Amtsgericht Zeven
Urt. v. 19.12.2002, Az.: 3 C 242/02
Voraussetzungen für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus einem Kaufvertrag; Anforderungen an das wirksame Zustandekommen eines Kaufvertrages; Voraussetzungen für das Vorliegen eines Sachmangels
Bibliographie
- Gericht
- AG Zeven
- Datum
- 19.12.2002
- Aktenzeichen
- 3 C 242/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 29939
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGZEVEN:2002:1219.3C242.02.0A
Rechtsgrundlagen
- § 280 BGB
- § 281 BGB
- § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB
- § 437 Nr. 3 BGB
Fundstellen
- DAR 2003, 379-380 (Volltext mit red. LS)
- ZGS 2004, 158-160 (Volltext mit red. LS)
- ZGS 2003, 158-160 (Volltext mit red. LS)
In dem Rechtsstreit
hat das Amtsgericht Zeven
auf die mündliche Verhandlung vom 05.12.2002
durch
den Richter am Amtsgericht Haller
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 837,62 EUR zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz aus 781,52 EUR seit dem 24.05.2002 und aus weiteren 56,00 EUR seit dem 23.07.2002 zuzahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits,
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.300,00 EUR vorläufig abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger verlangt Schadensersatz statt der Leistung aus einem Kaufvertrag.
Die Beklagte betreibt den Handel mit Pkws. Der Kläger kaufte von der Beklagten gemäß Kaufvertrag vom 12.01.2002 einen gebrauchten Pkw Opel Astra Caravan für 6.902,00 EUR. Auf das Vertragsformular wird Bezug genommen (Bl. 5 d. A.).
Vor Vertragsabschluss wurde durch den Zeugen ... ein "BVSK-Zustandsbericht-Gebrauchtwagen" erstellt. Dies geschah auf Veranlassung der Beklagten. Die Kosten in Höhe von 50,00 EUR zahlte der Kläger. Auf den Zustandsbericht wird Bezug genommen (Bl. 18 ff. d.A.).
Der Kläger forderte die Beklagte durch anwaltliches Schreiben vom 23.04.2002 unter Fristsetzung zum 06.05.2002 auf, den defekten Katalysator am Pkw auszutauschen. Die Beklagte verweigerte dies durch anwaltliches Schreiben vom 06.05.2002.
Der Kläger tauschte den Katalysator selbst aus. Er verlangt hierfür gemäß einem Kostenvoranschlag der Firma ... vom 23.04.2002 (Bl. 4 d.A.) 781,52 EUR. Ferner hat er zunächst die Feststellung begehrt, dass die Beklagte zum Ersatz des weiteren Schadens verpflichtet ist, Nach dem Austausch des Katalysators beziffert der Kläger den weiteren Schaden mit 56,00 EUR für die wiederholte Vorstellung des Fahrzeugs zur Abgassonderuntersuchung und verlangt statt der Feststellung Zahlung dieses Betrages.
Der Kläger trägt vor:
Er habe den Pkw zum privaten Gebrauch gekauft Die anders lautende Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sei unwirksam. Als er, der Kläger, das Fahrzeug im März 2002 zur TÜV- und Abgasuntersuchung vorgestellt habe, habe sich gezeigt, dass der Katalysator defekt sei. Der Katalysator sei auch schon zum Zeitpunkt der Übergabe defekt gewesen. Der Zustandsbericht sage über den Zustand des Katalysators nichts aus. Die Kosten für den Austausch des Katalysators würden sich aus dem Kostenvoranschlag ergeben. Ein wirksamer Gewährleistungsausschluss sei nicht vereinbart.
Der Kläger beantragt,
wie entschieden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor:
Ihre Zielgruppe seien selbständig Gewerbetreibende. Auf Grund ihrer Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei sie davon ausgegangen, dass der Kläger das Fahrzeug zu gewerblichen Zwecken habe erwerben wollen.
Es werde bestritten, dass der Katalysator im März 2002 defekt gewesen sei. Jedenfalls habe sich zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger kein Mangel gezeigt. Nach dem BVSK-Zustandsbericht sei die Abgas- und Auspuffanlage in Ordnung gewesen. Im Rahmen der Unterboden-Sichtkontrolle habe der Zeuge ... auch den Katalysator überprüft und keine Beanstandung festgestellt. Im Übrigen würde es sich nicht um einen Mangel im Sinne des § 434 BGB handelt, sondern um eine laufleistungs- und alterungsbedingte Verschleißerscheinung.
