Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 18.04.2024, Az.: L 8 SO 69/22
Berücksichtigung einer Zuwendung aus einem US-amerikanischen Konjunkturpaket ("American Rescue Plan of 2021") als sozialhilferechtliches Einkommen
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 18.04.2024
- Aktenzeichen
- L 8 SO 69/22
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2024, 15401
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 07.06.2022 - AZ: S 81 SO 440/21
Rechtsgrundlagen
- § 19 Abs. 2 XII
- § 41 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2 SGB XII
- § 44a Abs. 5 Satz 1 SGB XII
Fundstellen
- NZS 2024, 671
- ZfSH/SGB 2024, 468-471
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Im Zusammenhang mit der Gewährung von Grundsicherungsleistungen ist eine zugeflossene US-amerikanische Beihilfe aus dem "American Rescue Plan" als einmalige Einnahme gemäß § 82 Abs. 1 und 7 SGB XII zu berücksichtigen.
- 2.
Leistungen aus dem "American Rescue Plan of 2021" unterliegen keiner eindeutigen Zweckbestimmung.
In dem Rechtsstreit
A.
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt B.
gegen
Region Hannover - Fachbereich Soziales -,
vertreten durch den Regionspräsidenten,
Hildesheimer Straße 20, 30169 Hannover
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
hat der 8. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen
ohne mündliche Verhandlung
am 18. April 2024 in Celle
durch die Richter C. und D. sowie die Richterin E.
und die ehrenamtlichen Richter F. und G.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 7. Juni 2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist die Berücksichtigung einer Zuwendung aus einem US-amerikanischen Konjunkturpaket ("American Rescue Plan of 2021") als sozialhilferechtliches Einkommen für den Zeitraum von August bis November 2021.
Die 1940 geborene Klägerin lebt in der im Regionsgebiet der Beklagten liegenden Landeshauptstadt Hannover (LHH) in einer etwa 55 qm großen Dreizimmerwohnung, für die sie im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich eine Grundmiete von 360,94 € und Vorauszahlungen für Betriebs- und Heizkosten von 87,00 € bzw. 65,73 € sowie einmalig im August 2021 aufgrund einer Betriebskostenabrechnung 87,60 € zu entrichten hatte. Sie bezog von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund eine Altersrente in monatlicher Höhe von 558,16 € zzgl. eines Zuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung von 44,93 €; an Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung hatte sie monatlich 182,71 € bzw. 36,03 € zu zahlen. Zusätzlich bezog sie eine US-amerikanische Rente in monatlicher Höhe von 292,00 US-Dollar, deren Überweisungsbetrag in € von dem jeweils geltenden Wechselkurs abhing und sich im August 2021 auf 245,68 €, im September 2021 auf 247,29 €, im Oktober 2021 auf 249,95 € und im November 2021 auf 253,01 € belief. Zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes bezieht sie bis heute von der insoweit von der Beklagten herangezogenen LHH ergänzend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (Grundsicherungsleistungen).
Im Mai 2021 erhielt die Klägerin von der US-amerikanischen Regierung aus dem Konjunkturpaket "American Rescue Plan" einen Scheck über 1.400,00 US-Dollar, den sie gegen eine Bearbeitungsgebühr von 17,50 € und einer Gutschrift von 1.147,54 € einlöste (mit Wertstellung am 21.5.2021). Nachdem sie die LHH über die Einlösung des Schecks Ende Mai 2021 informiert hatte, bewilligte diese der Klägerin für August 2021 bis Januar 2022 wegen des wechselnden US-Renteneinkommens vorläufig Grundsicherungsleistungen in monatlicher Höhe von zunächst 134,36 € bzw. nach Teilabhilfe von 137,28 € u.a. unter Anrechnung der auf sechs Monate aufgeteilten Zuwendung abzgl. der Bearbeitungsgebühr (1.130,04 €) für die Zeit von August bis November 2021 in monatlicher Höhe von 188,33 €; für August 2021 gewährte sie wegen der Betriebskostennachzahlung zusätzlich 87,60 € (Bescheide der LHH vom 8.7. und 17.8.2021 in Gestalt des Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 15.11.2021). Die Berücksichtigung der US-amerikanischen Hilfe bei der Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für Juni und Juli 2021 (vgl. Bescheid der LHH vom 15.7.2021) ist Gegenstand eines weiteren Verfahrens.
