Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 21.03.2011, Az.: 6 Ks / 215 Js 8538/09 - 4/09

Terminsgebühr für einen weiteren Rechtsanwalts als Vertretung für den eigentlichen, jedoch verhinderten Rechtsanwalt ist auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Kosteneinsparung zulässig; Vereinbarkeit einer Terminsgebühr für einen weiteren Rechtsanwalt als Vertretung für den eigentlichen, jedoch verhinderten Rechtsanwalt mit dem Grundsatz der Kosteneinsparung

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
21.03.2011
Aktenzeichen
6 Ks / 215 Js 8538/09 - 4/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 18599
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2011:0321.6KS.215JS8538.0.0A

Verfahrensgegenstand

Gefährliche Körperverletzung
Festsetzung der Terminsgebühr des Nebenklägervertreters

In der Strafsache
...
hat das Landgericht - 6. Große Strafkammer (Schwurgericht) - Osnabrück
durch
den Vorsitzender Richter am Landgericht,
die Richterin am Landgericht und
den Richter am Landgericht
am 21.03.2011
beschlossen:

Tenor:

Die Erinnerung des Rechtsanwalts S. vom 14.2.2011 gegen die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

Mit Vergütungsfestsetzung vom 19.1.2011 sind Rechtsanwalt S. 1.985,22 Euro für seine Tätigkeit als Nebenklägervertreter durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bewilligt worden (Bl. 96 Bd. III). Hinsichtlich des Hauptverhandlungstermins vom 15.11.2010 sind 346,- Euro abgesetzt worden, da in diesem Termin zunächst Rechtsanwalt P. in der Hauptverhandlung als Nebenklägervertreter anwesend war und dieser für diesen Terminstag mit Vergütungsfestsetzung vom 8.12.2010 entschädigt worden ist.

2

Dem vorausgegangen war die Mitteilung von Rechtsanwalt S., am 15.11.2010 wegen einer Terminskollision nicht an der Hauptverhandlung teilnehmen zu können, weswegen er Rechtsanwalt P. als Vertreter "schicken" werde. Entsprechend dieser Mitteilung nahm zunächst Rechtsanwalt P. als Nebenklägervertreter an der Hauptverhandlung am 15.11.2000 teil; nach einer Verhandlungspause und Fortsetzung um 11:07 Uhr erschien dann Rechtsanwalt Schmidt und nahm fortan als Vertreter der Nebenklage an der Verhandlung teil. Im Protokoll ist vermerkt (Blatt 115 Bd. III), dass die Staatsanwaltschaft keine Einwände hatte, dass anstelle von Rechtsanwalt S. Rechtsanwalt P. dem Nebenkläger als Nebenklägervertreter beigeordnet wird. Weiter ist vermerkt (Blatt 119 Bd. III), dass für die Zeit nach Fortsetzung der Verhandlung um 11:07 Uhr nunmehr der als Vertreter der Nebenklage erschienene Rechtsanwalt S. fortan anstelle von Rechtsanwalt P. als Nebenklägervertreter beigeordnet werde.

3

Gegen die Kürzung im Rahmen der Festsetzung wendet sich Rechtsanwalt S. mit seiner als Erinnerung auszulegenden Beschwerde vom 14.2.2011 (Blatt 201 Bd. III). Die Kostenbeamtin hat der Beschwerde nach Einholung einer Stellungnahme des Bezirksrevisors nicht abgeholfen. Mit Schriftsatz vom 10.3.2011 hat Rechtsanwalt S. sein Vorbringen vertieft. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze Blatt 201 f. und 203 f. Bezug genommen.

4

Die zulässige Erinnerung hat in der Sache keinen Erfolg.

5

Aus dem Gesamtzusammenhang des Protokolls ergibt sich zunächst, dass Rechtsanwalt P. als Nebenklägervertreter beigeordnet wurde. Zwar enthält das Protokoll keinen dahingehenden ausdrücklichen Ausspruch, jedoch ergibt sich die konkludente Beiordnung zum einen daraus, dass das Gericht Rechtsanwalt P. als Nebenklägervertreter hat agieren lassen, was er nur aufgrund einer Beiordnung konnte. Denn ohne Beiordnung hätte er in Ermangelung einer Vollmacht überhaupt nicht tätig werden können, so dass es einer Beiordnung seiner Person bedurfte, um für den Nebenklägervertreter auftreten zu können. Zum anderen ergibt sich die Beiordnung aus der ausdrücklich als Auswechslung des Nebenklägervertreters ausgesprochenen Änderung des Beiordnungsbeschlusses aus Anlass des Erscheinens von Rechtsanwalt S.

