Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 06.07.2023, Az.: 2 Ws 187/23

Entscheidung über Mindestverbüßungsdauer bei lebenslanger Freiheitsstrafe mit besonderer Schwere der Schuld; Zulässigkeit der Feststellung der Mindestverbüßungsdauer für Entscheidung über Aussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe; Eigenantrag des Verurteilten zur Feststellung der Mindestverbüßungszeit nach dreizehnjähriger Inhaftierung; Relevanz der unterschiedlichen Schwere der Schuld bei Frage der Strafaussetzung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
06.07.2023
Aktenzeichen
2 Ws 187/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 28888
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 05.05.2023 - AZ: 17b StVK 29/22

Amtlicher Leitsatz

Hat der Verurteilte ca. 13 Jahre einer gegen ihn verhängten lebenslangen Freiheitsstrafe verbüßt und im Hinblick auf die im Urteil erfolgte Feststellung der besonderen Schwere der Schuld selbst beantragt, die Mindestverbüßungszeit festzulegen, kann die Strafvollstreckungskammer eine Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer ohne eine explizite Entscheidung über die Aussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe vornehmen.

In der Strafvollstreckungssache
gegen G. D ,
geboren am ...,
zurzeit Justizvollzugsanstalt ...
- Verteidiger: Rechtsanwalt K., H. -
wegen Mordes u. a.
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle nach Anhörung der
Generalstaatsanwaltschaft durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht XXX, den Richter am Oberlandesgericht XXX und den Richter am Landgericht XXX am
6. Juli 2023 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der Auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg mit Sitz in Celle vom 5. Mai 2023 wird verworfen.

Der Verurteilte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gegen diese Entscheidung ist keine Beschwerde gegeben (§ 304 Abs. 4 StPO).

Gründe

I.

Der Verurteilte verbüßt derzeit aufgrund der Verurteilung durch das Landgericht München I vom 1. Oktober 2012 (1 Ks 121 Js 11674/10) eine lebenslange Gesamtfreiheitsstrafe wegen Mordes in zwei Fällen. Die besondere Schwere der Schuld wurde festgestellt.

Dieser Verurteilung lagen im Wesentlichen die folgenden Feststellungen zugrunde:

"Der Angeklagte, ein heute ... Jahre alter deutscher Staatsangehöriger, hielt sich vom 06.-10.07.2010 zusammen mit der ...-jährigen A. G. Z., mit welcher er in den Jahren von 2006 bis 2008 eine Affäre unterhalten hatte, und der am 03.10.2008 geborenen deutschen Staatsangehörigen A. Z., welche von dem Angeklagten ungewollt aus dieser Intimbeziehung hervorgegangen war, in L./P. an der A. auf.

Am 10.07.2010 gegen 09.45 Uhr tötete der Angeklagte die Geschädigte G. Z. seinem mehrere Wochen zuvor gefassten Tatplan entsprechend an dem schwer zugänglichen Strand "P. d. C." nahe L. Er drückte sein Opfer im hüfttiefen Wasser am Kopf und an den Schultern kraftvoll so lange unter Wasser, bis der Tod durch Ertrinken eintrat. Für die Tatbegehung nutzte der Angeklagte bewusst das Überraschungsmoment aus.

Anschließend fuhr der Angeklagte zusammen mit A. Z. zu den etwa 36 km entfernten Klippen am "P. d. B." nahe S. Entweder dort oder bereits auf dem Weg dorthin tötete der Angeklagte seinem Tatplan entsprechend auch noch seine eigene Tochter, wobei die näheren Umstände der Tat nicht festgestellt werden konnten. Die Leiche des nackten Kindes legte der Angeklagte sodann versteckt unter Felsen an dem schwer zugänglichen, von Menschen nur selten aufgesuchten Küstenabschnitt ab.

Der Angeklagte kehrte am frühen Nachmittag in sein Hotel in L. zurück, packte ausschließlich seine eigenen Sachen und fuhr mit seinem Mietwagen nach L. Von dort aus flog er am frühen Morgen des 11.07.2010 alleine nach M. zurück.

Zur Tatbegehung hatte der Angeklagte aus Verschleierungsgründen bewusst das Ausland ausgewählt. G. Z. hatte er vorgespielt, dass er das gemeinsame Kind A. bei einem Urlaubsaufenthalt an der p. A. näher kennenlernen wolle.