Nach Klageerhebung beim Sozialgericht (SG) Hannover am 14.12.2021 hat die LHH der Klägerin für August 2021 bis Januar 2022 endgültig Grundsicherungsleistungen bewilligt, insoweit für August i.H.v. 229,20 €, September i.H.v. 139,99 €, Oktober i.H.v. 137,33 € und November 2021 i.H.v. 134,27 € (Bescheid vom 13.1.2022). Das SG hat die auf höhere Leistungen gerichtete Klage u.a. mit der Begründung abgewiesen, die US-amerikanische "Corona-Soforthilfe" sei gemäß § 82 SGB XII in voller Höhe als Einkommen zu berücksichtigen. Eine Privilegierung nach § 83 Abs. 1 SGB XII komme mangels ausdrücklicher Zweckbestimmung aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften nicht in Betracht. Eine solche ergebe sich weder aus sec. 9601 des American Rescue Plan Act noch aus dem Schreiben vom 22.4.2021, mit dem der Scheck übersandt worden war und der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ausgeführt hatte, dass eine "sofortige wirtschaftliche Entlastung" für den Empfänger der Leistung gewollt sei. Eine Zweckbestimmung ergebe sich auch nicht aus dem Informationsschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) u.a. zur Behandlung von Beihilfen und Unterstützungen während der Corona-Krise vom 4.6.2020, nach dem Sonderzahlungen von Arbeitgebern (sog. Corona-Boni) oder Bundesländern für Beschäftigte im Pflegebereich (sog. Pflege-Boni) nach § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XII bzw. § 83 Abs. 1 SGB XII bis zu einer Höhe von 1.500,00 € freizulassen seien. Die US-amerikanische "Corona-Soforthilfe", bei der es sich in der Sache um eine als Einkommen anzurechnende Steuererstattung ("Recovery Rebates") handele, sei mit diesen Sonderzahlungen nicht zu vergleichen. Da die Leistung aufgrund des American Rescue Plan nicht den Ausgleich immaterieller Schäden betreffe, komme auch eine Privilegierung nach § 83 Abs. 2 SGB XII nicht in Betracht. Dies gelte zudem für eine Freilassung des Einkommens nach § 84 Abs. 1 und 2 SGB XII, also von Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege bzw. durch Dritte, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, weil solche Zuwendungen hier tatbestandlich nicht vorliegen würden (Urteil des SG vom 7.6.2022; der Klägerin zugestellt am 15.6.2022).
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 14.7.2022, die den Streitgegenstand des Verfahrens auf den Zeitraum von August bis November 2021 beschränkt hat (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 4.1.2023). Sie macht Ihren Standpunkt im erstinstanzlichen Verfahren ergänzend geltend, die US-amerikanische Beihilfe dürfe nicht auf die Leistungen nach dem SGB XII angerechnet werden, weil sie dem Ausgleich höherer Lebensunterhaltskosten, z.B. für FFP2-Masken, Toilettenpapier oder Desinfektionsmittel, gedient habe. Die der aufgrund ihres Alters während der Pandemie besonders schutzbedürftigen Klägerin gewährten Grundsicherungsleistungen hätten diese Bedarfe nicht bzw. nur unzureichend gedeckt. Die besondere Ausnahmesituation der Pandemie und die damit verbundenen Auswirkungen und wirtschaftlichen Nachteile der Menschen rechtfertigten eine Privilegierung der Einnahme aufgrund von Erwägungen eines übergesetzlichen Notstandes bzw. einer Regelungslücke im deutschen Sozialrecht.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des SG Hannover vom 7.6.2022 aufzuheben, den Bescheid der LHH vom 13.1.2022 zu ändern und
den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum von August bis November 2021 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII zu gewähren, insbesondere ohne Berücksichtigung der Corona-Hilfe der US-amerikanischen Regierung i.H.v. 1.400,00 US-Dollar als Einkommen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 29.8. und 4.9.2023).