Landgericht Braunschweig
Urt. v. 03.01.2019, Az.: 11 O 1172/18

Abgasskandal; EG-Übereinstimmungsbescheinigung; genehmigter Typ

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
03.01.2019
Aktenzeichen
11 O 1172/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69475
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Der Kläger macht im Rahmen des sog. „Abgasskandals“ im Zusammenhang mit einem PKW-Kauf gegen die Beklagte als Herstellerin Schadensersatzansprüche geltend.

Im Jahre 2009 erwarb der Kläger gegen Zahlung von 19.100 € von einem Autohaus ein Fahrzeug vom xxx.

Im streitgegenständlichen Fahrzeug ist ein Dieselmotor vom xxx verbaut. Das Fahrzeug wurde aufgrund einer entsprechenden Typgenehmigung - deren rechtlicher Bestand zwischen den Parteien streitig ist - nach EU5 zugelassen.

Der Umfang der NOX-Emissionen des Fahrzeugs hängt u.a. davon ab, in welchem Umfang Abgase aus dem Auslassbereich des Motors über ein Abgasrückführungsventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet werden: Je mehr Abgase zurückgeführt werden, desto weniger Stickoxide werden emittiert. Die das Abgasventil steuernde Software des Motorsteuerungsgeräts erkannte, ob sich das Fahrzeug innerhalb oder außerhalb der Bedingungen des zur Erlangung der Typengenehmigung durchgeführten Testlauf nach dem NEFZ befand, der aus fünf exakt vorgegebenen synthetischen Fahrkurven besteht. Verließ das Fahrzeug die Bedingungen des NEFZ wurden relativ weniger Abgase in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet als wenn sich das Fahrzeug innerhalb der Bedingungen des NEFZ befand.

Das Kraftfahrtbundesamt (im Folgenden: KBA) erkannte in der genannten Software - die der zuständigen Behörde anlässlich des Typgenehmigungsverfahren und dem Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages unbekannt war -  eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Ziffer 10 der VO (EG) 715/2017 und ordnete einen Rückruf an. Es wurde daraufhin ein Softwareupdate entwickelt, welches vom KBA mit Schreiben vom 20.06.2016 - auf welches Bezug genommen wird (Anlage B5) - freigegeben wurde. Der Kläger ließ das Update nachfolgend aufspielen.

Er ist der Auffassung, dass die Beklagte Zug-um-Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs aus Deliktsrecht zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe des damals gezahlten Kaufpreises verpflichtet sei. Hilfsweise sei die Beklagte - so der Kläger weiter - verpflichtet, ihm einen merkantilen Minderwert in Höhe von mindestens 5.730 € zu erstatten. Hilfsweise begehrt der Kläger zudem festzustellen, dass die Beklagte zur Zahlung weiteren Schadensersatzes verpflichtet ist.

Der Kläger behauptet, er sei von der Beklagten über die Gesetzeskonformität des Fahrzeugs getäuscht worden. Das Inverkehrbringen des Fahrzeugs ohne Hinweis auf die streitgegenständliche Software habe ihm vorgespiegelt, dass das Fahrzeug in einem gesetzeskonformen Zustand die Betriebserlaubnis erhalten habe. Eine Täuschung sei zudem durch die Angabe der (Zitat!) „Schadsoftware“ in der Prospektwerbung erfolgt, die für einen Käufer nur den Schluss zugelassen habe, dass es sich um ordnungsgemäß und nicht mit Hilfe einer manipulierten Motorsteuerungssoftware ermittelte Werte handelt.

Weiter behauptet der Kläger, das Update führe zu einer erhöhten Belastung des Fahrzeugs und damit zu geringeren Haltbarkeit, insbesondere des Abgasrückführungsventils.

Infolge der streitgegenständlichen Softwareproblematik sei ein verbleibender merkantiler Minderwert von ca. 30% des ursprünglich gezahlten Kaufpreises eingetreten.

Der Kläger ist der Auffassung, die Betriebserlaubnis für das Fahrzeug sei erloschen, jedenfalls drohe weiter eine Entziehung derselben. Insbesondere ausländische Behörden könnten das so sehen.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte hafte nach § 826 BGB, §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 Abs. 1 StGB und §§ 823 Abs. 2 BGB, 6, 27 EG-FGV.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 19.100 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.06.209 Zug um Zug gegen Rückgabe des xxx mit der xxx zu zahlen,

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme o.g. Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet und

3. die Beklagte zu verurteilen, ihm vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.01.2018 zu erstatten.

Hilfsweise zu 1. beantragt der Kläger,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Schadensersatz in Höhe mindestens 5.730 € zu zahlen und

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm alle Schäden zu ersetzen, die ihm im Zusammenhang mit dem Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs entstanden sind und zukünftig entstehen werden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat dem Kläger mit Verfügung vom 30.07.2018 - auf die Bezug genommen wird (Bl. 84 d. A.) - rechtliche Hinweise erteilt.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist hinsichtlich des Hilfsantrags zu Ziffer 2 bereits nicht zulässig, im Übrigen nicht begründet.

I. Zum Klageantrag zu Ziffer 1.:

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe des ursprünglich gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu:

1. Ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 Abs. 1 StGB scheidet aus.

