Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.11.2024, Az.: 3 K 11079/21

Bemessung des Teilwertes von Geschäftsanteilen an einer Genossenschaft im Rahmen der Bewertung einer Entnahme

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
13.11.2024
Aktenzeichen
3 K 11079/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 31267
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE::2024:1113.3K11079.21.00

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - AZ: VI R 33/24

Fundstelle

  • ErbStB 2025, 187-188

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Für die Bemessung des Teilwertes von Geschäftsanteilen an einer Genossenschaft sind die gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten der Genossenschaft ebenso zu berücksichtigen wie die konkreten Satzungsregelungen der Genossenschaft im Einzelfall.

  2. 2.

    Der Teilwert ist danach jedenfalls dann nicht mit dem Nennwert der Geschäftsanteile zu bemessen, wenn eine eng umgrenzte, ausschließlich aus Familienmitgliedern bestehende Genossenschaft mit erheblichen Kapitalrücklagen vorliegt. Bei einer solchen Familiengenossenschaft kommen die genossenschaftsrechtlichen Besonderheiten nicht in dem Maße zum Tragen wie bei einer typischen Publikumsgenossenschaft.

Orientierungssatz Es erscheint zweifelhaft, ob für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke die Bewertung von Geschäftsanteilen an Genossenschaften nach R B 151.6 ErbStR 2019 stets mit dem Nennwert der Geschäftsanteile zu einer zutreffenden Besteuerung führt und mit §§ 10 Abs. 1 Satz 1, 12 ErbStG in Einklang zu bringen ist, soweit hier eine Einzelbetrachtung der jeweiligen Genossenschaft aufgrund Verwaltungsanweisung unterbleibt.

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des Teilwertes von Geschäftsanteilen an einer Genossenschaft im Rahmen der Bewertung einer Entnahme.

Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, unterhält einen landwirtschaftlichen Betrieb, aus dem sie Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt. Sie ging hervor aus der Übernahme des landwirtschaftlichen Einzelunternehmens des Beigeladenen, Herrn AS, zum 1. Dezember 2013 unter Beteiligung seiner Kinder BS, CS und DS zum Zwecke der gemeinsamen Fortführung des Landwirtschaftsbetriebs. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn durch Bestandsvergleich nach §§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ihr Wirtschaftsjahr beginnt am 1. Juli und endet am 30. Juni des Folgejahres.

Die Klägerin unterhält durch den Verkauf von Futtermitteln u.a. Geschäftsbeziehungen zur X e.G. mit Sitz in Z (im Folgenden: "die eG"), die im Bereich Marktfruchtbau und Milchproduktion aktiv ist. Nach Verschmelzung der Y e.G. unter Buchwertfortführung auf die eG mit Wirkung zum 1. Juli 2014 waren an Letzterer zum 31. Dezember 2014 die nachstehenden Personen wie folgt beteiligt:

NameAnzahl GeschäftsanteileSumme Geschäftsguthaben
AS225225.000 EUR
BS117117.000 EUR
CS117117.000 EUR
DS117117.000 EUR
ES(Ehefrau des Beigeladenen)556556.000 EUR
Summe:1.1321.132.000 EUR

Vorstände der eG sind seit dem 1. September 2014 nur noch Herr AS und Herr BS.

Im Wege der Verschmelzung gingen zum 1. Juli 2014 aus der Y e.G. unter anderem nachfolgende Bilanzposten auf die eG über:

Eigenkapital19.000.000 EUR
RückstellungenXXX EUR
VerbindlichkeitenXXX EUR

Noch vor der Verschmelzung der Y e.G. auf die eG kam es zu einer Vielzahl von durch Kündigungen bedingtem Ausscheiden von Genossen sowie zu Geschäftsanteilsübertragungen auf Mitglieder der Familie S im Hinblick auf Geschäftsanteile an der eG. Während die ausgeschiedenen Genossen den Nennwert ihrer Geschäftsguthaben ausbezahlt erhielten, erfolgten die Geschäftsanteilsübertragungen teilweise zum Nennwert des Geschäftsguthabens, teilweise zum doppelten bzw. dreifachen Wert.

Nach der Verschmelzung erfolgte noch eine weitere Geschäftsanteilsübertragung. Am 1. September 2014 übertrug Herr F einen einzigen Geschäftsanteil von 1.000 EUR an Herrn DS zum Preis von 20.000 EUR. Im Zuge dieser Übertragung verzichtete Herr F gleichzeitig auf die Geltendmachung eines ihm von der eG im Jahre 2005 eingeräumten dauerhaften Rechts, zehn weitere Geschäftsanteile der eG zu zeichnen.

Gemäß Beschluss der Generalversammlung der eG vom 1. Oktober 2014 wurden durch die fünf Mitglieder der Familie S ferner 375 weitere Geschäftsanteile an der eG gezeichnet, wobei diese Anteile auf die Umwandlung von anderen Ergebnisrücklagen zurückzuführen waren. Der Genossenschaftsverband e.V. führte hierzu in seinem "Bericht über die Prüfung gemäß § 53 GenG und die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2014 bei der X e.G." vom 5. Mai 2015 unter Tz. 50 aus, diese Ungleichbehandlung der Mitglieder entspreche nicht dem genossenschaftlichen Gedanken.

Zwischen der eG als Pächterin und dem Beigeladenen als Verpächter besteht darüber hinaus ein Pachtvertrag vom 26. Januar 2006 über Stallanlagen in Z zu einem Pachtpreis von 82.255 EUR p.a.

