Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 15.08.2024, Az.: 1 B 218/24
Erweiterte Gewerbeuntersagung und Widerruf der Reisegewerbekarte
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 15.08.2024
- Aktenzeichen
- 1 B 218/24
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2024, 32659
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2024:0815.1B218.24.00
Rechtsgrundlagen
- GewO § 35
- GewO § 57
- VwGO § 80 Abs. 5
- VwVfG § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Mai 2024 wird insoweit wiederhergestellt, als die Reisegewerbekarte widerrufen (Ziff. 3) und der Antragsteller zur Rückgabe der Reisegewerbekarte aufgefordert wird (Ziff. 4) sowie ihm für den Fall der nicht fristgemäßen Rückgabe ein Zwangsgeld angedroht wird (Ziff. 5). Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
Der Antragsteller trägt 6/10, die Antragsgegnerin trägt 4/10 der Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung und den Widerruf der Reisegewerbekarte.
Der Antragsteller übt seit dem 16. März 2019 das Gewerbe "M." aus und ist seit 1999 Inhaber einer Reisegewerbekarte zum Aufsuchen von Bestellungen von Fisch.
Mit Schreiben vom 9. März 2023 regte das Finanzamt N. die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens gegen den Antragsteller aufgrund von Zahlungsrückständen in Höhe von 91.173,65 € an. Die Vollstreckung sei im Wesentlichen erfolglos verlaufen.
Daraufhin leitete die Antragsgegnerin ein Gewerbeuntersagungsverfahren gemäß § 35 Gewerbeordnung (GewO) ein. Grund dafür war, dass der Antragsteller seinen Verpflichtungen zur Entrichtung der Umsatz- und Einkommenssteuer nur unzureichend nachgekommen sei. Am 9. März 2023 hätten gegenüber dem Finanzamt N. Rückstände i. H. v. 91.173,65 € (vgl. Bl. 4f. des Verwaltungsvorganges) bestanden. Zudem seien die Umsatzsteuererklärungen 2020 und 2021 sowie die Erklärung zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages 2020 und 2021 nicht bzw. nicht fristgemäß abgegeben worden. Darüber hinaus habe sich der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt bei der Stadt H. im Zahlungsverzug befunden. Dort hätten Gewerbesteuerforderungen i. H. v. 34.240,00 € zzgl. Mahngebühren (16,00 €) und Säumniszuschlägen (15.120,00 €) bestanden. Es hätten darüber hinaus drei Eintragungen des Antragstellers im Schuldnerverzeichnis sowie zwei Eintragungen im Gewerbezentralregister bestanden.
Mit Schreiben vom 4. April 2023 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zu einer beabsichtigten erweiterten Gewerbeuntersagung und dem Widerruf der Reisegewerbekarte an. Nachdem der Antragsteller sich nicht zu dem Sachverhalt äußerte, erfolgte mit Schreiben vom 21. Februar 2024 die letzte Anhörung. Die Antragsgegnerin wies darauf hin, dass sich die Umsatz- und Einkommenssteuerrückstände laut Mitteilung des Finanzamtes N. vom 13. Februar 2024 dort auf 193.521,14 € erhöht hätten. Eine Äußerung des Antragstellers erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 27. Mai 2024 untersagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Ausübung des Gewerbes "M." sowie jede weitere selbstständige Gewerbetätigkeit und erstreckte die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person (Ziff. 1 und 2 des Bescheides). Unter Ziff. 3 widerrief sie die Reisegewerbekarte Nr. 1854 zum Aufsuchen von Bestellungen von Fisch vom 19. Februar 1999 und setzte zur Abwicklung der betrieblichen Angelegenheiten und zur Rückgabe der Erlaubnisurkunde (Reisegewerbekarte) eine Frist bis zum 30. Juni 2024 (Ziff. 4 des Bescheides). Für den Fall, dass nach Ablauf dieser Frist die Erlaubnisurkunde nicht fristgemäß zurückgegeben werde und/ oder die gewerbliche Tätigkeit fortgesetzt werde, drohte sie ein Zwangsgeld i. H. v. 2.000,00 € an (Ziff. 5 des Bescheides). Außerdem ordnete sie die sofortige Vollziehung an (Ziff. 6 des Bescheides) und legte dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens i. H. v. 599,00 € auf (Ziff. 7 des Bescheides).
