Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 25.02.2014, Az.: 13 U 86/13

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
25.02.2014
Aktenzeichen
13 U 86/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42481
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG - 23.08.2013 - AZ: 12 O 2300/12

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Soll ein Handelsvertreter seine Vermittlungsleistungen nach dem Handelsvertretervertrag in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union erbringen und hat er seine Tätigkeiten zur Erfüllung des Vertrags nicht tatsächlich überwiegend in einem dieser Mitgliedstaaten erbracht, so richtet sich die internationale Zuständigkeit gemäß Art. 5 Nr. 1 EuGVVO nach dem Sitz des Handelsvertreters (vgl. EuGH, Urteil vom 11. März 2010 - Rs. C-19/09, NJW 2010, 1189 [EuGH 11.03.2010 - Rs. C-19/09]).
2. Das gilt für alle Ansprüche aus dem Handelsvertretervertrag, also auch für den Ausgleichsanspruch (§ 89b HGB) und die im Zusammenhang mit vertraglichen Zahlungsansprüchen stehenden Hilfsansprüche des Handelsvertreters (z. B. Buchauszug gemäß § 87c Abs. 2 HGB).
3. Soll der Handelsvertreter nach dem Handelsvertretervertrag an Stelle einer Provision eine monatliche Festvergütung erhalten, sind die §§ 87 - 87d HGB insgesamt nicht anwendbar.
4. Bei der Prüfung eines Ausgleichsanspruchs gemäß § 89b HGB sind auch Verluste an Festvergütungen zu berücksichtigen, wenn die Festvergütung an Stelle der Provision vereinbart wurde.
5. Zur Frage, welche Informationsansprüche der Handelsvertreter zur Vorbereitung eines Ausgleichsanspruchs gemäß § 89b HGB gegen den Unternehmer geltend machen kann.

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23. August 2013 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer (2. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Oldenburg aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die in N … -V ….  ansässige Klägerin und die Beklagte, eine Gesellschaft (…………) mit Sitz in G……………, schlossen am 25. Oktober 2000 einen Handelsvertretervertrag. Danach sollte die Klägerin für die Beklagte geosynthetische Tonabdichtungen in Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Kroatien und Slowenien vertreiben. Im Vertrag ist eine monatliche Provisionsvorauszahlung von 3.000 € vorgesehen. Die monatlichen Zahlungen wurden später erhöht; ab Februar 2008 zahlte die Beklagte monatlich 6.000 €. Zum 30. April 2012 wurde der Vertrag von der Beklagten gekündigt.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter anderem die Erteilung eines Buchauszuges sowie die Zahlung eines angemessenen Ausgleichs gemäß § 89b HGB verlangt.

Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Wegen der Feststellungen und der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. einen Buchauszug über sämtliche provisionspflichtigen Geschäfte im Verkaufsgebiet Tschechische Republik, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Kroatien und Slowenien für den Zeitraum 10. Oktober 2000 bis 30. April 2012 zu erteilen;

2. erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern;

3. an die Klägerin einen angemessenen Ausgleich gemäß § 89b HGB in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

4. an die Klägerin 1.880,02 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Hilfsweise:

1. an die Klägerin 72.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. an die Klägerin 1.880,02 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Mit Schriftsatz vom 6. Februar 2014 hat die Klägerin Zurückverweisung gemäß § 538 ZPO beantragt.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).

1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist, anders als das Landgericht meint, gegeben. Sie folgt aus Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO. Danach bestimmt sich die Zuständigkeit für Klagen, mit denen vertragliche Ansprüche geltend gemacht werden, nach dem Ort, an dem die vertragscharakteristische Leistung erbracht wird.

In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 11. März 2010 (Rs. C-19/09, NJW 2010, 1189 [EuGH 11.03.2010 - Rs. C-19/09]) entschieden, dass Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich EuGVVO (Verordnung (EG) Nr. 44/2001) dahin auszulegen ist, dass im Fall der Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten für die Entscheidung über alle Klagen aus dem Vertrag das Gericht zuständig ist, in dessen Sprengel sich der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung befindet. Bei einem Handelsvertretervertrag ist dies der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung durch den Handelsvertreter, wie er sich aus den Bestimmungen des Vertrags oder, mangels solcher Bestimmungen, aus dessen tatsächlicher Erfüllung ergibt; kann der fragliche Ort nicht auf dieser Grundlage ermittelt werden, so ist auf den Wohnsitz des Handelsvertreters abzustellen.