Des Weiteren bestand zwischen der eG als Darlehensgeberin und der "S B.V." als Darlehensnehmerin ein extensives Darlehensverhältnis. Die eG hatte ausweislich des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2014 ein Darlehen über insgesamt 8.215.946,41 EUR an die S B.V. ausgereicht, das im Verlaufe des Jahres 2015 weiter erhöht wurde und sich zum 31. Dezember 2015 auf 10.865.946,41 EUR belief. Bei der S B.V. handelt es sich ausweislich des Berichts des Finanzamts T vom 17. Juli 2019 über die Prüfung der Auslandsbeziehungen bei der eG für den Prüfungszeitraum 2011 bis 2015 um eine dem Beigeladenen bzw. der eG nahestehende Person i.S.v. § 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes (AStG).

Die Satzung der eG lautet nach der Verschmelzung (auszugsweise) folgendermaßen:

"[...]§ 6 Übertragung des Geschäftsguthabens

1. Ein Mitglied kann jederzeit sein Geschäftsguthaben unter den Voraussetzungen des § 76 GenG einem anderen ganz oder teilweise übertragen.

2. Die Übertragung des Geschäftsguthabens bedarf der Zustimmung des Vorstandes.

[...] § 10 Auseinandersetzung

1. Für die Auseinandersetzung zwischen dem ausgeschiedenen Mitglied und der Genossenschaft ist der festgestellte Jahresabschluss maßgebend. Verlustvorträge sind nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile zu berücksichtigen. In den Fällen des § 6 der Satzung findet eine Auseinandersetzung nicht statt.

2. Dem ausgeschiedenen Mitglied wird das Auseinandersetzungsguthaben ausgezahlt. Darüber hinaus hat das Mitglied keine Ansprüche auf das Vermögen der Genossenschaft.

[...] § 24 Ausübung der Mitgliedsrechte

1. Die Mitglieder üben ihre Rechte in den Angelegenheiten der Genossenschaft in der Generalversammlung aus.

2. Jedes Mitglied hat eine Stimme soweit die Satzung nicht nachfolgend Mehrstimmrechte auf Grund der Satzungsänderung vom 18.03.2005 vorsieht. Diese sind wie folgt geregelt:

Mitglieder, die drei Geschäftsanteile eingezahlt haben, haben zwei Stimmen; Mitglieder, die fünf Geschäftsanteile eingezahlt haben, haben drei Stimmen.

Die Stimmrechtsbeschränkung des § 43 Abs. 3 Nr. 1 GenG ist zu beachten.

[...] § 36 Geschäftsanteil und Guthaben

1. Ein Geschäftsanteil beträgt Euro 1.000,00.

2. Der Geschäftsanteil ist sofort einzuzahlen.

3. Ein Mitglied kann sich mit weiteren Geschäftsanteilen beteiligen. Die Beteiligung eines Mitglieds mit weiteren Geschäftsanteilen darf erst zugelassen werden, wenn die früheren Geschäftsanteile voll eingezahlt sind.

4. Die auf die Geschäftsanteile geleisteten Einzahlungen zuzüglich sonstiger Gutschriften und abzüglich zur Verlustabdeckung abgeschriebener Beträge bilden das Geschäftsguthaben des Mitglieds.

5. Das Geschäftsguthaben darf, solange das Mitglied nicht ausgeschieden ist, von der Genossenschaft nicht ausgezahlt, nicht aufgerechnet oder im geschäftlichen Betrieb der Genossenschaft als Sicherheit verwendet werden. Eine geschuldete Einzahlung darf nicht erlassen werden; gegen diese kann das Mitglied nicht aufrechnen. Der Genossenschaft haftet das Auseinandersetzungsguthaben des Mitglieds für einen etwaigen Ausfall, insbesondere im Insolvenz- oder Vergleichsverfahren des Mitglieds.

6. Die Abtretung oder Verpfändung des Geschäftsguthabens an Dritte ist unzulässig und der Genossenschaft gegenüber unwirksam. Eine Aufrechnung des Geschäftsguthabens durch das Mitglied gegen seine Verbindlichkeiten gegenüber der Genossenschaft ist nicht gestattet.

7. Eine Nachschusspflicht besteht nicht.

[...] § 41 Jahresüberschuss, Jahresfehlbetrag

Über die Verwendung des Jahresüberschusses oder die Deckung eines Jahresfehlbetrages beschließt die Generalversammlung. [...]"

Das Eigenkapital der eG entwickelte sich zwischen dem 31. Dezember 2013 (vor Verschmelzung) bzw. 31. Dezember 2014 (nach Verschmelzung) und dem 31. Dezember 2021 wie folgt:

201320142015
Eigenkapital10.300.000 EUR28.750.000 EUR29.250.000 EUR
- Geschäftsguthaben25.000 EUR1.132.000 EUR1.132.000 EUR
- Kapitalrücklagen0 EUR9.5000.000 EUR9.500.000 EUR
- Ergebnisrücklagen2.500.000 EUR11.100.000 EUR11.200.000 EUR
- Gewinnvortrag5.300.000 EUR5.600.000 EUR6.900.000 EUR
- Jahresüberschuss400.000 EUR1.400.000 EUR500.000 EUR
201620172018
Eigenkapital30.150.000 EUR32.900.000 EUR33.900.000 EUR
- Geschäftsguthaben1.132.000 EUR1.132.000 EUR1.132.000 EUR
201920202021
Eigenkapital35.500.000 EUR36.900.000 EUR37.700.000 EUR
- Geschäftsguthaben1.132.000 EUR1.132.000 EUR1.132.000 EUR

Soweit aus den dem Finanzgericht vorliegenden Akten ersichtlich, nahm die eG zwischen 2014 und 2021 keine Gewinnausschüttungen vor, sondern trug die Jahresüberschüsse stets auf neue Rechnung vor.

