Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 20.06.2012, Az.: 4 A 51/12
Rechtmäßigkeit der Nichtversetzung eines Schülers in die Qualifikationsphase des Fachgymnasiums aufgrund fehlender Erwartung der erfolgreichen Mitarbeit im folgenden Schuljahrgang
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 20.06.2012
- Aktenzeichen
- 4 A 51/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 27467
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2012:0620.4A51.12.0A
Rechtsgrundlagen
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Da eine Nichtversetzung erheblichen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung eines Schülers haben und sich negativ auf dessen schulische Entwicklung auswirken kann, besteht regelmäßig ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Nichtversetzung.
- 2.
In einem Rechtsstreit um die Nichtversetzung prüft das Verwaltungsgericht nur, ob die dem Konferenzbeschluss zugrunde liegenden Erwägungen und die versetzungsrelevante Notenfindung im Einklang mit den Rechts- und Verwaltungsvorschriften stehen, ob von richtigen Voraussetzungen und sachlichen Erwägungen ausgegangen wurde, ob der beurteilungsrelevante Sachverhalt vollständig berücksichtigt worden ist und ob die Notengebung sich im Rahmen allgemein anerkannter pädagogischer Grundsätze oder Bewertungsmaßstäbe bewegt.
- 3.
Es ist nicht zu beanstanden, wenn in die Endnote für die 11. Klasse des Fachgymnasiums Technik die Halbjahresleistungen nach einer Gewichtung von 30% (1. Halbjahr) zu 70% (2. Halbjahr) einfließen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass seine Nichtversetzung in die Qualifikationsphase des Fachgymnasiums Technik der Beklagten rechtswidrig gewesen ist.
Nachdem der Kläger im Juli 2008 den Sekundarabschluss I (Realschulabschluss) erworben und anschließend von August 2008 bis Juni 2009 bei der Beklagten die einjährige Berufsfachschule für Realschülerinnen und Realschüler - Fachbereich: Informatik - erfolgreich absolviert und den Erweiterten Sekundarabschluss I erlangt hatte, besuchte er seit dem 6. August 2009 bei der Beklagten die Einführungsphase (11. Klasse) des Fachgymnasiums Technik - Schwerpunkt: Informationstechnik -. Das Fach Informationstechnik unterrichtete im ersten Halbjahr des Schuljahres 2009/2010 Studienrat G., der auch der Klassenlehrer des Klägers war. Im zweiten Halbjahr wurde der Unterricht in diesem Fach je zur Hälfte von Studienrat G. und Studienrat H. erteilt.
Während der Kläger in dem Halbjahreszeugnis vom 29. Januar 2010 in dem Fach Informationstechnik die Note "gut" erhalten hatte, wies das Schuljahreszeugnis vom 23. Juni 2010 für dieses Fach die Note "mangelhaft" aus und der Kläger wurde auf Beschluss der Klassenkonferenz vom 15. Juni 2010 nicht in die Qualifikationsphase (12. Klasse) versetzt. Hiergegen wandte sich der Kläger durch anwaltliches Schreiben vom 29. Juli 2010 mit dem Ziel, als Gesamtjahresleistung in dem Fach Informationstechnik mindestens die Zensur "ausreichend" festzustellen und seine Versetzung in die Qualifikationsphase zu beschließen. Zur Begründung machte der Kläger geltend: Er habe in dem Fach Informationstechnik ein "Mangelhaft" erhalten, weil er eine Arbeit nicht habe nachschreiben können. Dies habe seinen Grund darin gehabt, dass er aufgrund einer nachgewiesenen Schädelprellung krankheitsbedingt hierzu nicht in der Lage gewesen sei. Daraufhin sei seine Gesamtleistung mit "mangelhaft" bewertet worden, obwohl er noch in dem Zeugnis vom 29. Januar 2010 in diesem Fach ein "Gut" erzielt habe. Die Zensur in dem Fach Informationstechnik habe dazu geführt, dass er nicht versetzt worden sei.
Am 9. August 2010 führte die Beklagte eine Zensurenkonferenz (Abhilfekonferenz) durch, die einstimmig beschloss, dass es bei der Note 5 für den Kläger verbleibe.
Zu dem Widerspruch des Klägers gegen die Notenvergabe in dem Fach Informationstechnik nahm Studienrat G. unter dem 9. August 2010 unter anderem wie folgt Stellung:
Für die Schulhalbjahresnote wurden eine Klassenarbeit, der schriftliche Teil einer Präsentation, der mündliche Teil einer Präsentation und die mündliche Mitarbeit herangezogen. Die rechnerische Leistung des ersten Schulhalbjahres von Herrn I. betrug 72,3%, das entspricht der Note 3+. Zur Motivation von Herrn I. erteilte ich trotzdem die im Zeugnis ausgewiesene Note "2" wegen seiner aufsteigenden Leistungstendenz im ersten Halbjahr. Ihm und auch anderen ebenso begünstigten Schülern wurde allerdings bei der Notenverkündung mehrmals deutlich gemacht, dass die rechnerische prozentuale Leistung für das erste Schulhalbjahr für die Berechnung der Schuljahresnote herangezogen wird.
... Zur Note des zweiten Schulhalbjahres bringt jeder der beteiligten Fachlehrer für das Fach Informationstechnik mindestens eine Klassenarbeit und eine mündliche Note ein. Bei mir schrieb Herr I. eine Klassenarbeit, die sehr schwach ausfiel. Eine zweite Klassenarbeit, die ich wegen einiger schwächerer Schüler zur Verbesserung ihrer Leistungen angesetzt hatte, konnte Herr I. mit ärztlichem Attest entschuldigt weder mitschreiben noch nachschreiben. Somit ging für meinen Unterrichtsteil nur seine erste Klassenarbeit des Schulhalbjahres in den Bereich der schriftlichen Leistungen ein. Die von mir erteilte mündliche Note fiel ebenso schwach aus, da Herr I. sich lt. meiner Liste für die mündliche Mitarbeit nicht ein Mal beteiligt hatte und er auf direktes Ansprechen in keinem dieser Fälle eine Lösung zu Problemstellungen anführen konnte. Hausaufgaben wurden teilweise nicht erledigt. Punkte im Bereich der mündlichen Leistung konnte er für seine Arbeitsergebnisse am PC erbringen, die in seinem Netzwerkordner abgelegten Ergebnisse waren allerdings fehlerhaft, unvollständig oder Aufgaben fehlten vollständig. Die rechnerischen mündlichen und schriftlichen prozentualen Leistungen von Herrn I. für das zweite Schulhalbjahr betrugen bei mir 29,7%. Die rechnerischen mündlichen und schriftlichen prozentualen Leistungen ... für das zweite Schulhalbjahr bei Herrn H. betrugen 48%. Diese beiden prozentualen Leistungen gemittelt ergab eine Gesamtleistung für das zweite Schulhalbjahr mit 37%. Bei einer festgelegten Gewichtung von 30/70 (vgl. letzter Absatz) für das erste bzw. zweite Schulhalbjahr ergab sich zu der Zeugniskonferenz eine Gesamtleistung von 49% - das entspricht der Note 4-.
