Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 06.02.2013, Az.: 1 Ws 70/13
Grundsätze zur Unanfechtbarkeit der nach § 395 Abs. 3 StPO erfolgten Nebenklagezulassung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 06.02.2013
- Aktenzeichen
- 1 Ws 70/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 34162
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2013:0206.1WS70.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück - 04.12.2012
Rechtsgrundlagen
- § 395 Abs. 3 StPO
- § 396 Abs. 2 StPO
Fundstellen
- StRR 2013, 162-163
- StraFo 2013, 212
- ZAP 2013, 510
- ZAP EN-Nr. 274/2013
Amtlicher Leitsatz
Die Zulassung der Nebenklage gemäß § 395 Abs. 3 StPO hat konstitutive Wirkung und bindet auch das Rechtsmittelgericht.
Die Beschwer des Nebenklägers kann in diesen Fällen nicht mit dem Argument, die Voraussetzungen des Anschlusses als Nebenkläger hätten nicht vorgelegen, nicht verneint werden.
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Nebenklägerin wird der Beschluss des Landgerichts Osnabrück vom 4. Dezember 2012,
durch den es die Berufung der Nebenklägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Lingen vom 23. Juli 2012 als unzulässig verworfen und ihr die notwendigen Auslagen des Angeklagten auferlegt hat,
aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und insoweit entstandene notwendige Auslagen der Nebenklägerin fallen der Staatskasse zur Last; der Angeklagte hat ihm insoweit entstandene notwendige Auslagen selbst zu tragen.
Gründe
Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hatte den Angeklagten wegen Betruges in neun Fällen zum Nachteil der Frau S...-M ... angeklagt, die vom Amtsgericht Lingen mit Beschluss vom 12. Januar 2012 gemäß §§ 395 Abs. 3, 396 StPO als Nebenklägerin zugelassen worden ist. Das Amtsgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 23. Juli 2012 wegen Betruges in sechs Fällen - unter Freisprechung im Übrigen - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
Die hiergegen frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Nebenklägerin hat das Landgericht Osnabrück mit Beschluss vom 4. Dezember 2012 als unzulässig verworfen. Die Nebenklägerin sei nicht durch ein Nebenklagedelikt im Sinne des § 395 StPO verletzt, weshalb es für die Zulässigkeit der Berufung an der notwendigen Beschwer der Nebenklägerin fehle. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 4. Dezember 2012 Bezug genommen.
Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der Nebenklägerin ist zulässig und begründet.
Zwar zählt der gegen den Angeklagten erhobene Vorwurf des Betruges zum Nachteil der Geschädigten nicht zu den in § 395 Abs. 1 StPO aufgezählten Delikten, die zum Anschluss als Nebenkläger berechtigen, weshalb das Amtsgericht die Geschädigte zunächst nicht als Nebenklageberechtigte zugelassen hatte. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Geschädigten, mit der sie geltend gemacht hat, sie sei durch die Betrugshandlungen in ihrer Lebensführung und auch psychisch nachhaltig und schwerwiegend belastet worden, hat das Amtsgericht die Geschädigte mit Beschluss vom 12. Januar 2012 gemäß §§ 395 Abs. 3, 396 StPO als Nebenklägerin zugelassen. Anders als ein gemäß § 395 Abs. 1 oder Abs. 2 StPO ergangener Zulassungsbeschluss begründet die auf § 395 Abs. 3 StPO gestützte Zulassung einen materiellen Anschlussgrund mit konstitutiver Wirkung. Sie ist durch § 396 Abs. 2 StPO jeder Anfechtung entzogen und bindet auch das Rechtsmittelgericht, mit der Folge, dass das Landgericht bei der im Rahmen der Zulässigkeit der Berufung zu prüfenden Beschwer der Nebenklägerin deren Nebenklageberechtigung nicht abweichend von der materiellen Entscheidung des Amtsgerichts beurteilen darf (vgl. BGH NJW 2012, 2601 [BGH 09.05.2012 - 5 StR 523/11]; OLG Düsseldorf NStZ 1994, 49 mit Anm. Rössner NStZ 1994, 506; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1997, 11).
Da der Angeklagte nur in sechs von neun Fällen der ihm vorgeworfenen Betrugstaten zu Lasten der Nebenklägerin verurteilt und im Übrigen freigesprochen worden ist, ist sie durch das angefochtene Urteil beschwert.
Der Beschluss des Landgerichts vom 4. Dezember 2012 war deshalb aufzuheben.
Die Kostenentscheidung entspricht §§ 473 Abs. 3, 465 StPO.