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  • ab 01.01.2022 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 1 PuTierSchRdErl

Bibliographie

Titel
Tierschutz; Mindestanforderungen an die Haltung von Puten
Redaktionelle Abkürzung
PuTierSchRdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
78530

Zur Auslegung einer den Anforderungen des § 2 Tierschutzgesetz (im Folgenden: TierSchG) entsprechenden Putenhaltung sind

  • die allgemeinen Bestimmungen der TierSchNutztV,

  • die Zweite Bekanntmachung der deutschen Übersetzung von Empfehlungen des Ständigen Ausschusses des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen (ETÜ), Empfehlung in Bezug auf Puten (Meleagris gallopavo ssp), angenommen vom Ständigen Ausschuss am 21.6.2001, des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft vom 22.2.2002 (BAnz. AT 14.03.2002), - im Folgenden: Europaratsempfehlungen - sowie

  • die Bundeseinheitlichen Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Mastputen - Stand März/September 2013 - (Anhang 1, im Folgenden: Bundeseinheitliche Eckwerte) mit den folgenden ergänzenden Maßgaben zu den Bundeseinheitlichen Eckwerten heranzuziehen.

1.1 Zu Nummer 1

1.1.1 Die zuständige Behörde fragt mit der Anmeldung zur Schlachtgeflügeluntersuchung den geplanten Beginn (Uhrzeit) und die voraussichtliche Dauer der Verladung der Tiere ab.

1.1.2 Die zuständige Behörde kontrolliert stichprobenartig die ordnungsgemäße Durchführung der Verladung. Dabei ist darauf zu achten, dass die Tierhalterin oder der Tierhalter dafür Sorge trägt, dass das Einfangen und die Verladung der Tiere ordnungsgemäß durchgeführt wird. Als Tierhalterin oder Tierhalter i. S. des § 2 Nr. 1 TierSchG trägt sie oder er die Verantwortung für die Tiere, solange diese sich auf ihrem oder seinem Betrieb befinden. Hinsichtlich der Sachkunde der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fangkolonnen wird auf den Bezugserlass zu b verwiesen.

1.2 Zu Nummer 2

1.2.1 Hinsichtlich der Bestandskontrolle durch die Tierhalterin oder den Tierhalter ist Artikel 7 Nr. 2 der Europaratsempfehlungen einzuhalten.

1.2.2 Es ist darauf zu achten, dass in jedem Fall die Bestandsbeobachtung beim Auftreten von Verhaltensstörungen wie Federpicken und Beschädigungspicken - bis hin zum Kannibalismus - intensiviert wird, und die Tierhalterin oder der Tierhalter bereits bei den ersten Anzeichen von Federpicken und Beschädigungspicken reagiert und erforderliche Gegenmaßnahmen ergreift; insbesondere sind angepickte Tiere unverzüglich zu separieren (vgl. Nummern 6 bis 8 der "Empfehlungen zur Vermeidung des Auftretens von Federpicken und Kannibalismus bei Puten sowie Notfallmaßnahmen beim Auftreten von Federpicken und Kannibalismus" - Stand 17.10.2018 - im Folgenden: Empfehlungen; veröffentlicht als Anhang 2 dieses RdErl.).

1.2.3 Die Kontrollen der Tierhaltung und deren Ergebnisse sind gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 TierSchNutztV durch die Tierhalterin oder den Tierhalter zu dokumentieren. Dazu gehören z. B. die nach dem Feststellen kranker Tiere ergriffenen Maßnahmen. Neben festgestellten Auffälligkeiten (z. B. Auftreten von Federpicken oder Beschädigungspicken) sind auch die Verluste - getrennt nach "verendet aufgefundenen" und "gemerzten" Tieren - zu notieren. Die täglichen Verluste des laufenden Durchgangs sind zu addieren und der amtlichen Tierärztin oder dem amtlichen Tierarzt bei der Schlachtgeflügeluntersuchung vorzulegen.