Mit Wirkung zum 1. Juni 2015, d.h. im Wirtschaftsjahr 2014/2015, übertrug der Beigeladene 210 seiner 225 Geschäftsanteile an der eG und damit 210.000 EUR seines 225.000 EUR betragenden Geschäftsguthabens unentgeltlich auf seine - nicht an der Klägerin beteiligte - Ehefrau ES. Die auf diese übertragenen Geschäftsanteile bezogenen Anschaffungskosten des Beigeladenen beliefen sich dabei auf 619.443,62 EUR.

Noch vor der Übertragung der Geschäftsanteile an seine Ehefrau hatte der Beigeladene hinsichtlich der schenkungsteuerlichen Würdigung der Übertragung von Geschäftsanteilen der eG auf seinen Sohn CS eine verbindliche Auskunft bei dem Beklagten zu der Frage eingeholt, ob die Bewertung der übertragenen Genossenschaftsanteile mit dem Nennwert des eingezahlten Geschäftsguthabens erfolge. Aus der verbindlichen Auskunft des Beklagten vom 26. Mai 2015 ergibt sich unter anderem, dass die zuständige Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle des Beklagten den Wert der Geschäftsanteile im Falle einer schenkungsteuerlichen Veranlagung mit dem Nennwert entsprechend dem Geschäftsguthaben zu bemessen beabsichtige (vgl. Bl. 205 ff. Bd. I der Bp-Arbeitsakte zur AD-Nr.: XXX).

Im Rahmen der Gewinnermittlung der Klägerin für das Wirtschaftsjahr 2014/2015 zum 30. Juni 2015 berücksichtigte die Klägerin in der Folge auf Ebene des Sonderbetriebsvermögens des Beigeladenen einen Verlust aus der Übertragung der Geschäftsanteile an der eG i.H.v. -409.443,62 EUR, den sie ermittelte, indem sie einen Erlös aus der Entnahme der Geschäftsanteile aus dem Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen entsprechend dem Nennwert des Geschäftsguthabens i.H.v. 210.000 EUR ansetzte und von diesem die dem Beigeladenen entstandenen historischen Anschaffungskosten i.H.v. 619.443,62 EUR abzog. Insgesamt ergab sich für den Beigeladenen für das Wirtschaftsjahr 2014/2015 ein bilanzieller Verlust aus Sonderbetriebsvermögen von -382.322,94 EUR, den die Klägerin hinsichtlich der Entnahme der 210 Geschäftsanteile an der eG nach dem Teileinkünfteverfahren gem. §§ 3 Nr. 40 lit. a), 3c EStG noch dahingehend korrigierte, dass der hieraus resultierende Verlust um 40 % (entsprechend 163.777,45 EUR) auf -245.666,17 EUR gekürzt wurde. Hiernach ermittelte die Klägerin einen steuerlich anzusetzenden Verlust des Beigeladenen aus Sonderbetriebsvermögen i.H.v. -218.545,49 EUR für das Wirtschaftsjahr 2014/2015.

Mit ihrer steuerlichen Gewinnermittlung zur Feststellungserklärung für das Streitjahr 2014 erklärte die Klägerin sodann für den Beigeladenen einen Verlust aus Sonderbetriebsvermögen von -96.596,28 EUR, dem sie die Hälfte des auf das Wirtschaftsjahr 2014/2015 ermittelten Verlustes des Beigeladenen aus Sonderbetriebsvermögen entsprechend -109.272,75 sowie einen aus dem Rumpfwirtschaftsjahr 2013/2014 herrührenden, anteiligen Gewinn für 2014 aus Sonderbetriebsvermögen von 12.676,47 EUR zugrunde legte. Der Beklagte folgte dieser Feststellungserklärung mit Bescheid für 2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 18. Mai 2016. Der Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Zwischen dem 22. August 2016 und dem 30. Mai 2017 führte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 1. Juni 2016 bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Feststellungszeiträume 2013 und 2014 durch. Hierbei gelangte der Außenprüfer unter anderem zu der Feststellung, dass die Entnahme der 210 Geschäftsanteile aus dem Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen durch unentgeltliche Übertragung auf seine Ehefrau ES zum 1. Juni 2015 nicht mit dem Nennwert des Geschäftsguthabens von 210.000 EUR anzusetzen sei, weil dieser nicht dem Teilwert i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG entspreche. Da zeitnahe Verkäufe von Geschäftsanteilen der eG nicht erfolgt seien, müsse eine Bewertung der Geschäftsanteile der eG anhand des vereinfachten Ertragswertverfahrens gem. §§ 199 ff. des Bewertungsgesetzes (BewG) vorgenommen werden.

