Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.02.2025, Az.: 2 LA 126/24

Belegen der Erkrankung eines Studierenden durch aussagekräftige ärztliche Bescheinigungen hinsichtlich Bewilligung von Ausbildungsförderung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.02.2025
Aktenzeichen
2 LA 126/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2025, 11352
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2025:0227.2LA126.24.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 05.09.2022 - AZ: 3 A 3120/18

Amtlicher Leitsatz

Beruft sich ein Studierender im Rahmen des § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG auf eine Erkrankung, obliegt es zuvorderst ihm selbst, substantiiert darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er tatsächlich in längeren zeitlichen Abschnitten studierunfähig erkrankt gewesen ist. Dabei ist die Erkrankung grundsätzlich durch aussagekräftige ärztliche Bescheinigungen zu belegen.

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichter der 3. Kammer - vom 5. September 2022 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Klägerin wendet sich mit ihrem Zulassungsantrag gegen die Abweisung ihrer Klage, mit der sie die Verpflichtung der Beklagten begehrt hat, ihr für den Bewilligungszeitraum 10/2017 bis 09/2018 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Die Berufung gegen das angefochtene Urteil ist nicht gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO zuzulassen, da die Voraussetzungen der geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 5 VwGO nicht dargelegt sind bzw. nicht vorliegen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, Beschl. v. 18.6.2019 - 1 BvR 587/17 -, juris Rn. 32 und v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, juris Rn. 96). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 -, juris Rn. 9). Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 22.1.2025 - 2 LA 19/23 -, juris Rn. 2; NdsOVG, Beschl. v. 17.6.2015 - 8 LA 16/15 -, juris, Rn. 10; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 206 jeweils m.w.N.). Nach diesem Maßstab begründen die Einwände der Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.

a) Das Verwaltungsgericht hat das angefochtene Urteil auf verschiedene Begründungsstränge gestützt, die jeweils allein tragend für die Entscheidung waren. Bei einer solchen Mehrfachbegründung kann die Berufung nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder tragenden Begründung ein Berufungszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.9.2023 - 3 B 44.22 -, juris Rn. 20 und vom 7.12.2021 - 3 B 6.21 -, juris Rn. 6; Senatsbeschl. v. 6.11.2024 - 2 LA 117/22 -, juris Rn. 22; OVG Berl.-Bbg., Beschl. v. 14.5.2024 - OVG 9 N 109/23 -, juris Rn. 8; OVG NRW, Beschl. v. 26.11.2020 - 4 A 3079/20.A -, juris Rn. 11 f.; BayVGH, Beschl. v. 16.11.2017 - 20 ZB 17.31538 -, juris Rn. 2; jeweils m.w.N.). Die Einwände der Klägerin gegen den ersten Begründungsstrang des angefochtenen Urteils, nach dem der von ihr geltend gemachte Anspruch einer Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus gemäß § 15 Abs. 3 BAföG nicht gegeben sei, weil die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Variante des Überschreitens der Förderungshöchstdauer aus "schwerwiegenden Gründen" (§ 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG) nicht hinreichend nachgewiesen seien, greifen nicht durch (vgl. dazu im Folgenden). Angesichts dessen kommt es auf die Ausführungen der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft angenommen, sie habe sich nicht um eine Therapie bemüht, nicht an, weil es sich dabei um einen weiteren selbständigen Begründungsstrang der Entscheidung handelt. Das gilt auch, soweit sich die Klägerin unter I. 6. ihrer Antragsbegründung mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts auseinandersetzt, selbst wenn man die Beratung bei der Sozialpsychologin Frau E. rechtlich zugunsten der Klägerin werten wolle, stünde einem Erfolg der Klage der mit zwei Einzelberatungsterminen festzustellende, äußerst geringe Beratungsumfang im Sommersemester 2017 entgegen (Urteilsabdruck Seite 9, letzter Absatz).

b) Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Rechtsauffassung, einem Anspruch auf Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus stehe entgegen, dass die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Variante des Überschreitens der Förderungshöchstdauer aus "schwerwiegenden Gründen" (§ 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG) nicht hinreichend belegt seien, ausgeführt: Zwar könnten auch Krankheiten, insbesondere psychische Erkrankungen, einen schwerwiegenden Grund darstellen. Die Krankheit müsse aber kausal für eine nicht unerhebliche Verzögerung der Ausbildung geworden sein, was die auszubildende Person substantiiert darlegen und glaubhaft machen müsse, d.h. aus der Darlegung müsse sich die Art der Erkrankung, die Dauer und die Verhinderung an der Erarbeitung des prüfungsrelevanten Stoffes ergeben. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin schließe dies auch entsprechende Nachweise in Gestalt von aussagekräftigen Attesten, die durch ärztliche Fachpersonen ausgestellt werden müssten, ein. Dies habe das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht jüngst bestätigt (Nds. OVG, Urt. v. 17.11.2022 - 14 LB 84/22 -, juris Rn. 47). Dem folge auch der Einzelrichter. Der Klägerin sei zwar zuzugeben, dass diese Anforderung nicht ausdrücklich im Gesetzeswortlaut enthalten sei. Sie ergebe sich aber aus der Auslegung von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG. Schon das Wort "schwerwiegend" zeige auf, dass nicht jedweder Grund und demgemäß auch nicht jedwede Erkrankung den Tatbestand erfülle. Die zuständige Behörde müsse folglich den Schweregrad einer vorgetragenen Erkrankung prüfen, was ihr der Natur der Sache nach jedoch nur mithilfe von medizinischen Fachdiagnosen, die von entsprechenden medizinischen Fachpersonen gestellt werden müssten, möglich sei. Diese von medizinischen Fachpersonen auszustellenden Atteste seien entsprechend den allgemeinen im Förderungsrecht geltenden Darlegungslastgrundsätzen von der auszubildenden Person, vorliegend also der Klägerin, beizubringen. Dasselbe ergebe sich aus der systematischen bzw. teleologischen Auslegung. Demnach enthalte § 15 Abs. 3 BAföG eine enumerative Auflistung von Ausnahmetatbeständen zu dem Grundsatz, dass Ausbildungsförderung nur bis zum Ende der Förderungshöchstdauer geleistet werde. Dem Charakter eines Ausnahmetatbestandes werde es aber einzig gerecht, Atteste von medizinischen Fachpersonen vorauszusetzen. Andernfalls - wollte man den klägerischen Vortrag allein oder Bescheinigungen von nicht hinreichend qualifizierten Personen genügen lassen - wäre in der Rechtspraxis die Wahrung des Charakters der Norm als Ausnahmetatbestand nicht gewahrt und im Übrigen die Gleichbehandlung der Antragstellenden anhand einheitlicher medizinischer Standards (vgl. den ICD-10-Diagnostikstandard) nicht möglich. Ausnahmen könnten allenfalls etwa dann bestehen, wenn eine Erkrankung bereits das Aufsuchen des medizinischen Fachpersonals verhindere.