In der von Herrn H. und mir geführten Notenbesprechung für das Festlegen der Schuljahresnoten für die Klasse war nach den Vorschriften grundsätzlich zu beachten: "Der Festsetzung der Noten zum Ende eines Schuljahres sind die im gesamten Schuljahr erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung der Leistungsentwicklung zugrunde zu legen." ... Die Leistungsentwicklung von Herrn I. war regressiv. Im Hinblick auf die Entwicklung Herrn J. in der 12. und 13. Jahrgangsstufe wurde die Zeugnisnote "5" erteilt.
Wegen der Gewichtung der Noten beider Schulhalbjahre erhob die Herrn I. zum Ende des ersten Schulhalbjahres erteilte Zeugnisnote "2" bei der Festlegung der Schuljahresnote keinen Anspruch auf ein Bestehen im Fach Informationstechnik. Weil das zweite Schulhalbjahr lt. der Vorgaben höher zu gewichten ist als das erste Schulhalbjahr, geht das erste Schulhalbjahr nur mit 30% in die Schuljahresnote ein. Den Schülern der Klasse wurden zu Beginn des Schuljahres die Kriterien zur Benotung und Gewichtung der Klassenarbeiten und Schulhalbjahre mitgeteilt. Das bestätigte auch der anwesende Klassensprecher in der Abhilfekonferenz vom 9.8.2010. Zudem werden keine gerundeten Schulhalbjahresnoten, also wie bei Herrn I. eine 2,0 für die Schuljahresnote herangezogen, sondern die tatsächlich erzielten prozentualen Leistungen.
In dem "Bericht zur Bewertung von Herrn K. im Lernfeld 'Technische Systeme hinsichtlich Aufbau und Funktion analysieren' des Unterrichtsfaches Informationstechnik im 2. Schulhalbjahr 2009/2010" des Studienrats H. vom 11. August 2010 hieß es unter anderem:
Die Gesamtzensur für das o. g. Lernfeld setzt sich aus einer eineinhalbstündigen Klausur, einem angekündigten Test und zwei mündlichen Noten zusammen. Die schriftlichen Leistungen bilden 50 Prozent der Lernfeldzensur, in diesem Fall durch die eineinhalbstündige Klausur belegt. Mit ebenfalls 50 Prozent der Lernfeldzensur wurde die mündliche Leistung bewertet. Sie setzt sich für das Halbjahr aus zwei mündlichen Noten und einem Test zusammen, die jeweils gleich gewichtet wurden, also jeweils mit 16,66 Prozent der Gesamtnote des Lernfeldes.
Die Klausur wurde von Herrn K. mit 53 Prozent bewertet, dies entspricht als Zensur einer vier.
Der Test wurde mit 31 Prozent bewertet, dies entspricht einer schwachen fünf als Zensur.
Grundlage für die Bewertung der mündlichen Leistung bildet die mündliche Beteiligung, die unterrichtliche Mitarbeit beim Lösen der gestellten Aufgaben und die Häufigkeit der Anfertigung und Qualität der Hausaufgaben.
Die mündliche Beteiligung in der ersten Hälfte des zweiten Halbjahres war bei Ansprache vorhanden, die Aufgaben wurden ohne persönliche Aufforderung bearbeitet.
Für die zweite Hälfte ist festzuhalten, dass eine mündliche Beteiligung nahezu nicht wahrnehmbar war, die Aufgaben wurden häufig erst nach persönlicher Aufforderung bearbeitet und die Anfertigung der Hausaufgaben beschränkte sich auf ein Mal.
Durch die zuvor angeführte Gewichtung ergibt sich eine 4- als Lernfeldnote. Nach dem Bewertungssystem des Fachgymnasiums lässt sich eine Prozentzahl von 48 Prozent zuordnen.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Nds. Landesschulbehörde unter anderem eine weitere Stellungnahme des Studienrats G. zu den Grundsätzen der Leistungsbewertung, zur Festsetzung der Gewichtung durch die Fachkonferenz und zu der Leistungsbewertung des Klägers ein und traf in einer schulfachlichen Stellungnahme vom 15. September 2010 im Wesentlichen folgende Feststellungen:
Die durch die Fachkonferenz festgelegte Notengewichtung von 30% zu 70% im ersten Halbjahr der Klasse 11 zum zweiten Halbjahr begründet sich wie folgt:
Im ersten Halbjahr werden die Grundlagen und Wiederholungsinhalte unterrichtet, um den Schülerinnen und Schülern, die aus unterschiedlichen Schulformen und mit unterschiedlichen Vorkenntnissen kommen, einen einheitlichen Bildungsstand zu vermitteln. Die Inhalte des zweiten Halbjahres der Klasse 11 entsprechen dem Leistungsniveau des Fachgymnasiums.
Im zweiten Halbjahr zeigte der Schüler Herr I. erhebliche Leistungseinbrüche sowohl im schriftlichen als auch im mündlichen Bereich.
...
Aufgrund dieser Entwicklungen haben sich die unterrichtenden Lehrkräfte entschlossen, die rein rechnerisch ermittelte Note von 4- auf die Note mangelhaft festzulegen. Es ist nicht zu erwarten, dass Herr I. die notwendigen Leistungen erbringen kann, die in Klasse 12 erwartet werden.
...