Gemäß dem Vertragsformular sei das Fahrzeug nicht mangelfrei gewesen. Der Kläger habe davon auf Grund der Hinweise in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen gewusst. Schon deswegen habe er keine Gewährleistungsrechte.
Wegen des weiter gehenden Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ... und .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf die schriftliche Aussage des Zeugen ... (Bl. 67 d.A.) und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2002 (Bl. 92 d, A.).
Entscheidungsgründe
1.
Die Klage ist zulässig und begründet.
2.
Die Klage ist zulässig. Soweit der Kläger von dem zunächst angekündigten Feststellungsantrag zu einem Leistungsantrag gewechselt ist, liegt darin eine zulässige Klageänderung.
Die Klage ist auch begründet Der Kläger kann Zahlung von 837,52 EUR verlangen. Anspruchsgrundlage sind §§ 437 Nr. 31. Alternative, 280,281 Abs. 1 Satz 1 BGB.
a)
Es findet das neue Kaufrecht Anwendung, da der Vertragsabschluss nach dem 31,12.2001 erfolgte.
b)
Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Kaufvertrag zu Stande gekommen.
Die Kaufsache weist einen Sachmangel gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB auf. Danach liegt ein Sachmangel vor, wenn sich die Kaufsache nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Wer einen Pkw kauft, will damit fahren. Das ist die zumindest stillschweigend vertraglich vorausgesetzte Verwendung. Wer mit einem Pkw fahren will, muss nach den maßgeblichen Vorschriften einen intakten Katalysator haben. Mit einem defekten Katalysator darf man nicht fahren. Hier ist der Katalysator defekt. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus der Aussage des Zeugen .... Dieser konnte bei der Vorführung des Wagens bereits anhand des Geräuschpegels einen Defekt am Katalysator bemerken. Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass der auf Grund seines Berufs sach- und fachkundige Zeuge die Wahrheit gesagt hat Der Katalysator war somit defekt.
Bei dem Defekt am Katalysator handelt es sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht um einen normalen Verschleiß, sondern um einen technischen Fehler. Ein Verschleiß kann an einem Katalysator nicht eintreten. Ein Katalysator ist kein Verschleißgegenstand wie zum Beispiel die Reifen an einem Fahrzeug, die einer dauerhaften Abnutzung unterliegen. Ein Katalysator dagegen ist entweder in Ordnung oder er ist defekt. Ein Verschleiß kann nicht eintreten. Ein Verschleiß ist auch deswegen nicht anzunehmen, weil vermutlich der Keramikkörper des Katalysators defekt war. Darauf deutet jedenfalls das von dem Zeugen ... bekundete Geräusch hin.
Nach allem liegt somit ein Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB vor.
c)
Gewährleistungsansprüche bestehen nun wenn der Sachmangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden war, vgl. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB.
aa)
Die Übergabe des Fahrzeugs erfolgte am 12.01.2002. Bereits zu diesem Zeitpunkt lag der Defekt am Katalysator vor. Davon ist auf Grund einer unwiderlegten Vermutung auszugehen.
bb)
Gemäß § 476 BGB wird bei einem Verbrauchsgüterkauf vermutet, dass ein Sachmangel bereits bei Gefahrübergang vorlag, wenn sich der Mangel binnen 6 Monaten nach Gefahrübergang zeigt. Hier steht fest dass der Fehler am Katalysator bereits im März, also 2 Monate nach Übergabe des Fahrzeugs, auftrat.
Die Vermutung aus § 476 BGB gilt aber nur bei einem Verbrauchsgüterkauf. Von einem Verbrauchsgüterkauf ist auszugehen, wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache kauft Die Beklagte ist Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift. Der Kläger ist Verbraucher. Dass der Kläger Verbraucher und nicht Unternehmer ist, ist unstreitig. Er wird auch nicht dadurch zum Unternehmer, dass die Beklagte in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen schreibt: "Die Verkäuferin geht davon aus, dass der Käufer das o. g. Fahrzeug ebenfalls zu gewerblichen Zwecken nutzen will und als Gewerbetreibender zu diesem Zweck kauft" (vgl. Bl. 5 d.A.). Zum einen handelt es sich um eine bloße Annahme des Beklagten. Zum anderen kann der Unternehmerstatus einer Person nicht durch Vereinbarung geregelt werden. Im Übrigen wäre von einer überraschenden Klausel im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB auszugehen, die unwirksam ist. Die Unwirksamkeit der Klausel ergebe sich darüber hinaus aus § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Der Kläger ist somit Verbraucher. Die Vermutung aus § 476 BGB greift ein.
