Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 18.06.2019, Az.: 2 U 97/18
Bewertung in einem Ärztebewertungsportal; Prüfungsumfang bei Beanstandungen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 18.06.2019
- Aktenzeichen
- 2 U 97/18
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2019, 44546
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Braunschweig - 28.11.2018
Rechtsgrundlage
- § 823 BGB
Fundstellen
- CR 2020, 466-470
- GRUR-Prax 2019, 559
- ITRB 2020, 9
- ZAP EN-Nr. 39/2020
- ZAP 2020, 78
- ZD 2020, 253-255
Amtlicher Leitsatz
Für eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen betroffener Ärzte durch den Portalbetreiber genügt es nicht, wenn sich dieser mit inhaltsleeren Erklärungen des Verfassers der Bewertung zufrieden gibt (Anschluss an BGH, Urt. v. 01.03.2016 - VI ZR 34/15 - jameda.de II).
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 28.11.2018 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise dahingehend abgeändert, dass die Verurteilung im Tenor zu Ziffer 5 nebst der hierauf bezogenen Vollstreckungsanordnung zu Ziffer 7 entfällt und der Tenor zu Ziffer 3 sowie der Feststellungstenor zu Ziffer 4 wie folgt neu gefasst werden:
3. Die Beklagte wird verurteilt, ab dem 28.02.2017 über Art, Umfang und Zeitraum der in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen Auskunft zu erteilen unter Angabe der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jedweden Schaden zu ersetzen, der diesem aus nach dem 27.02.2017 erfolgten und in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Löschung einer Ärztebewertung.
Der Kläger ist ein in A. niedergelassener Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Die Beklagte betreibt das Ärztebewertungsportal "j.".
Im November 2016 wurde der Kläger auf eine ihn betreffende und bei der Beklagten veröffentlichte Bewertung aufmerksam, mit der die Gesamtnote 5,0 und in den Kategorien Engagement, Vertrauensverhältnis, Freundlichkeit und Wartezeit Termin jeweils die Einzelnote 6,0 vergeben worden war. Hinsichtlich der Einzelheiten der Bewertung wird auf die Anlage K1 Bezug genommen.
Der Kläger hat die Bewertung der Beklagten gegenüber wie folgt beanstandet:
"Die Angaben dieser Person entsprechen nicht der Wahrheit. Ich untersuche jeden meiner Patienten. 5-Minuten-Aufenhalte gibt es bei mir nicht. Ich bezweifele, dass diese Person von mir behandelt wurde. Die Person möge beweisen, dass sie von mir behandelt wurde. Ich berufe mich auf das jüngste BGH-Urteil vom März 2016. E."
Die Beklagte hat daraufhin zu dem Verfasser der Bewertung Kontakt aufgenommen, welcher ihr gegenüber seine Bewertung bestätigt und ausgeführt hat, den Termin per Telefon erhalten zu haben und deshalb keinen Terminzettel als Beleg vorlegen zu können. Die Stellungnahme ist am 04.01.2017 an den Kläger weitergeleitet worden, wobei die Beklagte angegeben hat, die Behandlung sei im Zeitraum 09/2016 bis 11/2016 erfolgt. Die im Rahmen der Anforderung einer Stellungnahme des Verfassers zunächst von der Plattform genommene Bewertung hat die Beklagte am 31.01.2017 wieder veröffentlicht. Über die erneute Veröffentlichung ist der Kläger mit E-Mail vom 31.01.2017 (vgl. Anlage K2) wiederum informiert worden.
Nachdem der Kläger die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 02.02.2017 (Anlage K3) aufgefordert hatte, die Bewertung zu entfernen, hat sie erneut Kontakt zu dem Verfasser aufgenommen und dessen Stellungnahme den Bevollmächtigten des Klägers mit E-Mail vom 07.02.2017 (Anlage K4) zur Kenntnis gegeben. In der Stellungnahme wird mitgeteilt, eine Nachfrage bei der Krankenkasse habe ergeben, dass diese keine Arztbesuche registriere, und daneben die Lage der Praxis des Klägers nebst Eingangsbereich beschrieben.
Mit Schreiben vom 08.02.2017 wurde die Beklagte nochmals zur Entfernung der Bewertung aufgefordert (Anlage K5). Mit E-Mail vom 27.02.2017 (Anlage K6) hat sie mitgeteilt, die Bewertung vom 12.11.2016 erneut geprüft und strittige Tatsachenbehauptungen entfernt zu haben. Eine vollständige Löschung der Bewertung sei nicht möglich, weil sie den Nutzungsrichtlinien und rechtlichen Vorgaben entspreche. Entfernt wurden die vorherigen Aussagen "mein Aufenthalt im Arztzimmer dauerte keine 5 Minuten" und "...ohne eine kleinste Untersuchung zu machen...". Des Weiteren wurden Benotungen verändert.