Vorliegend habe die Klägerin einen schwerwiegenden Grund für den hier maßgeblichen Zeitraum vor der Antragstellung - also das Wintersemester 2016/2017 sowie das Sommersemester 2017 - nach Maßgabe der genannten Vorgaben bereits nicht hinreichend dargelegt. Für die von ihr für diesen Zeitraum vorgetragenen psychischen Erkrankungen habe sie keine hinreichenden Atteste im o.g. Sinne vorgelegt. Die Bescheinigung der Fachärztin für Psychotherapie (Anm. des Senats: Gemeint sein dürfte "der Psychologischen Psychotherapeutin") vom 7. August 2017 genüge diesen Anforderungen nicht, da diese lediglich Verdachtsdiagnosen nach einem ersten Anamnesegespräch enthalte und sich zudem nur auf einen einzigen Tag gegen Ende des Sommersemesters 2017 beziehe. Gleiches gelte für die hausärztliche Bescheinigung vom 17. Juli 2017. Auch jene enthalte nur Verdachtsdiagnosen, was daraus folge, dass diese Bescheinigung mit einer Überweisung an psychotherapeutisches Fachpersonal zur "Untersuchung" verbunden gewesen sei. Das amtsärztliche Attest vom 17. Juli 2017 stütze sich teilweise auf das vorgenannte (nicht hinreichende) hausärztliche Attest und beziehe sich zudem lediglich auf den Zeitraum der Prüfungsunfähigkeit vom 17. Juli 2017 bis zum 28. Juli 2017. Aussagekraft für das Wintersemester 2016/2017 und den übrigen Teil des Sommersemesters 2017 komme ihr und den weiteren vorgenannten Bescheinigungen mithin nicht zu. Die hausärztliche Bescheinigung vom 12. Januar 2018 nebst Überweisungsschein vom 11. Januar 2018 beträfen einen vorliegend nicht relevanten Zeitraum und stünden im Übrigen in Widerspruch zu dem Umstand, dass die Klägerin in dem Zeitraum der attestierten Prüfungsunfähigkeit Prüfungen abgelegt habe.

Die Bescheinigungen der Psychologisch-Therapeutischen Beratung für Studierende, Zentrale Einrichtung der ... Universität B-Stadt (im Folgenden: PTB), genügten sämtlich nicht den gesetzlichen Anforderungen, da diese von einer Sozialpsychologin (M.A.) ausgestellt worden seien. Diese habe auch auf Grundlage ihrer Zusatzqualifikationen (Systemische Therapeutin/Beraterin [SG]) folglich keine medizinische Fachdiagnose stellen können. Die Bescheinigungen enthielten solche demgemäß auch nicht, was den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht werde. Für die Pflichtfachwiederholungsprüfung am 9. Dezember 2016, deren Nichtteilnahme nach dem vorgerichtlichen Vortrag der Klägerin ebenfalls mitursächlich für den mangelnden Studienabschluss im Sommersemester 2017 gewesen sei, fehle - entgegen des teilweisen klägerischen Vortrags - zudem jegliche Bescheinigung. Die (ohnehin nicht fachmedizinische) Bescheinigung der PTB vom 5. Dezember 2016 beziehe sich lediglich auf den "jetzigen Zeitpunkt". Die PTB habe eine Ausweitung dieser Bescheinigung auf den 9. Dezember 2016 auf Anfrage der Seite der Klägerin vorgerichtlich ausdrücklich abgelehnt. Insoweit sei folglich ebenfalls keine Erkrankung dargelegt.

c) Die - von der Klägerin in ihrer Antragsbegründung beanstandete - Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die Darlegung von schwerwiegenden Gründen im Sinne des § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG sei nur unter Vorlage ärztlicher Atteste möglich, ist aus Sicht des Senats grundsätzlich zutreffend. Der ehemals für Verfahren nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zuständige 14. Senat des beschließenden Gerichts hat zu den Voraussetzungen der Darlegung von schwerwiegenden Gründen in seinem Urteil vom 17. November 2022 (14 LB 84/22; juris Rn. 47) ausgeführt:

"Beruft sich ein Studierender auf eine Erkrankung, obliegt es zuvorderst ihm selbst, substantiiert darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er tatsächlich in längeren zeitlichen Abschnitten studierunfähig erkrankt gewesen ist. Dazu bedarf es der Darlegung, welche Erkrankungen bei ihm vorgelegen haben, welche Zeiträume betroffen gewesen sind und dass und inwieweit er durch die Erkrankung tatsächlich gehindert war, den im Studium vermittelten Stoff zu erarbeiten (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 23.08.2019 - 1 PA 161/19 - BeckRS 2019, 19594; OVG MV, Beschl. v. 3.9.2003 - M 86/03 -, juris Rn. 8). Dies ist durch aussagekräftige ärztliche Bescheinigungen zu belegen. Besonderes Gewicht liegt auf der nachvollziehbaren Darlegung der Ursächlichkeit der vom Auszubildenden geltend gemachten Erkrankung für den Ausbildungsrückstand."