Zunächst hat der Kläger keine relevante Täuschung dargelegt:

Der Kläger behauptet, eine Täuschung sei durch die Angabe der Schadstoffwerte (die ersichtlich statt der „Schadsoftware“ gemeint sind) in der Prospektwerbung erfolgt, die für den Kläger nur den Schluss darauf zuließ, dass es sich um ordnungsgemäß ermittelte und nicht etwa mit Hilfe einer manipulierten Motorsteuerungssoftware herbeigeführte Werte handelt. Indes wird kein einziges Prospekt vorgelegt. Dies wäre aber insbesondere auch deshalb erforderlich gewesen, weil Angaben zu den NOX-Emissionen nicht zu den Pflichtangaben des Herstellers nach der Pkw-EnVKV gehören.

Weiter „behauptet“ der Kläger, das Inverkehrbringen des Fahrzeugs ohne Hinweis darauf, dass Stickoxidwerte mit Hilfe einer Abschaltvorrichtung erzielt worden seien, habe ihm vorgespiegelt, dass der Pkw in einem gesetzeskonformen Zustand die Betriebserlaubnis erhalten habe. Insoweit liegt beim Kläger aber bereits ein technisches Missverständnis vor: Die der Betriebserlaubnis zugrundeliegenden Stickoxidwerte sind nicht mit Hilfe einer Abschaltvorrichtung erzielt worden, weil für die Erlaubnis die Emissionen im Rahmen des sog. NEFZ geprüft wurden, unter denen die Software nicht eingriff. Im Übrigen kann dem Angebot oder der Lieferung einer Sache nicht die Erklärung entnommen werden, diese sei mangelfrei (BayObLG, NJW 1994, 1078 [BGH 09.11.1993 - 1 StR 625/93]) und sind Umstände, die eine Ausnahme von diesem Grundsatz zulassen würden, nicht ersichtlich.

Dem Vortrag des Klägers ist damit letztlich nur zu entnehmen, dass von der Beklagten als Herstellerin des Fahrzeugs das Vorhandensein der streitgegenständlichen Software verschwiegen wurde. Eine strafrechtlich relevante Täuschung durch Unterlassen hat der Kläger dadurch nicht dargelegt (so zuletzt auch OLG Braunschweig, Beschluss vom 27.11.2018, 7 W 11/18):

Eine - strafrechtlich relevante - Täuschung durch Unterlassen setzt eine - vorliegend nicht dargelegte - Garantenstellung gem. § 13 Abs. 1 StGB, nämlich voraus, dass der Täter als „Garant“ für die Abwendung des Erfolgs einzustehen hat, die es rechtfertigt, ein Unterlassen dem aktiven Tun gleichzustellen. Die Erfolgsabwendungspflichten beruhen auf dem Grundgedanken, dass eine bestimmte Person - zumal in besonderer Weise - zum Schutz des gefährdeten Rechtsgutes aufgerufen ist und dass alle übrigen Beteiligten auf das helfende Eingreifen dieser Person vertrauen und vertrauen dürfen (OLG Bamberg, Beschluss vom 08.03.2013, 3 Ws 4/12, zit. nach juris, Rn. 18). Der Täter muss rechtlich verpflichtet sein, den deliktischen Erfolg abzuwenden. Eine sittliche Pflicht oder die bloße Möglichkeit, den Erfolg zu verhindern, genügen nicht (BGH, Urteil vom 02.12.2014, VI ZR 501/13, zit. nach juris, Rn. 13).

Soweit es um einen Kaufvertrag geht, wird eine Aufklärungspflicht bereits des Verkäufers - mit dem immerhin ein vertrauensbegründendes Vertragsverhältnis besteht - erst dann gesehen, wenn es um wertbildende Faktoren der Kaufsache von besonderem Gewicht geht (BayObLG, Beschluss vom 09.12.1993, 3 St RR 127/93, zit. nach juris, Rn. 24, 25; ausdrücklich ist dort auch von einem wucherhaften Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung die Rede).

Dazu „passt“, dass sich der Gesetzgeber bei Schaffung der Regelungen für das auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichtete Rücktrittsrecht der Figur des arglistig handelnden Verkäufers bewusst war, was aus §§ 438, 442 BGB folgt. Dennoch hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelt, dass der Rücktritt im Falle eines arglistigen Verkäufers unabhängig von einer vorherigen Fristsetzung zur Mangelbeseitigung möglich ist und der arglistige Verkäufer damit durch Nachbesserung eine Rückabwicklung des Kaufvertrages verhindern kann. Auch fehlt eine Regelung dahingehend, dass eine Berufung des arglistigen Verkäufers auf die Unerheblichkeit der Pflichtverletzung gem. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen ist. Entsprechend wird auch von der Rechtsprechung nur angenommen, dass die Arglist des Verkäufers eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung nur „in der Regel“ entbehrlich macht und auch nur „in der Regel“ eine Anwendung des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausschließt.  Würde man jegliches Verschweigen eines Mangels als ein eine Garantenstellung im Sinne von § 13 StGB auslösendes Verhalten ansehen, hieße es anzunehmen, dass der Gesetzgeber einen Käufer u.U. trotz eines strafrechtlich inkriminierten Verhaltens am Kaufvertrag festgehalten wissen wollte, was ausgeschlossen sein dürfte.

