Landgericht Braunschweig
Urt. v. 28.04.2014, Az.: 4 KLs 19/14

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
28.04.2014
Aktenzeichen
4 KLs 19/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42456
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Angeklagte wird wegen gemeinschaftlichem bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 2 Fällen, Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 1 weiterem Fall und wegen gemeinschaftlicher unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit gemeinschaftlichem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 2 weiteren Fällen zu einer

Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten

verurteilt.

Ferner wird die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet.

Vor dem Vollzug der Maßregel sind 9 Monate der Gesamtfreiheitsstrafe zu vollziehen.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.


Angewendete Vorschriften: §§ 1, 3, 29 a Abs. 1 Nr.2, 30 Abs. 1 Nr. 4, 30 a Abs. 1, 31 Nr.1 BtMG, 25 Abs. 2, 27, 46 b, 49, 52, 53, 54, 64, 67 Abs.2 S.2 StGB

Gründe

(abgekürzt gem. § 267 Abs. 4 StPO)

I. Zur Person:

Der zur Tatzeit 46 bis 47 Jahre alte Angeklagte wuchs neben vier Geschwistern im Haushalt seiner Eltern in XY auf. Dort besuchte er für 8 Jahre die Hauptschule, die er erfolgreich abschließen konnte. Von seinem im Jahr 2001 verstorbenen Vater lernte der Angeklagte den Beruf eines Maurers.

Mit 18 Jahren verließ der Angeklagte seine Heimat und lebte zunächst in der XY und seit dem Jahr 1987 in XY, wohin er mit seiner ersten Frau und dem erstgeborenen Sohn zog. Kurz nach seiner Ankunft in XY wurde sein zweiter Sohn hier geboren. Wegen Problemen in seiner Ehe trennte sich der Angeklagte von seiner ersten Frau und zog zunächst kurzfristig zurück nach XY.

Schon im Jahr 1989 kehrte der Angeklagte aber zurück nach XY, wo er sich zunächst illegal aufhielt. Bald lernte er seine spätere zweite, deutschstämmige Frau kennen, heiratete diese und erwarb damit ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik.

1991 wurde die erste Tochter und 1998 die zweite Tochter aus der zweiten Ehe des Angeklagten geboren.

Der Angeklagte betrieb zunächst recht erfolgreich einen Fugenbetrieb, sodass es finanziell gut um die Familie bestellt war. Nach jahrelangem finanziellen Erfolg gingen die Geschäfte zuletzt aber immer schlechter, so dass die Firma im Jahr 2005 abgewickelt werden musste. Der Versuch, mit einem anderen auf seine Ehefrau angemeldeten Fugenbetrieb an die alten Erfolge anzuknüpfen, scheiterte.

In den Jahren 2007 und 2008 betrieb der Angeklagte dann in XY die Diskothek „Y“, die gut lief. Wieder konnte der Angeklagte über ausreichende finanzielle Mittel verfügen. Durch die anderweitige Verwertung des Gebäudes, in dem die Diskothek betrieben wurde, musste der Angeklagte den Discothekenbetrieb jedoch aufgeben.

Ein abermaliger Versuch, sich mit einem Fugenbetrieb selbstständig zu machen, scheiterte nach anfänglichen Erfolgen ebenfalls.

Im Jahr 2011 heiratete seine älteste Tochter aus Sicht des Angeklagten überstürzt einen Mann aus XY. Trotz seiner Bedenken bestanden seine Tochter und seine Ehefrau auf der kurzfristigen Eheschließung. Schon bald kam es zu Spannungen in der Ehe seiner Tochter, weil der Schwiegersohn zu Gewalttätigkeiten neigte. Der Angeklagte machte deshalb nicht nur seinem Schwiegersohn, sondern auch seiner Tochter und seiner Ehefrau Vorwürfe. Den Schwiegersohn konnte der Angeklagte schließlich aus XY vertreiben. Die Ehefrau des Angeklagten aber trennte sich im Zuge dieser Auseinandersetzung vom Angeklagten und verließ ihn ohne eine Anschrift zu hinterlassen mit den gemeinsamen Töchtern. Bis heute weiß der Angeklagte nicht, wo sich seine Ehefrau und die Töchter aufhalten.