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der LHH (zwei Bände) Bezug genommen. Diese Akten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere ohne Zulassung statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand der insgesamt zulässigen und statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4, § 56 SGG) auf höhere Leistungen (zum sog. Höhenstreit vgl. BSG, Urteil vom 11.9.2020 - B 8 SO 8/19 R - juris Rn. 17 m.w.N.) für den Zeitraum von August bis November 2021 ist der Bescheid der LHH vom 13.1.2022, durch den der Klägerin (endgültig) Grundsicherungsleistungen u.a. für August i.H.v. 229,20 €, September i.H.v. 139,99 €, Oktober i.H.v. 137,33 € und November 2021 i.H.v. 134,27 € bewilligt worden sind. Nach den zutreffenden Ausführungen des SG ist dieser Bescheid - bezogen auf den hier streitgegenständlichen Zeitraum - gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Die insoweit zunächst ergangene Leistungsentscheidung der Beklagten (Bescheide der LHH vom 8.7. und 17.8.2021 in Gestalt des Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 15.11.2021), ist nicht (mehr) Gegenstand des Verfahrens, weil diese bloß vorläufig nach § 44a SGB XII ergangen (zur vorläufigen Bewilligung bei bestehender Ungewissheit über die Höhe einer nach dem jeweiligen Wechselkurs anzurechnenden ausländischen Rente vgl. jüngst Senatsbeschluss vom 8.3.2024 - L 8 SO 128/22 B - sowie SG München, Beschluss vom 17.2.2022 - S 49 SO 480/21 - juris Rn. 13) und durch die endgültige bzw. abschließende Bewilligung ersetzt worden ist und sich damit auf sonstige Weise i.S. des § 39 Abs. 2 SGB X erledigt hat (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 5.8.2021 - B 4 AS 83/20 R - juris Rn. 12, zu § 41a SGB II; Klein in jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2022, § 96 Rn. 33 m.w.N.).
Die Klage richtet sich zutreffend gegen die beklagte Region. Sie ist als örtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 und 2 Satz 1 HS. 1 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum SGB IX und SGB XII - Nds. AG SGB IX/XII - vom 24.10.2019, GVBl. S. 300, zuletzt geändert durch Gesetz vom 30.6.2022, GVBl. S. 426) für die an sich in die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe, des Landes Niedersachsen (§ 2 Abs. 3 Nds. AG SGB IX/SGB XII), fallenden Grundsicherungsleistungen (§ 46b Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 4 Nr. 3 SGB XII) durch gesetzliche Heranziehung (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 Nds. AG SGB IX/SGB XII) zuständig (sog. Wahrnehmungszuständigkeit, vgl. etwa BSG, Urteil vom 30.8.2017 - B 14 AS 31/16 R - juris Rn. 14 m.w.N.). Sie entscheidet hierüber im eigenen Namen (§ 6 Abs. 4 Nds. AG SGB IX/SGB XII) und hat ihrerseits die LHH zur Durchführung dieser Aufgaben herangezogen (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII), die wiederum in ihrem Namen über die Leistungen entscheidet (§ 6 Abs. 5 Nds. AG SGB IX/SGB XII).
Der Bescheid der LHH vom 13.1.2022 ist rechtmäßig. Ein Anspruch der Klägerin auf höhere Grundsicherungsleistungen - insbesondere ohne Berücksichtigung der Zuwendung aus dem US-amerikanischen Konjunkturpaket "American Rescue Plan" als Einkommen - besteht nicht.
Rechtsgrundlage für die endgültige Leistungsbewilligung ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht § 44a Abs. 5 Satz 1 SGB XII (vgl. BSG, Urteil vom 5.8.2021 - B 4 AS 83/20 R - juris Rn. 14, zu § 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II). Danach hat nach Ablauf des Bewilligungszeitraums der für die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel zuständige Träger abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch zu entscheiden, sofern die vorläufig bewilligte Geldleistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht. Dass die LHH durch den hier angefochtenen Bescheid vom 13.1.2022 über die der Klägerin für die Zeit von August 2021 bis Januar 2022 zustehenden Grundsicherungsleistungen bereits vor Ablauf des mit Bescheid vom 8.7.2021 bestimmten Bewilligungszeitraums (August 2021 bis Januar 2022) endgültig entschieden hat, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Bewilligung. Ungeachtet der Verpflichtung zur Bescheidung aus § 44a Abs. 5 Satz 1 SGB XII ("hat") darf die zuständige Behörde auch vor Ablauf des Bewilligungszeitraums eine endgültige Entscheidung treffen, wenn die hierfür erheblichen Tatsachen, die zunächst zu einer nur vorläufigen Entscheidung geführt hatten, - wie hier - bereits feststehen.