Die weitere „Entfernung“ der Beklagten zum Kläger im vorliegenden Fall - bei der Beklagten handelt es sich „nur“ um den Hersteller des Fahrzeugs - dürfte es sogar rechtfertigen, das Bestehen einer Aufklärungspflicht wenn nicht gar auszuschließen, so aber doch mindestens auf „Vollkatastrophen“ zu beschränken, also auf Umstände, die dazu führen, dass der Kaufgegenstand (fast) wertlos ist oder überhaupt nicht mehr genutzt werden kann. Letztendlich kann diese Frage aber dahinstehen:

Zunächst hat die Kläger nicht dargelegt, dass das Fahrzeug infolge der streitgegenständlichen Softwareproblematik künftig nicht mehr genutzt werden kann:

Eine Nutzungseinschränkung droht nicht, weil die Typgenehmigung für vom sog. „Abgasskandal“ betroffene Fahrzeuge wegen der streitgegenständlichen Software erloschen ist. Die diesbezüglich teilweise vertretene Rechtsauffassung teilt die Kammer in ständiger Rechtsprechung nicht (so auch für vom sog. „Abgasskandal“ betroffene Fahrzeuge VG Düsseldorf, Urteil vom 24.01.2018, 6 K 12341/17, zit. nach juris, Rn. 313 ff; VG Magdeburg, Beschluss vom 02.07.2018, 1 B 268/18, zit. nach juris, Rn. 14; VG Stuttgart, Beschluss vom 27.04.2018, 8 K 2962/18, zit. nach juris, Rn. 17):

Die Typgenehmigung ist nicht (beschränkt auf das streitgegenständliche Fahrzeug, denn weiter würde die Wirkung der Vorschriften selbst im Falle ihres Eingreifens nicht gehen) gem. §§ 19 Abs. 7, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen (so für vom sog. „Abgasskandal“ betroffene Fahrzeuge auch VG Düsseldorf, Urteil vom 24.01.2018, 6 K 12341/17, zit. nach juris, Rn. 313 ff.). Die genannten Vorschriften gelten nämlich nicht für den hier (allenfalls) vorliegenden Fall, dass ein Fahrzeug schon vor Inverkehrbringen durch den Hersteller nicht der maßgeblichen Typgenehmigung entspricht. Aus der Begründung zur damaligen Neufassung des § 19 Abs. 2 StVZO - vgl. BR-Drucksache 629/93, dort S. 15, 16 - folgt nämlich, dass diese Vorschrift ihrer Intention nach nur Änderungen von bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeugen erfassen sollte, denn nur insoweit wurde eine Regelungskompetenz erkannt.  Dieses an der Entstehungsgeschichte der Norm orientierte Auslegungsergebnis wird durch eine systematische Auslegung eindrucksvoll unterstützt: So sieht § 19 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 7 StVZO ein - automatisches - Erlöschen der Typgenehmigung für den Fall vor, dass an dem Fahrzeug Änderungen vorgenommen werden, durch die eine - einfache - Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist. Würde dies auch für Änderungen vor Inverkehrbringen des Fahrzeugs durch den Hersteller gelten, würde die zeitlich nachfolgend in Kraft getretene Vorschrift des § 25 Abs. 3 Nr. 2 EG-FGV, welche den Widerruf der Typgenehmigung erst dann ermöglicht, wenn von dem Fahrzeug ein erhebliches Risiko für die Verkehrssicherheit ausgeht und der Behörde zumal noch ein Ermessen einräumt, keinen Sinn machen.

Die Typgenehmigung ist auch nicht analog §§ 19 Abs. 2, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen. Angesicht der Regelung des § 25 Abs. 3 Nr. 1 EG-FGV besteht nämlich keine Regelungslücke. Im Übrigen wollte schon der europäische Gesetzgeber technische Veränderungen, die zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Emissionsminderungssystems führen, nicht zum Anlass nehmen, die Typgenehmigung des Fahrzeugs als Ganzes in Frage zu stellen (vgl. Art. 5 Ziff. 10 der VO (EG) 692/2008, der sich ausweislich der Überschrift zu Art. 5 ausdrücklich nur auf die in Art. 2 Ziff. 2 definierte Teiltypgenehmigung bezieht).

Es droht auch künftig keine Entziehung der Zulassung. Nach der Bescheinigung der zuständigen Behörde vom 20.06.2016 entspricht das Fahrzeug nach Durchführung des Updates den gesetzlichen Vorgaben. Dem Klägervortrag lassen sich keine Gründe dafür entnehmen, dass die Einschätzung der auf technische Frage dieser Art spezialisierten Fachbehörde unrichtig sein könnten (vgl. dazu auch VG Düsseldorf, a. a. O., zit. nach juris, Rn. 349).

Es besteht auch nicht die Gefahr, dass ausländische Behörden vom Erlöschen der Typgenehmigung ausgehen und zulassungsentziehende Maßnahmen ergreifen. Innerhalb des Geltungsbereiches der Typgenehmigung - also innerhalb der EU - können Staaten, die eine Abweichung von einer von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Typgenehmigung feststellen, lediglich den ausstellenden Mitgliedstaat auffordern, geeignete Maßnahmen zu ergreifen (vgl. dazu Art. 30 Abs. 3 der Richtlinie 2007/46/EG).