Da der Kläger mit Schreiben seiner Rechtsanwälte vom 13.03.2017 erklären ließ, in dem angegebenen Behandlungszeitraum mehrere Tage und Wochen nicht in der Praxis tätig gewesen zu sein, bat die Beklagte den Kläger um Benennung seiner Abwesenheitszeiten und - nach ihrer Behauptung - den Verfasser der Bewertung um die Benennung des Behandlungstags. Das Ergebnis des Abgleichs, nämlich dass der Kläger an dem behaupteten Behandlungstag anwesend gewesen sei, hat die Beklagte dem Kläger ebenfalls mit E-Mail vom 27.03.2017 (Anlagenkonvolut K7) mitgeteilt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- u. Streitstands erster Instanz, der dort gestellten Anträge sowie der rechtlichen Erwägungen des Landgerichts, welches der auf Unterlassung der Veröffentlichung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten gerichteten Klage mit Urteil vom 28.11.2018 stattgegeben hat, wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 104 ff. d. A.).
Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 29.11.2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 20.12.2018 bei Gericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 29.01.2019 eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründet.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Ziel einer Klageabweisung weiter und trägt zur Begründung vor:
Das Landgericht stütze sich auf eine angebliche Verletzung einer Prüfpflicht der Beklagten; eine Prüfpflichtverletzung habe es jedoch nicht gegeben.
Der Verfasser der Bewertung habe angeben, von einem Orthopäden an den Kläger verwiesen worden zu sein, und dass er vier Monate auf einen Termin habe warten müssen; es müsse sich deshalb um einen Erstpatienten handeln. Der Kläger habe sich nicht dazu erklärt, ob dies auf einen seiner Patienten in dem Behandlungszeitraum von 09/2016 bis 11/2016 zugetroffen habe. Weiter habe der Bewerter angegeben, dass er wegen mehr als sechs Monaten bestehender Probleme im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) beim Kläger gewesen sei. Im Rahmen des Prüfverfahrens habe der Kläger nicht geäußert, ob dies für einen Patienten im genannten Behandlungszeitraum zutreffe. Mittelbar habe der Kläger mit Schreiben vom 06.03.2017 (Anlagenkonvolut K7) erklärt, im genannten Behandlungszeitraum Patienten mit Problemen an der HWS behandelt zu haben; anderenfalls wäre davon auszugehen gewesen, dass er dies hervorhebe.
Die Beklagte habe den Patienten im Rahmen des Prüfprozesses diverse Male kontaktiert und Stellungnahmen eingeholt, insbesondere seien das genaue Behandlungsdatum und die Uhrzeit erfragt und ein Abgleich mit den Abwesenheitstagen des Klägers durchgeführt worden; auch die Praxisbeschreibung des Patienten sei unstreitig zutreffend.
Ein Zueigenmachen der Bewertung des Patienten liege nicht vor. Die Beklagte führe das Prüfverfahren nicht freiwillig durch, sondern weil der Bundesgerichtshof dies so vorschreibe. Beschwere sich ein Arzt über eine Bewertung, sei die Beklagte gezwungen, eine inhaltliche Überprüfung auf aufgezeigte und unschwer zu bejahende Rechtsverstöße vorzunehmen. Ein solches Prüfverfahren mache jedoch keinen Sinn, wenn die Beklagte eindeutig unwahre Tatsachenbehauptungen nicht aus einer Bewertung löschen könne, ohne sich im Übrigen die gesamte Bewertung zu eigen zu machen.
Die Beklagte könne auch nicht erkennen, dass sie in irgendeiner Weise ihre neutrale Position verlasse, wenn sie unwahre Tatsachenbehauptungen aus einer Bewertung entferne. Sie habe geprüft, ob eine unschwer zu bejahende Rechtsverletzung vorliege, und entsprechend entschieden, dass die Passagen "ohne eine kleinste Untersuchung zu machen" und "mein Aufenthalt im Arztzimmer dauerte keine 5 Minuten" nicht hinreichend durch die Stellungnahme des Patienten verifiziert worden seien und daher nicht hätten aufrechterhalten werden können. Damit habe die Beklagte gerade die Funktion des Prüfverfahrens erfüllt.
Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 01.03.2016 (VI ZR 34/15) sei zu entnehmen, dass ein pauschaler Hinweis auf einen fehlenden Behandlungskontakt nicht ausreiche, um ein Prüfverfahren auszulösen, wenn die Bewertung Ausführungen in tatsächlicher Hinsicht enthalte, die eine Eingrenzung des Bewertenden ermöglichten. Hier hätten der Bewertung Informationen entnommen werden können, die der Kläger vor seiner Beschwerde daraufhin hätte prüfen können, ob sie auf einen seiner Patienten zuträfen, so dass fraglich sei, ob die Beklagte überhaupt ein Prüfverfahren hätte einleiten müssen.