Zu diesem Zwecke ließ der Außenprüfer durch den Fachprüfer für Unternehmensbewertung bei dem Finanzamt für Großbetriebsprüfung den Wert der eG im vereinfachten Ertragswertverfahren feststellen. Der Fachprüfer für Unternehmensbewertung ermittelte sodann einen vereinfachten Ertragswert der eG zum 1. Juni 2015 von 14.802.386 EUR. Bezogen auf die 210 übertragenen Geschäftsanteile, welche 18,55 % der insgesamt vorhandenen Geschäftsanteile ausmachen, belaufe sich der vereinfachte Ertragswert danach auf 2.745.843 EUR. Wegen der Berechnungen wird auf Anlage 4 des Berichtes über die Außenprüfung vom 1. Juni 2017 zur AD-Nr.: XXX (Bl. 341 ff. Bd. II der Bp-Arbeitsakte zur AD-Nr.: XXX) verwiesen.

Daraufhin schätzte der Außenprüfer den Teilwert der 210 übertragenen Geschäftsanteile auf 1.350.000 EUR. Ein Abschlag für den fiktiven Erwerb der Geschäftsanteile im Rahmen eines Gesamtkaufpreises sei hierin bei einem Ansatz von rund 50 % des "tatsächlichen" Wertes nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren berücksichtigt. Der Entnahmewert sei damit von 210.000 EUR um 1.140.000 EUR auf 1.350.000 EUR zu erhöhen. Unter Berücksichtigung der ursprünglichen anteiligen Anschaffungskosten der 210 Geschäftsanteile i.H.v. 619.443,62 EUR ergebe sich im Wirtschaftsjahr 2014/2015 ein Entnahmegewinn von 730.556,38 EUR, der nach dem Teileinkünfteverfahren zu 60 %, d.h. mit 438.333,83 EUR steuerpflichtig sei. Der steuerliche Gewinn der Klägerin für das Wirtschaftsjahr 2014/2015 sei nach alledem um 684.000 EUR zu erhöhen. Diese Gewinnerhöhung ergebe sich aus der Differenz zwischen dem bisher von der Klägerin angesetzten und vom Beklagten berücksichtigten Verlust für die Entnahme der Geschäftsanteile i.H.v. -245.666,17 EUR und dem nach Auffassung des Außenprüfers anzusetzenden Entnahmegewinn von 438.333,83 EUR. Von dieser Gewinnerhöhung entfalle letztlich ein Betrag von 342.000 EUR auf den Feststellungszeitraum 2014, welcher dem Gewinn des Beigeladenen aus Sonderbetriebsvermögen zuzuschlagen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom 1. Juni 2017 zur AD-Nr.: XXX (Bl. 341 ff. Bd. II der Bp-Arbeitsakte zur AD-Nr.: XXX) verwiesen.

Der Beklagte folgte den Feststellungen des Außenprüfers und änderte den Bescheid für 2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen unter dem 12. Oktober 2017 nach § 164 Abs. 2 AO. Hierbei berücksichtigte er einen Gewinn des Beigeladenen aus Sonderbetriebsvermögen i.H.v. 343.394,57 EUR, wobei die Erhöhung auch auf weitere, in diesem Verfahren nicht streitige Feststellungen der Außenprüfung zurückzuführen war.

Gegen diesen geänderten Bescheid erhob die Klägerin unter dem 10. November 2017 Einspruch. Zur Begründung machte sie unter anderem geltend, die Entnahme der Geschäftsanteile der eG aus dem Sonderbetriebsvermögen durch den Beigeladenen sei nicht mit dem anteiligen Wert der Genossenschaft als solcher, sondern mit dem Nennwert des Geschäftsguthabens anzusetzen. Der Geschäftsanteil an einer Genossenschaft sei insoweit aufgrund der genossenschaftsrechtlichen Besonderheiten mit einer Kapitalforderung gleichzustellen, die ertragsteuerlich - wie auch für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke - mit dem Nennwert gem. § 12 Abs. 1 BewG anzusetzen sei.

Der Beklagte änderte während des Einspruchsverfahrens den Bescheid für 2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen unter dem 8. Januar 2018 aus hier nicht verfahrensgegenständlichen Gründen dahingehend, dass nunmehr ein Gewinn des Beigeladenen aus Sonderbetriebsvermögen i.H.v. 247.370,56 EUR festgestellt wurde. Hinsichtlich der übrigen Feststellungen wird auf den Bescheid vom 8. Januar 2018 (vgl. Bl. 7 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 1. März 2021 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Entnahme der Geschäftsanteile an der eG durch den Beigeladenen könne nicht zum Nennwert erfolgen, da dieser nicht dem Teilwert entspreche. Die Bewertung nicht börsennotierter Anteile orientiere sich grundsätzlich an zeitnahen Verkäufen. Sollten keine stattgefunden haben, müsse der Teilwert geschätzt werden. Eine Orientierung könne das vereinfachte Ertragswertverfahren nach § 199 BewG bieten, da es nach seiner Zielsetzung den Verkehrswert abbilden solle. Die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 17. Mai 2011 (BStBl. I 2011, 606) zur Anwendung der §§ 11, 95 bis 109 und 199 ff. BewG in der Fassung des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) seien nach dem BMF-Schreiben vom 22. September 2011 (BStBl. I 2011, 859) für ertragsteuerliche Zwecke bei der Bewertung von Unternehmen und Anteilen an Kapitalgesellschaften entsprechend anzuwenden.