Diesen Anforderungen schließt sich der Senat nach eigener (und - soweit Personenidentität in der Besetzung der Senate vorliegt - nochmaliger) Überprüfung jedenfalls für den Regelfall an. Es trifft zwar zu, dass sich das beschließende Gericht in jenem Verfahren nicht ausdrücklich damit zu befassen hatte, ob neben ärztlichen Bescheinigungen auch solche anderer fachkundiger Personen ausreichen können, weil sich diese Frage dort nicht stellte. Es sprechen aber - auch in Ansehung des vorliegenden Falles - die überzeugenderen Gründe dafür, an dem Erfordernis (fach-)ärztlicher Bescheinigungen grundsätzlich festzuhalten (vgl. auch OVG SH, Beschl. v. 14.1.2025 - 3 LA 12/21 -, juris Rn. 9; Neu, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB Sozialrecht BT, 1. Aufl., Stand: 05.02.2025, § 15 BAföG, Rn. 35; Lackner/Achelpöhler, in: Ramsauer/Stallbaum, 8. Aufl. 2024, BAföG § 15 Rn. 25; Winkler, in: BeckOK SozR, 75. Ed. 1.12.2024, BAföG § 15 Rn. 21). Insoweit verweist der Senat zunächst auf die überzeugenden und zuvor wiedergegebenen Argumente des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Urteil. Für diese Sichtweise streitet - auch mit Blick auf psychische Erkrankungen - außerdem, dass gerade bei der Behandlung psychischer Erkrankungen in verschiedenen Bereichen Arztvorbehalte nicht unüblich sind. Einer dieser Bereiche betrifft eine zu den hier in Rede stehenden Bescheinigungen vergleichbare Konstellation, nämlich die Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ("Krankschreibungen") für Patienten. Diese Aufgabe bleibt nach wie vor Ärzten vorbehalten (vgl. für Arbeitnehmer § 5 Abs. 1 Satz 2 des Entgeltfortzahlungsgesetzes, vgl. auch BAG, Urt. v 1.10.1997 - 5 AZR 726/96 -, juris Rn. 29, oder für Leistungsberechtigte nach dem SGB II § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Gleiches gilt für die Verordnung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nach § 1 der Arzneimittelverschreibungsverordnung oder Betäubungsmitteln nach § 13 Abs. 1 BtMG (vgl. zum Ganzen auch https://ptk-saar.de/ratsuchende/psychologin-psychiaterin- oder-psychotherapeutin/; https://www.pknds.de/ratsuchende/allgemeines/abgrenzung-begriffe-psychologischer-berufe/). Dass in anderen Lebensbereichen, wie die Klägerin meint, ausdrücklich auf die Fachkunde spezialisierter Psychologen ohne Arztstatus abgestellt wird, mag zutreffen. Eine solche ausdrückliche Kompetenzzuweisung liegt hier aber gerade nicht vor. Die Beschränkung auf ärztliche Bescheinigungen zum Nachweis einer Erkrankung als "schwerwiegender Grund" liegt im Übrigen - anders als die Klägerin meint - nach dem Wortlaut der von ihr zitierten Nr. 15.3.3 der Anwendungshinweise zum BAföG durchaus nahe. Zum einen wird dort der Begriff "Attest" verwendet. Schon im allgemeinen Sprachgebrauch dürfte hiermit eine ärztliche Bescheinigung gemeint sein (vgl. Duden, "ärztliche Bescheinigung"; https://de.wiktionary.org/wiki/Attest, "eine ärztliche Bescheinigung oder ein Gesundheitszeugnis"). Zum anderen geht es in der zitierten Regelung um den Nachweis einer Krankheit durch Attest. Zur Attestierung einer Krankheit im Rechtsverkehr sind aber - wie oben ausgeführt - in aller Regel nur Ärzte, jedenfalls aber nicht Sozialpsychologen mit der Zusatzqualifikation (Systemische Therapeutin/Beraterin [SG]) befugt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin bietet der vorliegende Fall auch sonst keinen Anlass, von diesen Grundsätzen abzuweichen und im Rahmen der Darlegung schwerwiegender Gründe Bescheinigungen von Psychologen - hier einer Sozialpsychologin mit der Zusatzqualifikation (Systemische Therapeutin/Beraterin [SG]) - als ausreichend anzusehen. Selbst wenn berücksichtigt wird, dass bisweilen auch Stellungnahmen Psychologischer Psychotherapeuten im Rechtsverkehr die Eignung zum Nachweis von Erkrankungen zuerkannt wird (vgl. dazu etwa BremOVG, Beschl. v. 23.2.2024 - 2 B 320/23 -, juris Rn. 19) verfügt die Sozialpsychologin E. bereits nicht über diese Qualifikation, während die vorgelegte Bescheinigung der Psychologischen Psychotherapeutin vom 7. August 2017, wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, inhaltlich nicht ausreichend ist; sie enthält lediglich Verdachtsdiagnosen nach einem ersten Anamnesegespräch und bezieht sich zudem nur auf einen einzigen Tag gegen Ende des Sommersemesters 2017. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob Stellungnahmen Psychologischer Psychotherapeuten für Fälle wie den vorliegenden als ausreichend betrachtet werden können.