Der Angeklagte befürchtete, dass durch ein von G. Z. betriebenes Gerichtsverfahren zur Vaterschaftsfeststellung und ein von ihr initiiertes Ermittlungsverfahren wegen Unterhaltspflichtverletzung seine etwa 11/2 Jahre andauernde Affäre mit G. Z. und die Existenz des hieraus hervorgegangenen Kindes . offiziell bekannt werden würden. Insbesondere befürchtete er, dass seine Lebensgefährtin P. U. hiervon Kenntnis erlangen und dies den Bestand seiner Partnerschaft mit ihr ernsthaft gefährden würde. Um dies zu verhindern, entschloss sich der Angeklagte, G. und A. Z. zu töten.

Mit der Tötung der beiden Opfer wollte sich der Angeklagte ferner den drohenden persönlichen und finanziellen Belastungen als Kindsvater entziehen. Er war nicht bereit, sich durch eine auch nur zeitweise Übernahme der persönlichen Betreuung sowie durch Unterhaltszahlungen für ein von ihm nicht gewolltes Kind in seiner Lebensplanung und -führung einschränken zu lassen.

Der Angeklagte wusste, dass G. Z. Interesse an einer offiziellen Feststellung seiner Vaterschaft bezüglich A. und an der Erfüllung seiner Unterhaltspflichten berechtigt war. Dem Angeklagten war auch bewusst, dass eine Vaterschaft stets mit persönlichen und finanziellen Verpflichtungen verbunden ist.

Bei der Tötungshandlung zum Nachteil von G. Z. kam es dem Angeklagten zudem wesentlich darauf an, anschließend ohne Eingreifen der schutzbereiten Kindsmutter die gemeinsame Tochter A. töten zu können."

Das Landgericht München I hat in dem Urteil ausgeführt, dass der Verurteilte G. Z. auf heimtückische Weise, aus niedrigen Beweggründen und zur Ermöglichung einer Straftat getötet hat. Die Tötung seiner Tochter A. Z. erfolgte aus niedrigen Beweggründen.

Der Verurteilte verbüßt die lebenslange Freiheitsstrafe derzeit in der Justizvollzugsanstalt C. Er befindet sich seit seiner Festnahme in dieser Sache am 15. Juli 2010 ununterbrochen in Haft - zunächst in Untersuchungshaft und seit dem 12. Juni 2013 in Strafhaft. 15 Jahre der lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe werden am 15. Juli 2025 vollstreckt sein.

Mit Schreiben seines Verteidigers vom 8. November 2022 hat der Verurteilte die Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer beantragt.

Mit Beschluss vom 5. Mai 2023 (Az.: 17b StVK 29/22) hat die Auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg mit Sitz in Celle die Mindestverbüßungsdauer der lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe auf 25 Jahre festgesetzt.

Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit seiner sofortigen Beschwerde.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Antrag des Verurteilten auf isolierte Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer der lebenslangen Freiheitsstrafe vom 8. November 2022 als unzulässig zurückzuweisen.

II.

1.

Der Senat ist zu einer Entscheidung berufen, da ihm nach § 35 Niedersächsisches Justizgesetz (NJG) die Entscheidungen über Beschwerden, die sich gegen Entscheidungen gemäß § 453 Absatz 1 Satz 1 oder § 454 Abs. 1 Satz 1 StPO betreffend eine lebenslange Freiheitsstrafe richten, landesweit übertragen sind.

2.

Die gemäß §§ 462a, 454 Abs. 3, 311 Abs. 2 StPO zulässige sofortige Beschwerde des Verurteilten führt in der Sache nicht zum Erfolg. Zum einen ist die hier ergangene "isolierte", weil ohne eine ausdrückliche Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes gem.