Die Nds. Landesschulbehörde wies den Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid vom 12. November 2010 zurück und begründete dies unter anderem wie folgt:
Gemäß § 59 Abs. 4 Satz 1 Nds. Schulgesetz (NSchG) könne eine Schülerin oder ein Schüler den nächsthöheren Schuljahrgang einer Schulform oder eines Schulzweiges erst besuchen, wenn die Klassenkonferenz entschieden habe, dass von ihr oder ihm eine erfolgreiche Mitarbeit in diesem Schuljahrgang erwartet werden könne (Versetzung). Eine solche Versetzung finde an Fachgymnasien nach § 4 der Anlage 7 der Verordnung über berufsbildende Schulen (BbS-VO) nur von der Einführungsphase in die Qualifikationsphase statt. Von einer erfolgreichen Mitarbeit sei auszugehen, wenn die Leistungen 1. in allen Lernbereichen mindestens mit der Note "ausreichend", 2. in nicht mehr als zwei Fächern mit der Note "mangelhaft", 3. in keinem Fach mit der Note "ungenügend", 4. in dem in § 7 Abs. 4 bis 6 der Anlage 7 BbS-VO genannten ersten Prüfungsfach nicht mit der Note "mangelhaft" und 5. in nicht mehr als einem der in § 7 Abs. 4 bis 6 der Anlage 7 BbS-VO genannten zweiten und dritten Prüfungsfächer mit der Note "mangelhaft" bewertet worden seien. Der Kläger erfülle diese Voraussetzungen für die Versetzung nicht. Er sei in dem Fach Informationstechnik mit "mangelhaft" bewertet worden. Dabei handele es sich um das erste Prüfungsfach im Sinne des § 7 Abs. 5 der Anlage 7 BbS-VO. Werde die Leistung im ersten Prüfungsfach mit der Note "mangelhaft" bewertet, sei die Schülerin oder der Schüler im Umkehrschluss zu § 4 Nr. 4 der Anlage 7 zu § 33 BbS-VO nicht zu versetzen.
Die Note "mangelhaft" in dem Fach Informationstechnik sei auch zu Recht erteilt worden. Die Ausführungen der beiden Lehrkräfte, die dieses Fach gemeinsam unterrichtet hätten, seien nachvollziehbar. Der Kläger sei im 1. Halbjahr von Herrn G. unterrichtet und mündlich mit 3 (70%) bewertet worden. In der Klassenarbeit habe er die Note 2 (80%) erreicht. Für eine Präsentation und die mit Power Point gestaltete Präsentationsvorlage habe er zusammen die Note 3 (67%) erhalten. Insgesamt habe er im ersten Halbjahr die Note 2 (72,3%) erreicht. Im zweiten Halbjahr sei der Kläger in dem Fach Informationstechnik jeweils zur Hälfte von Herrn G. und Herrn H. unterrichtet worden. Bei Herrn G. habe er lediglich eine mündliche Leistung von 20% (5-) erreicht. Die erste Klassenarbeit sei mit 37% (5) bewertet worden. Die zweite Klassenarbeit sei nicht zur Leistungsbewertung herangezogen worden, weil der Kläger entschuldigt an dieser nicht habe teilnehmen können. Insgesamt habe er bei Herrn G. im zweiten Halbjahr 29,7% (5) erreicht. Nach dem Beschluss der Fachkonferenz sei die schriftliche Leistung gleich oder höher als die mündliche Leistung zu bewerten. Die tatsächliche Gewichtung liege im Ermessen der jeweiligen Lehrkraft. Bei Herrn H. habe der Kläger in der Klassenarbeit 53% (4) erreicht. Als mündliche Einzelnoten habe er eine 4,0 und eine 4,3 erhalten. In einem Test, der in die mündliche Note eingeflossen sei, habe er eine 5 geschrieben. Daher habe er bei Herrn H. im zweiten Halbjahr eine 4- (48%) erhalten. Demzufolge habe der Kläger im zweiten Halbjahr insgesamt 38,85% (29,7% bei Herrn G. und 48% bei Herrn H.) erreicht.
Die Fachkonferenz für das Fach Informationstechnik habe eine Gewichtung der Halbjahre von 30% (1. Halbjahr) zu 70% (2. Halbjahr) beschlossen. Diese Gewichtung sei sowohl recht- als auch zweckmäßig. Im ersten Halbjahr seien lediglich Grundlagen und Wiederholungsinhalte unterrichtet worden. Erst im zweiten Halbjahr hätten die Inhalte voll dem Leistungsniveau des Fachgymnasiums entsprochen. Die Klassenarbeiten des 2. Halbjahres seien im Gegensatz zu der des ersten Halbjahres fachspezifisch vertiefend gewesen. Unter Zugrundlegung dieser Gewichtung habe der Kläger in dem Fach Informationstechnik für das gesamte Schuljahr rein rechnerisch 48% (4-) erreicht.
Die Lehrer seien jedoch bei der Notenvergabe nicht strikt an rechnerische Durchschnittsnoten gebunden. Sie müssten vielmehr bei der Notenvergabe in pädagogischer Verantwortung eine Gesamtbetrachtung vornehmen. § 22 Abs. 2 BbS-VO lege fest, dass zur Festsetzung der Noten zum Ende eines Schuljahres die im gesamten Schuljahr erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung der Leistungsentwicklung zugrunde zu legen seien. Die Lehrkräfte führten nachvollziehbar aus, dass bei dem Kläger offensichtlich eine negative Tendenz vorgelegen habe. Im zweiten Halbjahr habe er sowohl im schriftlichen als auch im mündlichen Bereich erhebliche Leistungseinbrüche gezeigt. Herr G. führe aus, dass sich der Kläger im zweiten Halbjahr laut seiner Liste nicht ein einziges Mal beteiligt habe und auch auf Aufforderung keine Lösung zu den Problemstellungen habe anführen können. Auch die Hausaufgaben seien nur teilweise erledigt worden. Ebenso seien die Arbeitsergebnisse am PC fehlerhaft oder unvollständig gewesen oder die Aufgaben hätten vollständig gefehlt. Herr G. beschreibe die Leistungen als regressiv. Auch Herr H. beschreibe die Leistungen des Klägers über das zweite Halbjahr als abfallend. Zu Beginn dieses Halbjahres sei eine mündliche Beteiligung auf Aufforderung noch vorhanden, in der zweiten Hälfte des zweiten Halbjahres sei eine mündliche Mitarbeit nahezu nicht wahrnehmbar gewesen. Die Hausarbeiten habe er lediglich ein Mal angefertigt. Daher hätten die Lehrkräfte zu Recht entschieden, dass eine erfolgreiche Mitarbeit des Klägers im höheren Schuljahr nicht habe erwartet werden können. Die Abwärtstendenz des zweiten Halbjahres lasse darauf schließen, dass der Kläger in der Qualifikationsphase keine ausreichenden Leistungen erbringen werde. Aufgrund dessen hätten die Lehrkräfte zu Recht die Note "mangelhaft" vergeben.