Im Ausgangsverfahren zu jenem Vorabentscheidungsverfahren hatte die in Österreich ansässige Klägerin in Österreich eine Klage gegen die in Luxemburg ansässige Beklagte erhoben und beantragt, ihr wegen der Auflösung eines Handelsvertretervertrags eine Kündigungsentschädigung und einen Ausgleichsanspruch zuzusprechen. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts hatte die Klägerin aus Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO abgeleitet.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in der zitierten Entscheidung unter anderem Folgendes ausgeführt:

„[34] Zweitens ist klarzustellen, dass es bei einem Handelsvertretervertrag der Handelsvertreter ist, der die für diesen Vertrag charakteristische Leistung und die Dienstleistungen i.S. von Art. 5 Nr. 1 lit. b zweiter Gedankenstrich EuGVVO erbringt.

[37] Drittens ist zu klären, nach welchen Kriterien der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung zu bestimmen ist, wenn die Leistungen in verschiedenen Mitgliedstaaten erbracht werden.

[38] Im Hinblick auf das vom Verordnungsgeber im elften Erwägungsgrund der Verordnung dargelegte Ziel der Vorhersehbarkeit und unter Berücksichtigung des Wortlauts von Art. 5 Nr. 1 lit. b zweiter Gedankenstrich EuGVVO, wonach maßgebend ist, an welchem Ort in einem Mitgliedstaat die Dienstleistungen „nach dem Vertrag” erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen, ist der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung nach Möglichkeit aus den Bestimmungen des Vertrags selbst abzuleiten. Somit ist bei einem Handelsvertretervertrag auf der Grundlage dieses Vertrags der Ort zu ermitteln, an dem der Vertreter seine Tätigkeit für Rechnung des Unternehmers, die insbesondere darin besteht, die ihm anvertrauten Geschäfte vorzubereiten, zu vermitteln und gegebenenfalls abzuschließen, hauptsächlich vorzunehmen hatte.

[40] Kann der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung nicht anhand der Vertragsbestimmungen ermittelt werden, weil diese entweder mehrere Erbringungsorte oder ausdrücklich gar keinen bestimmten Erbringungsort vorsehen, hat der Vertreter aber bereits solche Leistungen erbracht, so ist hilfsweise der Ort heranzuziehen, an dem er seine Tätigkeiten zur Erfüllung des Vertrags tatsächlich überwiegend vorgenommen hat, vorausgesetzt, die Erbringung der Dienstleistungen an diesem Ort widerspricht nicht dem Parteiwillen, wie er sich aus den Vertragsbestimmungen ergibt. Dabei können tatsächliche Aspekte der Rechtssache, insbesondere die an diesen Orten aufgewendete Zeit und die Bedeutung der dort ausgeübten Tätigkeit, berücksichtigt werden. Es ist Sache des angerufenen nationalen Gerichts, anhand der ihm vorgelegten Beweismittel über seine Zuständigkeit zu befinden (vgl. EuGH, Slg. 2007, I-3699 = NJW 2007, 1799 = EuZW 2007, 370 Rdnr. 41 – Color Drack).

[41] Viertens ist der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung, wenn er weder anhand der Bestimmungen des Vertrags selbst noch auf Grund von dessen tatsächlicher Erfüllung bestimmt werden kann, auf eine andere Weise zu ermitteln, die den beiden vom Verordnungsgeber verfolgten Zielen der Vorhersehbarkeit und der räumlichen Nähe Rechnung trägt.