Für den Angeklagten brach damit eine Welt zusammen. Er begann unkontrolliert und in großen Mengen Kokain zu konsumieren, was er zuvor nur gelegentlich bei besonderen Feierlichkeiten getan hatte, um dadurch seine Frustration zu überspielen. Durch den Kokainkonsum häufte der Angeklagte in kürzester Zeit hohe Schulden bei seinen Dealern an.

II. Zur Sache:

Ende 2012 lernte der Angeklagte die mehr als 20 Jahre jüngere gesondert verfolgte AX kennen. Man ging zeitnah eine Beziehung ein.

Über einen Bauauftrag am Hause des gesondert verfolgten BX wurde der Angeklagte mit diesem näher bekannt. Über den BX lernte der Angeklagte schließlich auch den gesondert verfolgten CX kennen. Der Angeklagte benötigte zu dieser Zeit dringend Geldmittel, um seine Drogenschulden zu begleichen und künftig neu Drogen zu erwerben.

Im Februar 2013 schloss sich der Angeklagte mit dem gesondert verfolgten BX, CX, und dem dem Angeklagten schon länger bekannten DX mit dem Ziel zusammen, künftig regelmäßig Marihuana im Kilobereich aus dem Balkan nach Deutschland einzuführen, um dieses hier gewinnbringend weiterzuverkaufen. Der BX führte, zum Teil unterstützt durch den Angeklagten und CX die Anbahnungsgeschäfte mit den lokalen Verkäufern/Vermittlern. Der BX stellte ferner die notwendigen Geldmittel zum Ankauf der Betäubungsmittel zur Verfügung. Ebenso vertrieb er die Betäubungsmittel im Bundesgebiet weiter. Teilweise tat dies aber auch der Angeklagte. Der Angeklagte, CX, sowie bis zu seiner Verhaftung in Albanien am 27.03.2013, DX, waren arbeitsteilig für die Überführung der Betäubungsmittel nach Deutschland zuständig.

Im Rahmen dieser Abrede kam es jedenfalls auch zu folgenden Taten:

Tat 1:

Im Zeitraum 24.03.2013 bis 27.03.2013 kaufte der BX über einen Y 6,3 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mind. 4 % THC. Der eingeweihte Angeklagte geleitete den Schulz im Auftrag des BX nach XXX und beauftragte diesen unter Übergabe von 600 Euro Spesengeld, welches ihm vom gesondert verfolgten BX gegeben worden war, das Marihuana nach Deutschland zu bringen. Der Verkäufer/Vermittler Y holte den DX ab und übergab diesem in XXX das Marihuana. Das Marihuana wurde im Reserverad des PKW des DX versteckt. Bei der Ausreise von XXX (Albanien) nach XXX wurde der DX jedoch mit dem Marihuana festgenommen.

Tat 2:

Ende April 2013 hatte BX erneut den Ankauf von 15 kg Marihuana abgestimmt, welches der Angeklagte in XXX abholen sollte. Da dem Angeklagten der Transport zu riskant erschien, warb er den nachfolgend eingeweihten YYY als Transportfahrer an, der seinerseits den nicht eingeweihten YYY hinzuzog. Der Angeklagte, seine Lebensgefährtin - die anderweitig verfolgte AX -, sowie der YYY und YYY fuhren dann Anfang Mai 2013 gemeinsam nach XXX, wo sie auf Umwegen, aber letztlich doch hingelangten. Hier nahm der Angeklagte das bestellte Marihuana, das einen Wirkstoffgehalt von mind. 4 % THC auswies, entgegen. Verschiedene Versuche, das Marihuana auf dem Landweg über Serbien und Ungarn nach Deutschland zu transportieren, scheiterten. Das Marihuana gelang zunächst nur bis nach Serbien. Schließlich begab sich der BX selbst nach Serbien, um die Lieferung doch noch sicherzustellen. Tatsächlich gelang es bis zum 03.05.2013, zumindest 7 kg Marihuana versteckt in den Reifen eines VW Golf, welcher wiederum mit einem Autotransporter transportiert wurde, nach Deutschland zu bringen. Die Reifen wurden zunächst in die Wohnung des Angeklagten verbracht, dann vom BX, zum Teil auch von Kiriakidis übernommen. Das Marihuana wurde schließlich von BX gewinnbringend weiterveräußert.