Bei Genossenschaftsanteilen von mehr als 1 % oder mehr als 100.000 EUR (Nennwert des Genossenschaftsanteils) seien die Anteile nach § 109 Abs. 2 BewG zu bewerten und als Beteiligung i.S.d. § 200 Abs. 3 BewG anzusetzen, wenn nach den Umständen des Einzelfalles (z.B. Zahl der Genossen, Beteiligung der Genossen an den stillen Reserven der Genossenschaft, Beteiligung am Gewinn der Genossenschaft über die Höhe einer üblichen Dividende hinaus) die Genossenschaftsanteile nicht mehr mit einer Kapitalforderung vergleichbar seien. Nach § 200 Abs. 3 BewG würden Beteiligungen an anderen Gesellschaften neben dem Ertragswert mit dem eigenständig zu ermittelnden gemeinen Wert angesetzt.

Der Beigeladene habe 210 Geschäftsanteile, mithin 18,5 % der gesamten Genossenschaftsanteile zum Nennwert von 210.000 EUR übertragen. Unter Berücksichtigung der Mitgliederstruktur (die Genossenschaft befinde sich ausschließlich in der Hand einer Familie) und der geringen Anzahl der Genossen (5 Personen) seien die Voraussetzungen für eine Bewertung der übertragenen Genossenschaftsanteile gemäß § 109 Abs. 2 i.V.m. § 200 Abs. 3 BewG mit dem gemeinen Wert erfüllt. Der Genossenschaftsanteil sei hier nicht mit einer Kapitalforderung, sondern vielmehr mit einer Beteiligung an einer Personengesellschaft vergleichbar.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 30. März 2021 erhobenen Klage. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, der Teilwert entspreche dem Nennwert der Geschäftsanteile bzw. des übertragenen Geschäftsguthabens i.H.v. 210.000 EUR. Dies leitet sie aus der gesellschaftsrechtlichen Verfassung der eingetragenen Genossenschaft ab. Nach den Regelungen des Genossenschaftsgesetzes (GenG) erhalte ein Genosse im Falle des Ausscheidens aus der Genossenschaft lediglich sein Geschäftsguthaben erstattet. Eine Beteiligung am Vermögen oder den stillen Reserven der Genossenschaft erfolge hingegen nicht. Die Mitgliedschaft in einer Genossenschaft sei insoweit nicht vergleichbar mit der Beteiligung an einer GmbH oder AG. Der Geschäftsanteil bzw. das Geschäftsguthaben vermittele insbesondere auch keine weitergehenden mitgliedschaftlichen Rechte im Verhältnis der gehaltenen Anteile zu den insgesamt ausgegebenen Geschäftsanteilen, was sich für die hier zu betrachtende eG gleichfalls aus deren Satzung ergebe. Der Geschäftsanteil bzw. das Geschäftsguthaben sei damit vielmehr als eine Kapitalforderung i.S.v. § 12 Abs. 1 BewG einzuordnen, nicht aber als eine Unternehmensbeteiligung. Daraus resultiere auch für die Bemessung des Teilwertes i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1, Nr. 1 Satz 3 EStG, dass Geschäftsanteile an Genossenschaften lediglich mit dem Nennwert zu bewerten seien. Entsprechend werde gem. R B 151.6 ErbStR 2019 auch im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer verfahren. Gesichtspunkte, die hier eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigten, seien nicht ersichtlich.

Soweit der Beklagte für die Bewertung von Geschäftsanteilen an Genossenschaften nach § 109 Abs. 2 BewG auf die Schwelle der Übertragung von mehr als 1 % der Geschäftsanteile oder mehr als 100.000 EUR Nennwert des Geschäftsanteils abstelle, sei nicht erkennbar, aus welchem Rechtssatz dies herzuleiten sei. Im Übrigen lägen die vom Beklagten aufgeführten Voraussetzungen für eine derartige Bewertung nicht vor. Selbst wenn dem aber so wäre, sei das vom Beklagten herangezogene vereinfachte Ertragswertverfahren für die Ermittlung des Wertes eines Genossenschaftsanteils ungeeignet, da das einzelne Mitglied der Genossenschaft an dem Ertragswert nicht partizipiere. Dies sei bei der vorliegenden eG insbesondere daraus ersichtlich, dass hier bis zum heutigen Tage keinerlei Gewinnausschüttungen an die beteiligten Genossen erfolgt seien. Ein fremder Erwerber der Geschäftsanteile hätte ferner keine Rechtssicherheit im Hinblick auf eine (wie auch immer geartete) Beteiligung an einem fiktiven Unternehmensveräußerungserlös bei Ausscheiden aus der Genossenschaft, sei es durch Kündigung oder durch Weiterveräußerung der Geschäftsguthaben. Er wäre daher auch nicht bereit gewesen, mehr als den Nennwert der Geschäftsanteile für deren Erwerb zu bezahlen. Dies werde auch durch die Übertragungen von Geschäftsguthaben der vergangenen Jahre deutlich, in denen Gegenleistungen in Höhe des Nominalwertes, maximal des doppelten Nominalwertes an übertragende Genossen gezahlt worden seien. Der Ansatz des Beklagten beruhe auf rein spekulativen Betrachtungen unter Verkennung der genossenschaftsrechtlichen Besonderheiten.