Der Kläger hat am 20. Dezember 2010 Klage erhoben, mit der er zunächst unter Aufhebung des Zeugnisses der Beklagten und des Widerspruchsbescheides der Nds. Landesschulbehörde seine Versetzung in die Qualifikationsphase des Fachgymnasiums Technik begehrt hat. Nach Wiederholung der Einführungsphase (11. Klasse) in dem Schuljahr 2010/2011 geht es ihm nunmehr um die Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Nichtversetzung.
Zur Begründung macht der Kläger ergänzend zu seinem Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren im Wesentlichen geltend:
Seine Nichtversetzung habe daran gelegen, dass er in dem Fach Informationstechnik ein "mangelhaft" erhalten habe. Diese Zensur sei ihm gegeben worden, weil er eine Klassenarbeit nicht habe nachschreiben können. Diese Verfahrensweise sei nicht korrekt. Auch in den Stellungnahmen der Schule, insbesondere in der des Fachlehrers sei der erhebliche (mangelhafte) Leistungsabfall nicht begründet worden. Er, der Kläger, habe in dem Halbjahreszeugnis in diesem Fach noch ein "gut" erzielt. Die Lehrkräfte hätten zwar aufgeführt, dass es eine negative Tendenz gegeben und insbesondere die Beteiligung am Unterricht nachgelassen habe, dies werde aber keinesfalls dokumentiert und durch konkrete Nachweise belegt. Selbst wenn man die Auflistung der Lehrer als richtig unterstelle, wäre bei der eigenen Gewichtung noch rein rechnerisch ein "ausreichend" zu verteilen gewesen. Gerade im Hinblick auf die Bedeutung dieser Zensur sei es ermessensfehlerhaft, wenn hier ein "mangelhaft" erteilt werde. Der Sprung von einer "2" auf eine "5" sei nur in Ausnahmefällen belegbar. Dies müsse besonders begründet werden, was hier nicht geschehen sei. Selbst wenn angeblich ein erheblicher Leistungseinbruch stattgefunden habe, gehöre es zu den Aufgaben eines Pädagogen, entsprechend gegenzusteuern, weil sich seine Intelligenz wohl kaum so drastisch verschlechtert habe könne. Man habe ihn auch nicht bereits vorher darauf aufmerksam gemacht, dass seine mündlichen Leistungen angeblich nicht ausreichend seien. Es müsse bei der Bewertung der Leistung auch berücksichtigt werden, dass krankheitsbedingte Fehlzeiten nicht auf sein Verschulden zurückzuführen seien. Er habe am 9. Juni 2010 eine Gehirnerschütterung erlitten und habe deshalb die zweite Klassenarbeit nicht mitschreiben können.
Die Entscheidung der Beklagten sei auch willkürlich. Einerseits sei ihm zunächst in dem Fach Informationstechnik die Note "gut" gegeben worden, um seine Motivation zu stärken, obwohl angeblich die Gesamtbewertung lediglich eine "3+" gerechtfertigt habe. Andererseits werde ihm bei einer mathematisch berechneten "4-" in einem derart wichtigen Fach trotz der rechnerisch ausreichenden Leistung eine "5" gegeben, und das nur, damit die Versetzung in die nächste Klasse nicht stattfinden könne.
Zudem stimmten die Angaben der Beklagten, dass er sich nicht am Unterricht beteiligt oder die Haussaufgaben nicht gemacht habe, teilweise nicht. Vielmehr gebe es verschiedene ehemalige Mitschüler, die gegebenenfalls bestätigen könnten, dass diese Aussage so nicht zutreffend sei. Was die Hausaufgaben betreffe, so habe er stets versucht, diese in vollem Umfang zu erledigen. Wenn tatsächlich einmal Hausausgaben nicht erledigt worden seien, habe dies solche Bereiche betroffen, die im Unterricht nicht ausreichend besprochen worden seien. Insgesamt sei seine Leistung nicht so schlecht gewesen, wie sie von der Beklagten beurteilt worden sei.
Der Kläger beantragt
festzustellen, dass seine Nichtversetzung in die Qualifikationsphase des Fachgymnasiums Technik der Beklagten durch das Zeugnis der Beklagten vom 23. Juni 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Nds. Landesschulbehörde vom 12. November 2010 rechtswidrig gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
Sie erwidert unter anderem:
Die Leistungsbewertung für das Fach Informationstechnik in dem Zeugnis vom 23. Juni 2010 sei nach § 22 Abs. 2 BbS-VO rechtmäßig erfolgt. Danach seien der Festsetzung der Noten zum Ende eines Schuljahres die im gesamten Schuljahr erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung der Leistungsentwicklung zugrunde zu legen. Die der Versetzungsentscheidung zugrunde liegenden Leistungsbewertungen seien dabei gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Der den Lehrkräften zustehende pädagogische Beurteilungsspielraum könne lediglich daraufhin überprüft werden, ob ein fehlerfreies Bewertungsverfahren stattgefunden habe, die Grenzen des Bewertungsspielraumes eingehalten worden seien, die Lehrkräfte von richtigen Tatsachen ausgegangen seien und allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze beachtet hätten. Im Gegensatz zu der Auffassung des Klägers habe dabei eine rein rechnerische Festsetzung der Noten nicht zu erfolgen. Nach § 22 Abs. 2 BbS-VO habe die Festsetzung der Noten die Leistungsentwicklung des Schülers zu berücksichtigen. Grundlage der Bewertung in dem Zeugnis seien demnach nicht allein die schriftlichen oder mündlichen Lernkontrollen, sondern auch die Leistungsentwicklung des Schülers. Danach dürfe in die Notenbildung auch einfließen, dass die Entwicklung dieser Leistungen eine negative Tendenz erkennen lasse.