Die Kläger hat ferner nicht vereinzelt dargelegt, dass - was die Aufklärungspflicht eines Verkäufers ausgelöst hätte - die Fehlerhaftigkeit der verfahrensgegenständlichen Motorsteuerungssoftware am Markt wenigstens aktuell, was - Simultanitätsprinzip - einen Rückschluss auf den Zeitpunkt des Kaufvertrages zulassen würde, einen wertbildenden Faktor von ganz besonderem Gewicht darstellen, dergestalt, dass es zu einem erheblichen Preisverfall der davon betroffenen Fahrzeuge gekommen ist. Trotz eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises und entgegenstehender detaillierter Darlegung der Beklagten hat er nur pauschal einen geminderten Wiederkaufswert behauptet. Dabei wäre dem Kläger eine am Markt orientierte vereinzelte Darlegung ggf. auch möglich gewesen, da der Kraftfahrzeugmarkt generell durch eine erhebliche Transparenz gekennzeichnet ist (vgl. z.B. die monatlichen sog. „Schwacke-Listen“) und die Preisentwicklung von gebrauchten Dieselfahrzeugen zudem - offenkundig, nämlich dem Gericht durch zuverlässige Presseberichte und Internetseiten bekannt (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 291, Rn. 1) - unter besonderer medialer Aufmerksamkeit steht.

Auch aus pflichtwidrigem Vorverhalten Tun (Ingerenz) ergibt sich vorliegend schließlich keine Garantenpflicht zugunsten des Klägers. Eine Pflichtwidrigkeit löst im Einzelfall nämlich nur dann eine Garantenpflicht aus, wenn die verletzte Norm gerade dem Schutz des fraglichen Rechtsgutes zu dienen bestimmt ist (Schönke/Schröder/Stree/ Bosch, StGB, 28. Aufl., § 13, Rn. 35a mwN). Als pflichtwidriges Vorverhalten der Verantwortlichen der Beklagten kommt vorliegend allein ein Verstoß gegen die maßgeblichen europarechtlichen Normen, die den Einsatz von unzulässigen Abschalteinrichtungen verbieten, in Betracht. Diese dienen indes ersichtlich nicht dem Schutz der hier allein betroffenen Vermögensinteressen des Klägers, sondern gesamtgesellschaftlichen Zielen, nämlich der Weiterentwicklung des Binnenmarkts durch Harmonisierung der technischen Vorschriften über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen sowie der Sicherstellung eines hohen Umweltschutzniveaus

Im Übrigen hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass ihm durch Abschluss des Kaufvertrages infolge der streitgegenständlichen Software ein Schaden entstanden ist. Der Umstand, dass jemand durch eine Täuschung zu einem Vertragsschluss bewegt wurde, von dem er in Kenntnis der Täuschung abgesehen hätte, begründet nicht ohne weiteres einen Schadensersatzanspruch auf Freistellung von den Verpflichtungen aus dem Vertrag. Voraussetzung ist vielmehr, dass Leistung und Gegenleistung objektiv nicht gleichwertig sind oder aber - bei objektiver Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung - die Leistung für den Getäuschten trotzdem nicht voll brauchbar (so auch OLG Braunschweig, Beschluss vom 11.01.2018, 7 U 155/17). Soll ein Schaden darin liegen, dass die tatsächlich erbrachte Leistung gegenüber der geschuldeten Leistung im Tatzeitpunkt in Euro und Cent minderwertig war, muss der Wert der erbrachten Leistung feststehen (OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2011, III-5 Ws 459 - 471/10, zit. nach juris, Rn. 21 f.). Denn § 263 StGB schützt das Vermögen und nicht die Verfügungsfreiheit des Getäuschten (BGH, Urteil vom 24.02.1983, 1 StR 550/82, zit. nach juris, Rn. 5). Umstände der genannten Art hat der Kläger nicht dargelegt. Konkrete Angaben zum Wert von Leistung und Gegenleistung wären dabei auch deswegen notwendig, weil die Klägerin noch nicht einmal vereinzelt darlegt, dass die Preise von vom sog. „Abgasskandal“ betroffene Fahrzeuge selbst über 3 Jahre nach Bekanntwerden desselben gerade wegen der streitgegenständlichen Softwareproblematik sinken.

2. Ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV scheidet ebenfalls aus. Es wird zwar im Rahmen des sog. „Abgasskandals“ die Auffassung vertreten, dass dem Käufer gegen den Hersteller ein Anspruch auf Schadensersatz aus den genannten Vorschriften zusteht, weil die EG-Übereinstimmungsbescheinigung sei, da das Fahrzeug im Zeitpunkt seiner Zulassung infolge der streitgegenständlichen Software nicht allen einschlägigen Rechtsakten entsprochen habe. Der Unterzeichner teilt diese Auffassung jedoch aus einer Vielzahl von Gründen nicht:

a) Die Vorschriften der §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV stellen keine Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB dar.

b) Die EG-Übereinstimmungsbescheinigung enthält nicht die Erklärung, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt der Zulassung allen einschlägigen Rechtsakten entspricht.

c) Eine irgendwie geartete inhaltliche Unrichtigkeit der EG-Übereinstimmungsbescheinigung führt nicht zu deren Unwirksamkeit.

d) Zuletzt dürften vom sog. „Abgasskandal“ betroffene Fahrzeug nicht im Sinne der EG-Übereinstimmungsbescheinigung vom genehmigten Typ abweichen (insoweit abweichend von LG Braunschweig, Urteil vom 31.08.2017, 3 O 21/17, zit. nach juris, Rn. 151 ff.).

