Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 16.01.2014, Az.: 1 Ws 8/14
Erstattung von Auslagen eines Verteidigers für Dolmetschertätigkeiten und Übersetzungstätigkeiten
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 16.01.2014
- Aktenzeichen
- 1 Ws 8/14
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 15633
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2014:0116.1WS8.14.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück - 12.09.2013 - AZ: 15 KLs 29/12
Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs. 2 S. 1 JVEG
- Art. 6 Abs. 3 Buchst. e) EMRK
- Art. 2 RL 2010/64/EU
Fundstellen
- JurBüro 2014, 370
- NStZ-RR 2015, 193
In der Strafsache
gegen
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz,
Verteidiger:
hier: Antrag des Verteidigers Rechtsanwalt K. auf Erstattung von Auslagen für Dolmetscher- und Übersetzungstätigkeiten
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
am 16. Januar 2014
durch
die unterzeichnenden Richter
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Verteidigers Rechtsanwalt K. wird der Beschluss des Landgerichts Osnabrück vom 12. September 2013 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - dahin geändert, dass dem Verteidiger Auslagen für Dolmetscher- und Übersetzungstätigkeiten in Höhe von 1.152,51 € zu erstatten sind.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt, jedoch wird die Gebühr um 1/5 ermäßigt. 1/5 der dem Antragsteller entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
Mit Beschluss vom 11. Januar 2013 hatte der Vorsitzende der 15. großen Strafkammer unter Hinweis auf Art. 6 Abs. 3 Buchst. e MRK festgestellt, dass der Wahlverteidiger, Rechtsanwalt K., berechtigt sei, für den mündlichen und schriftlichen Kontakt mit dem (damals noch) Angeklagten einen Dolmetscher auf Kosten der Landeskasse hinzuzuziehen. Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2013 begehrte dieser sodann unter Vorlage der entsprechenden Rechnungen den Ausgleich von Dolmetscher- und Übersetzungskosten in Höhe von insgesamt 1.557,53 €, die er mit Schriftsätzen vom 17. Juli und 26. August 2013 näher erläuterte.
Mit Beschluss vom 12. September 2013 hat die Rechtspflegerin beim Landgericht Osnabrück die aus der Landeskasse zu zahlenden Kosten für Dolmetscher- und Übersetzungstätigkeiten unter Zurückweisung des weitergehenden Antrages auf 1.044,63 € festgesetzt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Wahlverteidigers vom 19. September 2013, die dieser mit Schriftsätzen vom 11. November und 12. Dezember 2013 näher begründet hat.
Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Osnabrück hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Er hat beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Das gegen die entsprechend § 464b StPO erfolgte Kostenfestsetzung zulässige (vgl. § 464b StPO i.V.m. § 304 Abs. 3 StPO, § 104 Abs. 3 ZPO u. § 11 Abs. 1 RPflG) Rechtsmittel hat nur zum Teil Erfolg.
1.
Die Auslagen für die Heranziehung der Dolmetscherin B. sind lediglich in dem Umfang erstattungsfähig, in dem sie auch bei Heranziehung einer ortsansässigen Dolmetscherin angefallen wären.
Unter Zugrundelegung der über das Justizportal des Bundes und der Länder im Internet zugänglichen Dolmetscher- und Übersetzerdatenbank (zu deren Einrichtung vgl. Nr. 31 der Erwägungen zur Richtlinie 2010/64/EU vom 20.10.2010 über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen im Strafverfahren, ABl.-EU L 280) stand im maßgeblichen Zeitraum für den Bereich Lingen jedenfalls die in Wietmarschen ansässige Dolmetscherin für die russische Sprache, Frau G., zur Verfügung. Deren Anreiseweg hätte knapp 16 Kilometer betragen, die An- und Rückreisezeit jedenfalls nicht mehr als jeweils 30 Minuten.
Hiervon ausgehend waren, unter Berücksichtigung von § 8 Abs. 1 Satz 2 JVEG, für die Dolmetschertätigkeiten vom 17. November 2012 ein Zeitaufwand von 3 Stunden, vom 24. November 2012 ein solcher von 2,5 Stunden, vom 15. Dezember 2012 ein solcher von 3,5 Stunden und vom 26. Januar 2013 ein solcher von 2 Stunden anzusetzen. Unter Berücksichtigung eines Stundensatzes von 55,00 € zuzüglich jeweils (2 x 16 x 0,3 =) 9,60 € Fahrkosten und der Mehrwertsteuer ergeben sich hieraus erstattungsfähige Dolmetscherkosten in Höhe von 207,78 € (17.11.2012), 175,05 € (24.11.2012), 240,50 € (15.12.2012) und 142,33 € (26.01.2013).
Zuzüglich der durch die Beauftragung der Dolmetscherin G. vom 12. Januar 2013 entstandenen Aufwendungen in Höhe von 250 € sind somit Dolmetscherauslagen in Höhe von 1.015,66 € zu erstatten.
2.
Die Tätigkeiten der Übersetzerin B. vom 25., 29. und 31. Januar sowie 4. Februar 2013 sind nicht zu erstatten.
Denn die Übersetzung von Briefen der Ehefrau des Verurteilten bzw. an sie gerichteter Briefe, bei deren Inhalt es sich nach Angaben des Verteidigers um die Übermittlung von Fragen zum Verfahrensablauf und zum Vollstreckungsverlauf handelt, unterfällt bereits nicht Art. 6 Abs. 3 Buchst. e MRK.
Ziel dieser Vorschrift ist die Sicherstellung der Verständigung zwischen beschuldigten Personen und ihrem Rechtsbeistand bzw. die Übersetzung aller wesentlichen Unterlagen zur Wahrnehmung der Verteidigungsrechte (vgl. Art. 2 u. 3 der Richtlinie 2010/64/EU vom 20.10.2010, a.a.O.). Indessen betrifft das Recht auf Gewährung von Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen weder die Kommunikation mit Dritten, hier der Ehefrau, noch die Übersetzung anderer als verfahrensrelevanter Schriftstücke.
Erstattungsfähig sind damit lediglich die Kosten für Übersetzungstätigkeiten in Höhe von 28,26 € (20.11.2012), 17,85 € (26.11.2012), 43,14 € (22.01.2013) und 47,60 € (20.12.2012), insgesamt 136,85 €.
3.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 u. 4 StPO.