Landgericht Oldenburg
Beschl. v. 18.05.2016, Az.: 17 T 412/16

Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger durch eine Obliegenheitsverletzung des Schuldners; Pflicht des Schuldners zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit; Versagung der Restschuldbefreiung

Bibliographie

Gericht
LG Oldenburg
Datum
18.05.2016
Aktenzeichen
17 T 412/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 20817
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOLDBG:2016:0518.17T412.16.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Delmenhorst - 13.04.2016 - AZ: 12 IK 97/15

Fundstellen

  • FMP 2017, 58
  • InsbürO 2016, 427-428
  • JurBüro 2016, 548
  • ZInsO 2016, 2049
  • ZVI 2017, 85-86

In der Insolvenzsache
xxx
- Schuldner u. Beschwerdeführer -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältin xxx
Antragstellender Gläubiger
xxx
Treuhänderin
Rechtsanwältin xxx
hat das Landgericht Oldenburg - 17. Zivilkammer - durch den Richter am Landgericht xxx als Einzelrichter am 18.05.2016
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Delmenhorst vom 13.04.2016 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe

Die statthafte und zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b InsO verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft (§ 290 Abs. 1 Nr. 7 InsO). Nach § 287b InsO obliegt es dem Schuldner ab Beginn der Abtretungsfrist bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen.

Der Schuldner hat die Erwerbsobliegenheit verletzt. Mit der Tätigkeit im Betrieb seiner Ehefrau übt er keine angemessene Erwerbstätigkeit aus. Insoweit ist nicht lediglich auf die Art der Tätigkeit abzustellen, sondern auch auf die Angemessenheit der Vergütung der Tätigkeit (Waltenberger in: Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 8. Aufl. 2016, § 287b Erwerbsobliegenheit des Schuldners, Rn. 7). So erfüllt der Handwerksmeister, der als Geschäftsführer einer GmbH weit unter der ortsüblichen Entlohnung eines angestellten Meisters arbeitet, das Kriterium der Angemessenheit nicht (Waltenberger a.a.O). Der Schuldner erhält für seine Vollzeitbeschäftigung als Schuhmachermeister im Betrieb seiner Ehefrau keine Entlohnung und somit keine angemessene Vergütung.

Durch die Obliegenheitsverletzung wurde die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt. Dies ist der Fall, wenn der Schuldner aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit ein Einkommen hätte erzielen können, aus dem unter Berücksichtigung etwaiger Unterhaltspflichten ein nach den Bestimmungen des § 850c ZPO pfändbarer Betrag verblieben wäre (BGH, Beschluss vom 04. Februar 2016 - IX ZB 13/15 -, Rn. 9, ). Nach Maßgabe der aktuellen Pfändungsfreigrenzen ist ohne Unterhaltspflicht ein EUR 1.079,99 übersteigendes Einkommen pfändbar und ein EUR 1.489,99 übersteigendes Einkommen bei einer Unterhaltspflicht.

Vorliegend hätte der Schuldner ein teilweise pfändbares Einkommen bei einer angemessenen Erwerbstätigkeit erzielen können. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Schuldner im Rahmen seiner Anhörung vor dem Insolvenzgericht angegeben hat und die Richtigkeit seiner Angaben an Eides statt versichert hat, dass er die jetzt ohne Vergütung ausgeübte Tätigkeit zuvor im Rahmen seiner Selbständigkeit ausgeübt hat und daraus ein Einkommen von monatlich EUR 2.072 erzielt hat. Ein entsprechendes Einkommen hätte er auch aus der jetzigen Anstellung im Betrieb seiner Ehefrau erzielen können. Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Insolvenzgericht hat er hierzu angegeben, dass der Betrieb monatlich mindestens EUR 2.000 einnehme. Aufgrund der weitergehenden Erläuterung des Schuldners, dass er und seine Ehefrau von diesen Einnahmen leben, ist davon auszugehen, dass es sich um die Nettoeinnahmen handelt. Hierfür spricht auch, dass der Schuldner - wie bereits dargestellt - für die gleichen Dienstleistungen im Rahmen seiner Selbständigkeit Einnahmen in dieser Höhe erzielt hat.

Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Insolvenzgericht hat er auch keine tragenden Gründe für die derzeitige Betriebsform und seine Tätigkeit ohne Lohn genannt. Vielmehr hat er angegeben, dass die jetzige Betriebsform darauf zurückzuführen sei, dass er nicht gewusst habe, dass er auch in der Insolvenz als Selbständiger tätig sein könne. Deswegen ist davon auszugehen, dass der Schuldner aus dem Beschäftigungsverhältnis wie zuvor aus der Selbständigkeit ein angemessenes Nettoeinkommen von jedenfalls EUR 2.000 monatlich hätte erzielen können.

Ein pfändbarer Betrag wäre demensprechend verblieben, auch unter Berücksichtigung einer Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau, die ihren Lebensunterhalt bei entsprechenden Lohnzahlungen an ihren Ehemann aus den eigenen Betrieben nicht mehr bestreiten könnte.

Dem Schuldner war danach die Restschuldbefreiung zu versagen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 4 InsO i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.