Amtsgericht Westerstede
Beschl. v. 07.09.2022, Az.: 95 M 5407/22

Erstattung der Gebühr eines Gerichtsvollziehers für die Dokumentenpauschale

Bibliographie

Gericht
AG Westerstede
Datum
07.09.2022
Aktenzeichen
95 M 5407/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 55885
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In der Zwangsvollstreckungssache
#
- Gläubigerin -
Verfahrensbevollmächtigter:
#
gegen
#
- Schuldner -
hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - Westerstede durch # am 07.09.2022 beschlossen:

Tenor:

  1. I.

    Die Erinnerung der Bezirksrevisorin vom 07.07.2022 gegen die Kostenrechnung des Gerichtsvollziehers vom 16.06.2022 wird zurückgewiesen.

  2. II.

    Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

  3. III.

    Die Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 11.06.2019. Über das besondere Anwaltspostfach beantragte die Gläubigerin gegen die Schuldnerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Dafür übersendete die Gläubigerin ein ausgefülltes Beschlussformular, das seitens der Rechtspflegerin für den Erlass teilweise zu ergänzen und noch zu unterschreiben war. Die Geschäftsstelle des Amtsgerichts leitete den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss mit dem Zusatz "mit Bitte um Zustellung an Drittschulnder/in mit Aufforderung gemäß § 840 ZPO" an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiter.

Der Gerichtsvollzieher fertigte die für die Zustellung erforderlichen Kopien des Beschlusses und beglaubigte diese. Die Kostenrechnung des Gerichtsvollziehers vom 16.06.2022 enthält eine Gebühr für die Dokumentenpauschale KV700 in Höhe von 5,50 EUR.

Die Bezirksrevisorin wendet sich mit ihrer Erinnerung vom 07.07.2022 gegen den Kostenansatz KV700 in Höhe von 5,50 EUR. Zur Begründung führt sie insbesondere aus, eine Partei, die einen Schriftsatz gem. § 130a ZPO elektronisch einreiche, sei gem. § 133 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht gehalten, die für die Zustellung erforderliche Anzahl von Abschriften in Papierform nachzureichen. Die Bezirksrevisorin verweist insoweit auf die Bundestagsdrucksache 15/4067, S. 31. Daher könnten die Auslagen für gefertigte Kopien nicht in Ansatz gebracht werden, da sie nach dem Willen des Gesetzgebers zu den Gemeinkosten gehörten und durch die Gebühren abgegolten seien.

Der Gerichtsvollzieher nimmt zu der Erinnerung Stellung. Es wird insoweit auf die Stellungnahme vom 02.08.2022 verwiesen.

II.

Die Erinnerung der Bezirksrevisorin vom 07.07.2022 ist gem. § 5 Abs. 2 GvKostG i.V.m. § 766 ZPO zulässig aber unbegründet.

Gemäß § 192 Abs. 3 S. 1 ZPO kann die Partei - wie hier - den Gerichtsvollzieher unter Vermittlung der Geschäftsstelle des Prozessgerichts mit der Zustellung beauftragen. Gem. § 192 Abs. 2 S. 1 ZPO übergibt die Partei dem Gerichtsvollzieher für diesen Fall grundsätzlich das zuzustellende Schriftstück mit den erforderlichen Abschriften. Der Gerichtsvollzieher beglaubigt diese Abschriften und kann fehlende Abschriften selbst herstellen, § 192 Abs. 2 S. 2 ZPO. Die Vergütung hierfür richtet sich nach Ziffer 1 der Anlage 1 zum GvKostG.

Danach kann der Gerichtsvollzieher grundsätzlich die Dokumentenpauschale geltend machen. Dies steht auch nicht im Widerspruch zu der Regelung des § 133 ZPO.

Nach § 133 Abs. 1 S. 1 ZPO sollen die Parteien grundsätzlich den Schriftsätzen, die sie bei Gericht einreichen, die für die Zustellung erforderliche Zahl von Abschriften der Schriftsätze und deren Anlagen beifügen. Ausnahmsweise gilt dies gem. § 133 Abs. 1 S. 2 ZPO jedoch nicht für elektronisch übermittelte Dokumente sowie für Anlagen, die dem Gegner in Urschrift oder in Abschrift vorliegen. Nach der Gesetzesbegründung hat in diesem Fall die Geschäftsstelle dafür zu sorgen, dass das elektronische Dokument ausgedruckt und dem Gegner in der gesetzlich vorgeschriebenen Form übermittelt wird (vgl. BT-Drs. 15/4067, S. 31).

Denn nach dem Wortlaut des § 133 ZPO sind Gegenstand der Norm "Schriftsätze"(S. 1) bzw. "Dokumente"(S. 2), die der anderen Partei zugstellt werden sollen. In diesem Fall ist jedoch lediglich der Antrag auf Erlass eines Pfändung- und Überweisungsbeschlusses elektronisch zugestellt worden. Der Beschluss selbst war jedoch vor Zustellung noch durch die zuständige Rechtspflegerin zu erlassen. Dadurch wurde nicht das Dokument der Gläubigerin zugestellt, sondern vielmehr eine durch das Gericht erstellte Dokument in Form des Beschlusses. Die Zustellung des Dokuments der Gläubigerin hätte gerade nicht ausgereicht, dem Auftrag der Gläubigerin zu entsprechen.

Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich nichts anderes. Auch hieraus geht hervor, dass für die Dokumente, die elektronisch eingereicht werden und die zugestellt werden sollen, keine Abschriften eingereicht werden müssen und dass die Verpflichtung zur Zahlung von Auslagen nach Nummer 9000 Ziff. 1 des Gerichtskostengesetzes und von Auslagen für den Medientransfer nach Nummer 9000 Ziffer 2 des Gebührenverzeichnisses des Gerichtskostengesetzes entfällt.

Zum einen wird auch daraus ersichtlich, dass damit die Dokumente gemeint sind, die zugestellt werden sollen, und nicht solche Dokumente, die aufgrund des elektronisch eingereichten Antrags des Gläubigers erst erlassen werden. Zum anderen erhebt der Gerichtsvollzieher auch keine Kosten nach dem Gerichtskostengesetz (GKG), das in der Gesetzesbegründung nicht aufgeführt wird.

Die Kostentscheidung folgt aus § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i. V. m. § 66 Abs. 8 GKG.

Die Beschwerde wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage und der unterschiedlichen Auffassung der Vollstreckungsgerichte und der Bezirksrevisorin zugelassen.