Arbeitsgericht Nienburg
Urt. v. 15.05.2014, Az.: 2 Ca 28/14

Bemessung einer Grundbuchgebühr bei der Abtretung einer Gesamtgrundschuld

Bibliographie

Gericht
ArbG Nienburg
Datum
15.05.2014
Aktenzeichen
2 Ca 28/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 29362
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:ARBGNIE:2014:0515.2CA28.14.0A

Fundstelle

  • EzA-SD 22/2014, 6

Amtlicher Leitsatz

Kosten des Grundbuchverfahrens:

  1. 1.

    Bei der Abtretung einer Gesamtgrundschuld von hohem Nennwert, die eine Vielzahl (möglicherweise geringwertigerer) Grundstücke in Haft nimmt, die sämtlich in den Grundbüchern unterschiedlicher Grundämter eingetragen sind, entsteht für die Eintragung der Veränderung des Gesamtrechts eine 0,5-Gebühr (Nr. 14130 GNotKG-KV), die sich um jeweils 0,1 erhöht ab dem zweiten für jedes weitere beteiligte Grundbuchamt.

  2. 2.

    Diese Ermäßigung statt des Ansatzes einer 0,5-Gebühr bei jedem einzelnen Grundbuchamt aus dem vollen Nennbetrag der Belastung (§53 As. 1 GNotKG) setzt voraus, dass der Antrag für mehrere Grundbuchämter gleichzeitig bei einem Grundbuchamt gestellt wird oder dass bei gesonderter Antragstellung die Anträge innerhalb eines Monats bei den beteiligten Grundbuchämtern eingehen (Nr. 14141 GNotKG-KV analog).

  3. 3.

    Dabei wird die Gebühr gemäß §18 Abs. 3 GNotKG analog bei dem Gericht angesetzt, bei dessen Grundbuchamt der Antrag zuerst eingegangen ist.

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts Böblingen vom 29. Juli 2014, Az. 32 UR II 60/14,

    aufgehoben.

  2. 2.

    Auf die Erinnerung der Beteiligten Ziff. 1 wird die Kostenrechnung des Notariats - Grundbuchamt - Herrenberg vom 4. Juni 2014, Az. 1 GRG 561/2014,

    Herrenberg GB 3402, Soll-Nr. 1/7498,

    aufgehoben.

  3. 3.

    Das Notariat - Grundbuchamt - Herrenberg wird angewiesen, den Kostenansatz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats vorzunehmen.

  4. 4.

    Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Beteiligte Z. 1 hat am 23. April 2014 (?) beim Grundbuchamt Langenau die Eintragung der Abtretung einer Gesamtbuchgrundschuld im Nennwert von 72.325.138 EUR beantragt. Insgesamt ist der Vollzug der Abtretung bei 29 verschiedenen Grundbuchämtern durchzuführen.

Das Notariat Herrenberg hat die Kosten für die Eintragung der Abtretung im Grundbuch Herrenberg Bl. 3402, Abt. III Nr. 3, mit der Kostenrechnung vom 4. Juni 2014 aus dem Wert von 60.000.000 EUR (§35 Abs. 2 GNotKG) unter Bezugnahme auf §53 GNotKG (Veränderung einer Belastung) und auf Nr. 14130 GNotKG-KV (Tabelle B) in Höhe von 13.292,50 EUR in Ansatz gebracht.

Die Erinnerung der Beteiligten Z. 1 gegen den Kostenansatz wurde durch den Beschluss des Amtsgerichts Böblingen vom 29. Juli 2014 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten Z. 1, der das Amtsgericht Böblingen mit Beschluss vom 18. August 2014 nicht abgeholfen hat. Es hat die Akten dem Landgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt, das diese an das Oberlandesgericht Stuttgart abgegeben hat.

Der Bezirksrevisor wurde bereits im Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren angehört.

Im Streit zwischen den Beteiligten ist die Frage einer planwidrigen Regelungslücke bei der Abrechnung der Eintragung einer Veränderung von Belastungen nach Nr. 14130 GNotKG im Hinblick auf die bei der Eintragung und Löschung eines Gesamtrechts vorgesehenen Ermäßigungen nach Nrn. 14120, 14121 und 14122 sowie 14140 und 14141 GNotKG.

Insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen der Beteiligten und auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts Böblingen.

Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist gem. §81 Abs. 3 S. 2 GNotKG i.V.m. §119 Abs. 1 Nr. lb GVG das Oberlandesgericht Stuttgart.