Tat 3:

Im Zeitraum vom 20.05. bis zum 01.06.2013 erwarb der BX, der vom Angeklagten zu diesem Zweck dort hingefahren worden war, vor Ort in XXX 5 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 6,3 % THC. Dieses Marihuana wurde in zwei Reifen gepackt. Die Reifen wurden vom anderweitig verfolgten CX zunächst auf dem Landweg nach Griechenland gebracht, wobei BX und der Angeklagte ihm in einem weiteren Fahrzeug folgten und ihn unterstützten. Sodann brachte der anderweitig verfolgte CX die Reifen mit dem Marihuana zunächst per Fähre von Griechenland nach Italien und dann von dort aus auf dem Landweg zum Hause des BX in XXX. Der BX veräußerte zunächst 3,5 kg Marihuana gewinnbringend an unbekannte Abnehmer. Weitere 1,5 kg Marihuana gab der BX zunächst dem anderweitig verfolgten CX in Verwahrung. 1 kg davon händigte ihm der anderweitig Verfolgte CX auf Verlangen später wieder aus. Der BX verkaufte auch dieses Betäubungsmittel gewinnbringend. Knapp 400 g Marihuana konnten schließlich später beim anderweitig Verfolgten CX durch die Polizei sichergestellt werden.

Für die nachfolgenden Taten zu 4 und 5 kann nicht ausgeschlossen werden, dass die zuvor zwischen dem Angeklagten, dem BX, dem CX und dem bereits festgenommenen DX getroffene Bandenabrede durch den CX aufgekündigt worden war; der DX war ohnehin schon durch Verhaftung ausgeschieden.

Tat 4:

Ende Juni 2013 erwarb der BX wiederum 5 kg Marihuana, die der Angeklagte erneut in einem Reifen versteckt in Serbien abholen sollte. Der Angeklagte begab sich am 27.06.2013 in Begleitung seiner Lebensgefährtin, seines Sohnes YYY und eines unbekannten Türken nach Serbien. Die Reifen, in denen sich allerding nur 2,8 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von durchschnittlich 4 % THC befanden, wurden in den BMW des Angeklagten gelegt und gelangten so am 29.06.2013 auf dem Landweg nach Deutschland. Hier veräußerte der BX das Marihuana dann, was als Entlohnung des Angeklagten gedacht war, zum Preis von 1.000 Euro je Kilogramm an den Angeklagten, der es seinerseits zur Tilgung bestehender Drogenschulden verwendete bzw. gegen Kokain eintauschte.

Tat 5:

Der BX hatte ursprünglich ohne Beteiligung des Angeklagten mit dem Y aus Albanien den Erwerb von 35 kg Marihuana zum Preis von 3.500 Euro vereinbart. Dieses Geld hatte der CX dem Y im Auftrag des BX vorab überwiesen. Nachdem sich die Lieferung des Marihuana immer wieder verzögerte, wandte sich der Amrein hilfesuchend an den Angeklagten, um zumindest einen Teil des Marihuanas (17 kg) durch diesen in Serbien abholen zu lassen. Der Angeklagte, der dafür 400 Euro je Kilogramm zuzüglich Spesen erhalten sollte, erklärte sich einverstanden. Er ließ sich von seiner Lebensgefährtin, der gesondert verfolgten AX begleiten. Am vereinbarten Treffpunkt in PP (Mazedonien), wurde das Marihuana teilweise in einem vom Angeklagten vorbereiteten Versteck vor dem Kühler des Mercedes B-Klasse der AX, teilweise in der hinteren Stoßstangenverkleidung verpackt. Direkt danach machte sich der Angeklagte auf dem Landweg, wieder in Begleitung der AX, auf den Rückweg nach Deutschland, wo sie mit 17 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 8,4 % THC entsprechend 1.347 g THC von der Polizei in Braunschweig festgenommen wurden.

Nach seiner Festnahme hat der zunächst vereinzelnde Angaben verweigernde Angeklagte noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens in der vorliegenden Sache dann doch detaillierte Angaben zur Tatbeteiligung des gesonderten verfolgten BX und des gesondert verfolgten CX gemacht. Erst die sehr genauen Angaben zum gesondert verfolgten BX haben den Weg zum Nachweis der maßgeblichen Beteiligung des BX als Geldgeber und Initiator der Schmuggelfahrten eröffnet. Vereinzelte Angaben machte der Angeklagte auch zur Tatbeteiligung des gesondert verfolgten CX, der den Ermittlungsbehörden gegenüber seine vorsätzliche Tatbeteiligung in Abrede genommen hatte.