[42] Zu diesem Zweck wird bei der Anwendung von Art. 5 Nr. 1 lit. b zweiter Gedankenstrich EuGVVO als Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung durch einen Handelsvertreter der Ort anzusehen sein, an dem er seinen Wohnsitz hat. Dieser Ort kann nämlich immer mit Sicherheit ermittelt werden und ist demnach vorhersehbar. Darüber hinaus weist er eine räumliche Nähe zum Rechtsstreit auf, da der Vertreter dort aller Wahrscheinlichkeit nach einen nicht unerheblichen Teil seiner Dienstleistungen erbringen wird.“

Hier sollte die Klägerin nach dem Handelsvertretervertrag die Produkte der Beklagten in Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Kroatien und Slowenien vertreiben. Somit lässt sich der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung nicht aus den Bestimmungen des Vertrags selbst ableiten (EuGH, aaO, Rn. 38), weil die Dienstleistungen der Klägerin nach dem Vertrag nicht in einem, sondern in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union erbracht werden sollten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin ihre Tätigkeiten zur Erfüllung des Vertrags tatsächlich überwiegend in einem der genannten Mitgliedstaaten vorgenommen hätte (EuGH, aaO, Rn. 40). Ein derartiger Schwerpunkt der Tätigkeit ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich; er erscheint angesichts der vertraglich vorgesehenen Zuständigkeit der Klägerin für den Vertrieb in insgesamt sieben Ländern auch nicht naheliegend. Deshalb ist nach den Ausführungen des Gerichtshofs der Europäischen Union der Sitz der Klägerin als Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung Ort anzusehen (EuGH, aaO, Rn. 42). Dieser befindet sich in Deutschland, so dass die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben ist.

Dass es sich auch bei dem Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters um einen vertraglichen Anspruch im Sinne des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO handelt, wird in dem zitierten Urteil nicht problematisiert, sondern - offenbar - als selbstverständlich vorausgesetzt. Nach Auffassung des Senats bestehen daran auch, anders als das Landgericht gemeint hat, keine Zweifel. Der Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB ist als ein durch das Gesetz besonders ausgestalteter und modifizierter vertraglicher Vergütungsanspruch für eine vom Handelsvertreter bereits erbrachte Leistung anzusehen, der dem Handelsvertreter die restliche, durch Provisionszahlungen bis zum Vertragsende noch nicht abgegoltene Gegenleistung für einen auf seiner Vermittlungstätigkeit beruhenden Vorteil verschaffen soll, der in der Schaffung des Kundenstamms besteht (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 259/09, NJW 2010, 3226, Rn. 15; Löwisch in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 89b Rn. 10; jeweils m.w.N.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters hier und da als „gesetzlicher Ausgleichsanspruch“ bezeichnet wird. Denn damit soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass die Regelung gemäß § 89b Abs. 4 Satz 1 HGB zwingend ist.

Die im Zusammenhang mit den vertraglichen Zahlungsansprüchen bestehenden Hilfsansprüche des Handelsvertreters auf Erteilung bestimmter Informationen (z. B. der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges gemäß § 87c Abs. 2 HGB) können von den vertraglichen Hauptansprüchen nicht getrennt werden. Auch für diese Ansprüche ergibt sich die internationale Zuständigkeit somit aus Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO (vgl. EuGH, aaO, Rn. 23 ff.). Ohne Erfolg verweist die Beklagte in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf aus dem Jahr 1974 (NJW 1974, 2185 [OLG Düsseldorf 18.06.1974 - 23 U 170/73]), nach der Erfüllungsort für die Erteilung des Buchauszugs der Sitz des Unternehmers sein soll. Diese Auffassung ist durch die inzwischen in Kraft getretene EuGVVO und die zu deren Auslegung ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union überholt.

III.

Für das weitere Verfahren erteilt der Senat folgende Hinweise:

1. Der mit dem Klageantrag zu 1 geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges gemäß § 87c Abs. 2 HGB würde dann nicht bestehen, wenn die Parteien sich, wie die Beklagte behauptet, entgegen der schriftlichen Festlegungen im Handelsvertretervertrag auf eine monatliche Festvergütung geeinigt hätten. Da es sich dann um eine von § 87 HGB abweichende Vergütungsregelung (Festvergütung statt Provision) handeln würde, wären die §§ 87 - 87d HGB insgesamt nicht anwendbar (vgl. Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 87 Rn. 5 m.w.N.).

Für ihre Behauptung einer vom Vertragstext abweichenden Vereinbarung ist die Beklagte beweispflichtig. Sie beruft sich insoweit auf das Zeugnis der Herren ……….. und ………………… (des Geschäftsführers und des „D ….  C ….  E …. “ der Beklagten). Bei beiden Herren ist nach derzeitigem Sachstand aber davon auszugehen, dass es sich um Geschäftsführer („d …. “) der Beklagten handelt, die damit aufgrund ihrer Stellung als gesetzliche Vertreter nicht als Zeugen vernommen werden könnten. Dies bedarf der Klärung.