Jedenfalls sei die Beklagte ihren Prüfpflichten nachgekommen. Sie habe die Beschwerde des Klägers an den Patienten weitergeleitet, diesen um eine Stellungnahme hierzu gebeten und auch die Übersendung eines Behandlungsbelegs gefordert. Der Patient habe ausgeführt, dass er seine Krankenkasse kontaktiert, von dieser jedoch keinen Beleg habe; stattdessen habe er eine Beschreibung der Praxis geliefert. Zusammen mit dem Abgleich des angegebenen Termindatums mit den Abwesenheitszeiten des Klägers habe die Beklagte alles ihr Mögliche versucht, um den Behandlungskontakt aufzuklären. Demgegenüber habe der Kläger nicht dargestellt, geschweige denn unter Beweis gestellt, ob und wie er überhaupt versucht habe, anhand der Beschreibung in der Bewertung und der Stellungnahme des Patienten zu rekonstruieren, ob ein Behandlungskontakt vorgelegen habe.
Soweit das Landgericht fordere, dass die Beklagte einen Behandlungsbeleg vorzulegen habe, ergebe sich dies nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach sei nur der Versuch der Sachverhaltsaufklärung geschuldet, wofür Unterlagen anzufordern seien; dies habe die Beklagte vorprozessual getan.
Eine Löschung der Bewertung bzw. von Teilen der Bewertung habe auch nur dann zu erfolgen, wenn das Prüfverfahren das Vorliegen eines unschwer zu bejahenden Rechtsverstoßes bestätigt habe. Führe der Versuch der Validierung des Vortrags des Betroffenen trotz Rückfragen beim Verfasser der Bewertung zu keinem eindeutigen Ergebnis, bestehe keine Löschungspflicht. Das sei hier der Fall. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass der Bewertung kein Behandlungskontakt zugrunde gelegen habe. Er habe nicht einmal konkret vorgetragen, inwiefern er seine Patientenakten kontrolliert habe. Von daher könne von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung keine Rede sein.
Die Beklagte habe keine sekundäre Darlegungslast verletzt. Anders als im "Normalfall" einer sekundären Darlegungslast seien der Beklagten die maßgeblichen Tatsachen nicht bekannt. Der Geschehensablauf habe sich nicht in ihrer Wahrnehmungssphäre abgespielt, sondern in derjenigen des Klägers. Die sekundäre Darlegungslast der Beklagten sei erfüllt, wenn sie entsprechende Informationen anfordere und damit den Sachverhalt aufzuklären versuche und die aus diesem Versuch gewonnenen Erkenntnisse in das Verfahren einführe. Dem sei die Beklagte nachgekommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Braunschweig (Az.: 9 O 2616/17) abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und erwidert:
Die Beklagte sei für die streitgegenständlichen Äußerungen verantwortlich. Sie habe den fraglichen Beitrag geprüft und sodann eine bewusste Entscheidung getroffen, den Beitrag wieder zu veröffentlichen. Damit habe sie sich seine Inhalte zu eigen gemacht. Die Entfernung sogenannter "strittiger Tatsachenbehauptungen" aus der Bewertung eines Verfassers und deren bewusste nachfolgende Veröffentlichung führten zu einer eigenen rechtlichen Verantwortlichkeit der Beklagten.
Lägen Zweifel hinsichtlich der Tatsachengrundlage vor, sei die Beklagte verpflichtet, den Behandlungskontakt belegende Unterlagen einzufordern. Trotz bei ihr selbst bestehender Zweifel habe die Beklagte ihren Obliegenheiten nicht Rechnung getragen. Sie habe den Verfasser der Bewertung gerade nicht um konkrete Unterlagen gebeten, die den Behandlungskontakt nachwiesen. Die im Schriftsatz vom 04.10.2018 beschriebene E-Mail, mit der die Beklagte an Bewerter herantrete, enthalte keine Aufforderung zur konkreten Beschreibung und Beschaffung von die Aussagen stützenden Unterlagen. Die Beschreibung der Praxisräume könne die Vorlage von Belegen erkennbar nicht ersetzen.
Davon abgesehen habe das Landgericht zutreffend darauf aufmerksam gemacht, dass jedem Patienten einer gesetzlichen Krankenkasse aus § 305 SGB V ein gesetzliches Auskunftsrecht zustehe. Die Einlassung des Bewerters, nach der seine Versicherung entsprechende Belege nicht vorhalte, sei damit evident falsch, was die Beklagte gewusst habe. Dennoch habe sie sich dazu entschlossen, die streitgegenständliche Bewertung wieder zu veröffentlichen. Zu der Obliegenheit der Beklagten hätte es gehört, den Bewerter auch auf sein Auskunftsrecht gegenüber der Krankenkasse aufmerksam zu machen.
Es fehle an einer ernsthaften Aufforderung zur Substantiierung des Behandlungskontakts an den Verfasser der Bewertung. Mit ihrer Argumentation mache die Beklagte deutlich, dass sie ausschließlich eine formale Prüfung der Beanstandung des bewerteten Arztes durchführe.
Der Kläger habe nachvollziehbar mit Blick auf seinen besonderen Behandlungsschwerpunkt erklärt, dass aus der ihm zur Verfügung stehenden Datenlage seines EDV-Systems ein entsprechender Patient im fraglichen Zeitraum nicht erfasst worden sei. Weitergehende Angaben könne er mit Blick auf die ihm zur Verfügung gestellten Informationen tatsächlich nicht machen. Auch sei er aufgrund der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht nicht befugt, Behandlungsdaten seiner Patienten zu offenbaren.
