Amtsgericht Uelzen
Urt. v. 04.07.2001, Az.: 3b F 1110/01 RI

Kosten eines Vaterschaftsanfechtungsverfahrens bei Klärung der einem Scheinvater gegen den wahren Kindsvater zustehenden Ausgleichsansprüche im Wege des Anerkenntnisses

Bibliographie

Gericht
AG Uelzen
Datum
04.07.2001
Aktenzeichen
3b F 1110/01 RI
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 32666
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGUELZN:2001:0704.3B.F1110.01RI.0A

Die Ausgleichsansprüche, die einem Scheinvater gegen den wahren Kindesvater zustehen, umfassen jedenfalls dann nicht die Kosten eines Vaterschaftsanfechtungsverfahrens, wenn der Scheinvater seine Vaterschaft anerkannt hatte.

Tenor:

  1. I.

    Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.000,00 DM nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.03.2001 zu zahlen.

    Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

  2. II.

    Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 2/25 und der Beklagte 23/25.

  3. III.

    Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 18.000,00 DM vorläufig vollstreckbar, für den Beklagten ist es vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 300,00 DM abwenden; wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger hat die Vaterschaft für das am .. geborene Kind D. B. anerkannt. Der Kläger hat für das Kind folgende Unterhaltsbeträge geleistet:

Oktober 1996 bis Dezember 1996960,00 DM
Für 19973. 840,00 DM
für 19983. 840,00 DM
für 19993. 840,00 DM
für Januar 2000 bis November 20003.520,00 DM
16.000,00 DM.

Entscheidungsgründe

2

Die Klage ist, wie aus dem Tenor ersichtlich begründet, imübrigen ist sie unbegründet.

3

Der Kläger kann von dem Beklagten gemäß § 1607 Abs. 3 BGB den Unterhalt gegen den Beklagten geltend machen, der auf ihn dadurch übergegangen ist, daß er als Scheinvater Unterhalt an das Kind gezahlt hat. Diese Beträge betragen unstreitig 16.000,00 DM für die Zeit von Oktober 1996 bis November 2000.

4

Soweit sich der Beklagte darauf beruft, daß für die Vaterschaftsanfechtungsklage gemäß § 1600b Abs. 1 BGB die Frist abgelaufen gewesen ist, ist dies unerheblich. Im Vaterschaftsanfechtungsprozeß ist davon ausgegangen worden, daß diese Frist nicht abgelaufen ist, und diese Frist dient nicht dem Schutz des Scheinvaters, sondern dem Schutz des Kindes und des Rechtsfriedens in der Familie.

5

Soweit der Beklagte vorträgt, dem Kläger sei bekannt geworden, daß ein anderer als Vater in Betracht käme, führt dies ebenfalls nicht dazu, daß der Kläger die auf ihnübergegangenen Ansprüche nicht gegen den Beklagten geltend machen darf. Der Beklagte hat insoweit keinen Sachverhalt dargelegt, aus dem sich ergibt, daß der Kläger den Unterhalt für den Beklagten zahlen wollte. Insoweit ist davon auszugehen, daß der Kläger den Unterhalt geleistet hat in der Annahme, er sei Vater.

6

Die dem Kläger entstandenen Kosten für den Anfechtungsprozeß hat der Beklagte jedoch nicht zu tragen, und in Höhe von 1.380,00 DM war die Klage daher abzuweisen. Das Gericht schließt sich insoweit der Auffassung des Amtsgerichts Essen-Steele zum§ 1615b Abs. 2 a. F. BGB an (FamRZ 1999 Seite 1296). Bei dem Kläger handelt es sich um einen "Scheinvater", der jedoch insoweit nicht schutzwürdig ist, da er freiwillig die Vaterschaft betreffend des Kindes anerkannt hat, obwohl ihm die Möglichkeit offen gestanden hat, seine Vaterschaft im Vaterschaftsfeststellungsverfahren klären zu lassen. Wenn er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht und freiwillig zunächst die Vaterschaft anerkennt, ist es unbillig, wenn er die so verursachten Kosten eines erfolgreichen Anfechtungsverfahrens bezüglich der Anerkennung auch vom wirklichen Vater ersetzt verlangen kann. Insoweit liegt der Fall anders, als wenn der Scheinvater mit der Mutter des Kindes verheiratet gewesen wäre. Insoweit bestünde auch nach Auffassung des Gerichts ein Anspruch auf Ersatz der Kosten des Ehelichkeitsanfechtungsverfahrens, weil die Ehestörung durch den wirklichen Vater als Grund des Regresses ausgereicht hätte, da ein Eingriff in den rechtlich geschützten Bereich der Ehe vorgelegen hätte. Lediglich die Kosten eines Eheanfechtungsverfahrens könnten als Schadensfolge angesehen werden, nicht jedoch jedoch die Kosten, die durch die Anfechtung eines freiwillig abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnis entstanden sind.

7

Zur Überzeugung des Gerichts treffen diese Gründe auch nach der Rechtsänderung zu. Die Einwände des Klägers hiergegenüberzeugen das Gericht nicht. Der Kläger macht mit den hier geltend gemachten Kosten des Anfechtungsprozesses nicht Unterhaltsansprüche des minderjährigen Kindes geltend, sondern seine eigenen Kosten. Jedenfalls hat er nichts anderes dargelegt. Daß diese Kosten, soweit sie die Kosten eines Ehelichkeitsanfechtungsverfahrens betreffen, in analoger Anwendung der Paragraphen gemäß §§ 1610 Abs. 2, 1615b Abs. 1 BGB a. F. dem Erzeuger aufgebürdet werden können, wie es der Bundesgerichtshof im BGH FamRZ 1988 Seite 387 ff ausführt, spricht nicht dafür, daß dies auch für die Anfechtungskosten gelten muß, soweit der Scheinvater sie durch Anerkenntnis selbst verursacht hat.

8

Soweit der Kläger der Auffassung ist, man dürfe keinen Unterschied machen, ob die Scheinvaterschaft auf eine Ehe oder ein Anerkenntnis zurückzuführen ist, teilt das Gericht diese Auffassung nicht. Ist die Kindesmutter verheiratet, wird der Ehemann Kindesvater gemäß Gesetz, ob er will oder nicht. Diese Wahlmöglichkeit hat der Scheinvater, der die Vaterschaft anerkennt. Darüber hinaus ist bei Bestehen der Ehe auch die Warnfunktion für den wirklichen Vater gegeben. Er muß damit rechnen, daß der Ehemann die Vaterschaft anficht und er die Kosten übernehmen muß. Würde die gleiche Regelung bei einem Vaterschaftsanerkenntnis gelten, könnte es dazu kommen, daß der Kindesvater bei mehreren Anerkenntnissen sogar mehrmals die Anfechtungskosten tragen muß.

9

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.