1.3 Zu Nummer 3

Vor dem Hintergrund zunehmend extremer Wetterbedingungen wird auf die Einhaltung des von der im Rahmen der Niedersächsischen Nutztierstrategie Tierschutzplan 4.0 eingesetzten Unterarbeitsgruppe Puten aktualisierten "Merkblatts zur Vermeidung von Hitzestress bei Puten" verwiesen (Anlage 3 der Empfehlungen, Anhang 2).

1.4 Zu Nummer 4

Wenn die Beleuchtung nach tierärztlicher Indikation infolge des Auftretens von Verhaltensstörungen wie Federpicken und Beschädigungspicken bis hin zum Kannibalismus reduziert wurde und das Pickgeschehen abgeklungen ist, ist die Beleuchtungsintensität schrittweise wieder auf die Mindestlichtstärke von 20 Lux zu erhöhen. Dieses ist von der Tierhalterin oder dem Tierhalter zu dokumentieren (vgl. Nummer 8 [Notfallplan] der Empfehlungen, Anhang 2). Dabei sind die Tiere genau zu beobachten. Wenn sich die Zahl der bepickten Tiere wieder erhöht, kann - nach tierärztlicher Indikation - ggf. erneut abgedunkelt werden.

1.5 Zu Nummer 6

1.5.1 Anregungen für eine Strukturierung des Stalles können einer Veröffentlichung des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) entnommen werden (siehe im Internet auf den Seiten der KTBL dort über den Pfad Themen > Mastputen; https://www.ktbl.de/themen/mastputen).

1.5.2 Bei der Einrichtung des Außenklimabereichs sind die "Empfehlungen für die Einrichtung und den Betrieb eines Außenklimabereiches in der Putenmast", Stand 5.2.2018, (Anlage 2 der Empfehlungen, Anhang 2) zu beachten. Dabei muss ggf. durch das Management der Auslaufluken sichergestellt werden, dass das Stallklima insbesondere in den Wintermonaten nicht beeinträchtigt wird. Hierfür darf ein Teil (bis zu 50 %) der Öffnungen zeitlich befristet ganztägig verschlossen bleiben, solange dies in Abhängigkeit von der Witterung zur Sicherstellung des Stallklimas notwendig ist.

1.6 Zu Nummer 7

1.6.1 Die Erklärung zur Einhaltung der Bundeseinheitlichen Eckwerte sowie zur Teilnahme am Gesundheitskontrollprogramm ist der zuständigen Behörde für Einstallungen seit dem 1.10.2013 vorzulegen.

1.6.2 Die Teilnahme am Gesundheitskontrollprogramm kann von der Tierhalterin oder dem Tierhalter als Beitrag i. S. des § 11 Abs. 8 TierSchG genutzt werden. Dabei ist auch der Arzneimitteleinsatz ein geeigneter Tierschutzindikator - vgl. u. a. §§ 58a ff. AMG - sog. "Antibiotika-Minimierungskonzept". Weitere Anregungen können einer Veröffentlichung des KTBL und der Universität Kassel entnommen werden (siehe "Tierschutzindikatoren für Mastputen: Vorschläge zu Ziel- und Alarmwerten für die betriebliche Eigenkontrolle" , Darmstadt, 2020 vgl. https://www.ktbl.de/fileadmin/user upload/Allgemeines/Download/Tierwohl/KTBL-UniKassel-Tierschutzindikatoren_Ziel-undAlarmwerte_Mastputen.pdf).

1.6.3 Die Ergebnisse des Gesundheitskontrollprogramms sind der amtlichen Tierärztin oder dem amtlichen Tierarzt bei der Schlachtgeflügeluntersuchung des Folgedurchgangs gemäß Artikel 10 Abs. 1 Satz 2 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/627 der Kommission vom 15.3.2019 zur Festlegung einheitlicher praktischer Modalitäten für die Durchführung der amtlichen Kontrollen in Bezug auf für den menschlichen Verzehr bestimmte Erzeugnisse tierischen Ursprungs gemäß der Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2074/2005 der Kommission in Bezug auf amtliche Kontrollen (ABl. EU Nr. L 131 S. 51, Nr. L 325 S. 183), zuletzt geändert durch Durchführungsverordnung (EU) 2021/1709 der Kommission vom 23.9.2021 (ABl. EU Nr. L 339 S. 84), vorzulegen.

