Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 07.11.1985, Az.: 1 U 67/85
„staatlich geprüft“

Führen der Bezeichnung staatlich geprüfter oder anerkannter Blitzableiterbauer; Irreführende Bezeichnungen bezüglich "staatlich" geprüfter Berufe im Geschäftsverkehr

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
07.11.1985
Aktenzeichen
1 U 67/85
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1985, 34059
Entscheidungsname
staatlich geprüft
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1985:1107.1U67.85.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 14.02.1985 - AZ: 11 O 4165/84

Fundstelle

  • NJW-RR 1986, 125-126 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Unterlassung

In dem Rechtsstreit
...
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 1985
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx und
die Richter am Oberlandesgericht xxx
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Antragstellers gegen das am 14. Februar 1985 verkündete Urteil des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Oldenburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren in der Berufungsinstanz nur noch darum, ob der Antragsgegner sich im Geschäftsverkehr als "staatlich " geprüfter oder anerkannter Blitzableiterbauer bezeichnen darf.

2

Das Landgericht hat den Antrag des Antragstellers, dem Antragsgegner (auch) das zu untersagen, zurückgewiesen. Der Antragsgegner, ein Elektromeister, habe unstreitig an einem sechstägigen Lehrgang an der Staatlichen Landesgewerbeanstalt Bayern (LGA) teilgenommen und eine Prüfung bestanden; daher sei die von ihm geführte Bezeichnung nicht irreführend im Sinne von § 3 UWG.

3

Der Antragsteller trägt mit der Berufung vor, der Antragsgegner dürfe sich ausweislich des Zeugnisses der LGA nur als "geprüfter Blitzableitersetzer" bezeichnen. Der von ihm eigenmächtig gewählte Zusatz "staatlich" erwecke im Geschäftsverkehr den irreführenden Eindruck, er unterliege in besonderer Weise einer dauernden staatlichen Kontrolle und sei folglich besonders vertrauenswürdig und qualifiziert.

4

Der Antragsteller beantragt,

das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, daß dem Antragsgegner auch untersagt wird, sich im geschäftlichen Verkehr der Bezeichnung "staatlich geprüfter oder staatlich anerkannter Blitzableiterbauer oder -setzer" zu bedienen.

5

Der Antragsgegner beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

6

Seine Bezeichnung sei nicht wettbewerbswidrig. Sie begründe keine Gefahr der Verwechselung oder Irreführung, da ein Berufstitel "staatlich geprüfter Blitzableitersetzer" nicht bestehe und die zusätzliche Bezeichnung "staatlich" auch nicht den falschen Eindruck einer die fachlichen Fähigkeiten seiner Mitbewerber übertreffenden besonderen Zuverlässigkeit oder Qualifikation vermittele. Die Bezeichnung erwecke auch nicht den irrigen Eindruck regelmäßiger staatlicher Überwachung, wie er etwa den - deutlich anders lautenden - Begriffen "öffentlich bestellt" oder "unter regelmäßiger öffentlicher Kontrolle" inne wohne.

Entscheidungsgründe

7

Die Berufung des Antragstellers ist nicht begründet.

8

Dem Antragsgegner kann nicht verboten werden, sich im geschäftlichen Verkehr als "staatlich" geprüfter oder anerkannter Blitzableiterbauer zu bezeichnen, weil das nicht gegen § 3 UWG verstößt.

9

Der Antragsgegner hat unstreitig an einem Lehrgang für Blitzableitersetzer an einer staatlichen Anstalt teilgenommen und die daran anschließende Prüfung bestanden und ein Zeugnis erhalten, das ihn zur Führung der Berufsbezeichnung "geprüfter Blitzableitersetzer" (oder auch, norddeutschem Sprachgebrauch entsprechend, "geprüfter Blitzerableiterbauer") berechtigt. Er ist also staatlich geprüft. Deswegen darf er sich im geschäftlichen Verkehr auch so bezeichnen; darin liegt keine irreführende Angabe im Sinne von § 3 UWG.

10

Ob eine Angabe irreführend ist, bemißt sich zwar nicht nach einer sprachlich/philologischen Auslegung der Bezeichnung, sondern nach der damit nicht identischen Verkehrsauffassung (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 14. Aufl., § 3 UWG, Rdn. 2), von der jedenfalls, was ausreicht, ein nicht unerheblicher Teil (Hefermehl a.a.O. Rdn. 28; BGH GRUR 1980, 740 f; 1978, 368, 369 f mit zustimmender Anmerkung Malzer) dem Begriff "staatlich" eine besondere Bedeutung beimessen mag. Danach könnte die vom Verfügungsbeklagten gewählte Bezeichnung geeignet sein, ihn als über den Kreis seiner Mitbewerber hinaus als besonders und gewissermaßen vom Staat anerkannt qualifiziert und vertrauenswürdig erscheinen zu lassen (vgl. BGH a.a.O.; Hefermehl a.a.O. Rdn. 172, 387, nicht entgegenstehend BGH, Urt. v. 4.7.1985 - I ZR 54/83, zum Begriff "Staatl. Selters").

11

Das wäre jedoch noch nicht irreführend; im Vergleich zu seinen Mitbewerbern, die keine Prüfung an einer staatlichen Anstalt abgelegt haben, deswegen nicht, weil er diesen gegenüber durch die abgelegte Prüfung eben tatsächlich "etwas voraus" hat; im Vergleich zu seinen Mitbewerbern, die ebenfalls (wie er) eine Prüfung an einer staatlichen Anstalt abgelegt haben, deswegen nicht, weil es (auch) diesen unbenommen bleibt, sich als "staatlich geprüft" zu bezeichnen.

12

In einem ähnlich liegenden Fall hat bereits das Reichsgericht (RGZ 133, 156 ff; zustimmend BGH GRUR 1959, 84, 86 mit zust. Anm. Bußmann) die - den Tatsachen entsprechende - Bezeichnung als "staatlich geprüfter Dentist" als nicht gegen § 3 UWG verstoßend angesehen.

13

Das Vorbringen des Prozeßvertreters des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, der Antragsgegner sei (nur) in Bayern geprüft worden, das müsse auch in seiner Bezeichnung zum Ausdruck kommen, der Begriff "staatlich" lasse jedoch an den Bund oder das Land Niedersachsen denken, ist (ebenfalls) nicht stichhaltig. Als "Staat" in diesem Zusammenhange können der Bund und jedes Bundesland, nicht nur Niedersachsen, angesehen werden. Anders könnte es nur dann sein, wenn die vom Antragsgegner in Bayern abgelegte Prüfung in Niedersachsen nicht anerkannt würde oder wenn auch von staatlichen Anstalten des Bundes oder des Landes Niedersachsen entsprechende Prüfungen durchgeführt würden und die Anforderungen hierfür deutlich höher als die an der LGA Bayern wären. Das trägt der Antragsteller indessen selbst nicht vor; daß es so sei, ist auch nicht ersichtlich.

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.