§ 57a StGB ergangene Festsetzung der Mindestverbüßungszeit zulässig (vgl. im Folgenden die Ausführungen unter a). Zum anderen hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass die besondere Schwere der Schuld eine Mindestverbüßungszeit von 25 Jahren erfordert (vgl. im Folgenden die Ausführungen unter b).

a) Die Frage, ob die Festlegung der bei besonderer Schuldschwere gebotenen Mindestvollstreckungsdauer isoliert, also außerhalb eines Aussetzungsverfahrens entschieden werden darf, ist für sog. "Altfälle", d.h. Strafurteile, die vor dem Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 3. Juni 1992 (BVerfG, Beschluss vom 03.06.1992 - 2 BvR 1041/88, 2 BvR 78/89, NJW 1992, 2947) ergangen sind und deshalb im Hinblick auf die "besondere Schwere der Schuld" noch keine Feststellungen enthalten, in der Rechtsprechung umstritten; während dies einerseits bejaht wird (OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.03.1995 - 2 Ws 166/94, NStZ 1995, 547; LG Hamburg, Beschluss vom 18. November 1996 - 613 StVK 928/96 -, juris), wird andererseits vertreten, für eine isolierte Festsetzung der durch die besondere Schwere der Schuld gebotenen Vollstreckungsdauer außerhalb des Verfahrens nach § 57a StGB i.V. mit § 454 I StPO bestehe weder eine gesetzliche Grundlage noch eine durch Verfassungsrecht gebotene Notwendigkeit (OLG Bamberg, Beschluss vom 16. Oktober 2012 - 1 Ws 626/12 -, juris; OLG Celle, Beschluss vom 07.04.1997 - 1 Ws 40/97, NStZ 1998, S. 248 [OLG Celle 04.07.1997 - 1 Ws 40/97]; OLG Hamburg, Beschluss vom 30.11.1995 - 2 Ws 360/95, NStZ-RR 1996, 124; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 24.05.1995 - 3 Ws 811/94, NStZ-RR 1996, 122; OLG Nürnberg, Beschluss vom 16.04.1997 - Ws 234/97, NStZ 1997, 408 [OLG Nürnberg 16.04.1997 - Ws 234/07]).

Unter Hinweis auf die dargelegte Rechtsprechung wird überwiegend in der Kommentarliteratur auch für nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juni 1992 ergangene Strafurteile vertreten, die Feststellungen über das Gebotensein und ggf. die Mehrverbüßungszeit seien nicht isoliert, sondern in der ersten Sachentscheidung zu § 57a StGB, die auf Grund eines zulässigen Entlassungsantrags oder nach Prüfung von Amts wegen ergeht, zu treffen (MüKoStGB/Groß, 3. Aufl. 2016, StGB § 57a, Rn. 34; Ceffinato/Hubrach in: Leipziger Kommentar zum StGB, § 57a, Rn. 35, Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 454, Rn. 41a; Pollähne in: Gercke/Julius/Temming/Zöller, StPO, VI. Die Aussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe, § 454, Rn. 21; BeckOK StGB/Heintschel-Heinegg, 45. Ed. 1.2.2020, StGB § 57a Rn. 9; Schönke/Schröder/Kinzig, 30. Aufl. 2019, StGB § 57a Rn. 7).

Der Senat erachtet eine Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer ohne eine explizite Entscheidung über die Aussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe jedenfalls in Konstellationen wie hier, bei der der Verurteilte nach einer Vollstreckungsdauer von ca. 13 Jahren die Festlegung der Mindestverbüßungsdauer selbst begehrt, für zulässig (so auch Widmaier, NStZ 2010, S. 593ff.).

aa) Einleitend bemerkt der Senat, dass die dargelegte Rechtsprechung zu den sog. "Altfällen", die eine isolierte Festlegung der bei besonderer Schuldschwere gebotenen Mindestvollstreckungsdauer für unzulässig erachtet, der Rechtsauffassung des Senates - abgesehen vom Argument, nach dem Wortlaut von §§ 454 Abs. 1, 462a StPO sei die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer nur gegeben, wenn eine Entscheidung über die Aussetzung einer Reststrafe ergehe, die aber bei einer isolierten Festsetzung der Mindestverbüßungszeit gerade unterbleibe - nicht entgegen steht.