III. Beweiswürdigung:

Die vorgenannten Feststellungen folgen aus dem glaubhaften Geständnis des Angeklagten und dem seine Angaben bestätigenden und ergänzenden sonstigen Beweisergebnis. Von einer eingehenden Beweiswürdigung hat die Kammer angesichts der eingetretenen Rechtskraft abgesehen.

IV. Rechtliche Würdigung:

Taten 1 und 2:

Der Angeklagte hat sich damit hinsichtlich der Taten zu 1 und 2 des - täterschaftlichen - bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 1 BtMG strafbar gemacht.

Im Falle der Tat 1 ist die nicht geringe Menge von 7,5 g THC mit mind. 252 g THC um das 33,6-fache überschritten worden.

Im Fall der Tat 2 ist die nicht geringe Menge von 7,5 g THC mit mind. 600 g THC um das 80-fache überschritten worden.

Der ebenfalls erfüllte Tatbestand der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist jeweils zurückgetreten.

Tat 3:

Hinsichtlich der Tat zu 3 hat sich der Angeklagte der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht, § 30a Abs. 1 BtMG, 27 StGB. Der Tatbeitrag des Angeklagten, der in Gegenwart des BX bei dieser Schmuggelfahrt nur als Fahrer und Begleiter tätig war, war von so untergeordneter Bedeutung, dass damit keine eigene Tatherrschaft verbunden war und sich sein Beitrag in einer bloßen Beihilfehilfehandlung erschöpfte.

Im Fall der Tat 3 ist die nicht geringe Menge von 7,5 g THC mit 315 g THC um das 42-fache überschritten worden.

Taten 4 und 5:

Hinsichtlich der Taten 4 und 5 hat sich der Angeklagte der - täterschaftlichen - unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG in Tateinheit gemäß § 52 StGB mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG schuldig gemacht.

Die Bandenabrede war durch den gesondert verfolgten CX aufgekündigt worden. Der DX war verhaftet worden, so dass von der ehemaligen Bande nur der Angeklagte und BX verblieben, also keine Bande von mindestens drei Personen mehr bestand.

Im Fall der Tat 4 ist die nicht geringe Menge von 7,5 g THC mit 112 g THC um das 14,9-fache überschritten worden.

Im Falle der Tat 5 ist die nicht geringe Menge von 7,5 g THC mit 1.347 g THC um das 179,6-fache überschritten worden.

IV. Strafzumessung

1. Strafe

Bei dem Angeklagten sind bei der nach den Grundsätzen des § 46 StGB vorgenommenen Strafzumessung alle für und gegen ihn sprechenden Umstände umfassend berücksichtig worden.

Betreffend die Taten zu 1 und 2 ist die Kammer von dem gemäß §§ 49 Abs. 1, 46b Abs. 3 StGB, 31 Abs. 1 Nr. 1 BtMG gemilderten Strafrahmen des § 30a Abs. 1 BtMG ausgegangen.

Die Voraussetzungen der Aufklärungshilfe gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BtMG lagen vor. Der Angeklagte hat durch vereinzelte Angaben zur Beteiligung der gesondert verfolgten BX und CX schon vor der Zulassung der Hauptverhandlung den Ermittlungsbehörden zu Erkenntnissen verholfen, die ohne seine Angaben nicht möglich gewesen wären. Angesichts der besonderen Bedeutung der Aufklärungshilfe des Angeklagten hat die Kammer keinen Grund gesehen, von der nur fakultativen Strafrahmenverschiebung keinen Gebrauch zu machen.