Rechtsfehlerhafte Leistungsbewertungen lägen hier nicht vor. Die rechnerische Leistung des Klägers im 1. Halbjahr, in dem Herr G. ihn unterrichtet habe, habe nach dem Bewertungssystem für das Fachgymnasium - 11. Jahrgang - 72,3% betragen, was der Note 3+ entspreche. Wegen der aufsteigenden Leistungstendenz habe Herr G. dem Kläger zu dessen Motivation die im Zeugnis ausgewiesene Note "gut" erteilt. In die Festsetzung der Note zum Ende des Schuljahres sei gleichwohl die rechnerisch ermittelte Leistungsbewertung eingeflossen. Im zweiten Halbjahr habe neben Herrn G. auch Herr H. den Kläger unterrichtet. Bei Herrn G. habe die rechnerische Leistung 29,7% und bei Herrn H. 48% betragen. Insgesamt habe der Kläger daher im zweiten Halbjahr 38,85% erreicht, was dem Bewertungssystem nach der Note 5 entspreche. Diese Note sei nicht unter Berücksichtigung der versäumten Klassenarbeit zustande gekommen. Diese sei nicht zur Leistungsbewertung herangezogen worden, weil der Kläger entschuldigt gefehlt habe. Die Begründung der Klage, die Bewertung "Mangelhaft" sei aufgrund dieses Versäumnisses zustande gekommen, gehe daher fehl.
Nach Beschluss der Fachkonferenz für das Fach Informationstechnik sei in dem Zeugnis am Ende des Schuljahres eine Gewichtung des 1. Halbjahres mit 30% sowie des 2. Halbjahres mit 70% vorzunehmen. Nach dieser Gewichtung sei die Leistung des Klägers für das gesamte Schuljahr rechnerisch mit 49% zu bewerten, was einer 4- entspreche.
Die Entscheidung hinsichtlich der Jahresendnote "mangelhaft" gehe neben dieser rechnerisch ermittelten Notenfestsetzung auf die negative Leistungsentwicklung des Klägers zurück. Seine Einzelnoten im 2. Schulhalbjahr ließen einen deutlichen Leistungsabfall sowohl im schriftlichen als auch im mündlichen Bereich erkennen. Während sich für das erste Halbjahr Einzelnoten von "gut" und "befriedigend" finden ließen, lägen sie im zweiten Halbjahr bei "ausreichend" sowie "mangelhaft". Das rapide Absinken der schriftlichen Leistungen sowie die starken Defizite im Bereich der mündlichen Mitarbeit begründeten die stark absteigende Leistungstendenz des Klägers. Vor diesem Hintergrund sei die erfolgreiche Mitarbeit des Klägers in der Qualifikationsphase nicht zu erwarten gewesen.
Im Übrigen sei die Behauptung des Klägers, es habe keinen Kontakt mit den Lehrkräften und kein Gespräch hinsichtlich seiner abfallenden Leistungstendenz gegeben, verwunderlich. Der Kläger selbst habe beispielsweise im 2. Halbjahr nach Rückgabe der Klassenarbeit das Gespräch mit Herrn G. gesucht. Hierzu verweise sie auf weitere Stellungnahmen der beiden Lehrkräfte vom 9. Mai 2011 und 17. Mai 2011.
In der Stellungnahme des Studienrats G. vom 9. Mai 2011 hieß es unter anderem:
Bei der Notenverkündung im Unterricht zum Ende des 1. Halbjahres wurde von mir besonders die Leistungssteigerung von Herrn I. hervorgehoben und auf dieser Basis zudem die bessere Note erteilt. Gleich anschließend wurde von mir die Klasse auch auf mögliche Konsequenzen einer absteigenden Tendenz hingewiesen.
Die Leistungstendenz von Herrn I. in dem von ihm gewählten Schwerpunktfach "Technik" im 2. Halbjahr war stark abfallend, gerade im Hinblick auf seine gute Leistungsentwicklung zum Ende des 1. Halbjahres. Entsprechend den Vorgaben der BBSVO ist das mit bei der Notenfestlegung zu berücksichtigen und kann aufgrund meiner Aufklärung der Klasse über diesen Zusammenhang dem Schüler keineswegs willkürlich erscheinen - im Gegenteil, es war ihm Sehrwohl bewusst.
Mit dem Beginn des 2. Halbjahres und dem Wechsel der Thematik von der Informationstechnik zur Metalltechnik hörte die Beteiligung von Herrn I. im Unterricht schlagartig auf und auch auf direktes Ansprechen bzw. mündliches Befragen zur neuen Thematik kamen keine oder stark fehlerhafte Aussagen. Die Klassenarbeit Nr. 1 im 2. Halbjahr brachte die Defizite von Herrn I. zum Vorschein.
Nach Rückgabe dieser Klassenarbeit wartete Herr I. nach dem Unterrichtsende noch so lange, bis alle Schülerinnen und Schüler den Raum verlassen hatten und sprach mich an. Er teilte mir mit, Zitat: "Herr G., das Thema liegt mir nicht ...!" Es kam zu einem längeren Gespräch, in dem ich Herrn I. zu verstehen gab, dass er alle Chancen auf ein Bestehen der 11. Klasse hätte, wenn er in der letzten Klassenarbeit eine 4 schreibt und sich mehr beteiligt. Trotz des Themenwechsels innerhalb der Metalltechnik wurde seine Beteiligung jedoch nicht besser und bei zwei Herrn I. ohne vorheriges Melden gestellten grundlegenden Fragen zu Werkstoffkurznamen konnte er nicht fachlich antworten, d.h., er gab mir verbal zu verstehen, dass er die Frage nicht beantworten könne.
Bei der Festlegung der Noten wird nicht die Intelligenz eines Schülers bewertet, sondern die Leistung eines Schülers unabhängig von seiner Intelligenz. Die Intelligenz eines Schülers muss nicht zwingend mit seiner gezeigten Leistung konform gehen.
Studienrat H. führte in seiner Stellungnahme vom 17. Mai 2011 aus:
Wie bereits in dem Bericht zu Herrn I. dargestellt, erfolgte eine erste Beurteilung durch die erste mündliche Note, welche einen Zwischenstand der mündlichen Leistungen ausweist.
Der nachfolgend geschriebene, angekündigte Test ist mit einer schwachen Fünf bewertet worden, was dem Schüler K. ebenfalls ein Feedback auf seine Leistungsstand gibt.