1.6.4 Die amtliche Tierärztin oder der amtliche Tierarzt überprüft im Rahmen der Schlachtgeflügeluntersuchung neben den Unterlagen des laufenden Durchgangs auch die Ergebnisse des Gesundheitskontrollprogramms des vorherigen Durchgangs; erforderlichenfalls sind von der zuständigen Behörde gemäß § 16a TierSchG die notwendigen Anordnungen zu treffen, um eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung der Puten sicherzustellen.

1.7 Zu Nummer 8

1.7.1 Anlässlich der Schlachtgeflügeluntersuchung lässt sich die zuständige Behörde die für die Besatzdichte maßgeblichen Unterlagen vorlegen. Lediglich Tierhalterinnen oder Tierhalter, die sich zur Einhaltung des Gesundheitskontrollprogramms verbindlich verpflichtet haben und dies gegenüber der zuständigen Behörde belegen, dürfen die höheren Besatzdichten von 52 kg Lebendgewicht je Quadratmeter nutzbarer Stallgrundfläche bei Putenhennen bzw. 58 kg Lebendgewicht je Quadratmeter nutzbarer Stallgrundfläche bei Putenhähnen halten. Dabei ist sicherzustellen, dass die vorgenannten Besatzdichten auch in der Endphase der Mast nicht überschritten werden. Alle anderen Tierhalterinnen und Tierhalter haben - bis zum Inkrafttreten einer detaillierten Rechtsvorschrift übergangsweise - entsprechend der "Bundeseinheitlichen Eckwerte" - die Besatzdichte so zu planen, dass auch in der Endphase der Mastperiode bei Putenhennen 45 kg Lebendgewicht je Quadratmeter nutzbarer Stallgrundfläche und bei Putenhähnen 50 kg Lebendgewicht je Quadratmeter nutzbarer Stallgrundfläche nicht überschritten werden.

1.7.2 Sollte am Ausstallungstag die vorgenannte Besatzdichte überschritten werden, führt die zuständige Behörde eine Einzelfallprüfung durch. Erforderlichenfalls sind tierschutzrechtliche Maßnahmen auf der Grundlage des § 16a TierSchG zu treffen, dazu gehört u. a. die Anordnung der Reduktion der einzustallenden Tiere, um die Einhaltung der vorgeschriebenen Besatzdichte zu gewährleisten. Gegebenenfalls kommt die Einleitung von Straf- oder Bußgeldverfahren in Betracht.

1.7.3 Im Rahmen jeder Schlachtgeflügeluntersuchung ist von der zuständigen Behörde insbesondere auch zu prüfen, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG eingehalten sind. Dieses ist z. B. nicht anzunehmen, wenn auffällig viele Tiere hochgradige Fußballen- oder Brusthautveränderungen aufweisen oder überdurchschnittlich hohe Verluste festgestellt werden, ohne dass hierfür von der Tierhalterin oder von dem Tierhalter eine plausible Erklärung zu einer von ihr oder ihm nicht zu verantwortenden Ursache - wie z. B. einem nachweisbaren Krankheitsgeschehen - gegeben werden kann. Andernfalls sind erforderliche Maßnahmen nach § 16a TierSchG zu treffen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu prüfen, ob eine deutliche Reduktion (mindestens 10 %) der Besatzdichte für den nachfolgenden Durchgang anzuordnen ist.

Außer Kraft am 1. Januar 2028 durch Nummer 2 Satz 1 des RdErl. vom 23. November 2021 (Nds. MBl. S. 1782)