Materiell-rechtlich ist die Klägerin dem Grunde nach leistungsberechtigt nach § 19 Abs. 2 i.V.m. § 41 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2 SGB XII. Im streitgegenständlichen Zeitraum hatte sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Regionsgebiet der Beklagten und im Alter von 81 Jahren die maßgebliche Altersgrenze überschritten.
Der sich aus der Summe der nach § 42 Nr. 1 bis 4 SGB XII anzuerkennenden monatlichen Bedarfe ergebende monatliche Gesamtbedarf i.S. des § 43a Abs. 1 SGB XII hat sich auf den Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1 für eine erwachsene, alleinstehende Person nach der Anlage zu § 28 SGB XII i.H.v. 446,00 € (§ 42 Nr. 1 SGB XII) und die Bedarfe für Unterkunft und Heizung i.H.d. tatsächlichen Aufwendungen (§ 42 Nr. 4 lit. a, § 42a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB XII i.d.F.v. 21.12.2015, BGBl. I 2557) belaufen. Diese haben regulär die Grundmiete in monatlicher Höhe von 360,94 € und die Vorauszahlungen für Betriebs- und Heizkosten von 87,00 € bzw. 65,73 € (Gesamt: 513,67 € je Monat) umfasst und zusätzlich die im August 2021 fällige Forderung aus der Betriebskostenabrechnung vom 5.8.2021 i.H.v. 87,60 €. Der monatliche Gesamtbedarf beläuft sich mithin für August 2021 auf 1.047,27 € und in den Monaten September bis November 2021 auf jeweils 959,67 €.
Diesem Bedarf ist gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 82 ff. SGB XII das (monatliche) Einkommen der Klägerin gegenüberzustellen, im Einzelnen die Altersrente einschließlich des Zuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung von 44,93 € in monatlicher Höhe von insgesamt 603,09 € (netto) sowie die US-amerikanische Rente im Zeitpunkt ihres Zuflusses zum jeweils geltenden Kurswert (vgl. etwa BSG, Urteil vom 30.6.2016 - B 8 SO 3/15 R - juris Rn. 22 m.w.N.), also im August i.H.v. 245,68 €, im September i.H.v. 247,29 €, im Oktober i.H.v. 249,95 € und im November i.H.v. 253,01 €.
Auch die im Mai 2021 zugeflossene US-amerikanische Beihilfe aus dem "American Rescue Plan" ist als einmalige Einnahme gemäß § 82 Abs. 1 und 7 SGB XII (i.d.F.v. 2.6.2021, BGBl. I 1387, a.F.) zu berücksichtigen.
Nach den zutreffenden Ausführungen des SG (Urteil, S. 7 f.) kommt eine Privilegierung dieser Einnahme als anrechnungsfrei nach den gesetzlichen Vorgaben der §§ 82 ff. SGB XII nicht in Betracht. Insbesondere ist sie keine nach Zweck und Inhalt bestimmte Leistung i.S. des § 83 Abs. 1 SGB XII. Danach sind Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient. Dies ist nur dann der Fall, wenn sie zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt werden, der über die Sicherung des Lebensunterhalts hinausgeht und zudem ein anderer als derjenige sein muss, für den die im Einzelfall in Frage stehende Sozialhilfe gewährt wird; dabei kann es genügen, dass die Zweckbestimmung aus den Voraussetzungen für die Leistungsgewährung folgt, soweit sich aus dem Gesamtzusammenhang die gewollte Zweckbindung eindeutig ableiten lässt (BSG, Urteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R - juris Rn. 24 m.w.N.). Nach diesen Maßgaben ist eine eindeutige Zweckbestimmung aufgrund der Regelungen des "American Rescue Plan of 2021" nicht anzunehmen (abrufbar unter: https://www.congress.gov/117/plaws/publ2/PLAW-117publ2.pdf). Das Hilfs- bzw. Konjunkturprogramm steht danach in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie (vgl. auch die Ausführungen der US-Regierung unter https://www.whitehouse.gov/american-rescue-plan/). Die konkrete Leistung ist aufgrund der Regelung sec. 9601.2021 (Rückerstattungen für Einzelpersonen; Untertitel G - Förderung der wirtschaftlichen Sicherheit, Teil 1) als Steuererstattung u.a. alleinstehenden Personen, die weniger als 75.000 US-Dollar verdienen, gewährt worden. Nach dem Gesamtzusammenhang der Regelung soll die Leistung (wohl) allgemein der Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung der Entbehrungen und Mehraufwendungen