Die Klägerin hält daran fest, dass der Ansatz eines Verlustes aus der Entnahme i.H.v. 60 % von -409.443,62 EUR angezeigt sei, von dem 1/2 auf das Streitjahr entfalle. Dieser ergibt sich durch Abzug des Buchwertes der Genossenschaftsanteile i.H.v. 619.443,62 EUR vom Nennbetrag i.H.v. 210.000 EUR.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid für 2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen in der Fassung vom 8. Januar 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. März 2021 dahingehend zu ändern, dass die gesondert und einheitlich festgestellten Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 2014 auf 697.655,41 €, bestehend aus einem nicht nach Quote verteilten Gewinn aus Gesamthandsbilanz von 744.178,42 € und einem Verlust aus Sonderbetriebsvermögen von -46.523,01 € sowie die Einkünfte des Gesellschafters AS mit -87.187,66 €, bestehend aus einem nicht nach Quote verteilten, auf die Gesellschafter entfallenden Gewinn aus Gesamthandsbilanz von 7.441,78 € und einem Verlust aus Sonderbetriebsvermögen von -94.629,44 € festgesetzt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Darüber hinaus sei er hinsichtlich der Bewertung von Anteilen an Genossenschaften an den bundesweit abgestimmten "Leitfaden für Feststellungen nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 BewG sowie nach § 13a Abs. 4 und § 13b Abs. 10 ErbStG" vom 24. Oktober 2017 gebunden, in dem unter Tz. 2.1.4 aufgeführt sei, dass Geschäftsanteile an Genossenschaften zwar grundsätzlich als Kapitalforderungen gemäß § 12 BewG mit dem Nennwert zu bewerten seien. Ausnahmen würden nach Absatz 2 der genannten Textziffer indes bestehen bei der Übertragung von Geschäftsanteilen von mehr als 1 % oder mehr als 100.000 Euro Nennwert des Geschäftsanteils. In diesen Einzelfällen bleibe es dem Finanzamt unbenommen, die Anteile nach § 109 Abs. 2 BewG zu bewerten und als Beteiligung i.S.d. § 200 Abs. 3 BewG anzusetzen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die Genossenschaftsanteile nicht mehr mit einer Kapitalforderung vergleichbar seien. Vorliegend spreche für eine abweichende Bewertung der Geschäftsanteile als Beteiligung, dass 18,55 % der Anteile übertragen worden seien und die Genossenschaft lediglich aus fünf Familienmitgliedern bestehe. Daher sei die Heranziehung des vereinfachten Ertragswertverfahrens hier - auch mangels vergleichbarer vorangegangener Übertragungen unter fremden Dritten - angezeigt.

Die Kürzung des nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelten Wertes der übertragenen Geschäftsanteile an der eG um rund 50 % sei zur Abbildung des tatsächlichen Teilwertes erfolgt, und zwar unter Berücksichtigung der im Vergleich zu Kapitalgesellschaften genossenschaftlichen Besonderheit, dass der Verkauf einer begrenzten Menge von Genossenschaftsanteilen die anteiligen stillen Reserven nicht umfasse.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Der Senat hat die Steuerakten der X e.G. zur Steuernummer XXX vom Finanzamt ... beigezogen.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist unbegründet.

Der Bescheid für 2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen verletzt die Klägerin jedenfalls nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Der Ansatz der 210 Geschäftsanteile an der eG mit einem Teilwert i.H.v. 1.350.000 EUR im Zeitpunkt der Entnahme seitens des Beigeladenen erfolgte der Höhe nach jedenfalls nicht zu hoch.

1. Entnahmen des Steuerpflichtigen für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke sind mit dem Teilwert anzusetzen, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG. Der Teilwert i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1, Nr. 1 Satz 3 EStG ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Was im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut angesetzt würde, ist danach grundsätzlich aus der Sicht des gedachten Erwerbers, nicht aus der Sicht des Steuerpflichtigen als dem gedachten Veräußerer zu beurteilen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Bewertung aus der Sicht eines objektiven Bewerters erfolgt (Krumm in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, 173. EL September 2024, EStG, § 6 Rn. 689 m.w.N.). Die Preisvorstellungen des Steuerpflichtigen sind gleichwohl nicht ohne Belang. Es ist auch darauf abzustellen, ob der Steuerpflichtige im Rahmen einer - gedachten - Betriebsveräußerung unter einem bestimmten Preis verkaufen würde (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Urteile vom 25. Juni 1970 IV 166/65, BStBl. II 1970, 721 m.w.N.; vom 6. Dezember 1995 I R 51/95, BStBl. II 1998, 781). Ferner ist bei der Bemessung des Teilwertes regelmäßig der Substanzwert in Rechnung zu stellen (so wohl auch Gabert-Pipersberg in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 324. EL Mai 2024, § 6 EStG, Rn. 436 m.w.N.).

Nach der Rechtsprechung des BFH handelt es sich bei der Ermittlung des Teilwertes um eine Schätzung i.S.v. § 162 Abs. 1 AO (vgl. nur BFH, Urteile vom 17. August 2017 IV R 3/14, BStBl. II 2023, 26 und vom 21. April 2021 XI R 42/20, BStBl. II 2022, 20, jeweils m.w.N.; ebenso Krumm in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, 173. EL September 2024, EStG, § 6 Rn. 694; Gabert-Pipersberg in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 324. EL Mai 2024, § 6 EStG, Rn. 434). Damit geht vor allem die Verortung der Letztschätzungskompetenz beim Finanzgericht als Tatsacheninstanz einher (vgl. § 96 Abs. 1 HS. 2 FGO). Diese beinhaltet auch die Kompetenz zur Konkretisierung des für die Steuerfestsetzung notwendigen Punktwertes aus einer möglichen Teilwert-Bandbreite heraus (vgl. Krumm in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, 173. EL September 2024, EStG, § 6 Rn. 694).