Im Einzelnen:

Zu a): Ein Anspruch im diskutierten Sinne scheitert – auch - daran, dass die Vorschriften der §§ 6, 27 EG-FGV nicht dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt sind. Für die Beantwortung dieser Frage kommt es nämlich nicht auf Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen wenigstens mitgewollt hat. Die genannten Vorschriften dienen der Umsetzung der Richtlinie 2007/46/EG. Der Schutz der Fahrzeugerwerber wird in der Richtlinie, insbesondere auch in deren Erwägungsgründen nicht genannt. Auch der Umstand, dass die Übereinstimmungsbescheinigung gem. Anhang IX der VO 385/2009/EG den Fahrzeugkäufer adressieren soll, führt allenfalls reflexiv dazu, dass das Interesse des Erwerbers, ein zulassungsfähiges Fahrzeug zu erhalten, geschützt wird. Dass der Individualschutz der Fahrzeugerwerber im „Aufgabenbereich der Norm“ liegt, wie der Bundesgerichtshof es von einem Schutzgesetz verlangt, ist nicht ersichtlich (so noch ausführlicher OLG Köln, Beschluss vom 22.08.2018, 15 U 76/18, auch OLG München, Beschluss vom 02.07.2018, 8 U 1710/17, zit. nach juris, Rn. 41).

Zu b): Die EG-Übereinstimmungsbescheinigung enthält nicht die Erklärung, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt der Zulassung allen einschlägigen Rechtsakten entspricht. Eine solche Erklärung wird zwar im Anhang IX zur VO (EG) 385/2009 als - ein - Ziel formuliert. Das eigentliche Muster enthält diese Erklärung dann aber ausdrücklich nicht. Danach erklärt der Hersteller mit der Übereinstimmungserklärung gegenüber dem Käufer nur, dass das konkrete Fahrzeug mit dem genehmigten Typ übereinstimmt. Ein Zufall/Missverständnis ist ausgeschlossen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das anvisierte Ziel nur insoweit umgesetzt wurde, wie es nachfolgend formuliert wurde.

Zu c): Eine irgendwie geartete inhaltliche Unrichtigkeit der EG-Übereinstimmungsbescheinigung führt ohnehin nicht zu deren Unwirksamkeit:

Zunächst enthält die (auch nach den nationalen Vorschriften) maßgebliche Vorschrift über den Inhalt der EG-Übereinstimmungsbescheinigung - Art. 18 der Richtlinie 2007/46/EG - lediglich eine Anzahl einzuhaltender Kriterien formaler Natur.

Dafür, dass die EG-Übereinstimmungsbescheinigung insbesondere dann nicht materiell unwirksam ist, wenn das betroffene Fahrzeug nicht allen maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften entspricht, spricht auch die weitere Auslegung der Richtlinie:

Nach Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG werden der Verkauf und die Inbetriebnahme von Bauteilen ausdrücklich auch davon abhängig gemacht, dass diese den einschlägigen Rechtsakten entsprechen. Der komplette Fahrzeuge betreffende Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG enthält eine entsprechende Regelung jedenfalls seinem Wortlaut nach nicht. Weiter könnte zwar die Voraussetzung, dass (auch) ein Fahrzeug den einschlägigen Rechtsakten entsprechen muss, in Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG durch das - in Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie nicht vorkommende -  Wort „gültig“ in Verbindung mit der Legaldefinition der Übereinstimmungsbescheinigung in Art. 3 Ziff. 36 der Richtlinie 2007/46/EG zum Ausdruck gebracht worden sein, zumal zunächst nicht recht ersichtlich sein könnte, aus welchem Grund der europäische Gesetzgeber bei Fahrzeugen anders als bei Bauteilen auf diese Voraussetzung verzichtet haben sollte. Zu beachten ist gleichzeitig aber die sprachliche Fassung des Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG: Die besondere Betonung der Voraussetzungen „dann und nur dann“ (in der englischen Fassung: „if and only if“) - zum Vergleich heißt es in Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG nur „nur dann“- zeigt, dass es dem Gesetzgeber klar war, dass in Art. 28 im Vergleich zu Art. 26 Abs. 1 Richtlinie 2007/46/EG erhöhte Anforderungen erhoben werden. Für Letzteres spricht auch, dass im ursprünglichen Entwurf („Vorschlag“) der Richtlinie in Art. 25 Abs. 1 und Art. 27 Abs. 1 (Dokument 52003PC0418, abrufbar bei EUR-Lex) noch eine einheitliche Formulierung – jeweils „nur dann“ – vorgesehen war. Ein Grund für die unterschiedliche Behandlung von kompletten Fahrzeugen und Bauteilen liegt gleichzeitig auch vor, nämlich darin, dass Adressat der Umsetzung von Art. 28 der Richtlinie 2007/46/EG nicht die Mitgliedstaaten selbst sind: Art. 28 regelt nur den Verkauf und die Inbetriebnahme von Bauteilen. Adressat von Art. 26 der Richtlinie 2007/46/EG sind bei dessen Umsetzung dagegen auch die Mitgliedstaaten selbst, da sie für die dort - auch - geregelte Zulassung der Fahrzeuge zuständig sind. Würde Art. 26 der Richtlinie voraussetzen, dass die Fahrzeuge nur zugelassen werden könnten, wenn sie allen rechtlichen Akten entsprechen, weil nur dann die EG-Übereinstimmungserklärung gültig wäre, würde dies u. U. (erneute) Prüfungspflichten begründen, was dem Ziel der Richtlinie, die Zulassung von Fahrzeugen zu vereinfachen, widersprechen, zudem zusätzlichen behördlichen Aufwand bedeuten würde.

