Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 11.04.2008, Az.: 32 Ss 144/07
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 11.04.2008
- Aktenzeichen
- 32 Ss 144/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 42434
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2008:0411.32SS144.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 28.06.2007 - AZ: 5231 Js 39084/01
In der Strafsache
...
wegen Betruges
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 5. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hannover vom 28.06.2007 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Meier, den Richter am Oberlandesgericht Rosenow und den Richter am Landgericht Wolter am 11. April 2008 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hannover zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht - Schöffengericht - Hannover hatte den Angeklagten mit Urteil vom 03.04.2007 wegen Computerbetrugs in 41 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 220 Tagessätzen verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat die 5. kleine Strafkammer des Landgerichts Hannover mit dem angefochtenen Urteil vom 28.06.2007 verworfen. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hat es den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Computerbetruges in 41 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.
Nach den Feststellungen der Kammer ließ der Angeklagte vor dem 12. Mai 2001 auf seinen Namen bei der Firma dtms AG (Verbindungsnetzbetreiber) in Mainz einen Telefonanschluss mit einer 0190-er Rufnummer einrichten. Eine Gesprächsminute kostete den Anrufer 2,42 DM, wovon die Firma dtms-AG an den Betreiber der 0190-er Nummer 1,47 DM und bei über 5 000 Gesprächsminuten im Monat jeweils 1,50 DM auszahlte. Für den Angeklagten als Betreiber erfolgten die Auszahlungen auf ein Postbankkonto. Der Angeklagte, der als Kontrolleur von Reinigungsarbeiten Zugang zu Gästezimmern des Hotels Maritim in Hannover hatte, nutzte diesen Zugang in der Zeit vom 12.05. bis zum 22.05.2001 in der Weise aus, dass er in einem Zimmer mit dem dort bereitliegenden Handy des Hotelgastes Ovkasa in 17 Fällen und über die Festnetzanschlüsse, die für die jeweiligen Hotelgäste freigeschaltet waren, in 24 Fällen jeweils seine eigene 0190er-Nummer anrief. Die Kammer hat weiter festgestellt, dass durch die Telefongespräche im Einzelnen bezifferte "Kosten" entstanden seien, die sich insgesamt auf über 18 000 DM hinsichtlich der Telefonate mit den Hoteltelefonen sowie auf über 10 000 Finn-Mark hinsichtlich der Telefonate mit dem Handy des Hotelgastes Ovkasa beziehen. Die Firma dtms-AG überwies dem Angeklagten dafür 8 282,17 DM, von denen dieser 2 Wochen später 7 130 DM abhob. In ihrer rechtlichen Würdigung sieht die Kammer den Schaden bei den Hotelgästen, zu deren Lasten kostenpflichtige Gespräche aufgezeichnet worden seien.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision zu verwerfen.
II.
Die Revision hat bereits mit der Sachrüge einen vorläufigen Erfolg. Eines Eingehens auf die daneben erhobenen Verfahrensrügen bedarf es daher nicht.
1. Allerdings geht die Kammer zu Recht davon aus, dass es sich bei den Telefonaten des Angeklagten mit den Hoteltelefonen und mit dem Handy des Hotelgastes Ovkasa um eine unbefugte Verwendung von Daten im Sinne von § 263a StGB handelt. Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung (vgl. bereits BGHSt 38, 121; s.a. Fischer, StGB, 55. Aufl., § 263a Rdnr. 11 m.w.N.) ist der Tatbestand des § 263a StGB betrugsspezifisch auszulegen; unbefugt ist die Verwendung von Daten also dann, wenn sie gegenüber einer natürlichen Person Täuschungscharakter hätte. Dieses ist u.a. der Fall, wenn über einen Mangel der Verwendungsberechtigung getäuscht wird (vgl. Urteil des Senats vom 17.04.2008 - 32 Ss 137/07 -). Dem angefochtenen Urteil lässt sich mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der Angeklagte weder die Berechtigung hatte, über hoteleigene Festnetzanschlüsse aus Hotelzimmern anzurufen, die an Gäste überlassen waren und zu denen er als Aufsichtsperson des Reinigungspersonals Zugang hatte, noch mit einem fremden Handy zu telefonieren, das in einem solchen Zimmer lag. Er hat damit durch die Anrufe bei seiner eigenen 0190-Nummer über seine Berechtigung getäuscht, die jeweiligen Telefone und die für diese Telefone eingerichteten Leitungen zu nutzen und gleichzeitig darüber, für die Kosten dieser Telefonate einzustehen. Nach den Feststellungen bleibt aber unklar, wem gegenüber diese "Täuschung" erfolgt ist. In Betracht dürfte insoweit die dtms-AG bzw. die Telekom kommen.