II.
1. Die zulässige Berufung der Beklagten (§§ 511 Abs. 1 u. Abs. 2 Nr. 1, 517, 519 f. ZPO) ist weitgehend unbegründet.
a) Der Kläger kann von der Beklagten gemäß den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i. V. m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG die Unterlassung der Verbreitung der streitgegenständlichen Bewertung verlangen.
aa) Die Beklagte ist passivlegitimiert, also Schuldnerin des Unterlassungsanspruchs.
(1) Die Beklagte haftet als unmittelbare Störerin ("Täterin" in der Diktion des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs).
(a) Der Anbieter eines Internetportals wie die Beklagte ist für auf dem Portal eingestellte Inhalte verantwortlich, wenn es sich um eigene Inhalte des Portalbetreibers handelt. Dazu gehören neben den von ihm selbst eingestellten Inhalten auch solche, die zwar von einem Dritten eingestellt wurden, die sich der Portalbetreiber aber zu eigen gemacht hat. Davon ist auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat, was aus Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen ist (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2016 - VI ZR 34/15, WM 2016, 1950 - Ärztebewertungsportal II; derselbe, Urteil vom 27.03.2012 - VI ZR 144/11, MDR 2012, 767).
Für ein solches Zueigenmachen spricht es insbesondere, wenn der Portalbetreiber eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung der auf seinem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt. Überprüft der Portalbetreiber die in das Portal eingestellten Äußerungen eines Dritten auf die Rüge des von der Kritik Betroffenen inhaltlich und nimmt er auf sie Einfluss, indem er selbstständig - insbesondere ohne Rücksprache mit dem Dritten - entscheidet, welche Äußerungen er abändert oder entfernt und welche er beibehält, macht er sich diese Äußerungen zu eigen. Er verlässt so die Rolle eines neutralen Vermittlers und übernimmt stattdessen eine aktive Rolle. Nach außen erkennbar ist die Übernahme der inhaltlichen Verantwortung zumindest dann, wenn dem von der Kritik Betroffenen der Umgang mit der Bewertung kundgetan wird (vgl. BGH, Urteil vom 04.04.2017 - VI ZR 123/16, NJW 2017, 2029; OLG Dresden, Urteil vom 06.03.2018 - 4 U 1403/17, WRP 2018, 589).
(b) Hieran gemessen ist die Beklagte unmittelbare Störerin.
(aa) Dies folgt allerdings noch nicht daraus, dass sie die streitgegenständliche Bewertung vom 12.11.2016 auf die Beanstandung des Klägers hin zunächst offline gestellt und nach der Stellungnahme des Verfassers vom 26.11.2016 und einer ausbleibenden Stellungnahme des Klägers hierauf am 31.01.2017 wieder veröffentlicht hat, was dem Kläger mit E-Mail vom 31.01.2017 mitgeteilt worden ist (Anlage K2).
Die Beklagte hat lediglich das vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 01.03.2016 intendierte Prüfverfahren eingeleitet und ist zu dem Schluss gekommen, dass hiernach keine Rechtsverletzung vorliege, weshalb die Bewertung wieder zu veröffentlichen sei. Die Situation stellt sich insofern nicht wesentlich anders dar, als wenn die Beklagte die vom Kläger angegriffene Bewertung auch während des Prüfverfahrens nicht von ihrem Portal genommen, sondern weiter online gelassen hätte und dann zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass sie nicht zu beanstanden sei.
(bb) Ein Zueigenmachen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt aber darin, dass die Beklagte auf das weitere Beschwerdevorbringen des Klägers hin zu einem späteren Zeitpunkt eine erneute Prüfung durchgeführt hat, als deren Ergebnis "strittige Tatsachenbehauptungen" entfernt wurden, nämlich die Passagen "ohne eine kleinste Untersuchung zu machen" und "mein Aufenthalt im Arztzimmer dauerte keine 5 Minuten." Darüber hinaus sind einzelne Notenbewertungen verändert worden. Dies hat die Beklagte dem Kläger als dem von der Kritik Betroffenen anschließend auch kundgetan, indem sie ihm mit E-Mail vom 27.02.2017 (Anlage K6) mitgeteilt hat, dass einige Tatsachenbehauptungen entfernt worden seien, eine vollständige Löschung aber nicht in Betracht komme, weil die Bewertung den Nutzungsrichtlinien entspreche.