Zudem folgt aus der Auslegung der die Richtlinie 2007/46/EG umsetzenden nationalen Vorschriften, dass jedenfalls der nationale Gesetzgeber davon ausging, dass Unregelmäßigkeiten im Typgenehmigungsverfahren, wodurch der genehmigte Fahrzeugtyp nicht allen maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften entspricht, nicht zur Unwirksamkeit der EG-Übereinstimmungsbescheinigung führt:

Der Gesetzgeber hat den Fall vorhergesehen, dass bereits im Verkehr befindliche Fahrzeuge nicht vorschriftsmäßig sind: Es ermächtigt das KBA für diesen Fall in § 25 Abs. 2 EG-FGV, die Typgenehmigung nachträglich mit Nebenbestimmungen zu versehen. Betreffend die EG-Übereinstimmungserklärung fehlt eine entsprechende Regelung. Dies lässt den Schluss darauf zu, dass der Umstand, dass ein bereits im Verkehr befindliches Fahrzeug nicht vorschriftsmäßig ist, keine Auswirkungen auf die Übereinstimmungsbescheinigung haben sollte.

Weiter: Nach § 37 EG-FGV handelt ordnungswidrig, wer ein Fahrzeug entgegen § 27 EG-FGV ohne eine „gültige“ Übereinstimmungsbescheinigung anbietet oder in Umlauf bringt. Mit § 37 EG-FGV wollte der Gesetzgeber „die in § 27 EG-FGV enthaltenen Anforderungen besser durchsetzen“, ging gleichzeitig aber davon aus, dass „bestimmte Verstöße im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wie die Vorlage gefälschter Prüfergebnisse oder technischer Spezifikationen oder sonstige unrichtige oder unvollständige Erklärungen“ bereits anderweitig sanktioniert werden und damit keiner Ahndung durch § 37 EG-FGV bedurften (vgl. BR-Drucksache 190/09, S. 57). Verstöße im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens sollen danach nicht § 37 EG-FGV unterfallen, also keinen Verstoß gegen § 27 EG-FGV darstellen, also die Gültigkeit der Übereinstimmungsbescheinigung im Sinne von § 27 EG-FGV nicht tangieren.

- Zu d): Vom sog. „Abgasskandal“ betroffene Fahrzeug dürften schließlich auch nicht im Sinne der Erklärung in der EG-Übereinstimmungsbescheinigung vom genehmigten Typ abweichen:

Bei dem genehmigten Typ im Sinne der EG-Übereinstimmungsbescheinigung handelt sich dabei zunächst nicht um ein anlässlich des Typgenehmigungsverfahren vorgeführtes und geprüftes reales Fahrzeug:

Darauf deutet zunächst schon die Formulierung des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG hin, der nicht von einem Fahrzeug, sondern vom Typ eines Fahrzeugs spricht.

Dieses Verständnis wird untermauert durch die Regelung in Art. 11 der Richtlinie 2007/46/EG, wonach die Prüfungen an Fahrzeugen durchgeführt werden, die für den genehmigten Typ repräsentativ sind. Auch diese Formulierung - „repräsentativ“ – belegt, dass der genehmigte Typ eines Fahrzeugs nach dem Willen des Richtliniengebers nicht mit den vorgeführten und geprüften Fahrzeugen gleichzusetzen ist. Anlässlich des o.g. Entwurfes der Richtlinie ging man unter „Grundlage und Inhalt des Vorschlags“, dort Punkt 6.2.2. sogar davon aus, dass – nur - „repräsentative Prototypen“ besichtigt und geprüft werden. Warum überhaupt das spätere Endprodukt vorab geprüft wird, wenn Gegenstand der Genehmigung tatsächlich ein fiktives Fahrzeug ist, erschließt sich dabei vor folgendem Hintergrund:

„Eines der wesentlichen Grundsätze des Typgenehmigungsrechts ist die Gewissheit, dass der Hersteller über ein ständiges System zur Kontrolle der Übereinstimmung der Übereinstimmung seiner Produktion verfügt“ (Entwurf, Grundlage und Inhalt des Vorschlags, 6.1 letzter Absatz).