Zur Begründung führte die Antragsgegnerin an, dass die unter Ziff. 1 des Bescheides erfolgte Gewerbeuntersagung auf § 35 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO) beruhe. Die Abgabenrückstände beim Finanzamt N. hätten sich von 91.173,65 € (9. März 2023) auf 197.342,85 € (24. Mai 2024) erhöht. Daneben bestünden unter einer weiteren Steuernummer Abgabenrückstände i. H. v. 77.981,43 €. Es seien zwar diverse Einzahlungen von Konten Dritter erfolgt. Diese seien jedoch nicht geeignet gewesen, die Steuerrückstände insgesamt nennenswert zu reduzieren. Vollstreckungsmaßnahmen seien daran gescheitert, dass der Antragsteller für seine Geschäftstätigkeit das Konto seiner Ehefrau nutze, um sich dadurch bewusst dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger zu entziehen. In diesem Zusammenhang sei er vom Amtsgericht O. wegen des Tatvorwurfs der Steuerhinterziehung mit Urteil vom 6. September 2023 rechtskräftig zu einer Gesamtgeldstrafe i. H. v. 450 Tagessätzen zu je 60,00 €, mithin 27.000,00 € verurteilt worden (Az. P.). Durch die zur Last gelegte Tat habe der Antragsteller zu Unrecht einen Betrag i. H. v. 106.380,00 € erlangt, dessen Einziehung angeordnet worden sei. Gegenüber der Antragsgegnerin würden für den Veranlagungszeitraum 2017, 2019 und 2020 inkl. Verspätungszuschlägen Gewerbesteuerrückstände i. H. v. 36.975,60 € bestehen. Gegenüber der Minijob-Zentrale bestünden für den Zeitraum März 2023 rückständige Sozialversicherungsbeiträge i. H. v. 172,56 €. Im Restschuldbefreiungsverfahren unter dem Az. Q. sei dem Antragsteller vom Amtsgericht H. mit Beschluss vom 6. November 2022 rechtskräftig Restschuldbefreiung erteilt worden. Diese erstrecke sich jedoch lediglich auf solche Forderungen, die bereits zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung vorhanden gewesen seien. Die o.g. Forderungen seien erst nach diesem Zeitpunkt entstanden. Es bestünden zwei Eintragungen bei dem zentralen Vollstreckungsgericht Goslar. Diese würden grundsätzlich auf ungeordnete Lebensverhältnisse, mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und somit auf die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit hindeuten. Das Vermögen der Allgemeinheit sei als besonders wichtiges Rechtsgut in hohem Maße schutzwürdig. Mit dem Verhalten des Antragstellers schwäche er das Vermögen der Allgemeinheit und die staatliche Leistungsfähigkeit. Daneben verschaffe er sich ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenten, welche rechtzeitig ihren Verpflichtungen nachkommen. Der Antragsteller habe steuer- und beitragsrechtliche Zahlungs- und Erklärungspflichten regelmäßig vernachlässigt und keinen Versuch unternommen, eine Ratenzahlungsvereinbarung zu schließen. Sein Verhalten lasse darauf schließen, dass er keine Gewähr dafür biete, in Zukunft sein Gewerbe ordnungsgemäß auszuüben. Er sei - auch unter Berücksichtigung des ausgedehnten Zeitraums seiner steuer- und beitragsrechtlichen Verfehlungen - nicht gewillt oder mangels wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nicht in der Lage, die beruflichen Pflichten eines Gewerbetreibenden zu erfüllen. Zudem lasse die Höhe der rückständigen Forderungen erkennen, dass es dem Antragsteller womöglich an der für die Ausübung eines Gewerbebetriebes nötigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mangele. Der Ausspruch zur erweiterten Gewerbeuntersagung (Ziff. 2 des Bescheides) sei nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO erfolgt. Die o. g. Tatsachen rechtfertigten die Annahme, dass der Antragsteller auch hinsichtlich aller künftigen gewerberechtlichen Tätigkeiten als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes Beauftragter unzuverlässig sei. Die Missachtung öffentlich-rechtlicher Zahlungs- und Erklärungspflichten sei nicht branchenspezifisch, sondern habe gewerbeübergreifenden Charakter. Der unter Ziff. 3 des Bescheides erfolgte Widerruf der Reisegewerbekarte beruhe auf § 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) i. V. m. § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Gemäß § 57 Abs. 1 GewO sei die Reisegewerbekarte zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass der Antragsteller die für die beabsichtigte Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf die Ausführungen zu Nr. 1 verwiesen. Die Rückforderung der Reisegewerbekarte (Ziff. 4 des Bescheides) beruhe auf §§ 1 Abs. 1 NVwVfG, 52 VwVfG und damit solle sichergestellt werden, dass der Antragsteller seinem Reisegewerbe nicht unrechtmäßig weiter nachgehe. Die Zwangsgeldandrohung (Ziff. 5 des Bescheides) sei nach § 70 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (NVwVG) i. V. m. §§ 64, 65, 67 und 70 Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) erfolgt. Ein Zwangsgeld i. H. v. 2.000,00 € werde als verhältnismäßig angesehen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung (Ziff. 6 des Bescheids) sei im besonderen öffentlichen Interesse erforderlich, da der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Steuer- und Beitragsausfällen höher zu gewichten sei als die Gewinnerzielungsabsicht des Antragstellers. Es sei zu befürchten, dass bei einer Weiterführung der Tätigkeit bis zum Abschluss eines möglichen Klageverfahrens die steuer- und beitragsrechtlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten weiterhin vernachlässigt würden und die dadurch zu erwartenden Steuer- und Beitragsausfälle weiterhin eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellten. Die Kostenentscheidung (Ziff. 7 des Bescheids) folge aus §§ 1, 3, 5 und 9 Niedersächsisches Verwaltungskostengesetz (NVwKostG) i. V. m. § 1 Abs. 1 und lfd. Nr. 40.1.14.1 der Anlage der Verordnung über die Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen und Leistungen (AllGO) i. V. m. dem Kostentarif der Stadt Wolfsburg.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 24. Juni 2024 Klage erhoben (1 A 217/24) und den vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.