Der Einwand der Beklagten, sie führe lediglich das vom Bundesgerichtshof vorgesehene Prüfungsverfahren durch und müsse, wenn einzelne Äußerungen zu beanstanden seien, diese auch löschen können, ohne anschließend als unmittelbare Störerin zu haften, greift nicht durch. Dabei übersieht die Beklagte, dass nicht der bewertende Patient, sondern sie selbstständig - ohne Rücksprache mit dem Patienten - entschieden hat, welche Äußerungen sie abändert oder entfernt und welche sie beibehält. Darin liegt ein Zueigenmachen der restlichen und sodann veröffentlichten Bewertung, die so zu einem eigenen Inhalt auf der Plattform der Beklagten wird. Denn in der letztendlich noch veröffentlichten Fassung stammt die Bewertung nicht von dem Patienten, sondern der Beklagten.
Anders wäre dies, wenn die Beklagte nach von ihr durchgeführter Prüfung zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass einzelne Teile der Bewertung rechtlich zu beanstanden seien, und sie dann den Patienten damit konfrontiert und ihm die Entscheidung überlassen hätte, ob die Passagen gestrichen oder gegebenenfalls umformuliert werden sollen. Dazu ist ihm jedoch nicht einmal die Gelegenheit gegeben worden. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Löschung einzelner nach Durchführung der Prüfung von der Beklagten als persönlichkeitsverletzend erkannter Passagen nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs auch nicht zwangsläufig. Entscheidet sich der Patient gegen die Teillöschung oder Umformulierung einzelner problematischer Passagen, bleibt der Beklagten stets die Möglichkeit, die Bewertung insgesamt von ihrer Plattform zu nehmen.
(2) Darüber hinaus ist die Beklagte aber auch mittelbare Störerin.
(a) Mittelbarer Störer ist, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2016, a. a. O.). Zwar ist ein Hostprovider wie die Beklagte zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber, wenn er von einem Betroffenen auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts hingewiesen wird und diese Beanstandung so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, verpflichtet, eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen vorzunehmen (vgl. a. dazu BGH, Urteil vom 01.03.2016, a. a. O.).
(b) Die Voraussetzungen einer Prüfpflicht der Beklagten liegen hier vor. Zudem hat die Beklagte ihre Prüfpflicht auch verletzt.
(aa) Die Beanstandung des Klägers war hinreichend konkret. Der Kläger hat der Beklagten gegenüber behauptet, dass die Angaben des Bewerters nicht der Wahrheit entsprächen, und dies damit begründet, dass es bei ihm keine 5-Minuten-Aufenthalte gebe. Deshalb bezweifle er, dass der Verfasser der Bewertung von ihm behandelt worden sei.
Dass es sich bei der Behauptung, der Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, letztlich um eine Mutmaßung des Klägers handelte, steht einer ausreichenden Konkretisierung der Beanstandung nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entgegen. Letztlich bleibt es, solange der Name des Patienten und der angebliche Behandlungstermin nicht bekannt sind, immer bei einer Mutmaßung des von der Bewertung Betroffenen. Die Beanstandung des Klägers wäre auch nicht substantieller gewesen, wenn er zusätzlich ausgeführt hätte, in seiner EDV keinen Patienten mit Problemen im Bereich der Halswirbelsäule gefunden zu haben, der von einem Orthopäden überwiesen worden sei. Abgesehen davon, dass ein solcher Abgleich mit den gespeicherten Patientendaten zum Zeitpunkt der Beanstandung durch den Kläger mangels zeitlicher Eingrenzung des angeblichen Behandlungsdatums ohnehin wenig sinnvoll erschien, wäre dies lediglich ein weiterer Grund neben der angegebenen kurzen Behandlungsdauer gewesen, der Anlass für die Behauptung des Fehlens eines Behandlungskontakts hätte geben können, ohne dass sich dadurch etwas am Vorliegen lediglich einer Mutmaßung geändert hätte.
(bb) Auf der Grundlage der Beanstandung des Klägers war auch ein Rechtsverstoß unschwer zu bejahen.
Im Falle von Bewertungen, die als Meinungsäußerungen zu qualifizieren sind, ist das durch Art. 1 Abs. 1 u. Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner Berufsehre gegen die von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsfreiheit des Bewertenden abzuwägen. Da bei Äußerungen, in denen sich - wie hier - wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, im Rahmen der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht fällt und das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter den Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen zurücktritt, wenn die Meinungsäußerung einen falschen oder bewusst unwahren Tatsachenkern enthält (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2014 - VI ZR 39/14, MDR 2015, 150), ist der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers rechtswidrig, wenn der angegriffenen Bewertung kein tatsächlicher Behandlungskontakt zugrunde liegt. Denn ein berechtigtes Interesse des Bewertenden, eine tatsächlich nicht stattgefundene Behandlung zu bewerten, besteht ebenso wenig wie ein Interesse der Beklagten, eine Bewertung über eine nicht stattgefundene Behandlung zu kommunizieren (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2016 - VI ZR 34/15, WM 2016, 1950).
(cc) Der sich durch den konkreten Hinweis des Klägers auf eine unschwer zu bejahende Rechtsverletzung ausgelösten Prüfungspflicht hat die Beklagte nicht im zu fordernden Umfang entsprochen.