Die nahezu nicht erfolgte Anfertigung der Hausaufgaben (die Hausaufgaben wurden einmal angefertigt) wurde von mir mit dem Hinweis auf die negative Berücksichtigung in der Notengebung kommentiert.
Herr I. erhielt somit mehrere Rückmeldungen über seinen Leistungsstand.
Die Kammer hat durch Beschluss vom 27. März 2012 dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt, weil die Erfolgsaussichten der Klage offen seien und daher die betriebene Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte A) und der Nds. Landesschulbehörde (Beiakte B) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig (1.), bleibt aber in der Sache ohne Erfolg (2.).
1.
Der im Laufe des Verfahrens geänderte Klageantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung über die Nichtversetzung des Klägers in die Qualifikationsphase des Fachgymnasiums Technik der Beklagten ist nach § 113 Abs. 1 Satz 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig.
Hat sich ein Verwaltungsakt, dessen Aufhebung zunächst im Wege einer Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO begehrt worden ist, vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht nach dieser Vorschrift auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat (sog. Fortsetzungsfeststellungsklage). Hier hat sich die Entscheidung der Beklagten (in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Nds. Landesschulbehörde vom 12.11.2010), den Kläger im Anschluss an das Schuljahr 2009/2010 nicht zu versetzen, durch bloßen Zeitablauf erledigt, weil der Kläger die Einführungsphase (11. Klasse) des Fachgymnasiums Technik erfolgreich wiederholt hat und sich seit Beginn des Schuljahres 2011/2012 ohnehin bereits in der Qualifikationsphase befindet. Da aber eine Nichtversetzung erheblichen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung eines Schülers haben und sich negativ auf dessen schulische und/oder berufliche Entwicklung auswirken kann, besteht regelmäßig - wie auch im vorliegenden Fall - ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Nichtversetzung (so bereits: BVerwG, Urt. v. 14.07.1978 - VII C 11.76 -, BVerwGE 56. 155, zitiert nach [...]).
2.
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist aber unbegründet. Die in dem Zeugnis der Beklagten vom 23. Juni 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der
3.
Nds. Landesschulbehörde vom 12. November 2010 ausgesprochene Nichtversetzung des Klägers in die Qualifikationsphase des Fachgymnasiums Technik der Beklagten ist rechtmäßig gewesen und hat den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzt.
Gemäß § 59 Abs. 4 Satz 1 Nds. Schulgesetz (NSchG) kann eine Schülerin oder ein Schüler den nächsthöheren Schuljahrgang einer Schulform oder eines Schulzweigs erst besuchen, wenn die Klassenkonferenz entschieden hat, dass von ihr oder ihm eine erfolgreiche Mitarbeit in diesem Schuljahrgang erwartet werden kann (Versetzung). Danach enthält die Entscheidung darüber, ob eine Schülerin oder ein Schüler versetzt werden kann, eine pädagogisch-fachliche Prognose der für sie oder ihn zuständigen Klassenkonferenz (vgl. auch: § 35 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 5 NSchG). Näheres über die Voraussetzungen der Versetzung regelt für den vorliegenden Fall die Verordnung über berufsbildende Schulen (BbS-VO). In diesem Zusammenhang ist in § 4 der Anlage 7 zu § 33 BbS-VO (Ergänzende und abweichende Vorschriften für das Fachgymnasium) bestimmt, dass eine Schülerin oder ein Schüler von der Einführungsphase in die Qualifikationsphase eines Fachgymnasiums zu versetzen ist, wenn (unter anderem) die Leistungen in dem in § 7 Abs. 4 bis 6 der Anlage 7 zu § 33 BbS-VO genannten ersten Prüfungsfachnicht mit der Note "mangelhaft" bewertet worden sind (§ 4 Satz 2 Nr. 4 der Anlage 7 zu § 33 BbS-VO). Gemäß § 22 Abs. 2 BbS-VO sind der Festsetzung der Noten zum Ende eines Schuljahres die im gesamten Schuljahr erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung der Leistungsentwicklung zugrunde zu legen.
Sowohl der Klassenkonferenz bei ihrer Erfolgsprognose als auch den Lehrkräften bei der Notenvergabe steht ein der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogener Bewertungsspielraum zu, der mit der Rechtsstellung von Prüfern und Prüfungsgremien im Bereich einer fachlich-wissenschaftlichen Bewertung von Prüfungsleistungen vergleichbar ist (vgl. u.a.: Nds. OVG, Beschl. v. 20.03.2008 - 2 ME 83/08 - m.w.N.). Weder die Klassenkonferenz noch die Landesschulbehörde oder das Verwaltungsgericht können eine eigene Bewertung der versetzungsrelevanten Leistungen eines Schülers vornehmen oder der Lehrkraft eine Tendenz ihres pädagogisch-fachlichen Urteils vorschreiben. Entsprechendes gilt für die pädagogisch-fachliche Beurteilung durch die Klassenkonferenz. In einem Rechtsstreit um die Nichtversetzung prüft das Verwaltungsgericht daher nur, ob die dem Konferenzbeschluss zugrunde liegenden Erwägungen und die versetzungsrelevante Notenfindung im Einklang mit den Rechts- und Verwaltungsvorschriften stehen, ob von richtigen Voraussetzungen und sachlichen Erwägungen ausgegangen wurde, ob der beurteilungsrelevante Sachverhalt vollständig berücksichtigt worden ist und ob die Notengebung sich im Rahmen allgemein anerkannter pädagogischer Grundsätze oder Bewertungsmaßstäbe bewegt. Hierauf beschränkt sich die mögliche Fachaufsicht nach § 121 Abs. 2 NSchG wie auch die verwaltungsgerichtliche Kontrolle nach § 114 Satz 1 VwGO.
Im vorliegenden Fall hat die Klassenkonferenz am 15. Juni 2010, im Widerspruchsverfahren bestätigt durch die Abhilfekonferenz vom 9. August 2010, die Nichtversetzung des Klägers in die Qualifikationsphase beschlossen, weil seine Leistungen in dem Fach Informationstechnik, dem ersten Prüfungsfach in dem beruflichen Gymnasium Technik - Schwerpunkt: Informationstechnik - (vgl. § 7 Abs. 5 der Anlage 7 zu § 33 BbS-VO), mit der Note "mangelhaft" zu bewerten seien. Die Vergabe der Note "mangelhaft" in dem ersten Prüfungsfach ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu beanstanden. Dazu im Einzelnen:
Im Hinblick auf die Regelung des § 22 Abs. 2 BbS-VO sind hier für die Notenfestsetzung zum Ende des Schuljahres zunächst die von dem Kläger während des Schuljahres 2009/2010 erbrachten Leistungen zu ermitteln, und zwar unter Beachtung des durch Konferenzbeschluss für den 11. Jahrgang des Fachgymnasiums festgelegten, auf Prozentwerten beruhenden Notensystems.