Zum Teil wird insoweit ohnehin lediglich ein Anspruch des Verurteilten auf isolierte Festsetzung der Vollstreckungsdauer verneint (OLG Nürnberg, Beschluss vom 16.04.1997 - Ws 234/97, NStZ 1997, 408 [OLG Nürnberg 16.04.1997 - Ws 234/07]) bzw. nur im - hier nicht gegebenen - Fall, bei dem der Verurteilte seine Einwilligung i.S.v. § 57 I Nr. 3 StGB nicht erteilt, eine isolierte Feststellung für unzulässig erachtet (OLG Celle, Beschluss vom 07.04.1997 - 1 Ws 40/97, NStZ 1998, S. 248 [OLG Celle 04.07.1997 - 1 Ws 40/97]).

Im Übrigen wird die Unzulässigkeit einer derartigen isolierten Entscheidung auch damit begründet, dass die Strafvollstreckungskammer beim Verfahren nach § 57a StGB i. V. mit § 454 StPO gehalten sei, nicht nur zu prüfen und festzulegen, bis wann die Vollstreckung unter dem Gesichtspunkt der besonderen Schwere der Schuld fortzusetzen ist; vielmehr sei es in diesem Zusammenhang auch die Aufgabe der Strafvollstreckungskammer, eine vollstreckungsrechtliche Gesamtwürdigung vorzunehmen und in deren Rahmen insbesondere auch darüber zu befinden, ob unter Berücksichtigung des Geschehens und der Persönlichkeitsentwicklung des Verurteilten im Vollzug eine sich nach den Urteilsfeststellungen ergebende besondere Schwere der Schuld die weitere Vollstreckung der Strafe auch gebiete (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 24.05.1995 - 3 Ws 811/94, NStZ-RR 1996, 122).

Die vom Oberlandesgericht Frankfurt vermisste vollstreckungsrechtliche Gesamtwürdigung hat die Strafvollstreckungskammer jedoch für die Festlegung der Mindestverbüßungszeit ohnehin vorzunehmen und auch nicht tatrelevante Umstände, wie z.B. die Persönlichkeitsentwicklung des Verurteilten im Strafvollzug und seinen Gesundheitszustand, in die Bewertung einzustellen (Fischer, StGB 70. Auflage 2023, § 57a, Rn. 16).

bb) Der Wortlaut der Vorschriften §§ 57a StGB, 454 I, 462a I StPO steht der Rechtsauffassung des Senates nicht entgegen. Zwar ist die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer danach nur dann begründet, wenn eine Entscheidung über die Aussetzung einer Reststrafe ergeht oder wenn ein solcher Antrag des Verurteilten vor Ablauf einer bestimmten Frist als unzulässig zurückgewiesen wird. Mit der im angefochtenen Beschluss ausgesprochenen Festlegung, dass die besondere Schwere der Schuld die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von mindestens 25 Jahren gebietet, hat die Strafvollstreckungskammer indes eine der Voraussetzungen des § 57a StGB, die kumulativ vorliegen müssen, um eine lebenslange Freiheitsstrafe zur Bewährung aussetzen zu können, verneint und damit zugleich - lediglich ohne dies im Tenor explizit auszusprechen - eine Aussetzung des Restes des lebenslangen Freiheitsstrafe für den frühest möglichen Entlassungszeitpunkt, d.h. nach Verbüßung von 15 Jahren, abgelehnt. § 57a Abs. 1 StGB gibt den Gerichten eine Prüfungsreihenfolge vor, nach der es auf eine günstige Kriminalprognose erst dann ankommt, wenn 15 Jahre der lebenslangen Freiheitsstrafe verbüßt sind und die besondere Schwere der Schuld die weitere Vollstreckung der Strafe nicht mehr gebietet (OLG Hamm, Beschluss vom 13. November 2018 - 1 Ws 561/18 -, juris). Es ist mithin zwangsläufig im ersten Schritt über die Voraussetzungen von § 57a Abs. 1 Nr. 2 StGB zu befinden. Vor diesem Hintergrund erachtet der Senat den Begriff der "isolierten" Festlegung der Mindestverbüßungszeit in der hier gegebenen Konstellation für unzutreffend. Die Frage, ob die Festlegung der Mindestverbüßungszeit nach Verbüßung von ca. 13 Jahren der lebenslangen Freiheitsstrafe zulässig ist, kann nicht davon abhängig sein, ob die Strafvollstreckungskammer im Tenor ihrer Entscheidung daneben - lediglich deklaratorisch, weil zwingend - eine Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung nach Verbüßung von 15 Jahren der lebenslangen Freiheitsstrafe ablehnt. Das Bundesverfassungsgesetz fordert in seiner Entscheidung vom 3. Juni 1992 ausdrücklich die verfassungskonforme Handhabung der für die lebenslange Freiheitsstrafe bei besonderer Schwere der Schuld maßgeblichen Normen, soweit diese Auslegung noch durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist "und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt" (BVerfG a.a.O.). Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für die "isolierte" Festsetzung der erhöhten Mindestverbüßungszeit (Widmaier, NStZ 2010, S. 593ff).