Unbeschadet dessen hat das Verwaltungsgericht die Bescheinigungen der PTB (Sozialpsychologin Frau E.) auch ausdrücklich deshalb für unzureichend gehalten, weil die Bescheinigungen keine medizinische Fachdiagnose enthielten. Mit diesem Aspekt setzt sich die Klägerin in ihrer Antragsbegründung schon nicht im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO auseinander. Im Übrigen hält auch der Senat die Bescheinigungen für nicht aussagekräftig genug, um die Beklagte in die Lage zu versetzen, darüber zu befinden, ob sie die geltend gemachte Erkrankung als schwerwiegenden Grund anerkennen kann (vgl. etwa zu den Anforderungen an den Nachweis der krankheitsbedingen Prüfungsunfähigkeit im prüfungsrechtlichen Verfahren Senatsurt. v. 16.5.2019 - 2 LB 369/19 -, juris).

d) Auch das weitere Vorbringen der Klägerin greift nicht durch.

Ihre Auffassung, aus Nr. 15.3.3 der Anwendungshinweise zum BAföG ergebe sich, dass die Beklagte in ihrem Fall gehalten gewesen wäre, ihren Gesundheitszustand unter Hinzuziehung des zuständigen Gesundheitsamts abzuklären, teilt der Senat nicht. Der in der Regelung vorgesehene Zweifelsfall war im Fall der Klägerin nämlich nicht gegeben. Ein solcher setzt voraus, dass der Anspruchsteller die Voraussetzungen der Krankheit im ersten Schritt ordnungsgemäß dargelegt und nachgewiesen hat. Erst wenn danach gleichwohl weiterhin Zweifel bestehen, ob ein schwerwiegender Grund auf dieser Grundlage anerkannt werden kann, ist die Einholung eines Gutachtens des zuständigen Gesundheitsamts im Wege der Amtshilfe angezeigt.

Soweit die Klägerin außerdem geltend macht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, "dass ärztliche Atteste teilweise vorliegen", und sie ausführt, zu der Prüfungsphase im Juli 2017 habe sie ärztliche Atteste und ein amtsärztliches Attest beigebracht, fehlt jede Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts (Urteilsabdruck, Seite 8). Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass das Verwaltungsgericht "überzogene Anforderungen an die Selbsterkenntnis der Klägerin" gestellt hätte oder sie erstmals im Termin der mündlichen Verhandlung mit dem Erfordernis eines ärztlichen Attests konfrontiert worden wäre. Vielmehr hat die Beklagte im Verwaltungsverfahren bereits im Schreiben vom 14. Oktober 2017 (Blatt 511 des Verwaltungsvorgangs) darauf hingewiesen, dass ärztliche Atteste eingereicht werden müssten. Dieser Hinweis befindet sich auch im Bescheid vom 15. Dezember 2017 (Seite 2, drittletzter Absatz) und im Bescheid vom 16. April 2018 (Seite 2, zweiter Absatz). Das Verwaltungsgericht hat der Klägerin ebenfalls mit Verfügung vom 14. November 2019 den Hinweis erteilt, es sei "zumindest fraglich, ob die vorgelegte Bescheinigung der Psychologisch-Therapeutischen Beratungsstelle vom 05.12.2016 als ausreichend zum Nachweis einer Erkrankung anerkannt werden könnte".