In dem ersten Halbjahr des Schuljahres 2009/2010 hat der Kläger in dem von Studienrat G. (allein) unterrichteten ersten Prüfungsfach unter Berücksichtigung des beschlossenen Bewertungssystems für eine Klassenarbeit einen Prozentwert von 80 (Note 2), für eine Präsentation einen Prozentwert von 67 (Note 3) und für die mündliche Mitarbeit einen Prozentwert von 70 (Note 3+) erreicht, so dass in diesem Halbjahr seine erbrachten Leistungen bei einer von der Lehrkraft festgelegten Gewichtung von jeweils einem Drittel insgesamt einen Prozentwert von 72,3 (80 + 67 + 70 = 217 : 3) ergeben haben, was einer Note von 3+ entspricht. Da es nach den - die Lehrkräfte, die Widerspruchsbehörde und das Gericht bindenden - gesetzlichen bzw. verordnungsrechtlichen Vorgaben allein auf die von dem betroffenen Schüler erbrachten Leistungen ankommt, spielt es für die Festlegung der Schuljahresendnote keine Rolle, dass das dem Kläger für das erste Halbjahr 2009/2010 erteilte Zeugnis in dem Fach Informationstechnik die Note "gut" ausweist. Diese Zeugnisnote hat der Kläger, wie sich aus der Stellungnahme seines Fachlehrers vom 9. August 2010 nachvollziehbar ergibt, aus Gründen der Motivation wegen seiner aufsteigenden Leistungstendenz im ersten Halbjahr erhalten, wobei ihm aber - wie auch anderen ebenso begünstigten Schülern - bei der Notenvergabe durch Studienrat G. deutlich gemacht worden ist, dass für die Schuljahresendnote die rechnerische prozentuale Leistung für das erste Schulhalbjahr heranzuziehen sei. Daher vermag die allein zu Motivationszwecken vergebene "höhere" Zeugnisnote den sich nach den erbrachten Leistungen ergebenen rechnerischen Prozentwert von 72,3 (Note 3+) nicht zu ersetzen.
Für das zweite Schulhalbjahr ist zu berücksichtigen, dass das Fach Informationstechnik je zur Hälfte von Studienrat G. und von Studienrat H. unterrichtet worden ist und jeder der beteiligten Fachlehrer mindestens eine Klassenarbeit und eine mündliche Note für dieses Schulhalbjahr in die Notenfindung einbringen musste.
Hiervon ausgehend, hat der Kläger während des zweiten Halbjahres in dem von Studienrat G. erteilten Unterricht für eine Klassenarbeit einen Prozentwert von 37 (Note 5) und für die mündliche Mitarbeit einen Prozentwert von 20 (Note 5-) erhalten. Eine zweite Klassenarbeit, die von Studienrat G. angesetzt worden ist, um einigen schwächeren Schülern - wie auch dem Kläger - eine Verbesserung der Leistungen zu ermöglichen, konnte der Kläger krankheitsbedingt und entschuldigt weder mitschreiben noch nachschreiben, so dass für ihn neben der mündlichen Leistung (20% = 5-) nur eine Klassenarbeit mit einem Prozentwert von 37 (Note 5) in die Bewertung eingestellt worden ist. Daher haben seine schriftlichen und mündlichen Leistungen für den von Studienrat G. in dem zweiten Schulhalbjahr erteilten Unterricht, für den dieser eine Gewichtung von jeweils 28,6% für die Klassenarbeiten und von 42,9% für die mündliche Mitarbeit vorgesehen hatte, rechnerisch einen (gewichteten) Prozentwert von 29,7 ergeben (37 x 57,2% = 21,2% zuzüglich 20 x 42,9% = 8,6%).
Bei Studienrat H. hat der Kläger für eine Klassenarbeit einen Prozentwert von 53 (Note 4), für einen Test einen Prozentwert von 31 (Note 5) sowie für die mündliche Mitarbeit (M1 und M2) Prozentwerte von 52 (Note 4) und 49 (Note 4-) erhalten. Bei einer von der Lehrkraft festgelegten Gewichtung von 50% (Klassenarbeit) sowie je 16,6% für den Test und die beiden mündlichen Leistungen ergibt sich für den Unterrichtsteil bei Studienrat H. ein rechnerischer Prozentwert von 48,4, der sich aus Prozentwerten für die Klassenarbeit von 26,5 (53 x 50%), für den Test von 5,2 (31 x 16,6%) sowie für die mündliche Mitarbeit von 8,6 (M1 = 52 x
16,6%) und von 8,1 (M2 = 49 x 16,6%) zusammensetzt.
Unter hälftiger Berücksichtigung der von beiden Fachlehrern ermittelten/erteilten Prozentwerte/Noten führt dies bei dem Kläger für seine in dem zweiten Halbjahr des Schuljahres 2009/2010 erbrachten Leistungen zu ein Prozentwert von 39,05 (29,7 + 48,4 = 78,1 : 2).
Vor dem Hintergrund, dass die Fachkonferenz für die 11. Klasse des Fachgymnasiums beschlossen hat, die während des 1. Halbjahres erbrachten Leistungen mit 30% und die während des 2. Halbjahres erbrachten Leistungen mit 70% in die Festsetzung der Noten zum Ende des Schuljahres einfließen zu lassen, führt dieser Beschluss im Falle des Klägers für das erste Schulhalbjahr zu einem Prozentwert von 21,7 (72,3 x 30%) und für das zweite Schulhalbjahr von 27,3 (39,05 x 70%), so dass sich in dem Fach Informationstechnik nach den von dem Kläger während des gesamten Schuljahres erzielten Leistungen ein Prozentwert von 49 ergibt, was einer Note
von 4- entspricht.
