisung je nach örtlichen Gegebenheiten und Erfordernissen mit Hilfe der Zeichen 421StVO (Wegweiser für bestimmte Verkehrsarten) und Zeichen 442 StVO (Vorwegweiser für bestimmte Verkehrsarten); vgl. auch Anlage.
(5) Da es sich bei den Fahrern von Transporten mit gefährlichen Gütern um Kraftfahrer handelt, die beruflich ein Kraftfahrzeug führen, kann der Beschilderungsaufwand entlang der Umleitungsstrecke entfallen, sobald auf der Umleitungsstrecke das ursprüngliche Fernziel der Fahrtstrecke erscheint.
5.
Maßnahmen bei nicht möglicher Umleitung
(1) Kommt eine Sperrung oder Teilsperrung für den Gefahrgutverkehr etwa mangels geeigneter Ausweichstrecken nicht in Betracht, ist u. a. eine Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (Zeichen 274 StVO) insbesondere für Sattelkraftfahrzeuge und Züge (Zusatzzeichen 876) zu erwägen. Die Höchstgeschwindigkeit muß dann soweit herabgesetzt werden, daß die betroffenen Fahrzeuge auch nach längerer Abwärtsfahrt noch zum Halten gebracht werden können. Dabei spielen die Stärke des Gefälles, die Länge der Gefällstrecke und der Radius von Kurven eine entscheidende Rolle. Zur Wahl der Höchstgeschwindigkeit kann ein Sachverständigengutachten angezeigt sein.
(2) Die Geschwindigkeitsbeschränkung muß im übrigen so weit vor dem Beginn der Gefällstrecke einsetzen, daß der Kraftfahrzeugführer noch rechtzeitig in niedrigere Gänge zurückschalten kann. Hinsichtlich der dafür notwendigen Geschwindigkeitsreduzierung sollte nicht die Wirksamkeit der Betriebsbremse, sondern die der Dauerbremse (Motorbremse) berücksichtigt werden.
(3) Es kann sich empfehlen, vor unübersichtlichen Strecken individuell gestaltete Hinweisschilder mit der Warnung vor besonders gefährlichen Gefällstrecken aufzustellen (z. B. vergleichbar mit Hinweisen auf der A 8 im Bereich des "Alb-Abstiegs").
6.
Beteiligung, Anordnung
(1) Zur Vorbereitung der Anordnung einer verkehrsregelnden Maßnahme durch die Straßenverkehrsbehörde ist ein Entwurf mit Begründung und Umleitungsempfehlung zu erstellen unter Beteiligung
der Straßenbaubehörde
der Polizei
der Wasserbehörde
ggf. weiterer zuständiger Behörden, wie z. B. Gemeinden, Naturschutzbehörden etc.
ggf. amtlicher Sachverständiger.
(2) Die Anordnung selbst bedarf der Zustimmung durch die oberste Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle.
(3) Die aufgestellten Verkehrszeichen müssen mindestens vollflächig retroreflektierend ausgeführt sein.
(4) Unabhängig von Überlegungen, bestimmte Streckenabschnitte für den Gefahrgutverkehr zu sperren oder in der Höchstgeschwindigkeit zu beschränken, haben die Straßenverkehrsbehörden zu prüfen, ob die von diesem Verkehr benutzten Gefällstrecken ausreichend mit dem Gefahrzeichen 108 StVO (Gefälle) gekennzeichnet sind. Das Zeichen muß so weit vor dem Beginn der Gefällstrecke stehen, daß sich der Kraftfahrzeugführer noch rechtzeitig darauf einstellen kann. Ein Zusatzzeichen 741 StVO (nach ... m) kann sinnvoll sein, wenn der Beginn der Gefällstrecke nicht rechtzeitig wahrgenommen werden kann.
7.
Ausnahmegenehmigung
Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO (z. B. für Anlieger) ist ein strenger Maßstab anzulegen.