cc) Die Rechtsauffassung des Senates steht zudem im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers bei Einführung der Vorschrift des § 57a StGB durch das 20. StÄG (BGBL. 1981 I 1329), dass die unterschiedliche Schwere der Schuld bei der Frage der Strafaussetzung Berücksichtigung finden und zu unterschiedlich hohen Mindestverbüßungszeiten führen muss (BT-Drucksache 8/3218, S. 7). Dem Gesetzgeber ging es darum, unter generalpräventiven Gesichtspunkten bei den potentiellen Tätern keine falschen Vorstellungen zu wecken und mit der Regelung in § 57a StGB unbegründeten Erwartungen eines Verurteilten vorzubeugen (BT-Drucksache 8/3218, S. 6). Dem wird durch eine vom Verurteilten selbst begehrte Entscheidung nach ca. 13 Jahren Vollzugsdauer der lebenslangen Freiheitsstrafe über die Mindestdauer der aufgrund der besonderen Schwere der Schuld gebotenen Vollstreckung explizit Rechnung getragen.

dd) Insbesondere sprechen Sinn und Zweck des Verfahrens nach § 57a StGB i. V. mit § 454 StPO entscheidend dafür, im Einverständnis mit dem Verurteilten eine Festsetzung der Mindestverbüßungszeit nach Ablauf von ca. 13 Jahren Vollzugsdauer vorzunehmen.

Das Bundesverfassungsgericht hat in den "Altfällen" eine Vorabentscheidung über die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld ausdrücklich für wünschenswert bezeichnet, weil diese dem Freiheitsinteresse des Verurteilten entspreche und im Übrigen auch die Resozialisierung des Gefangenen fördere, der rechtzeitig zu konstruktivem Vollzugsverhalten motiviert werde (BVerfG (2. Kammer des 2. Senats), Beschluss vom 11.03.1997 - 2 BvR 303/97, NStZ 1997, 333). Zum Teil wird gar vertreten, eine solche frühzeitige isolierte Entscheidung, sei unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes "verfassungsrechtlich geboten" (OLG Dresden, Beschluss vom 19. Dezember 2000 - 2 Ws 0119/00 -, juris). Schon hieraus wird deutlich, dass das Gebot der Rechtssicherheit und der Förderung der Wiedereingliederung des Gefangenen die möglichst frühzeitige Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, bis wann die Vollstreckung unter dem Gesichtspunkt der besonderen Schuldschwere fortzusetzen ist, erfordert (BVerfG a.a.O.; Ceffinato/Hubrach in: Leipziger Kommentar zum StGB, § 57a, Rn. 18). Dies hat so zeitig zu geschehen, dass die Vollzugsbehörden die sich daraus ergebenden Entscheidungen, insb. im Rahmen einer erforderlichen Entlassungsvorbereitung, ohne Verzug treffen können (Schönke/Schröder/Kinzig, 30. Aufl. 2019, StGB § 57a Rn. 7).

ee) Der Senat braucht angesichts des ausdrücklich gestellten Antrages des Verurteilten auf Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer nicht zu entscheiden, ob eine Festsetzung der Mindestverbüßungszeit ohne Antrag oder Zustimmung des Verurteilten unzulässig ist (so KK-StPO/Appl, 8. Aufl. 2019, StPO § 454 Rn. 47a).