Auf Dauer – nach Erteilung der Typgenehmigung - wird diese Gewissheit dadurch gestützt, dass der Hersteller nachweisen muss, dass es über ein belastbares internes Überwachungssystem verfügt, dass ihn befähigt, Nichtübereinstimmungen mit dem genehmigten Typ zu erkennen und abzustellen, worüber sich die Behörde auch vergewissern muss (Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG). Demselben Zweck dienen auch Untersuchungen am konkreten Produkt, die stichprobenartig vorgenommen werden dürfen (Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2007/46/EG).

In diesem Kontext ist auch die Untersuchung an repräsentativen Fahrzeugen bereits anlässlich der Typgenehmigung zu sehen: Sie stellt quasi die Eingangs-/Voruntersuchung dar, ob der der Hersteller in der Lage sein wird, die Übereinstimmung der Produktion mit dem genehmigten Typen auf Dauer zu gewährleisten. Dieser Gedankengang dürfte auch im genannten Entwurf, dort unter „Grundlage und Inhalt des Vorschlags“ Ziffer 6.2.2. wenigstens angedeutet sein.

Von dem dergestalt definierten genehmigten Typ dürften vom sog. „Abgasskandal“ betroffene Fahrzeuge im Sinne der EG-Übereinstimmungsbescheinigung indes nicht abweichen. Dies folgt mittelbar aus Art. 30 Abs. 2 der Richtlinie 2007/46/EG. Danach sollen nämlich Abweichungen von den Angaben in der Beschreibungsmappe, obwohl solche eigentlich ohne weiteres eine Abweichung vom genehmigten Typ darstellen müssten (so konsequent auch noch Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 70/156/EWG), da eine Typgenehmigung nur für einen Typ erteilt wird, der mit den Angaben in der Beschreibungsmappe übereinstimmt (Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG), lediglich als Fiktion eine Abweichung vom genehmigten Typ darstellen und dies unzweideutig – vergleiche die Verschärfung der Formulierung im Vergleich zum o.g. Entwurf der Richtlinie, dort Art. 29 Abs. 2 - ausdrücklich auch nur im Rahmen von Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG. Hieraus dürfte folgen, dass nach dem Willen des Richtliniengebers Abweichungen von den Angaben in der Beschreibungsmappe ansonsten – also auch im Sinne der Erklärung der EG-Übereinstimmungsbescheinigung – keine Abweichung vom genehmigten Typ darstellen sollen.

3. Ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB, namentlich eine sittenwidrige Schädigung ist nicht dargelegt (so im Rahmen des sog. „Abgasskandals“ auch OLG Braunschweig, Beschluss vom 27.11.2018, 7 W 11/18):

Die Entwicklung und (genauer) der Einsatz der streitgegenständlichen Software stellt einen Verstoß gegen die einen Verbot von illegalen Abschalteinrichtungen vorsehende VO (EG) 715/2007 dar. Die genannte Verordnung dient aber nicht dem Schutz der hier geltend gemachten Vermögensinteressen (s.o.).

Auch unter dem Gesichtspunkt des Inverkehrbringens einer mangelhaften Sache stellt sich das Verhalten der Beklagten nicht als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB dar:

Das Inverkehrbringen einer mangelhaften Sache ohne eine Täuschung des Verbrauchers stellt, soweit es - wie vorliegend - um dessen Äquivalenzinteresse geht, keine sittenwidrige Schädigung gem. § 826 BGB dar (arg. ex. § 442 Abs. 1 S. 1 BGB)

Letztlich geht es mithin um die Frage, ob das Verschweigen von Mängeln durch einen Hersteller bzw. dessen Lieferanten, soweit es wie vorliegend um das Nutzungs- und Äquivalenzinteresse des Käufers geht, einen Anspruch aus § 826 BGB auszulösen vermag, Die Kammer geht diesbezüglich davon aus, dass allenfalls das Verschweigen von schwerwiegenden Mängeln durch den Hersteller oder dessen Lieferanten, denen der Markt eine ganz erhebliche Bedeutung beimisst oder die dazu führen, dass das Fahrzeug unkorrigierbar nur erheblich eingeschränkt oder gar gar nicht mehr genutzt werden kann, den Vorwurf der Sittenwidrigkeit zu begründen vermag. Dies beruht auf folgenden Überlegungen:

Schon zwischen Vertragspartnern rechtfertigt das Verschweigen eines Umstandes, der für Vertragsschluss relevant ist, nicht ohne weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes, sondern nur dann, wenn eine Seite der anderen zu entsprechender Offenbarung verpflichtet ist. Eine Offenbarungspflicht entsteht, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes darf der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht erwarten; es besteht also keine allgemeine Offenbarungspflicht. Im Vertragsrecht ist zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich. Das gilt insbesondere für den Kaufvertrag, der von gegensätzlichen Interessen geprägt ist: Jeder möchte möglichst viel für sich selbst rausholen. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist erst dann überschritten ist, wenn es um erhebliche wertbildende Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (so ausdrücklich Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl., § 826, Rn. 20; Bamberger/Roth, BGB,3. Aufl., § 826, Rn. 23, Fn. 148; m Ergebnis auch Staudinger/Oechsler, BGB, 2014, § 826, Rn. 159, der zunächst nur betreffend erhebliche Umstände eine Aufklärungspflicht annimmt, einen verborgenen Sachmangel dann als regelmäßig erheblichen Umstand bezeichnet, um dann nur Fälle aufzuzählen, in denen es um erhebliche wertbildende Faktoren geht; ähnlich auch BayObLG, Beschluss vom 09.12.1993, 3 St RR 127/93, zit. nach juris, Rn. 24, indes für die Aufklärungspflicht im Rahmen von § 263 StGB, s.o.).