Innerhalb des so gefundenen Strafrahmens hat die Kammer zur Tat 1 zunächst allgemein zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass verfahrensgegenständlich keine sog. „Hartdroge“ ist. Die Betäubungsmittel sind letztlich auch nicht in Umlauf geraten. Der Angeklagte ist unbestraft. Zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer auch berücksichtigt, dass es sich bei dem Angeklagten deshalb auch um einen sogenannten Erstverbüßer handelt, den die Haft besonders schwer trifft. Schon die mit 6 Monaten verbüßte lange Untersuchungshaft hat eine hohe Belastung für den Angeklagten bedeutet. Zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer auch berücksichtigt, dass parallel zur Strafe eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, die eine zusätzliche Belastung darstellt. Zu beachten war auch, dass die Straftat letztlich der Finanzierung der eigenen Drogensucht des Angeklagten diente. Zu Gunsten des Angeklagten war der Verzicht auf die Asservate zu beachten und das die Initiative zur Tat nicht vom Angeklagten, sondern von dem gesondert Verfolgten BX ausging. Besonderes Gewicht erlangte das vorbehaltlose - ohne die „Sicherheit“ einer Verständigung erfolgte - Geständnis des Angeklagten.

Auf der anderen Seite musste die Kammer berücksichtigen, dass eine erhebliche Überschreitung der nicht geringen Menge der Betäubungsmittel gegeben war.

Unter Abwägung aller vorgenannten Umstände hat die Kammer hinsichtlich der Tat 1 eine Einzelstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe für tat- und schuldangemessen angesehen.

Zur Tat 2 hat die Kammer ebenfalls die hinsichtlich der zu Tat 1 aufgeführten allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte berücksichtigt, wobei die Betäubungsmittel hier jedoch tatsächlich in Umlauf geraten sind.

Insofern hielt die Kammer insbesondere auch unter Beachtung der in diesem Falle gegebenen ganz erheblichen Überschreitung der nicht geringen Menge eine Einzelstrafe von 3 Jahren und 6 Monate Freiheitsstrafe für tat- und schuldangemessen.

Zur Tat 3 ist die Kammer vom doppelt gemäß § 49 Abs. 1, 27 StGB und gemäß §§ 31 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, 49 Abs. 1, 46b Abs. 3 StGB gemilderten Strafrahmen des § 30a Abs. 1 BtMG ausgegangen. Einerseits waren auch hier die Voraussetzungen der Aufklärungshilfe gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BtMG gegeben. Angesichts der besonderen Bedeutung der Aufklärungshilfe des Angeklagten hat die Kammer auch keinen Grund gesehen, von der nur fakultativen Strafrahmenverschiebung keinen Gebrauch zu machen. Schließlich handelte der Angeklagte nur als Gehilfe, sodass gemäß § 27 StGB eine weitere Strafrahmenverschiebung vorzunehmen war.

Innerhalb des so gefundenen Strafrahmens hat die Kammer erneut die bereits allgemein zu Tat 1 aufgeführten Strafzumessungsgesichtspunkte berücksichtigt. Die Betäubungsmittel sind im Fall der Tat 3 jedoch weit überwiegend in Umlauf geraten.

Insbesondere unter Berücksichtigung der Menge der Betäubungsmittel hat die Kammer eine Einzelstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten Freiheitsstrafe für tat- und schuldangemessen angesehen.

Hinsichtlich der Taten 4 und 5 ist die Kammer von gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, 49 Abs. 1, 46b Abs. 3 StGB geminderten Strafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG ausgegangen.

Wieder waren die Voraussetzungen der Aufklärungshilfe gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BtMG erfüllt. Erneut sah die Kammer angesichts des besonderen Umfangs der geleisteten Aufklärungshilfe keinen Grund, von der nur fakultativen Strafrahmenverschiebung keinen Gebrauch zu machen.

Innerhalb des so gefundenen Strafrahmens hat die Kammer für die Tat 4 neben den bereits zur Tat 1 ausgeführten allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkten auch berücksichtigt, dass tateinheitlich ein weiterer Gesetzesverstoß erfolgte.

Die Kammer hat deshalb unter besonderer Beachtung der Menge der Betäubungsmittels für die Tat 4 eine Einzelstrafe von 1 Jahr und 9 Monate Freiheitsstrafe für tat- und schuldangemessen angesehen.