Es steht überdies außer Frage, dass es mangels aussagekräftiger Entscheidungsgrundlagen in aller Regel sachwidrig wäre, mehr als 5 Jahre vor Ablauf der gesetzlichen Mindestverbüßungsdauer die Voraussetzungen des § 57 a Abs. 1 Nr. 2 StGB zu bejahen oder zu verneinen oder gar wegen der besonderen Schwere der Schuld eine Vollstreckung von mindestens 15 plus x Jahren anzuordnen (OLG Koblenz, Beschluss vom 23. August 2004 - 1 Ws 529/04 -, juris). Ein solcher Fall ist hier indes nicht gegeben; vielmehr hat sich die Strafvollstreckungskammer zutreffend an dem vom Gesetzgeber in § 454 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2b StPO festgelegten und von der Rechtsprechung grundsätzlich als sachgerecht anerkannten Zeitpunkt zur Einleitung des Prüfverfahrens orientiert (vgl. Ceffinato/Hubrach in: Leipziger Kommentar zum StGB, § 57a, Rn. 28).

b) Auch die Festsetzung der Höhe der Mindestverbüßungsdauer der lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe des Verurteilten ist nicht zu beanstanden.

Der Senat, der als Beschwerdegericht ohne die Beschränkungen des § 453 Abs. 2 Satz 2 StPO in der Sache selbst zu entscheiden hatte, hält bei Abwägung der maßgeblichen, im angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegten und gewichteten Umstände eine Mindestverbüßungsdauer von 25 Jahren angesichts der konkreten Tatumstände und der bisherigen Entwicklung des Verurteilten im Vollzug für angemessen.

Die gegen den angefochtenen Beschluss, auf den der Senat zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug nimmt, von dem Verurteilten in seiner Beschwerdebegründung erhobenen Einwände greifen nicht durch. Die Strafvollstreckungskammer hat bei der Bestimmung der Mindestverbüßungsdauer weder relevante Aspekte fehlerhaft zu seinem Nachteil gewertet noch entscheidungserhebliche Umstände unberücksichtigt gelassen.

Im Einzelnen:

aa)

Entgegen der Beschwerdebegründung hat die Strafvollstreckungskammer explizit zu Gunsten des Beschwerdeführers in die Bewertung eingestellt, dass dieser vor der Verurteilung durch das Landgericht München I vom 1. Oktober 2012 strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist (vgl. Seite 8 des angefochtenen Beschlusses).

bb)

Der Einwand, das Landgericht habe den Verurteilten zu Unrecht als "Therapieverweigerer" eingestuft, geht fehl. Vielmehr stellt der angefochtene Beschluss ausdrücklich fest, dass der Verurteilte formal eine Therapiebereitschaft erklärt habe und nunmehr auch wöchentlich an einer Akzeptanz- und Commitment-Therapie teilnehme. Es ist aber in die Bewertung einzustellen, dass der Verurteilte bereits 9 Monate nach seiner Verlegung in die sozialtherapeutische Abteilung der JVA U. in die JVA C. zurückverlegt werden musste. Ausweislich der Stellungnahme der JVA C. konzentrierte der Beschwerdeführer seine Energie auf das Widerlegen des Urteils, verschwieg bewusst straftatrelevante Handlungen, versuchte abweichende Erklärungen aufzubauen und gewährte keinen Einblick zu den Tathandlungen und den zugrundeliegenden Motiven. Angesichts dessen lassen sich besondere Gründe, die dem allgemeinen Rechtsbewusstsein den Verzicht auf eine der besonderen Schuldschwere entsprechende Strafvollstreckung angebracht erscheinen lassen oder die die erhöhte Schuld des Verurteilten jedenfalls in einem solchen Umfang auszugleichen vermögen, dass eine niedrigere Mindestverbüßungszeit angemessen wäre, nicht feststellen.

cc)

Soweit die Beschwerdebegründung schließlich moniert, es sei nicht nachvollziehbar, warum die Strafvollstreckungskammer die Mindestverbüßungsdauer auf 25 Jahre festgesetzt habe, obwohl das ermittelte Spektrum bei als Mehrfachtätern verurteilten "Lebenslänglichen" bei einer Verbüßungsdauer zwischen 15 und 25 Jahren liege, bleibt unerwähnt, dass der angefochtene Beschluss eine Vielzahl von Kriterien - wie die erhebliche kriminelle Energie bei der Tatplanung sowie die gleich drei verwirklichten Mordmerkmale bei der Tat zum Nachteil von G. Z. - benennt, die die festgesetzte Mindestverbüßungszeit als angemessen erscheinen lassen.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.