Der Hinweis der Klägerin, es sei "auch klar, dass das Verhalten der ptb der Beklagten zuzurechnen" sei, die "Erwägungen des Verwaltungsgerichtes dazu (...) [seien] abwegig", genügt ersichtlich nicht dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat sich mit diesem Gesichtspunkt ausführlich befasst (Urteilsabdruck, Seite 10). Mit diesen Erwägungen fehlt jegliche Auseinandersetzung.

Soweit die Klägerin schließlich geltend macht, das Verwaltungsgericht habe rechtsirrig die Vorlage eines ärztlichen Attestes für die Prüfung vom 9. Dezember 2016 gefordert, kommt es darauf nicht entscheidend an. Denn diese Erwägung des Verwaltungsgerichts war für die Entscheidung nicht tragend, sondern lediglich ein zusätzlicher Gesichtspunkt, den das Verwaltungsgericht in seiner Begründung angeführt hatte (Urteilsabdruck Seite 8, letzter Absatz)

2. Die Klägerin legt die Voraussetzungen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) nicht dar. Sie macht geltend, das Verwaltungsgericht hätte sich durch Anhörung der für die PTB tätigen Therapeutinnen F. und E. ein Bild von deren Qualifikation machen müssen. Eine solche Anhörung hätte ergeben, dass diese über die nötige Qualifikation verfügten, denn sonst hätten sie die Behandlung bei ihr nicht durchgeführt. Inhaltlich ziehe das Verwaltungsgericht die Angaben der Therapeutinnen der PTB zudem in keinem Punkt in Zweifel, was für sich genommen bereits stark für deren ausreichende Qualifikation spreche.

Wird - wie mit diesem Vorbringen - ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend gemacht, muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren des ersten Rechtszuges, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 30.4.2009 - 4 LA 129/08 -, v. 14.10.2015 - 4 LA 303/14 -, u. v. 16.11.2010 - 8 LA 224/10 -, sämtl. in juris). Den Ausführungen der Klägerin ist bereits nicht zu entnehmen, dass sie hinreichend auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung hingewirkt hat. Sie hat es insbesondere unterlassen, einen förmlichen Beweisantrag zu stellen. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.2012 - 4 B 20.12 -, juris Rn. 6 m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 20.3.2012 - 5 C 1/11 -, juris Rn. 25 m.w.N.; Senatsbeschl. v. 6.11.2024 - 2 LA 117/22 -, juris Rn. 27). Den Ausführungen der Klägerin ist auch nicht zu entnehmen, dass sich dem Verwaltungsgericht die Anhörung der beiden Therapeutinnen hätte aufdrängen müssen. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag auf, wenn die bisherigen Tatsachenfeststellungen seine Entscheidung noch nicht sicher tragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.3.2012 - 5 C 1/11 -, juris Rn. 25 m.w.N.; Senatsbeschl. v. 6.11.2024 - 2 LA 117/22 -, juris Rn. 28). Diese Voraussetzungen lagen hier schon deshalb nicht vor, weil es aus der insoweit maßgeblichen und in der Sache - wie oben dargelegt - auch zutreffenden Sicht des Verwaltungsgerichts auf eine nähere Aufklärung der individuellen Qualifikationen der Therapeutinnen nicht ankam.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).