Zur Klage- und Antragsbegründung führt er aus, dass die Höhe der Steuerschulden aufgrund von Schätzungen entstanden sei, welche nicht den tatsächlichen Verkauf in seinem Fischgeschäft darstellen würden. Dies sei ihm erst nach der Beauftragung einer Steuerberaterkanzlei bewusst geworden, als er nicht mehr gegen die Bescheide habe vorgehen können. Er habe eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt getroffen, die er pünktlich und regelmäßig bediene. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass die strafrechtliche Verurteilung maßgeblich für eine Untersagung sein könnte. Die Steuerschulden bei der Antragsgegnerin würden sich auf 40.000,00 € belaufen. In Hinblick auf den zu Unrecht erlangten Betrag i. H. v. 106.380,00 € bestehe i. H. v. 83.973,00 € eine gesamtschuldnerische Haftung mit Frau R. und Herrn S.. Lediglich i. H. v. 22.470,00 € hafte er alleine. Davon habe er bereits eine Summe von 15.206,35 € beglichen. Zudem habe er mit der Staatsanwaltschaft O. eine Ratenzahlungsvereinbarung über die Strafzahlung i. H. v. 27.000,00 € und den Einziehungsbetrag i. H. v. 106.380,00 € getroffen und komme den Verpflichtungen nach. Er betreibe das Gewerbe nunmehr alleine und halte sich an sämtliche Erklärungs- und Zahlungspflichten. Er nutze das Konto seiner Ehefrau nicht, um sich seinen Gläubigern zu entziehen. Ihm seien keine Vollstreckungsmaßnahmen bekannt. Es werde bestritten, dass weitere Abgabenrückstände i. H. v. 77.981,43 € bestünden. Es bestehe kein Rückstand beim Finanzamt i. H. v. 197.342,85 €. Er sei zahlungsbereit, -willig und -fähig. Das Konto seiner Ehefrau sei bereits gepfändet worden. Die Rückstände bei der Minijob-Zentrale habe er beglichen. Es seien bereits 1,5 Jahre seit der Anregung des Finanzamtes, ein Gewerbeuntersagungsverfahren einzuleiten, vergangen und sein Verhalten habe sich seitdem gebessert. Er komme seiner Steuerpflicht nun nach.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung der Klage (1 A 127/22) gegen den Bescheid vom 27. Mai 2024 anzuordnen bzw. wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung bezieht sich die Antragsgegnerin auf den Bescheid vom 27. Mai 2024. Die Zahlungsrückstände gegenüber der Antragsgegnerin, gegenüber dem Finanzamt N. sowie die sich wandelnde Kooperationsbereitschaft des Antragstellers würden dessen Unzuverlässigkeit als Gewerbetreibender belegen und rechtfertigten die Gewerbeuntersagung. Mittlerweile komme der Antragsteller seinen laufenden steuerlichen Erklärungspflichten zwar weitestgehend nach. Ein Sanierungskonzept sowie Vorschläge zum nachhaltigen Abbau bestehender Rückstände seien bis zum aktuellen Zeitpunkt jedoch nicht vorgelegt worden. Am 4. Juli 2024 hätten sich die Zahlungsrückstände des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin auf 131.961,55 € belaufen. Gegenüber dem Finanzamt N. bestünden Rückstände i. H. v. insgesamt 345.485,11 €. Die Abgabe notwendiger Unterlagen gegenüber dem Finanzamt erfolge nicht konstant. Teilweise bestehe seitens des Antragstellers der Wille zur Zusammenarbeit, in anderen Fällen demgegenüber nicht. Aktuell komme er seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Finanzamt nicht nach. Hinsichtlich der Gesamtschuldnerschaft seien vom Finanzamt begonnene Vollstreckungsmaßnahmen ohne Erfolg geblieben. Der Verweis im Rahmen der Begründung des Widerrufs der Reisegewerbekarte habe sich auf die Ziffern 1 und 2 der Begründung beziehen sollen. Zudem führe die Ermessensausübung zur erweiterten Gewerbeuntersagung zu einer Ermessensreduktion auf Null im Rahmen der Widerrufsentscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Der Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Mai 2024 ist nach § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (hinsichtlich Ziff. 5 und 7 des Bescheides) und nach § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2 VwGO (hinsichtlich Ziff. 1 bis 4) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Den gestellten Eilantrag legt das Gericht nach § 122 Abs. 1 i. V. m. § 88 VwGO in diesem Sinne aus.
In der Sache hat der Antrag jedoch nur teilweise Erfolg. Der Antrag ist begründet, soweit er sich auf den Widerruf der Reisegewerbekarte (Ziff. 3), die Rückgabe der Reisegewerbekarte (Ziff. 4) und die Zwangsgeldandrohung in Bezug auf die Rückgabe der Reisegewerbekarte (Ziff. 5) bezieht. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.
Ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nur dann begründet, wenn im Rahmen einer Abwägung das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse an der Vollziehung des angegriffenen Verwaltungsaktes überwiegt oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell rechtswidrig ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.06.1988 - 4 C 1/88 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschl. v.10.05.2010 - 13 ME 181/09 -, juris Rn. 3 f).
1. Soweit die Antragsgegnerin in Ziff. 6. des Bescheides vom 27. Mai 2024 die sofortige Vollziehung angeordnet hat, ist diese behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung formell rechtmäßig.
Im Rahmen der formellen Rechtmäßigkeit einer Vollziehungsanordnung ist neben der Zuständigkeit insbesondere auf das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO abzustellen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 05.03.2008 - 7 MS 115/07 -, juris Rn. 26). Nach § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Dieses besondere öffentliche Interesse muss in der Regel über das Interesse, welches dem Verwaltungsakt zugrunde liegt, hinausgehen. Die Behörde darf sich daher nicht auf formelhafte Wendungen beschränken (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 18.10.2004 - 1 ME 205/04 -, juris Rn. 24). Vielmehr ist für eine hinreichende schriftliche Begründung eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses für die ausnahmsweise sofortige Vollziehbarkeit notwendig (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 10.05.2010 - 13 ME 181/09 -, juris Rn. 3; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 42. EL, § 80 Rn. 247).
Diesen Anforderungen genügt die von der Antragsgegnerin im Bescheid angeführte Begründung des Sofortvollzuges. Die Antragsgegnerin hat sich zwar wie bei den zugrundeliegenden Entscheidungen auf den Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Steuer- und Beitragsausfällen gestützt. Darüber hinaus führt sie aber weiter aus, dass bei Abwarten eines möglichen Klageverfahrens davon auszugehen sei, dass der Antragsteller seine steuer- und beitragsrechtlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten weiterhin vernachlässigen werde und die dadurch zu erwartenden weiteren Steuer- und Beitragsausfälle weiterhin eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellten.
2. Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Allgemeinheit mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers fällt hinsichtlich der Anordnungen im Zusammenhang mit der erweiterten Gewerbeuntersagung sowie der Kostenentscheidung zu Ungunsten des Antragstellers aus, weil insoweit keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Anordnungen im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung bestehen. Hinsichtlich des Widerrufs der Reisegewerbekarte fällt die Abwägung jedoch zugunsten des Antragstellers aus, weil die unter Ziff. 3, 4 und 5 des Bescheids erfolgten Verfügungen (Widerruf der Reisegewerbekarte, Rückgabe der Reisegewerbekarte, Zwangsgeldandrohung in Bezug auf die Rückgabe der Reisegewerbekarte) voraussichtlich rechtswidrig sind. Bei der im Rahmen von § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO weiter vorzunehmenden Abwägung der gegenläufigen Interessen, ist entscheidend, ob das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage oder das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung überwiegt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.02.2017 - 9 VR 2/16 -, juris Rn. 2). Dies beurteilt sich maßgeblich nach den Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.09.2014 - 7 VR 1/14 -, juris Rn. 10). Ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung ist in der Regel gegeben, wenn sich im Rahmen einer summarischen Prüfung ergibt, dass der angegriffene Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Sollte der Verwaltungsakt hingegen voraussichtlich rechtmäßig sein und ist ein besonderes Vollzugsinteresse gegeben, hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig keinen Erfolg.
Nach diesem Maßstab hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang Erfolg. Nach summarischer Prüfung ist der Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Mai 2024 hinsichtlich der erweiterten Gewerbeuntersagung und der Kostenentscheidung voraussichtlich rechtmäßig. Hinsichtlich der Anordnungen im Zusammenhang mit der Reisegewerbekarte ist der Bescheid voraussichtlich rechtswidrig.
Der Bescheid ist zunächst formell rechtmäßig. Der Antragsteller wurde mit Schreiben vom 4. April 2023 und 21. Februar 2024 gem. § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) angehört.
a. Der Bescheid ist hinsichtlich der erweiterten Gewerbeuntersagung (Ziff. 1 und 2) voraussichtlich auch materiell rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Untersagung der weiteren Ausübung des Gewerbes aus Ziff. 1 des Bescheides ist § 35 Abs. 1 S. 1 GewO. Danach ist die Ausübung eines Gewerbes von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagungen aus Ziff. 2 (Untersagung aller Gewerbetätigkeiten, Untersagung als Vertretungsberechtigter oder als mit der Leitung beauftragte Person tätig zu werden) beruhen auf § 35 Abs. 1 S. 2 GewO (sog. erweiterte Gewerbeuntersagung). Nach dieser Norm kann die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist.
Gemeinsame Voraussetzung ist somit die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden. Gewerberechtlich unzuverlässig ist derjenige, welcher nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß zu betreiben (BVerwG, Beschl. v. 09.04.1997 - 1 B 81/97 -, juris Rn. 5; Urt. v. 15.04.2015 - 8 C 6/14 -, juris Rn. 14). Im Fall von erheblichen Steuerrückständen sowie Zahlungsrückständen bei den Trägern der Sozialversicherungen liegen in der Regel tatsächliche Anhaltspunkte für die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit vor. Grundsätzlich begründen Überschuldung und wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit die Unzuverlässigkeit. (BVerwG, Urt. v. 15.04.2015 - 8 C 6/14 -, juris Rn. 14; Nds. OVG, Beschl. v. 08.04.2019 - 7 LB 85/18 -, juris Rn. 46). Zur ordnungsgemäßen Gewerbeausübung gehört auch die korrekte Erfüllung der Zahlungspflichten, die dem Gewerbetreibenden gegenüber öffentlichen Gläubigern insbesondere in steuerrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht obliegen. Ferner ist auch die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, von Bedeutung (vgl. BVerwG, Urt. v. 02.02.1982 - 1 C 52.78 u. 1 C 94.78 -, GewArch 1982, 233 u. 298 [BVerwG 02.02.1982 - BVerwG 1 C 94.78]; Beschl. v. 23.09.1991 - 1 B 96.91 -, NVwZ-RR 1992, 414; Beschl. v. 11.12.1996 - 1 B 250.96 -, GewArch 1998, 72; Beschl. v. 09.04.1997 - 1 B 81.97 -, GewArch 1999, 72). Eine schuldhafte Verletzung der Pflichten ist nicht erforderlich, zu berücksichtigen ist allerdings jeweils der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Maßgeblich ist lediglich, ob für die Zukunft ähnliche Verstöße zu befürchten sind (vgl. Ennuschat, in: Wank/Winkler/Ennuschat, GewO, 9. Aufl., § 35 Rn. 60).
Der Antragsteller ist gegenüber dem Finanzamt seiner Verpflichtung zur Erklärung und Zahlung der Steuer nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Der Antragsteller hat die Einkommens-, Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärung für den Besteuerungszeitraum 2021 nicht an das Finanzamt N. übermittelt (vgl. Stellungnahme des Finanzamtes N. vom 11.07.2024). Im März 2023 bestanden gegenüber dem Finanzamt N. Rückstände i. H. v. 91.173,65 €. Im Mai 2024, dem Zeitpunkt des Bescheiderlasses, hatten sich die Rückstände auf 197.342,85 € erhöht. Die zwischenzeitlich erfolgten Einzahlungen von Konten Dritter waren somit nicht geeignet, die Steuerrückstände deutlich zu reduzieren. Zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses bestanden zudem gegenüber der Stadt H. Gewerbesteuerrückstände inkl. Verspätungszuschlägen für die Veranschlagungszeiträume 2017, 2019 und 2020 i. H. v. 36.975,60 €.