6

Hierbei ergibt sich aus dem Umständen, die Rechtsanwalt P. zum Erscheinen veranlasst haben, dass eine Beiordnung nur mit der Maßgabe erfolgen sollte, dass keine Mehrkosten für die Landeskasse entstehen. Mit der Beiordnung von Rechtsanwalt P. hat es die Kammer dem Nebenkläger ermöglichen wollen, seine Interessen trotz der Verhinderung von Rechtsanwalt S. auch im gesamten Hauptverhandlungstermin am 15.11.2010 wahrnehmen zu können. Mit der Beiordnung von Rechtsanwalt P. ist die Kammer dem Nebenkläger somit entgegengekommen. Unter Würdigung der konkret obwaltenden Umstände wäre die Kammer nämlich nicht gehalten gewesen, auf die Terminslage von Rechtsanwalt S. Rücksicht zu nehmen (vgl. § 398 Abs. 2 StPO). Anlass, Mehrkosten aus Anlass der Verhinderung von Rechtsanwalt S. auszulösen, hatte die Kammer daher nicht, was auch dem Verständnis des Vorsitzenden sowie dem Verständnis von Rechtsanwalt P. entsprach (siehe hierzu den Vermerk Blatt 200 Bd. III). Aus der Begründung des Rechtsmittels durch Rechtsanwalt S. wird diese Bewertung letztlich bestätigt, wenn er schreibt, "für die Zeit der Abwesenheit einen Vertreter schicken [zu wollen], damit der Prozess ohne Irritationen über das Auftauchen eines anderen Anwaltes oder zeitweilige Ausbleiben des Unterzeichners seinen Fortgang nehmen könne". In der Formulierung, einen "Vertreter zu schicken", ist letztlich auch angelegt, dass hier nicht zusätzliche Kosten entstehen sollten. Da Rechtsanwalt P. jedoch keine Vollmacht vorlegen konnte, blieb der Kammer bei dieser Situation nur der Weg, Rechtsanwalt P. durch die Beiordnung in das Verfahren einzubinden.

7

Ist danach die Beiordnung von Rechtsanwalt P. mit der Maßgabe erfolgt, dass keine Mehrkosten entstehen dürfen, ist die Auskehrung der Terminsgebühr an Rechtsanwalt P. und ihre Absetzung bei Rechtsanwalt S. von der Beschlusslage, die für die Vergütungsansprüche bei Beiordnung von Rechtsanwälten maßgeblich ist, gedeckt.

8

Das gleiche Ergebnis folgt dabei auch aus § 54 RVG. Danach kann ein Rechtsanwalt Gebühren, die auch für den anderen Rechtsanwalt entstehen, nicht fordern, wenn der Beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt durch schuldhaftes Verhalten die Beiordnung oder Bestellung eines anderen Rechtsanwalts veranlasst hat. So liegen die Verhältnisse hier, wenngleich die Vorschrift des § 54 RVG vornehmlich den Fall der Auswechslung eines beigeordneten Anwaltes wegen späterer, aber vorhersehbarer Verhinderung im Blick hat. Da - wie dargelegt - für das Gericht kein Anlass bestand, die Fortführung der Hauptverhandlung aus Anlass der Verhinderung von Rechtsanwalt S. zu verschieben, andererseits Rechtsanwalt S. jedoch seinen Kollegen, Rechtsanwalt P., als Vertreter " geschickt" hatte, ohne diesen mit einer Vollmacht auszustatten, konnte das Gericht diesem Wunsch von Rechtsanwalt S. nur durch die Beiordnung Rechnung tragen. In diesem Sinne hat Rechtsanwalt S. die Beiordnung von Rechtsanwalt P. veranlasst und die dadurch entstehenden Mehrkosten verschuldet, auf die er dann gemäߧ 54 RVG keinen Anspruch hat. Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.