Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 04.01.2010, Az.: 2 UF 38/09
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 04.01.2010
- Aktenzeichen
- 2 UF 38/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 37016
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:2010:0104.2UF38.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Helmstedt - 03.03.2009 - AZ: 12 F 217/07
Fundstellen
- FF 2011, 129
- FamRZ 2011, 119
Tenor:
I. 1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Teilversäumnis- und Schlussurteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Helmstedt vom 03.03.2009 gem. § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 737,42 Euro festgesetzt.
II. 1. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.
2. Dem Beklagten wird zur Verteidigung gegen die Berufung des Klägers ratenlose Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts W aus Helmstedt bewilligt.
Gründe
I. Die Berufung des Klägers hat nach der Überzeugung des Senats keine Aussicht auf Erfolg. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers in der Berufungsinstanz ist davon auszugehen, dass der Kläger in der Lage ist, den vom Amtsgericht nur noch für den Zeitraum vom 01.05.2007 bis zum 22.07.2007 ausgeurteilten Ausbildungsunterhalt, §§ 1601 ff. BGB, für seinen volljährigen Sohn zu zahlen.
Soweit der Kläger der Ansicht ist, seine Verurteilung zur Zahlung von Kindesunterhalt für den noch fraglichen Zeitraum stelle eine überraschende Entscheidung des Amtsgerichts dar, ist dies nicht zutreffend, da der Kläger bereits mit Beschluss des Senats vom 17.12.2008 darauf hingewiesen worden ist, dass der Beklagte während des Berufsgrundbildungsjahres grundsätzlich noch unterhaltsberechtigt war. Auch hat der Senat in diesem Beschluss darauf hingewiesen, dass die Frage des Bezuges von SGB II Leistungen - anders als vom Amtsgericht zunächst dargelegt - keine Rolle spielt, da im vorliegenden Verfahren der Kläger die Abänderung eines zugunsten des Beklagten bestehenden Titels begehrt.
Entgegen der Ansicht des Klägers hat ein volljähriges Kind nach den allgemeinen Regeln des Verwandtenunterhalts, §§ 1601 ff. BGB, einen Anspruch auf Unterhalt, solange und soweit es unterhaltsbedürftig ist. Ein volljähriges Kind ist unterhaltsbedürftig, solange es sich berechtigter Weise einer Berufsausbildung unterzieht. Ausbildungsunterhalt wird insoweit geschuldet, als er für eine angemessene Vorbildung zu einem Beruf erforderlich ist. Der Beklagte hat im Juli 2006 die allgemein bildende Schule mit dem Hauptschulabschluss verlassen und daran anschließend ein Berufsgrundbildungsjahr in der Fachrichtung Landwirtschaft absolviert. Dieses Berufsgrundbildungsjahr wird ausweislich des Berufsausbildungsvertrages auf die daran anschließend von dem Beklagten begonnene Ausbildung zum Landwirt dergestalt angerechnet, dass sich die Ausbildungszeit von drei Jahren auf zwei Jahre verkürzt hat. Da das Berufsgrundbildungsjahr die Chancen auf einen Ausbildungsplatz erhöht und auf die Ausbildungszeit angerechnet wird, war der Beklagte zum Besuch des Berufsgrundbildungsjahrs berechtigt, so dass die Kindeseltern zumindest für diese Zeit, in der der Beklagte keine Ausbildungsvergütung erhalten hat, Ausbildungsunterhalt schulden.
Volljährigen Kindern gegenüber sind grundsätzlich beide Eltern barunterhaltspflichtig. Der Bedarf des volljährigen Kindes bestimmt sich an sich nach den zusammengerechneten Einkünften beider Elternteile und ist von den Eltern anteilig nach ihrem jeweiligen Einkommen zu decken. Vorliegend ist jedoch zwischen den Parteien unstreitig, dass die Kindesmutter nicht leistungsfähig ist, da sie von Sozialhilfeleistungen lebt. Damit verbleibt es bei der alleinigen Barunterhaltspflicht des Klägers, nach dessen Einkommen allein sich der Bedarf des Beklagten richtet.