Des Weiteren gibt die Höhe der Steuerschulden tatsächliche Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit. Allein auf die Höhe der Steuerschuld abzustellen, verbietet sich jedoch, denn dadurch könnte die wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit nur zu einem Teil erfasst werden (BVerwG, Beschl. v. 9.4.1997 - 1 B 81/97 -, juris Rn. 5). Steuerrückstände sind daher nur dann geeignet einen Gewerbetreibenden als unzuverlässig erscheinen zu lassen, wenn sie sowohl ihrer absoluten Höhe nach als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind (BVerwG, Beschl. v. 5.3.1997 - 1 B 56/97 -, juris Rn. 5; Beschl. v. 9.4.1997 - 1 B 81/97 -, juris Rn. 5). Eine Grenze, ab welchem Betrag eine Unzuverlässigkeit angenommen werden kann, kann somit nicht festgesetzt werden. Beträge unter 5.000,00 € erscheinen aber nicht als ausreichend (vgl. Marcks, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 84. EL, § 35 Rn. 52b). Die Steuerschuld des Antragstellers liegt im Zeitpunkt des Bescheiderlasses bei mindestens 234.318,45 € (197.342,85 € gegenüber dem Finanzamt N. und 36.975,60 € Gewerbesteuerrückstände gegenüber der Antragsgegnerin). Ob für den Antragsteller noch weitere Abgabenrückstände i. H. v. 77.981,43 € bestehen, was dieser bestreitet, kann dahinstehen, weil es im Rahmen der Prognoseentscheidung nicht entscheidungserheblich darauf ankommt. Wie der zeitliche Verlauf des Gewerbeuntersagungsverfahrens zeigt, konnte der Antragsteller seine Steuerschulden nicht tilgen. Die Rückstände beim Finanzamt sind von 91.173,65 € (Stand: 09.03.2023) auf 197.342,85 € (Stand: 24.05.2024) gestiegen. Die Schulden belasten den Antragsteller im fortlaufendem Betrieb seines Gewerbes. Der Antragsteller ist damit nicht in der Lage gewesen, seine bestehenden Schulden aus dem Betrieb seines Gewerbes heraus aufzubringen, die Schulden sind für ihn von Gewicht. Die Tatsache, dass der Antragsteller während des Gewerbeuntersagungsverfahrens Steuererklärungen nachgereicht hat und vereinzelte Zahlungen erfolgt sind, vermag an der Einschätzung der Unzuverlässigkeit nichts zu ändern. Neben den Steuerrückständen können auch sonstige steuerrechtliche Pflichtverstöße zur Annahme der Unzuverlässigkeit führen. Dies gilt etwa für die beharrliche Missachtung steuerrechtlicher Erklärungspflichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.20.1982 - 1 C 52/78 -, juris Rn. 17; Ennuschat, in: Wank/Winkler/Ennuschat, GewO, 9. Aufl., § 35 Rn. 56). Die Nichtabgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen stellt zum Beispiel eine von den Steuerschulden selbst zu trennende Pflichtverletzung dar, die zusätzlich für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit herangezogen werden kann (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 08.05.2020 - 22 ZB 20.127 Rn. 30 und 35 -, BeckRS 2020, 10945). Durch die verspätete bzw. Nicht-Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung und Steuererklärungen hat der Antragsteller die ihm obliegende steuerliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärungen verletzt.
Es ist unbeachtlich, dass der Antragsteller vorträgt, nunmehr keine Geschäftspartner mehr zu haben und das Gewerbe alleine zu betreiben. Die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit erfordert kein Verschulden des Gewerbetreibenden. Es ist unerheblich, welche Ursachen zu der Überschuldung und der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit geführt haben (Nds. OVG, Beschl. v. 08.04. 2019 - 7 LB 85/18 -, juris Rn. 46; Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, 80. EL, § 35 Rn. 30). Zudem handelt es sich nicht um erstmalige Versäumnisse oder um einen einzelnen versehentlich entstandenen Beitragsrückstand des Antragstellers. Er ist mit Urteil vom 6. September 2023 vom Amtsgericht O. wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden. Zudem ist dem Antragsteller mit Beschluss vom 6. November 2022 eine Restschuldbefreiung erteilt worden. Aus dem Verwaltungsvorgang und der erteilten Restschuldbefreiung ergibt sich, dass der Antragsteller bereits seit Jahren Beitragsrückstände hatte.
Ein Sanierungskonzept ist nicht erkennbar. Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursache seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt (BVerwG, Urt. v. 02.02.1982 - 1 C 146/80 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschl. v. 16.02.2018 - 7 LA 109/17 -, juris Rn. 11). Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (BVerwG, Urt. v. 15.04.2015 - 8 C 6/14 -, juris Rn. 14). Ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept setzt voraus, dass mit den Gläubigern eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen und auch ein Tilgungsplan effektiv eingehalten wird. Es obliegt dabei dem Gewerbetreibenden, hinreichend substantiierte Angaben zu machen, die die Prüfung ermöglichen, ob ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept vorliegt (Nds. OVG, Beschl. v. 08.04.2019 - 7 LB 85/18 -, juris Rn. 46 m. w. N.) Der Antragsteller hat keine substantiierten Angaben zu einem Sanierungskonzept gemacht. Seine Angaben "er würde gerne auch mit der Stadt H. eine Vereinbarung schließen" lassen ein Sanierungskonzept nicht erkennen. Die Behauptung, er sei zahlungsbereit, -willig und -fähig, ist nicht ausreichend. Nähere Ausführungen zu einem Sanierungskonzept hat er nicht gemacht. Für das Gericht ist damit weder nachprüfbar, welches Konzept der Antragsteller verfolgt, noch, ob dieses erfolgsversprechend ist, so dass nicht von einem erfolgsversprechenden Sanierungskonzept ausgegangen werden kann. Soweit der Antragsteller behauptet, mit dem Finanzamt eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen zu haben, steht dieser Behauptung die Stellungnahme des Finanzamts N. vom 11. Juli 2024 entgegen, wonach der Antragsteller keine konkreten Vorschläge zur Rückführung der Gesamtverbindlichkeiten