Dazu „passend“: Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte das arglistige Verschweigen von Mängel durch den Verkäufer nicht zwingend zu einer Rückabwicklung des Kaufvertrages führen (s.o.). Würde man wegen des Verschweigens von Mängeln uneingeschränkt einen Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages nach § 826 BGB eröffnen, würde der vorgenannte gesetzliche Wille missachtet werden.

Zu beachten ist weiterhin: Die vorgenannten Argumente gelten schon im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer, die miteinander ein gewisses Vertrauen begründend über einen Vertrag miteinander verbunden sind, welches der arglistige Verkäufer „verrät“. Im Verhältnis des Herstellers zum Käufer fehlt es an dieser vertrauensbegründenden Verbindung, die durch Verschweigen des Mangels „verraten“ werden würde.

Schließlich hat der Gesetzgeber durch Einführung des ProdHaftG eine Haftung des Herstellers für fehlerhafte Produkte eingeführt. Das wirtschaftliche Nutzungs- und Äquivalenzinteresse des Käufers, dass die Sache keine Mängel aufweist, sollte dadurch aber gerade nicht geschützt werden (Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl., § 3 ProdHaftG, Rn. 1).

Wenn

- das arglistige Verschweigen von Mängeln durch den Verkäufer nicht in jedem Fall einen Anspruch aus § 826 BGB auslösen soll,

- obwohl dort ein gewisses Vertrauensverhältnis „verraten“ wird, welches der Hersteller/der Lieferant des Herstellers nicht „verraten“ kann und

- der Gesetzgeber auf die Einführung einer Haftung des Herstellers für das Nutzungs- und Äquivalenzinteresse des Käufers verzichtet hat,

erscheint es im Ergebnis sachgerecht, eine Haftung des Herstellers für verschwiegene Mängel gem. § 826 BGB nur für die o.g. „Vollkatastrophen“ anzunehmen. Letztlich kann diese Frage aber dahinstehen. Der Kläger hat noch nicht einmal Umstände dargelegt, die eine Offenbarungspflicht eines Verkäufers ausgelöst hätten (s.o.)

4. Ob eine deliktische Haftung der Beklagten für „behauptete“ negative Folgen des Updates überhaupt in Frage kommt - Das Update ist behördlich angeordnet worden, was deliktischen Ansprüchen entgegenstehen dürfte. - kann dahinstehen. Der Kläger hat negative Folgen des Updates nicht vereinzelt dargelegt:

Soweit der Kläger einen erhöhten Verschleiß infolge des Softwareupdates behauptet, übersieht er, dass der Nacherfüllungsanspruch des Käufers gegen den Verkäufer nicht weiter reicht als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch, dies im Verhältnis zum Hersteller erst recht gelten muss und er nicht dargelegt hat, welche Haltbarkeit von der Beklagten als Hersteller zugesagt wurde oder er - der Käufer - aufgrund welcher Umstände wenigstens üblicherweise erwarten durfte. Dies gilt betreffend die emissionsmindernden Einrichtungen des Fahrzeugs umso mehr, als die zuständige Behörde in dem o.g. Schreiben bescheinigt hat, dass die Anforderungen an die Dauerhaltbarkeit eingehalten werden.

II. Zum Klageantrag zu Ziffer 2):

Da der Kläger keinen Anspruch auf Schadenersatz hat, befindet sich die Beklagte auch nicht mit der Annahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Verzug.

III. Zum Klageantrag zu Ziffer 3):

Mangels Anspruchsgrundlage - s.o. - steht dem Kläger gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu.

IV. Zum Hilfsantrag zu Ziffer 1.:

Der Antrag ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat den geltend gemachten Schadenersatzanspruch weder dem Grunde, noch der Höhe nach schlüssig dargelegt. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.

V. Zum Hilfsantrag Ziffer 2.:

Der Antrag ist bereits nicht zulässig, (mindestens) weil es an einem Feststellungsinteresse mangelt. Bei reinen Vermögensschäden, die Gegenstand der Klage sind, hängt bereits die Zulässigkeit der Feststellungsklage von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts ab (BGH, Urteile vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, WM 1993, 251, 260, vom 14. Dezember 1995 - IX ZR 242/94, WM 1996, 548, 549, vom 2. Dezember 1999 - IX ZR 415/98, WM 2000, 199, 202, vom 22. Februar 2001 - IX ZR 293/99, WM 2001, 741, 742, vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 427/98, WM 2002, 29, 32 und vom 6. Juli 2004 - XI ZR 250/02, BGHReport 2005, 78, 79). Eine solche Wahrscheinlichkeit hat der Kläger vorliegend nicht dargelegt: Die behauptete Verletzungshandlung der Beklagten besteht in der Verwendung einer illegalen Abschalteinrichtung. Diese ist entfernt und es nicht ersichtlich, warum die Software im Nachhinein noch Schäden am Fahrzeug bewirken soll.

VI. Prozessuale Nebenentscheidungen:

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

VII. Streitwert: Wertstufe bis 22.000 €