2. Den Feststellungen des angefochtenen Urteils lässt sich auch nicht entnehmen, bei wem und gegebenenfalls in welcher Höhe durch die Telefonate ein Schaden entstanden ist. Soweit das Urteil lapidar feststellt, der Schaden liege bei den Hotelgästen, sei allerdings vom Hotel getragen worden, wird nicht deutlich, woraus sich diese Feststellung herleitet und weshalb durch die Zahlung des Hotels eine Schädigung der Hotelgäste eingetreten ist. Zudem bleibt offen, ob das Hotel auch die Kosten der Telefonate mit dem Handy des Zeugen O.... übernommen hat oder wie diese Kosten sonst abgerechnet wurden.
a) Durch einen Anruf bei einer 0190-Nummer werden in aller Regel Geschäftsbeziehungen zwischen verschiedenen Beteiligten hergestellt, die jeweils untereinander abrechnen und die durch eine betrugsähnliche Täuschungshandlung geschädigt sein können (vgl. zu den hierbei entstehenden Rechtsbeziehungen etwa BGH, Urteil vom 28.07.2005 - III ZR 3/05 -; Urteil vom 20.10.2005 - III ZR 37/05 -). Dazu teilt das angefochtene Urteil nichts mit. Es teilt auch die Vertragsbeziehungen nicht mit, auf deren Grundlage Anrufe von einem hoteleigenen Telefon bzw. von dem Handy des finnischen Hotelgastes Ovkasa bei der 0190-Nummer des Angeklagten geführt und abgerechnet werden. Dessen bedarf es aber, um dem Senat die Prüfung zu ermöglichen, ob und wem durch die Telefonate des Angeklagten ein Schaden eingetreten ist, der möglicherweise auch in einer Vermögensgefährdung bestehen kann.
b) Im Übrigen setzt der Tatbestand des Computerbetruges voraus, dass ein Schaden allein auf Grund von Datenverarbeitungsvorgängen entstanden ist. Sobald eine Person auf den datentechnischen Ablauf Einfluss nimmt und etwa die Richtigkeit eines Datenverarbeitungsvorganges überprüft, greift nicht der Tatbestand des Computerbetruges ein, sondern es liegt gegebenenfalls ein Betrug vor (vgl. auch BGH, Beschluss vom 29.06.2005 - 4 StR 559/04 -). Sollte also im Wege der Abrechnung der bei den Telefonaten entstandenen Kosten im Laufe der Abrechnungsverfahren zwischen möglicherweise verschiedenen Beteiligten an einer Stelle eine Person die Abrechnung geprüft haben, so könnte das Verhalten des Angeklagten die Voraussetzungen einer Täuschungshandlung i.S.d. Betrugstatbestandes statt diejenigen eines Computerbetruges erfüllen. Letztlich könnte dies bei der Abrechnung gegenüber den Hotelgästen in Frage kommen, denen in aller Regel die im Hotel entstandenen Telefonkosten nicht durch einen reinen Datenverarbeitungsvorgang in Rechnung gestellt worden sein dürften, sondern erst nach einer Prüfung durch das Hotelpersonal. Die Feststellung der Kammer, das Hotel habe später die Kosten übernommen, könnte auf einen solchen Geschehensablauf hindeuten.