unterbreitet habe und eine Zahlungsvereinbarung nicht getroffen worden sei. Somit geht das Gericht davon aus, dass der Antragsteller mit dem Finanzamt N. keine Ratenzahlungsvereinbarungen getroffen hat. Die Zahlungen von Dritten i. H. v. insgesamt 9.922,25 € an das Finanzamt N. sind im Verhältnis zu der Gesamthöhe der Rückstände nicht geeignet, diese erheblich zu verringern. Auch ist unerheblich, dass der Antragsteller mitteilt, mit der Staatsanwaltschaft O. eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen zu haben. Die bestehenden Rückstände bei dem Finanzamt N. und der Antragsgegnerin begründen für sich bereits die Unzuverlässigkeit, so dass auch eine Ratenzahlungsvereinbarung hinsichtlich der Rückstände im Zusammenhang mit der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung nicht geeignet ist, ein tragfähiges Sanierungskonzept zu belegen. Auf etwaige Sanierungsbemühungen des Antragstellers nach der erfolgten Gewerbeuntersagung kommt es im Übrigen nicht an, weil bei der rechtlichen Beurteilung auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.04.2015 - 8 C 6.14 -, GewArch 2015, 366 u. Urt. v. 02.02.1982 - 1 C 52.78 -, GewArch 1982, 233; Beschl. v. 09.04.1997 - 1 B 81.97 -, GewArch 1999, 72; Nds. OVG, Beschl. v. 01.09.2011 - 7 ME 136/11 -, juris, m.w.N.), also auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der angefochtenen Untersagungsverfügung abzustellen ist. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden und der Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung kommt es nicht darauf an, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens weiterentwickelt haben. Insoweit besteht eine deutliche Trennung zwischen dem Untersagungsverfahren nach § 35 Abs. 1 GewO und dem Wiedergestattungsverfahren nach § 35 Abs. 6 GewO. Die Behörde hat daher nicht mehr zu prüfen, ob die Untersagungsgründe die ergangene Gewerbeuntersagung weiterhin tragen. Vielmehr muss der Gewerbetreibende selbst die Initiative zur Wiederzulassung nach § 35 Abs. 6 GewO ergreifen (vgl. BVerwG Urt. v. 15.04.2015 - 8 C 6/14 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschl. v. 08.04.2019 - 7 LB 85/18 -, juris Rn. 49). Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagungsverfügung ist damit allein der Zeitpunkt ihres Erlasses maßgeblich (vgl. BVerwG, Urt. v. 02.02.1982 - 1 C 146/80 -, juris Rn. 14; Nds. OVG, Beschl. v. 08.04.2019 - 7 LB 85/18 -, juris Rn. 49). Zu diesem Zeitpunkt hatte der Antragsteller Rückstände i. H. v. mindestens 234.318,45 € (197.342,85 € gegenüber dem Finanzamt N. und 36.975,60 € Gewerbesteuerrückstände gegenüber der Antragsgegnerin). Etwaige danach geschlossene Ratenzahlungsvereinbarungen, welche einen Tilgungswillen erkennen lassen, sind für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung damit unerheblich und können lediglich in einem Wiedergestattungsverfahren nach § 35 Abs. 6 GewO von Bedeutung sein. Im Übrigen hat der Antragsteller - wie bereits ausgeführt - ein tragfähiges Sanierungskonzept nicht dargelegt und es ist davon auszugehen, dass die Steuerrückstände weiterhin ansteigen.
Auch für die erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO aus Ziff. 2 des Bescheides liegen die Voraussetzungen aller Voraussicht nach vor.
Notwendig sind Tatsachen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die anderen Tätigkeiten, d.h. in allen sonstigen Gewerben, begründen (sog. gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit). Diese sind bei ungeordneten Vermögensverhältnissen gegeben. Zudem muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (vgl. BVerwG Urt. v. 15.4.2015 - 8 C 6/14 -, juris Rn. 17 m. w. N.; Ennuschat, in: Wank/Winkler/Ennuschat, GewO, 9. Aufl., § 35 Rn. 150). Die im Zeitpunkt des Bescheiderlasses bestehenden Steuerrückstände begründen bereits die gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit, da diese Pflichten dem Antragsteller auch in allen anderen Gewerbetätigkeiten obliegen würden. Umstände, dass der Antragsteller künftig kein Gewerbe mehr ausüben will, sind nicht ersichtlich. Vielmehr spricht sein Bemühen, sein bisheriges Gewerbe noch aufrechtzuerhalten dafür, dass er auch künftig ein Gewerbe führen möchte (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.04.2015 - 8 C 6/14 -, juris Rn. 17; Nds. OVG, Beschl. v. 4.2.2016 - 7 LB 81/14 -, juris Rn. 21; Ennuschat, in: Wank/Winkler/Ennuschat, GewO, 9. Aufl., § 35 Rn. 152).
Der Einwand des Antragstellers, durch die Untersagungsverfügung gingen ihm Einnahmen verloren, auf die er zur Befriedigung der Gläubiger angewiesen sei, führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit dieser Maßnahme. Ist - wie hier - die Gewerbeuntersagung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich, so ist es nicht unverhältnismäßig, dem Schutzzweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO Vorrang vor den Interessen des Betroffenen zu gewähren, seine Existenzgrundlage beibehalten zu können. Dies gilt auch mit Blick auf die - ebenfalls zum Schutz der Allgemeinheit - verfügte erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO. Denn eine Gewerbetätigkeit, die nur unter laufenden Pflichtverletzungen gegenüber dem Finanzamt und der Antragsgegnerin stattfindet, genießt mit Blick auf die von ihr geschädigten Gemeinwohlgüter der finanziellen Funktionsfähigkeit der öffentlichen Kassen sowie der Fairness des Wettbewerbs nur einen geminderten Schutz durch die Berufsfreiheit, sodass das öffentliche Interesse an der Untersagung hier die privaten Belange des Gewerbetreibenden weit überwiegt (vgl. OVG NRW Beschl. v. 29.8.2016 - 4 B 460/16 -, juris Rn. 21; VG Braunschweig, Urt. v. 09.07.2020 - 1 A 300/19, V. n. b.).
b. Der Widerruf der Reisegewerbekarte (Ziff. 3 des Bescheids) ist jedoch voraussichtlich rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin das ihr zustehende Ermessen nicht ausgeübt hat.