2. Für die Bemessung des Teilwertes eines Geschäftsanteils an einer Genossenschaft sind nach Auffassung des Senates die gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten der Genossenschaft in besonderem Maße ebenso zu berücksichtigen wie die konkreten Satzungsregelungen der Genossenschaft im Einzelfall.

a) Vorliegend ist zunächst festzustellen, dass die eG zum 31. Dezember 2014 ein bilanzielles Eigenkapital von ca. 28.750.000 EUR und zum 31. Dezember 2015 ein bilanzielles Eigenkapital von ca. 29.250.000 EUR auswies. Hiervon entfielen lediglich 1.132.000 EUR auf die (voll eingezahlten) Geschäftsguthaben der Genossen. Die restlichen Summen verteilten sich zum 31. Dezember 2015 auf die Kapitalrücklage (ca. 9.500.000 EUR), die Ergebnisrücklagen (ca. 11.200.000 EUR) sowie den Bilanzgewinn (ca. 7.400.000 EUR). Die eG hatte mithin im Zeitpunkt der Schenkung Kapitalreserven von ca. 28.000.000 EUR angesammelt. Der Jahresüberschuss der eG betrug im Geschäftsjahr 2014 ca. 1.400.000 EUR und im Geschäftsjahr 2015 ca. 500.000 EUR. Auch in der Folgezeit hat die eG kontinuierlich Gewinne erwirtschaftet, wenngleich keine Ausschüttungen vorgenommen worden sind.

b) Nach § 73 Abs. 2 Satz 2 GenG ist das Geschäftsguthaben des Mitglieds binnen sechs Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft auszuzahlen. Auf die Rücklagen und das sonstige Vermögen der Genossenschaft hat das Mitglied demgegenüber nach § 73 Abs. 2 Satz 3 GenG im Falle der Beendigung seiner Mitgliedschaft - vorbehaltlich des § 73 Abs. 3 GenG - keinen Anspruch. Gem. § 73 Abs. 3 Satz 1 GenG kann die Satzung Mitgliedern, die ihren Geschäftsanteil voll eingezahlt haben, für den Fall der Beendigung der Mitgliedschaft einen Anspruch auf Auszahlung eines Anteils an einer zu diesem Zweck aus dem Jahresüberschuss zu bildenden Ergebnisrücklage einräumen. Laut § 73 Abs. 4 GenG kann die Satzung die Voraussetzungen, die Modalitäten und die Frist für die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens abweichend von § 73 Abs. 2 Satz 2 GenG regeln.

Im hier zu beurteilenden Sachverhalt bestimmt die Satzung der eG in der Fassung vom 25. September 2015 unter § 10 Nr. 2, dass dem ausgeschiedenen Mitglied das Auseinandersetzungsguthaben ausgezahlt wird und es darüber hinaus keine Ansprüche auf das Vermögen der Genossenschaft hat. Damit fehlt es an einer Regelung i.S.v. § 73 Abs. 3 Satz 1 GenG, wonach im Falle des Ausscheidens eines Genossenschaftsmitglieds eine Beteiligung an der Ergebnisrücklage der eG in Betracht käme. Auch eine Modifikation der Bemessung des Auseinandersetzungsguthabens i.S.v. § 72 Abs. 2 GenG nach § 72 Abs. 4 GenG enthält die Satzung der eG nicht. Im Falle des Ausscheidens eines Mitglieds der eG erhält dieses folglich nur sein Geschäftsguthaben entsprechend dem Nennwert der Geschäftsanteile zurück. Eine Beteiligung am übrigen Eigenkapital der eG findet nicht statt.

c) Die Gewinnverteilung bei einer Genossenschaft richtet sich nach § 19 GenG. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 GenG ist der bei Feststellung des Jahresabschlusses sich für die Mitglieder ergebende Gewinn oder Verlust des Geschäftsjahres auf diese zu verteilen. Die Verteilung geschieht nach § 19 Abs. 1 Satz 2 GenG für das erste Geschäftsjahr nach dem Verhältnis ihrer auf den Geschäftsanteil geleisteten Einzahlungen, für jedes folgende nach dem Verhältnis ihrer durch die Zuschreibung von Gewinn oder die Abschreibung von Verlust zum Schluss des vorhergegangenen Geschäftsjahres ermittelten Geschäftsguthaben. Hiernach stellen also die jeweiligen Geschäftsguthaben der Mitglieder den Verteilungsmaßstab für den Gewinn der Genossenschaft dar. Gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 GenG kann die Satzung einen anderen Maßstab für die Verteilung von Gewinn und Verlust aufstellen und bestimmen, inwieweit der Gewinn vor Erreichung des Geschäftsanteils an die Mitglieder auszuzahlen ist.

Die Satzung der eG regelt in § 41, dass über die Verwendung des Jahresüberschusses die Generalversammlung beschließt. Nach § 29 Nr. 1 der Satzung bedürfen Beschlüsse der Generalversammlung der einfachen Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen, soweit nicht das Gesetz oder diese Satzung eine größere Mehrheit vorschreiben oder eine Stimmrechtsbeschränkung geregelt ist. In der Generalversammlung hat nach § 24 Nr. 2 der Satzung grundsätzlich jedes Mitglied eine Stimme. Indes haben Mitglieder, die drei Geschäftsanteile eingezahlt haben, zwei Stimmen sowie Mitglieder, die fünf Geschäftsanteile eingezahlt haben, drei Stimmen.