((1)) Zwar erfüllt das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion, doch sind an die Prüfungspflicht der Beklagten dennoch strenge Anforderungen zu stellen. Ein Portal wie dasjenige der Beklagten birgt auch die Gefahr für nicht unerhebliche persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen, wobei die Missbrauchsgefahren noch dadurch verstärkt werden, dass die Bewertungen in rechtlich zulässiger Weise verdeckt abgegeben werden können (vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2014 - VI ZR 358/13, WRP 2014, 1473 [BGH 23.09.2014 - VI ZR 358/13]). Dies erschwert es dem betroffenen Arzt regelmäßig erheblich, unmittelbar gegen den betreffenden Portalnutzer vorzugehen, oder macht ihm dies sogar unmöglich, weil er über keinen Auskunftsanspruch gegen den Portalbetreiber verfügt und er sich deshalb die für seine Identifizierung erforderlichen Informationen nicht verschaffen kann. Nach § 12 Abs. 2 TMG ist die Beklagte nicht zur Herausgabe der zur Bereitstellung des Telemediums erhobenen Anmeldedaten befugt (vgl. BGH, Urteil vom 01.07.2014 - VI ZR 345/13, MDR 2014, 959). Hinzu tritt im Streitfall, dass die Bewertung in mehreren für potentielle Patienten wesentlichen Kategorien die schlechtestmögliche Note von 6,0 vergibt und auf diese Weise massiv in die rechtlich geschützten Interessen des Klägers eingegriffen wird.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf sich der Portalbetreiber in einer solchen Situation nicht auf eine rein formale Prüfung zurückziehen, sondern muss ernsthaft versuchen, sich die für eine Klärung der Berechtigung der Beanstandung des betroffenen Arztes notwendige Tatsachengrundlage zu verschaffen. Die Beklagte muss dem Verfasser der Bewertung deshalb die Beanstandung des betroffenen Arztes übersenden und ihn zu einer Stellungnahme anhalten. Dazu ist der Verfasser aufzufordern, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben und ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa vorhandene Rechnungen, Terminkarten und -zettel, Eintragungen in Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien möglichst umfassend - notfalls geschwärzt - zu übermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2016, a. a. O.).
((2)) Auch auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten ist sie diesen Anforderungen nicht gerecht geworden.
((a)) Sie hat dem Verfasser der Bewertung die Beanstandung des Klägers übersandt und den Verfasser nach dem Inhalt des hierfür von ihr verwendeten Bestätigungs-Templates, dargestellt im Schriftsatz vom 04.10.2018 (Bl. 92 ff d. A.), zur Erläuterung seiner Bewertung aufgefordert. Daneben ist der Verfasser aufgefordert worden, einen Behandlungsnachweis hochzuladen, mit dem er den Arztbesuch belegen könne, und gleichzeitig darauf hingewiesen worden, dass auch die Krankenkasse einen Beleg für den Arztbesuch zusenden könne. Für den Fall, dass kein Beleg vorliege, ist der Verfasser aufgefordert worden, eine möglichst ausführliche Beschreibung des Behandlungsablaufs zu geben.
Bereits letzteres genügt nicht den Vorgaben des Bundesgerichtshofs. Danach ist kumulativ sowohl eine Beschreibung des Behandlungskontakts als auch die Vorlage von diesen belegenden Unterlagen zu fordern. Demgegenüber verlangt die Beklagte in erster Linie einen Beleg für die Behandlung und eine Beschreibung des Behandlungskontakts nur hilfsweise, falls kein Beleg vorgelegt werden kann.
((b)) Der Verfasser der von dem Kläger kritisierten Bewertung hat der Beklagten im Streitfall am 26.11.2016 geantwortet, dass seine Bewertung zu 100 % richtig sei, er den Termin aber per Telefon erhalten habe und er deshalb leider über keinen Terminzettel als Beleg verfüge.
Damit hätte sich die Beklagte nicht zufriedengeben dürfen. Es fehlt nicht nur die von ihr selbst im Falle des Fehlens eines Belegs verlangte möglichst ausführliche Beschreibung des Behandlungsablaufs, sondern auch eine tragfähige Begründung dafür, warum kein Beleg vorgelegt werden könne. In ihrem Bestätigungs-Template weist die Beklagte selbst darauf hin, dass die Möglichkeit bestehe, sich bei der Krankenkasse einen Beleg zu verschaffen. Dies korrespondiert mit § 305 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach die Krankenkassen die Versicherten auf deren Antrag über die in einem Zeitraum von mindestens 18 Monaten vor Antragstellung in Anspruch genommenen Leistungen und deren Kosten unterrichten. Hierauf wäre der Patient, der den bisherigen Hinweis im Template offenbar noch nicht ausreichend berücksichtigt hatte, erneut aufmerksam zu machen gewesen.
((c)) Entsprechendes gilt für die später angeforderte weitere Stellungnahme des Patienten, in welcher dieser angegeben hat, bei seiner Krankenkasse nachgefragt zu haben, die aber keine Arztbesuche registriere.