Rechtsgrundlage für den Widerruf der Reisegewerbekarte ist § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG, wonach ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden darf, wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
Gemäß § 57 Abs. 1 GewO ist die Reisegewerbekarte zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für die beabsichtigte Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Der Begriff der Zuverlässigkeit bzw. sein Gegenbegriff der Unzuverlässigkeit ist identisch mit dem von § 35 GewO gebrauchten Begriff. Dort wie hier handelt es sich um einen gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff. Unzuverlässig ist demnach, wer keine Gewähr dafür bieten kann, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben kann (vgl. Rossi, in: BeckOK GewO 61. Ed Stand: März.2024, § 57 Rn. 1). Anhaltspunkte für die auch hier vorzunehmende Prognose können mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Steuerschulden sowie die Verletzung sozialversicherungsrechtlicher Verpflichtungen sein. Steuerrückstände sind nach ständiger Rechtsprechung geeignet, einen Gewerbetreibenden als unzuverlässig anzusehen, wenn sie sowohl ihrer Höhe nach als auch im Verhältnis zur steuerlichen Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind; auch die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seine steuerlichen Verpflichtungen vernachlässigt hat, ist von Bedeutung. Unerheblich ist, ob sich die Steuerschulden gemäß § 162 AO aus geschätzten oder exakt ermittelten Besteuerungsgrundlagen ergeben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.01.1988 - 1 B 164/87 -, NVwZ 1988, 432; VG München, Urt. v. 20.01.2009 - M 16 K 08.3082 -, BeckRS 2009, 48225).
Der Antragsteller ist - wie bereits ausgeführt - als gewerberechtlich unzuverlässig anzusehen. Die Antragsgegnerin hat jedoch das ihr eingeräumte Widerrufsermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Eine Ermessensunterschreitung im Sinne eines Ermessensausfalls oder Ermessensnichtgebrauchs liegt vor, wenn die Behörde den ihr zustehenden Handlungsfreiraum nicht erkannt und dementsprechend überhaupt kein Ermessen ausgeübt hat. Ein gewichtiges Indiz hierfür stellt die Begründung des Verwaltungsaktes dar. Fehlen Ausführungen zum Ermessen vollständig, spricht dies für einen Ermessensausfall (vgl. Riese, in: Schoch/Schneider, Stand: Januar 2024, § 114 VwGO Rn. 60). Die Antragsgegnerin hat ausweislich des streitgegenständlichen Bescheids nicht erkannt, dass ihr bezüglich des Widerrufs Ermessen zusteht. Sie verweist in der Begründung zu Ziff. 3 auf ihre Ausführungen zu Ziff. 1 des Bescheides. Die dortigen Ausführungen zur Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO enthalten keine Ermessenserwägungen, weil es sich bei der Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO um eine gebundene Entscheidung handelt.
Eine Heilung durch das Nachschieben von Ermessenserwägungen ist im gerichtlichen Verfahren nicht möglich, wenn das Ermessen in dem Bescheid - wie vorliegend - nicht ausgeübt worden ist (vgl. Decker, in: Posser/Wolff/Decker BeckOK VwGO, 69. Ed. Stand: April 2024, VwGO § 114 Rn. 38; Riese, in: Schoch/Schneider, Stand: Januar 2024, § 114 VwGO Rn. 61). Eine zulässige Ergänzung behördlichen Ermessens i. S. d. § 114 S. 2 liegt grundsätzlich nicht vor, wenn die Behörde im abgeschlossenen Verwaltungsverfahren das ihr eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt hat. Ein Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensausfall kann durch eine erstmalige Ermessensbetätigung im gerichtlichen Verfahren nicht wirksam geheilt werden (Riese, in: Schoch/Schneider, Stand: Januar 2024, § 114 VwGO Rn. 255). Dem Bescheid lässt sich nicht - wie von der Antragsgegnerin vorgetragen - entnehmen, dass der Verweis auf die Begründung zu den Ziffern 1 und 2 gemeint gewesen sein soll. Auch die Heilungsmöglichkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG ist nicht geeignet, zu einem anderen Ergebnis zu führen. Unberührt von § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG bleibt zwar die Befugnis der Behörde, die Begründung eines Verwaltungsaktes zu präzisieren, wenn und soweit der ursprüngliche Verwaltungsakt bereits eine den Anforderungen von § 39 VwVfG genügende Begründung enthielt und sich die nachträglichen Ergänzungen auch im Rahmen der ursprünglichen Begründung halten (vgl. Schwarz, in: Fehling/Kastner/Störmer, 5. Aufl. 2021, § 45 VwVfG Rn. 26). Die Antragsgegnerin hat in dem streitgegenständlichen Bescheid jedoch keine Ermessenserwägungen angestellt und kann diese somit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht konkretisieren. Vielmehr würde sie mit dem Verweis auf die Begründung zu Ziff. 2, unter welcher Ermessenserwägungen angestellt worden sind, erstmals ihr Ermessen ausüben.