Soweit der Kläger hinsichtlich der Gewichtung der Halbjahresleistungen von 30% zu 70% in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten hat, dass die Halbjahresprozentwerte/-noten jeweils zur Hälfte in die Schuljahresendnote hätten eingehen müssen, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Die von der Fachkonferenz festgelegte Notengewichtung hält sich innerhalb des der Beklagten bzw. der Fachkonferenz zustehenden pädagogisch-fachlichen Bewertungs- und Beurteilungsspielraums. Wie sich aus den Ausführungen des Klassenlehrers des Klägers, Studienrat G., vom 9. August 2010 und der schulfachlichen Stellungnahme der Nds. Landesschulbehörde vom 15. September 2010, an deren Richtigkeit zu zweifeln, keine Veranlassung besteht, ergibt, werden im ersten Halbjahr der Klasse 11 des Fachgymnasiums Grundlagen und Wiederholungsinhalte unterrichtet, um den Schülerinnen und Schülern, die aus unterschiedlichen Schulformen kommen und mit unterschiedlichen Vorkenntnissen das Fachgymnasium besuchen, einen einheitlichen Bildungsstand zu vermitteln, während "erst" die Inhalte des zweiten Halbjahres der Klasse 11 dem Leistungsniveau eines Fachgymnasiums entsprechen. Dies stellt einen sachlichen Grund dar, der es rechtfertigt, die in dem zweiten Schulhalbjahr erbrachten Leistungen, wie von der Fachkonferenz beschlossen, höher als die Leistungen aus dem ersten Halbjahr zu gewichten (hier: 70% zu 30%). Im Übrigen sind hier den Schülerinnen und Schülern, also auch dem Kläger, zu Beginn des Schuljahres 2009/2010 die Kriterien für die Benotung und insbesondere auch die unterschiedliche Gewichtung der Schulhalbjahre mitgeteilt worden, wie der anwesende Klassensprecher in der Abhilfekonferenz am 9. August 2010 bestätigt hat. Daher ist (auch) dem Kläger bekannt gewesen, dass seine während des ersten Schulhalbjahres erbrachten Leistungen nur zu 30% in die Schuljahresendnote einfließen, also den Leistungen des zweiten Halbjahres ein erheblich höheres Gewicht für die Frage der Versetzung in die Qualifikationsphase des Fachgymnasiums zukommt.
Die danach zutreffend von den Lehrkräften hinsichtlich der von dem Kläger während des Schuljahres 2009/2010 erbrachten Leistungen ermittelte Note von 4- bildete nach den Regelungen der §§ 59 Abs. 4 Satz 1 NSchG, 22 Abs. 2 BbS-VO die Grundlage für die sich anschließende Beurteilung, ob von dem Kläger unter Berücksichtigung seiner in der Einführungsphase gezeigten Leistungsentwicklung eine erfolgreiche Mitarbeit in der Qualifikationsphase des Fachgymnasium Technik zu erwarten gewesen ist. Diese Frage hat die zuständige Klassenkonferenz sowohl in der Zensurenkonferenz am 15. Juni 2010 als auch in der Abhilfekonferenz am 9. August 2010 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise mit der Begründung verneint, dass die deutlich negative Entwicklung der Leistungen des Klägers im zweiten Halbjahr eine erfolgreiche Mitarbeit in der Qualifizierungsphase nicht erwarten ließen.
Die den Kläger unterrichtenden Fachlehrer, die Studienräte G. und H., haben in ihren Stellungnahmen vom 9. August 2010, 11. August 2010 sowie 9. Mai 2011 und 17. Mai 2011 für die Kammer überzeugend und nachvollziehbar dargestellt und begründet, dass die Leistungsentwicklung des Klägers während des Schuljahres 2009/2010 in dem von ihm gewählten Schwerpunktfach regressiv bzw. stark abfallend gewesen ist. Lagen seine schriftlichen und mündlichen Leistungen während des ersten Schulhalbjahres noch in einem guten und befriedigenden Bereich (vergebene Noten: 2, 3+ und 3), waren sie im zweiten Halbjahr nur noch ausreichend [vergebene Noten: 4 (zweimal) und 4-] und mangelhaft [vergebene Noten: 5 (zweimal) und 5-]. Insbesondere berichten beide Fachlehrer aber auch übereinstimmend, dass sich der Kläger im zweiten Halbjahr gar nicht bzw. kaum wahrnehmbar oder allenfalls nach persönlicher/direkter Ansprache am Unterricht mündlich beteiligt hat und dass Hausaufgaben von ihm nur teilweise oder nur ein Mal angefertigt worden sind. In diesem Zusammenhang führt Studienrat G. in seiner Stellungnahme vom 9. Mai 2011 unter anderem aus, dass mit dem Beginn des zweiten Halbjahres und dem Wechsel der Thematik von der Informationstechnik zur Metalltechnik die Beteiligung des Klägers im Unterricht schlagartig aufgehört habe, dass auch auf direktes Ansprechen bzw. auf mündliches Befragen zur neuen Thematik keine oder stark fehlerhafte Aussagen gekommen seien und dass die Klassenarbeit Nr. 1 die Defizite des Klägers zum Vorschein gebracht habe. Im Übrigen hat der Kläger, wie in den Stellungnahmen der Lehrkräfte vom 9. Mai 2011 und vom 17. Mai 2011 im Einzelnen dargelegt wird, während des 2. Schulhalbjahres von den beteiligten Lehrkräften durch die ihm erteilten Noten sowie durch mündliche Hinweise und Gespräche mehrfach Rückmeldungen über seinen Leistungsstand erhalten.
Nach alledem steht für die Kammer fest, dass der Kläger in seiner Leistungsentwicklung während des zweiten Schulhalbjahres tatsächlich einen ganz erheblichen Einbruch zum Negativen hin vollzogen hat und dass sich seine Leistungen, was ihm auch bekannt gewesen ist, drastisch verschlechtert haben. Gerade vor dem Hintergrund, dass den Leistungen während des zweiten Schulhalbjahres wegen des auf Fachgymnasiumsniveau erteilten Unterrichts ein deutlich höheres Gewicht als dem "Wiederholungs- und Vertiefungskurs" des ersten Halbjahres beigemessen wurde und dies dem Kläger bekannt war, ist es daher rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Klassenkonferenz diese Entwicklung zum Anlass genommen hat, ihm in dem Fach Informationstechnik die Note "mangelhaft" zu geben und seine Nichtversetzung in die Qualifikationsphase zu beschließen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.