Hier war auch für die Beklagte offenkundig, dass wohl ein Missverständnis vorlag. Bei einem von der Krankenkasse anzufordernden Beleg ging es offenkundig nicht um die Auskunft aus einem (tatsächlich nicht existierenden) Register über sämtliche von Patienten vorgenommene Arztbesuche, sondern eine Auskunft der Krankenkasse zu von dem Kläger als Leistungserbringer abgerechneten Leistungen, die einen tatsächlich stattgefundenen Behandlungskontakt möglicherweise hätte beweisen können. Dementsprechend hätte die Beklagte zur Erfüllung ihrer Recherchepflicht bei dem Verfasser der Bewertung nachfassen und ihn zur Beibringung einer solchen Auskunft anhalten müssen, nachdem er den diesbezüglichen Hinweis im Template erkennbar nicht verstanden hatte.
((d)) Die in derselben Stellungnahme des Verfassers der Bewertung zu findende Praxisbeschreibung ist völlig inhaltsleer und hätte die Beklagte im Sinne eines ernsthaft zu unternehmenden Versuchs, sich die notwendige Tatsachengrundlage zu verschaffen, deshalb ebenfalls nicht zufrieden stellen dürfen. Dass die Praxis des Klägers im S. in der Braunschweiger Innenstadt liegt, lässt sich leicht allgemein zugänglichen Adressverzeichnissen entnehmen und ist offensichtlich ungeeignet, einen tatsächlich stattgefunden Behandlungskontakt zu belegen.
Gleiches gilt für die spärlichen Angaben zum Praxisinneren, die sich auf die Feststellung beschränken, dass man, wenn man eintrete, direkt vor dem Empfang stehe. Dies ist, was der Senat aus eigener Anschauung beurteilen kann, bei nahezu allen Arztpraxen der Fall. Darüber hinaus würde selbst eine spezifizierte und zutreffende Beschreibung des Empfangsbereichs einen Behandlungskontakt nicht belegen können, weil die Gestaltung des Empfangs bei jedem Praxisbesuch ohne Weiteres wahrgenommen werden kann, etwa auch dann, wenn die Praxis (möglicherweise vergeblich) zur Vereinbarung eines Termins aufgesucht wird. Sehr viel mehr Gewicht hätte an dieser Stelle eine detaillierte Beschreibung etwa des Behandlungsraums gehabt, in welchem der Verfasser der Bewertung angeblich einen Behandlungskontakt zu dem Kläger gehabt haben will.
((e)) Dass die Beklagte schließlich noch versucht haben will, einen Abgleich des behaupteten Behandlungstermins mit den Abwesenheitszeiten des Klägers vorzunehmen, reicht ebenfalls nicht aus. Hierdurch konnte, je nach Ergebnis, ein angeblicher Behandlungskontakt bestenfalls ausgeschlossen, aber nicht umgekehrt bewiesen werden.
((f)) Insgesamt betrachtet hat sich die Beklagte hiernach nicht "ernsthaft" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemüht, den angeblichen Behandlungskontakt zu verifizieren, sondern sich mit inhaltsleeren Erklärungen des Verfassers der Bewertung, die nichts zu belegen geeignet waren, zufriedengegeben. Bedenkt man, dass niemand außer der Beklagten in der Lage war, den Behandlungskontakt im Falle einer diesen verneinenden Beanstandung des Klägers aufzuklären, hat sie den an sie zu stellenden strengen Anforderungen bei weitem nicht genügt.
bb) Schließlich liegt als weitere Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs des Klägers auch eine Wiederholungsgefahr begründende Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor, weil aus prozessualen Gründen davon auszugehen ist, dass der in der angegriffenen Äußerung enthaltene tatsächliche Bestandteil, also die Behauptung eines tatsächlich stattgefundenen Behandlungskontakts, unrichtig ist und dem Werturteil damit jegliche Tatsachengrundlage fehlt, so dass der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch die Veröffentlichung der Bewertung rechtswidrig erfolgte.
(1) Grundsätzlich ist der Kläger für das Fehlen eines Behandlungskontakts darlegungs- und beweisbelastet. Seiner Darlegungslast hat er hier entsprochen, indem er vorgetragen hat, dass es zu dem Verfasser der im Portal der Beklagten eingestellten Bewertung entgegen der dort aufgestellten Behauptung keinen Behandlungskontakt gegeben hat.
Diese Darstellung des Klägers ist auch nicht unsubstantiiert oder "ins Blaue hinein" erfolgt. Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung erster Instanz am 26.09.2018 ausgeführt, nach der Bewertung seine EDV durchgesehen zu haben, ob er einen solchen Patienten mit HWS-Beschwerden gehabt haben könne, aber niemanden gefunden zu haben. Im Termin vor dem Senat ist insoweit ergänzt worden, dass zu diesem Zweck der einschlägige ICD-Code eingegeben worden ist, was nicht zum Auffinden eines Patienten mit einer solchen Diagnosestellung geführt habe.
Darauf, dass die Beklagte diesen Vortrag bestritten hat, kommt es für die Beurteilung der Frage, ob der Kläger seiner Darlegungslast genügt hat, nicht an.