Die Beklagte hat die Vermutung aus § 476 BGB nicht widerlegt
Der Zustandsbericht (Bl. 18 ff.) sagt nichts über den Zustand des Katalysators aus. Der Katalysator ist dort ausdrücklich nicht erwähnt.
Auch auf Grund der Aussage des Zeugen ... ist die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt Der Zeuge hatte - verständlicher Weise - an die Untersuchung des Fahrzeugs keine konkrete Erinnerung mehr. An Geräusche, die auf einen defekten Katalysator hindeuten, konnte sich der Zeuge nicht erinnern. Er räumte aber auch ein, dass er die Geräusche nicht hätte hören können, da er selber das Fahrzeug in die Untersuchungsgrube gefahren hat. Darüber hinaus können die auf einen defekten Katalysator hinweisenden Geräusche, die der Zeuge ... bekundet hat, gemäß der Aussage des Zeugen ... im Laufe der Zeit in der Lautstärke zunehmen. Es ist daher möglich, dass die Geräusche bei der Untersuchung durch den Zeugen ... noch gar nicht zu hören waren. Im Übrigen hat der Zeuge ... die Aussage des Zeugen ... zum Teil bestätigt. Er hat angegeben, dass es bei einem Defekt am Keramikkörper des Katalysators zu einem typischen Geräusch kommt. Ein solches hat der Zeuge ... gehört.
Die gesetzliche Vermutung ist von der Beklagen somit nicht widerlegt worden. Es bleibt bei der Vermutung, dass der defekte Katalysator bereits bei Gefahrübergang vorhanden war.
d)
Das Verschulden der Beklagten bezüglich der Pflichtverletzung (vgl. § 280 BGB) wird vermutet und ist nicht widerlegt worden.
e)
Der Kläger hat der Beklagten eine Frist zur Nacherfüllung gemäß § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB gesetzt
f)
Gewährleistungsansprüche des Klägers sind auch nicht gemäß § 442 BGB ausgeschlossen. Ein solcher Ausschluss besteht wenn der Käufer den Mangel bei Ertragsabschluss kennt. Von einer solchen Kenntnis des Klägers ist nicht auszugehen.
Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Kaufvertrag hin. Inhaltlich besagt die betreffende Passage in kurzer Zusammenfassung, dass es sich bei dem verkauften Fahrzeug um ein Schrottauto handelt, dessen sämtliche Einzelteile nicht mangelfrei sind. Dieser Hinweis ist offensichtlich nicht ernst gemeint, weil sich aus dem Zustandsbericht, der auf Veranlassung der Beklagten eingeholt worden ist, das genaue Gegenteil ergibt. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sind insoweit offensichtlich im Hinblick auf einen Gewährleistungsausschluss gemäß § 442 BGB formuliert worden. Da der Hinweis nicht ernst gemeint sein kann, entfaltet er auch keine Rechtswirkung. Im Übrigen wäre von einer überraschenden Klausel gemäß § 306 c BGB auszugehen.
Die Gewährleistungsansprüche des Klägers sind somit nicht gemäß § 442 BGB ausgeschlossen.
g)
Die Rechtsfolge des Anspruchs besteht darin, dass der Kläger Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann: Leistung ist hier die eigentlich von der Beklagten geschuldete Nachbesserung. Maßgeblich ist somit, welcher Betrag zur Reparatur des Katalysators erforderlich ist. Der Kläger hat dazu den Kostenvoranschlag der Firma ... vom 23.04.2002 vorgelegt. Das pauschale Bestreiten durch die Beklagte ist unzulässig (vgl. Ziffer 2 d der Hinweise in der Verfügung vom 22.05.2002, Bl. 11 d.A.). Es ist somit der Betrag aus dem Kostenvoranschlag der Firma ... zu Grunde zu legen.
Zusätzlich kann der Kläger die Kosten für die zweite Abgasuntersuchung in Höhe von 58,00 EUR verlangen.
3.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288,291.
4.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 700 Nr. 11, 711)1 ZPO.