aufgrund der Covid-19-Pandemie, aber auch der Stärkung der amerikanischen Wirtschaft durch eine Förderung des Konsums dienen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem an die Klägerin gerichteten Schreiben der US-amerikanischen Regierung vom 22.4.2021. Auch danach ist die Leistung (bloß) zur wirtschaftlichen Entlastung ("economic relief") gewährt worden, um diese Krise zu bewältigen ("...will help get millions of Americans through this crisis."). Dies genügt für die Annahme einer ausdrücklichen Zweckbestimmung i.S. des § 83 Abs. 1 SGB XII nicht. Ungeachtet dessen kommt eine Freilassung der Hilfe schon nicht in Betracht, weil die wohl wesentliche Zielrichtung - die Sicherung des Lebensunterhaltes - in gleicher Weise von den lebensunterhaltssichernden Leistungen nach dem SGB XII verfolgt wird, hier also durch die auch der Klägerin gewährten Grundsicherungsleistungen einschließlich der gemäß § 144 S. 1 SGB XII (i.d.F.v. 10.3.2021, BGBl. I 335) geleisteten Einmalzahlung aus Anlass der COVID-19-Pandemie i.H.v. 150,00 € (bescheidlose Überweisung vom 23.4.2021). Andere Regelungen über die Freilassung von Einkommen sind ebenfalls nicht einschlägig. Insbesondere handelt es sich bei der US-Hilfe weder um eine Entschädigung wegen immaterieller Schäden i.S. des § 83 Abs. 2 SGB XII noch um Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege oder Dritter i.S. des § 84 Abs. 1 und 2 SGB XII. Insoweit wird auf die umfassenden und zutreffenden Ausführungen in dem Urteil des SG (S. 9) Bezug genommen.
Die US-amerikanische Beihilfe ist i.H. des tatsächlichen Zuflusses im Mai 2021 von 1.147,54 € abzgl. der für die Einlösung des Schecks erforderlichen Bankgebühren von 17,50 € als mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgabe (§ 82 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4), also i.H.v. 1.130,54 €, anzurechnen. Als einmalige Einnahme ist sie gemäß § 82 Abs. 7 Satz 1 SGB XII a.F. in dem auf den Monat des Zuflusses folgenden Monat, Juni 2021, zu berücksichtigen, weil für den Monat des Zuflusses, Mai 2021, bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind. Da durch die Anrechnung der Einnahme auf den Gesamtbedarf für Juni 2021 der Leistungsanspruch für diesen Monat insgesamt entfiele, ist sie gemäß § 82 Abs. 7 Satz 2 SGB XII a.F. auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig zu verteilen und mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. Ein begründeter Einzelfall i.S. des § 82 Abs. 7 Satz 3 SGB XII a.F., in dem dieser Verteilzeitraum angemessen zu verkürzen wäre, liegt nicht vor. Danach ist die einmalige Einnahme bei den der Klägerin zustehenden Grundsicherungsleistungen für Juni bis November 2021 in monatlicher Höhe von (gerundet) 188,42 € als Einkommen zu berücksichtigen.
Von dem Einkommen der Klägerin sind gemäß § 82 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung in monatlicher Höhe von 182,71 € bzw. 36,03 € abzusetzen.
Die der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum zustehenden Leistungen entsprechen der Höhe nach der durch die LHH vorgenommenen Bewilligung durch Bescheid vom 13.1.2022 und zwar für August i.H.v. 229,20 €, September i.H.v. 139,99 €, Oktober i.H.v. 137,33 € und November 2021 i.H.v. 134,27 €. Wegen der Berechnungen im Einzelnen, also der Gegenüberstellung des Gesamtbedarfs und des Einkommens der Klägerin in den jeweiligen Monaten, wird gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf die Begründung des Bescheides, genauer auf die diesem beigefügten Berechnungsbögen, Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor. Der Sache kommt insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG zu, weil sich bei der Beurteilung der Zuwendung aufgrund des US-amerikanischen Konjunkturprogramms keine allgemeine Rechtfrage stellt, die nicht bereits höchstrichterlich geklärt ist (zu dieser Voraussetzung des Zulassungsgrundes vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 160 Rn. 7 ff.).