Hinsichtlich der Tat 5 hat die Kammer ebenfalls zunächst die allgemeinen zur Tat 1 aufgeführten Strafzumessungsgesichtspunkte berücksichtigt. Darüber hinaus hat die Kammer zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass ein weiterer Tatbestand erfüllt worden ist. Zu Gunsten des Angeklagten war zu berücksichtigen, dass die Tat 5 unter polizeilicher Beobachtung erfolgte und die Betäubungsmittel tatsächlich auch nicht in den Handel gelangt sind. Verfahrensgegenständlich war allerdings eine sehr große Menge an Betäubungsmitteln.

Deshalb hat die Kammer für die Tat 5 insbesondere mit Rücksicht auf die Menge der Betäubungsmittel eine Einzelstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe für tat- und schuldangemessen angesehen.

Aus den vorgenannten 5 Einzelstrafen hat die Kammer schließlich gem. § 53 Abs.1 StGB eine Gesamtstrafe gebildet, die gem. § 54 Abs.1 S.2 StGB oberhalb der höchsten Einzelstrafe liegen musste, ohne jedoch die Summe der Einzelstrafen zu erreichen, § 54 Abs. 2 S.1 StGB. Unter nochmaliger Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände, insbesondere seines vollumfänglichen Geständnisses aber auch des Umstand, dass sich alle Taten in relativ kurzer Zeit abspielten, hat die Kammer unter angemessener Erhöhung der höchsten verwirkten Einzelstrafe eine

Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten

für tat- und schuldangemessen gehalten. Eine solche Strafe ist erforderlich aber auch ausreichend, um dem Angeklagten das Unrecht seines Tuns vor Augen zu führen.

2. Maßregel der Besserung und Sicherung

Gleichzeitig hat die Kammer die Unterbringung des Angeklagten in einer Erziehungsanstalt gemäß § 64 Abs. 1 StGB angeordnet.

Den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. W... gemäß, denen sich die Kammer nach eigener Würdigung anschließt, besteht beim Angeklagten ein Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Der Angeklagte ist seit mehreren Jahren kokainabhängig. Unter Zurückstellung anderer Belange und Interessen fokussierten sich die Interessen des Angeklagten immer mehr allein auf den Konsum und die Beschaffung von Rauschmitteln.

Die Taten dienten der Tilgung von alten Drogenschulden und der Finanzierung der Beschaffung von weiteren Drogen. Die Taten gehen damit auf den Hang des Angeklagten zurück, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen.

Auch besteht die Gefahr, dass der Angeklagte in Folge seines Hanges weitere erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Auch künftig muss damit gerechnet werden, dass der Angeklagten sich die finanziellen Mittel zur Befriedigung seiner Sucht durch vergleichbar schwerwiegende Straftaten beschaffen wird, da seine sonstigen Einnahmen für eine Finanzierung der Drogen nicht ausreichen.

Schließlich ist mit ausreichender Sicherheit davon auszugehen, dass die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt zu einem Therapieerfolg führen wird, sodass der Angeklagte zumindest für längere Zeit von weiteren auf der Suchtproblematik beruhenden Taten abgehalten wird. Der Angeklagte ist, wie er dem Sachverständigen und der Kammer gegenüber betont hat, therapiebereit. Ihm ist klar geworden, dass die Beibehaltung seiner früheren Lebensgewohnheiten über kurz oder lang zu einem völligen Zusammenbruch seines sozialen Lebens führen wird. Der Verurteilte bemüht sich erstmals um eine therapeutische Aufarbeitung seiner Sucht. Seine intellektuellen Möglichkeiten sind nicht eingeschränkt, sodass der Angeklagte trotz des Fehlens eines tragfähigen sozialen Empfangsraumes und trotz des langjährigen Drogenkonsumes voraussichtlich mit Erfolg an einer Therapie teilnehmen wird.

Anlaß, trotz Vorliegen der Voraussetzungen des § 64 StGB von einer Anordnung der Unterbring in einer Entziehungsanstalt abzusehen, bestand nicht.

Die Kammer hat den Vorwegvollzug von 9 Monaten Freiheitsstrafe - auf die die verbüßte Untersuchungshaft anzurechnen sein wird - vor der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 67 Abs. 2 StGB angeordnet. Dies vor dem Hintergrund, dass die erfolgreiche Behandlung des Angeklagten in einer Therapieanstalt nach den auch insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. med. Riedemann voraussichtlich 2 Jahre in Anspruch nehmen wird.

VI. Kostenentscheidung:

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 465 StPO.