(2) Demgegenüber ist die Beklagte ihrer Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft sie eine sekundäre Darlegungslast für die für einen solchen Behandlungskontakt sprechenden Angaben, soweit sie diese ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG machen kann. Darüber hinaus hat die Beklagte eine Recherchepflicht. Aufgrund ihrer materiellen Prüfpflicht ist sie gehalten, vom Bewertenden zusätzliche Angaben und Belege zum angeblichen Behandlungskontakt zu fordern, womit in prozessualer Hinsicht im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast eine entsprechende Obliegenheit korrespondiert (vgl. a. dazu BGH, Urteil vom 01.03.2016 - VI Z ZR 34/15, WM 2016, 1950 [BGH 01.03.2016 - VI ZR 34/15]).
Erfüllt die Beklagte ihre Recherchepflicht nicht, wovon im Streitfall aus den dargestellten Gründen auszugehen ist, kommt sie auch ihrer prozessualen Obliegenheit nicht nach, weshalb die Behauptung des Klägers, der von ihm angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zu Grunde, nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt.
b) Neben dem Anspruch auf Unterlassung steht dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1 u. Art. 2 Abs. 1 GG zur Seite.
aa) Die Beklagte hat schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig im Sinne von § 276 Abs. 2 BGB gehandelt, weil sie die sich zu eigen gemachte Bewertung veröffentlicht hat, ohne angesichts der Beanstandung des Klägers zuvor den ernsthaften Versuch einer Klärung zu unternehmen, ob es einen Behandlungskontakt gegeben hat oder nicht.
bb) Auf das Haftungsprivileg des § 10 S. 1 TMG vermag sich die Beklagte nicht zu berufen, weil sie aufgrund des sich Zueigenmachens der Bewertung für eigene Inhalte haftet. Für solche eigenen Informationen ist der Dienstanbieter gemäß § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.
cc) Von daher ist das auf die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten abzielende Feststellungsbegehren des Klägers ab dem Zeitpunkt gerechtfertigt, zu dem sich die Beklagte die Bewertung zu eigen gemacht hat. Dies ist entsprechend der Mitteilung der Beklagten gemäß der Anlage K6 auf den 27.02.2017 zu datieren, so dass der Kläger Anspruch auf Erstattung solcher Schäden hat, die ihm aufgrund einer nach dem 27.02.2017 fortdauernden Veröffentlichung der streitgegenständlichen Bewertung auf dem Portal der Beklagten entstanden sind oder noch entstehen werden.
c) Da der Kläger Anspruch auf Schadensersatz hat, steht ihm als Hilfsanspruch nach § 242 BGB ein Anspruch auf Auskunft über die zur Berechnung des Schadensersatzes notwendigen tatsächlichen Umstände zu.
Allerdings ist auch der Auskunftsanspruch entsprechend den vorstehenden Ausführungen zeitlich zu begrenzen.
d) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten ist dagegen unbegründet.
aa) Wie oben dargelegt, besteht ein Schadensersatzanspruch nur insoweit, als er auf einer nach dem 27.02.2017 erfolgten Veröffentlichung der Bewertung beruht. Dies trifft auf die außergerichtlichen Kosten des Klägers nicht zu. Diese sind nicht adäquat kausal auf eine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung der Beklagten zurückzuführen, weil der Kläger seine Bevollmächtigten schon vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des sich Zueigenmachens beauftragt hat und diese auch schon vor diesem Zeitpunkt tätig geworden sind. Die Beklagte ist erstmalig mit außerprozessualem Schreiben vom 02.02.2017 (Anlage K3) angeschrieben worden, wodurch die hier geltend gemachte 1,3-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG nebst Nebenkosten und Umsatzsteuer bereits entstanden ist.
bb) Ebenso wenig ist der Anspruch unter dem Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohne Auftrag gegeben (§§ 677 ff. BGB). Nachdem der Kläger die Beklagte bereits persönlich aufgefordert hatte, die streitgegenständliche Bewertung zu entfernen, lag eine neuerliche, diesmal anwaltliche Aufforderung der Beklagten jedenfalls nicht in ihrem Interesse (§ 683 S. 1 BGB).
2. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
3. Gründe zur Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Es handelt sich um eine maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls geprägte Entscheidung, die anerkannte Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung bringt.
4. Die Beklagte hat die geltend gemachten Ansprüche nach der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 13.06.2019 anerkannt. Das Anerkenntnis ist unbeachtlich. In zeitlicher Hinsicht kann ein Anerkenntnis zwar grundsätzlich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens erklärt werden (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 04.03.2010 - XI ZR 228/09, NJW-RR 2010, 783). Nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist ein Anerkenntnis jedoch mit Blick auf § 296a ZPO nicht mehr möglich (vgl. Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Auflage, § 307 Rn. 3).
Gründe für eine Wiedereröffnung (§ 156 ZPO) der verfahrensfehlerfrei geschlossenen mündlichen Verhandlung liegen nicht vor.