Die Beschwerde ist gemäß §81 Abs. 2 GNotKG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Sie hat in der Sache Erfolg, da sich der Senat nicht der vom KG Berlin (ZflR 2014, 203) und vom Amtsgericht Böblingen vertretenen Rechtsauffassung anschließen kann, sondern vielmehr der des OLG Dresden in dem Beschluss vom 13. August 2014, Az. 17 W 748/14, sowie der von Wusch (Anm. zur Entscheidung des KG Berlin, ZflR 2014, 206) und der von Böhringer (BWNotZ 2014, 17 ff., 23/24).

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insbesondere auf die zutreffenden Ausführungen von Wusch Bezug genommen, denen sich der Senat vollinhaltlich anschließt.

Der Gesetzgeber hat sowohl für die Eintragung von Belastungen (Nrn. 14120 und 14121 GNotKG) als auch für deren Löschung (Nr. 14140 GNotKG) Ermäßigungstatbestände eingeführt, wenn es um die Eintragung oder Löschung eines Gesamtrechts bei verschiedenen Grundbuchämtern geht (Nrn. 14122 und 14141 GNotKG).

Eine entsprechende Regelung wurde aber offensichtlich bei der Eintragung der Änderung einer Belastung (Nr. 14130 GNotKG) vergessen, da sich eine Andersbehandlung im Vergleich zur Eintragung oder Löschung durch nichts rechtfertigen lässt und auch nicht durch die Gesetzesmaterialien begründet wird (Bundestag-Drucksache 17/11471 [neu], S. 157, 207-209).

Es muss danach von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden, die bis zu einem Tätigwerden des Gesetzgebers durch eine Analogie zu Nr. 14140 und 14141 GNotKG zu schließen ist, nachdem die Gebühren für die Eintragung 1,3 (Nr. 14120 GNotKG) bzw. 1,0 (Nr. 14121 GNotKG) betragen, für die Löschung wie auch für die Veränderung jeweils nur 0,5 (Nrn. 14140 und 14130 GNotKG) und der Gesetzgeber darüber hinaus die zuvor bestandene Gebührenerhebung begrenzt durch den Wert des jeweils betroffenen Grundstücks (§63 KostO) wegen der oftmals komplizierten Wertermittlungen vermeiden wollte (Bundestag-Drucksache 17/11471 [neu], S. 207).

Es entsteht deshalb für die Eintragung der Veränderung von Belastungen eine 0,5-Gebühr (Nr. 14130 GNotKG), die sich bei der Beteiligung verschiedener Grundbuchämter um jeweils 0,1 erhöht ab dem zweiten für jedes weitere beteiligte Grundbuchamt. Diese Ermäßigung statt des Ansatzes einer 0,5-Gebühr bei jedem einzelnen Grundbuchamt aus dem vollen Nennbetrag der Belastung (§53 Abs. 1 GNotKG) setzt allerdings voraus, dass der Antrag für mehrere Grundbuchämter gleichzeitig bei einem Grundbuchamt gestellt wird oder bei gesonderter Antragstellung, wenn die Anträge innerhalb eines Monats bei den beteiligten Grundbuchämtern eingehen (Nr. 14141 GNotKG analog). Dabei wird die Gebühr gemäß §18 Abs. 3 GNotKG analog bei dem Gericht angesetzt, bei dessen Grundbuchamt der Antrag zuerst eingegangen ist.

Allein diese Analogie kann der Intention des Gesetzgebers gerecht werden. Es ist nicht erkennbar, dass er abweichend von der Eintragung und Löschung von Belastungen für deren Veränderung zulasten des Berechtigten eine Kostenexplosion beabsichtigte, die vorliegend zu Kostenansätzen (29 x 0,5 = 14,5-fache Gebühr) in Höhe von insgesamt 385.482,50 EUR führen würde statt einer 3,3-Gebühr (28 x 0,1 = 2,8 + 0,5 = 3,3) und damit von 87.730,50 EUR.

Die Beteiligte Z. 1 hat zwar in der Erinnerungsbegründung vom 16. Juni 2014 darauf hingewiesen, dass das Grundbuchamt Herrenberg nicht das erste für die Umschreibung der Gesamtgrundschuld angerufene Grundbuchamt sei, so dass bei diesem analog §18 Abs. 3 GNotKG ein Kostenansatz überhaupt nicht zu erfolgen hätte.

Dies wird aber vom Grundbuchamt Herrenberg noch zu überprüfen sein, weswegen auf die Beschwerde der Beteiligten Z. 1 unter Aufhebung der Erinnerungsentscheidung des Amtsgerichts Böblingen vom 29. Juli 2014 und der Kostenrechnung des Grundbuchamts Herrenberg vom 4. Juni 2014 dieses anzuweisen war, den Kostenansatz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats durchzuführen, d.h. gegebenenfalls von einem solchen abzusehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §81 Abs. 8 GNotKG.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist gemäß §81 Abs. 3 S. 3 GNotKG nicht möglich.