Der Ermessensausfall ist jedoch unbeachtlich, wenn das Ermessen auf Null reduziert ist (vgl. Riese, in: Schoch/Schneider, Stand: Januar 2024, § 114 VwGO Rn. 255). Dies ist vorliegend nicht anzunehmen. Von einer Ermessensreduktion auf Null ist nur auszugehen, wenn die rechtliche Prüfung der Tatsachenlage ergibt, dass nur eine rechtmäßige Entscheidung möglich ist. Es kann dann nicht zwischen verschiedenen rechtmäßigen Varianten abgewogen werden, sondern die Entscheidung ist in diesen Fällen zwingend vorgegeben. Jede andere Entscheidung wäre im konkreten Einzelfall als rechtswidrig anzusehen. Gründe für eine Ermessensreduktion können die Selbstbindung der Verwaltung oder der Wegfall von Entscheidungsvarianten sein (vgl. Geis, in: Schoch/Schneider, Stand: November 2023 § 40 VwVfG Rn. 37). Die Untersagung eines stehenden Gewerbes wegen Unzuverlässigkeit präjudiziert allerdings noch nicht die Entscheidung über die Beantragung einer Reisegewerbekarte, wenn sie diese auch regelmäßig indiziert (vgl. Rossi, in: Pielow BeckOK GewO 61. Ed. Stand: März 2024, § 57 Rn. 1). Vorliegend sprechen zwar überwiegende Gründe dafür, dass eine Ermessensentscheidung zu Lasten des Antragstellers rechtlich nicht zu beanstanden wäre. Nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG ist jedoch in einem ausdifferenzierten System zwischen dem öffentlichen Interesse an einer Aufhebung der Reisegewerbekarte und dem individuellen Vertrauensschutz des Reisegewerbetreibenden an einer weiteren Nutzung seiner Reisegewerbekarte abzuwägen. Zudem muss ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet sein (vgl. Rossi, in: BeckOK GewO 61. Ed Stand: März.2024, § 57 Rn. 6). Der Begründung des Bescheides sind keine Ausführungen zu der Gefährdung des öffentlichen Interesses zu entnehmen. Der Widerruf muss zur Abwehr eines sonst drohenden Schadens für wichtige Gemeinschaftsgüter geboten sein. Es ist nicht ausreichend, wenn der Widerruf im öffentlichen Interesse liegt (Abel, in: Bader/Ronellenfitsch. 64. Ed Stand: April 2024, § 49 VwVfG Rn. 57). Der Bescheid enthält keine Ausführungen dazu, dass ohne den Widerruf der Reisegewerbekarte das öffentliche Interesse gefährdet wäre.
c. Die Aufforderung in Ziff. 4 der angefochtenen Ordnungsverfügung, die betrieblichen Angelegenheiten abzuwickeln, erweist sich ebenso wie die Androhung eines Zwangsgeldes i. H. v. 2.000 € unter Ziff. 5 des Bescheides für den Fall, dass der Antragsteller die Ausübung seines Gewerbes nicht ab dem 1. Juli 2024 unterlässt, voraussichtlich als rechtmäßig. Rechtsgrundlage ist § 70 Nds. Verwaltungsvollstreckungsgesetz (NVwVG) i. V. m. §§ 64 Abs. 1, 65 Abs. 1 Nr. 2, 67, 70 Nds. Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG), dessen formelle und materielle Voraussetzungen nach summarischer Prüfung erfüllt sind.
d. Die Aufforderung zur Rückgabe der Reisegewerbekarte in Ziff. 4 sowie die Androhung eines Zwangsgeldes i. H. v. 2.000,00 € für den Fall, dass der Antragsteller die Erlaubnisurkunde nicht fristgemäß zurückgibt (Ziff. 5) erweisen sich hingegen aufgrund der Rechtswidrigkeit des Widerrufs der Reisegewerbekarte voraussichtlich als rechtswidrig. Ermächtigungsgrundlage für das Herausgabeverlangen der Reisegewerbekarte ist § 1 Abs. 1 NVwVfG i. V. m. § 52 Satz 1 VwVfG. Hiernach kann die Behörde eine Urkunde zurückfordern, die aufgrund eines Verwaltungsaktes, der unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder dessen Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben ist, erteilt worden ist. Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da die Wirksamkeit der Reisegewerbekarte mangels sofort vollziehbaren Widerrufs weiterhin gegeben ist. Daneben erscheint die Zwangsgeldandrohung, die auf § 70 NVwVG i. V. m. §§ 64 Abs. 1, 65 Abs. 1 Nr. 2, 67, 70 NPOG beruht, voraussichtlich als unverhältnismäßig und damit rechtswidrig, weil mit dem Zwangsgeld das voraussichtlich rechtswidrige Herausgabeverlangen der Reisegewerbekarte durchgesetzt werden soll.
e. Es bestehen nach summarischer Prüfung keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Kostentragung in Ziff. 7 des Bescheides. Gemäß § 1 Abs. 1 und Ziffer 40.1.14.1 der Allgemeinen Gebührenordnung (AllGO) wird die Verwaltungsgebühr aufgrund der Untersagung der Gewerbeausübung nach § 35 Abs. 1 GewO erhoben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Da der Antragsteller mit seinem wesentlichen Antragsziel, die sofortige Vollziehung der Gewerbeuntersagung abzuwenden, nicht erfolgreich war, sich allerdings der Widerruf seiner Reisegewerbekarte, die diesbezügliche Zwangsmittelandrohung sowie die Aufforderung zur Rückgabe der Reisegewerbekarte voraussichtlich als rechtswidrig erweisen, erscheint es angemessen, dem Antragsteller 6/10 der Kosten des Verfahrens und der Antragsgegnerin 4/10 der Kosten aufzuerlegen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 und 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in: NVwZ-Beilage 2013, 57). Danach ist bei der Anfechtung einer Gewerbeuntersagung der Jahresbetrag des erzielten oder erwarteten Gewinns, mindestens aber der Betrag von 15.000,00 € anzusetzen (Ziff. 54.2.1). Wird nicht nur das ausgeübte Gewerbe untersagt, sondern - wie hier - eine erweiterte Gewerbeuntersagung verfügt, ist der Streitwert um weitere 5.000,00 € zu erhöhen (Ziff. 54.2.2). Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beträgt der Streitwert in der Regel die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts (Ziff. 1.5). Somit errechnet sich hier ein Streitwert von 10.000,00 €.