Da der Kläger die Abänderung seiner Unterhaltspflicht aus dem Schluss-Versäumnisurteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Helmstedt vom 15.09.2000 - Az.: 12 F 2287/99 - wegen fehlender Leistungsfähigkeit begehrt, ist er für seine mangelnde Leistungsfähigkeit im vollen Umfang darlegungs- und beweispflichtig. Obgleich der Kläger bereits mehrfach mit gerichtlichen Verfügungen u. a. vom 21.06.2007, 02.07.2007 und 28.11.2008 darauf hingewiesen worden ist, dass sein bisheriges Vorbringen zu seinen Einkommensverhältnissen nicht nachvollziehbar und nicht glaubhaft ist, hat der Kläger auch mit der Berufungsbegründung seinen Vortrag nicht weiter substantiiert. Abgesehen davon, dass deshalb nach wie vor nicht verständlich ist, wovon der Kläger in den letzten Jahren gelebt haben will, ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger bis April 2007 in der Lage war, den titulierten Kindesunterhalt in Höhe von 135 % zu zahlen, sich nunmehr aber für die Zeit von Mai bis Juli 2007 auf Leistungsunfähigkeit beruft.
Allerdings weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass - anders als mit Urteil vom 15.09.2000 für den Minderjährigenunterhalt tituliert - bei einem volljährigen Kind nicht nur das hälftige Kindergeld, sondern das ganze Kindergeld vom Unterhaltsbedarf abzusetzen ist. Allein dieser Gesichtspunkt führt jedoch nicht zum Erfolg der Berufung, da auch bei Abzug des ganzen Kindergelds von seinerzeit monatlich 154,00 Euro die Wesentlichkeitsgrenze im Sinne des § 323 Abs. 1 ZPO für eine Abänderung des Urteils vom 15.09.2000 nicht erreicht ist. Nach dem Tenor dieses Urteils schuldete der Kläger Minderjährigenunterhalt in Höhe von 135% des jeweiligen Regelbetrages und damit vor der Volljährigkeit des Beklagten nach der Düsseldorfer Tabelle Stand 01.07.2005 in Höhe von monatlich 393,00 Euro und ab dem 01.07.2007 in Höhe von monatlich 389,00 Euro. Nach Abzug des hälftigen Kindergeldes verblieben danach monatliche Unterhaltsbeträge von 316,00 Euro bzw. 312,00 Euro. Tatsächlich schuldete der Kläger Volljährigenunterhalt aus der 4. Altersstufe und 6. Einkommensgruppe in Höhe von 453,00 Euro monatlich bis Juni 2007 und auf Grund der Änderung der Düsseldorfer Tabelle zum 01.07.2007 in Höhe von 447,00 Euro monatlich. Die Zahlbeträge nach Abzug des vollen Kindesgelds beliefen sich danach auf monatlich 299,00 Euro bzw. 293,00 Euro. Die Differenz zwischen dem titulierten und dem tatsächlich geschuldeten Kindesunterhalt beträgt damit für die Monate Mai und Juni 2007 je 17,00 Euro und für den Monat Juli 2007 anteilig 13,48 Euro. Damit ist jedoch die Wesentlichkeitsgrenze für eine Abänderung, die jedenfalls im Rahmen von 7% bis 10% angenommen wird, nicht erreicht (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 323 RNr. 32 m. w. N.).
Da die Berufung des Klägers aus den vorgenannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzlich Bedeutung hat und die Entscheidung weder der Fortbildung des Rechts noch der Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung dienen kann, beabsichtigt der Senat, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Hierzu kann der Kläger bis zum 28.01.2010 Stellung nehmen.
II. 1. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass bereits die Bedürftigkeit des Klägers nicht festgestellt werden kann. Zudem bietet die Berufung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO, so dass Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden kann.
2. Dem Beklagten ist zur Verteidigung gegen die Berufung des Klägers sogenannte notwendige Prozesskostenhilfe zu bewilligen.