2. Eine Beweisaufnahme über diesen Punkt wäre dann entbehrlich, wenn ein Buchauszug gemäß § 87c Abs. 2 HGB auch zur Vorbereitung eines - hier mit dem Klageantrag zu 3 geltend gemachten - Anspruchs auf Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs gemäß § 89b HGB verlangt werden könnte.

Ein Ausgleichsanspruch der Klägerin wäre auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Parteien eine monatliche Festvergütung vereinbart hätten, wie die Beklagte behauptet. In § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB ist zwar nur von entgehenden Provisionen die Rede. Daraus ergibt sich aber nicht, dass Verluste an Festvergütungen ausgleichsrechtlich unberücksichtigt blieben, wenn sie neben oder an Stelle der Provision vereinbart wurden (vgl. Küstner in: Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 2, 8. Aufl., Kap. VIII Rn. 126). Entscheidend ist, ob die Vergütung Provisionscharakter hat (Küstner, aaO). Daran kann hier - unterstellt man den Vortrag der Beklagten als richtig - kein Zweifel bestehen, da die Festvergütung danach an die Stelle der eigentlich vereinbarten Provisionszahlungen getreten sein soll.

Allerdings wird überwiegend angenommen, dass ein Buchauszug gemäß § 87c Abs. 2 HGB nicht zur Vorbereitung eines Ausgleichsanspruchs gemäß § 89b HGB verlangt werden kann (vgl. Küstner, aaO, Kap. XVII Rn. 10 m.w.N.; aA Emde, Vertriebsrecht, 2. Aufl., § 87c Rn. 11 ff.; Hopt, aaO, § 87c Rn. 13). Abschließend geklärt ist die Frage jedoch nicht (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2011 - VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674, Rn. 54 m.w.N.;).

3. Auch diese Frage könnte aber - eine Anpassung des Klageantrags zu 1 vorausgesetzt - offen bleiben. Denn dem Handelsvertreter steht jedenfalls ein auf § 242 BGB gestützter Auskunftsanspruch gegen den Unternehmer zu, wenn er einen Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB geltend machen will und in entschuldbarer Weise im Ungewissen über die Entstehung und den Umfang dieses Anspruchs ist (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 1996 - VIII ZR 54/95, NJW 1996, 2100, zitiert nach juris, Rn. 13; OLG München, Urteil vom 10. Juni 2009 - 7 U 4522/08, VersR 2010, 344, zitiert nach juris, Rn. 12; Küstner, aaO, Kap. XVII Rn. 10).

Die Voraussetzungen für einen solchen, auf § 242 BGB gestützten Auskunftsanspruch dürften hier vorliegen, weil - soweit aus dem Akten ersichtlich - über die von der Klägerin vermittelten Geschäfte nicht abgerechnet wurde. Demnach ist davon auszugehen, dass die Klägerin keine konkreten Kenntnisse darüber hat, welche Geschäfte mit welchen Kunden aufgrund ihrer Vermittlungstätigkeit zustande gekommen sind und welche Umsätze die Beklagte insoweit getätigt hat. Damit dürfte die Klägerin zumindest auf eine Auskunft der Beklagten über die genannten Umstände angewiesen sein, weil sie anderenfalls keine Angaben zu den gemäß § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB maßgeblichen Unternehmervorteilen machen könnte. Die Auskunft müsste zumindest die letzten drei Vertragsjahre erfassen (zum sogenannten Prognosezeitraum von regelmäßig drei bis fünf Jahren: Löwisch in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 89b Rn. 129 f.).

4. Sollten nähere Angaben zu den Unternehmervorteilen auch aufgrund einer zu erteilenden Auskunft nicht möglich sein, kommt eine Schätzung der Unternehmervorteile gemäß § 287 Abs. 2 ZPO nach der Faustregel in Betracht, dass die Vorteile des Unternehmers in der Regel nicht niedriger als die dem Handelsvertreter entgehenden Provisionen (hier möglicherweise: Festvergütungen) sind (vgl. Hopt, aaO, § 89b Rn. 22, 24, 47 m.w.N.).

IV.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.