Eine von § 19 Abs. 1 Satz 2 GenG abweichende Regelung hinsichtlich der Gewinnverteilung findet sich in der Satzung der eG mithin nicht.

d) Die Genossenschaft kann nach § 78 Abs. 1 GenG durch Beschluss der Generalversammlung jederzeit aufgelöst werden, wobei der Beschluss einer Mehrheit bedarf, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfasst. Für den Fall der (endgültigen) Auflösung einer Genossenschaft sieht § 91 Abs. 1 Satz 1 GenG vor, dass die Verteilung des Vermögens unter die einzelnen Mitglieder bis zum Gesamtbetrag ihrer Geschäftsguthaben nach dem Verhältnis der letzteren erfolgt. Überschüsse, welche sich über den Gesamtbetrag der Geschäftsguthaben hinaus ergeben, sind gem. § 91 Abs. 2 GenG nach Köpfen zu verteilen. Aus § 91 Abs. 3 GenG folgt, dass durch die Satzung die Verteilung des Vermögens ausgeschlossen oder ein anderes Verhältnis für die Verteilung bestimmt werden kann.

Die Satzung der eG sieht keine von den gesetzlichen Regelungen abweichenden Bestimmungen im Hinblick auf ihre Auflösung vor.

3. Unter Zugrundelegung der vorbezeichneten Gesetzes- und Satzungsregelungen hält der Senat im hier zu beurteilenden Fall den Ansatz des Nennwertes der Geschäftsanteile als Teilwert im Rahmen der Entnahme für nicht sachgerecht.

a) Der Senat hat bereits Zweifel daran, ob für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke die Bewertung von Geschäftsanteilen an Genossenschaften nach R B 151.6 ErbStR 2019 stets mit dem Nennwert der Geschäftsanteile zu einer zutreffenden Besteuerung führt und mit §§ 10 Abs. 1 Satz 1, 12 ErbStG in Einklang zu bringen ist, soweit hier eine Einzelbetrachtung der jeweiligen Genossenschaft aufgrund Verwaltungsanweisung unterbleibt. Dies kann vorliegend indes dahingestellt bleiben. Der Auffassung der Klägerin, wonach die Erbschaftsteuerrichtlinien jedenfalls auch im Rahmen der ertragsteuerlichen Würdigung bei der Bemessung des Wertes von Geschäftsanteilen an Genossenschaften heranzuziehen seien, folgt der Senat nicht, da für das Gericht die Erbschaftsteuerrichtlinien als bloße Verwaltungsanweisungen nicht bindend sind (vgl. hierzu auch BFH, Urteil vom 9. Dezember 1999 III R 74/97, BStBl. II 2001, 311 m.w.N.; Beschluss vom 28. November 2016 GrS 1/15, BStBl. II 2017, 393). Gleiches gilt im Übrigen für den vom Beklagten vorgebrachten "Leitfaden für Feststellungen nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 BewG sowie nach § 13a Abs. 4 und § 13b Abs. 10 ErbStG".

b) Soweit für die Ermittlung des Teilwertes der 210 übertragenen Geschäftsanteile an der eG auf einen fiktiven dritten Erwerber des gesamten Geschäftsbetriebes, dem die Geschäftsanteile zuzurechnen sind, abzustellen ist, so würde dieser fiktive Erwerber zwar im Falle einer Kündigung seiner Mitgliedschaft an der eG nach Erwerb der Geschäftsanteile lediglich das Geschäftsguthaben von 210.000 EUR ausbezahlt erhalten. Auch würde ein solcher fiktiver Erwerber in der Generalversammlung trotz der Vielzahl seiner Geschäftsanteile (210 von 1.132, entsprechend 18,55 %) - wie alle anderen Mitglieder auch - nur über drei Stimmen verfügen und könnte daher weder Beschlüsse über die Verwendung des Jahresüberschusses i.S.v. § 41 der Satzung noch über die Auflösung der eG nach § 78 Abs. 1 Satz 1 GenG alleine beeinflussen. Indes würde der fiktive Erwerber mangels anderweitiger Satzungsregelung im Falle der (zuvor durch die Generalversammlung beschlossenen) zukünftigen Ausschüttung von Jahresüberschüssen nach § 19 Abs. 1 Satz 2 GenG entsprechend seiner Geschäftsanteile, d.h. zu 18,55 % an diesen Jahresüberschüssen partizipieren. Für die Geschäftsjahre 2014 und 2015 hätte dies im Ausschüttungsfalle bereits eine Beteiligung an den erzielten Jahresüberschüssen der eG i.H.v. ca. 370.000 EUR zur Folge gehabt. Unbeachtlich ist hierbei nach Auffassung des Senates, dass die eG bisher keine Ausschüttungen vorgenommen hat. Denn aufgrund der äußerst positiven Kapitalstruktur der eG ist - im Zeitpunkt der Anteilsübertragung - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt einmal Ausschüttungen vorgenommen oder aber die angesparten erheblichen Gewinne anderweitig mitgliedernützlich verwertet werden. Dies folgt auch aus der Tatsache, dass die Gewinne der eG über sämtliche Jahre lediglich auf neue Rechnung vorgetragen wurden, anstatt sie in die Kapitalrücklage einzustellen. Damit sind sie für die Generalversammlung frei verwendbar.

c) Ferner würde die Verteilung des Vermögens der eG im Falle einer Auflösung derselben nach den gesetzlichen Regelungen erfolgen. Dies bedeutet, dass dem fiktiven Erwerber zunächst sein hier voll eingezahltes Geschäftsguthaben von 210.000 EUR nach § 91 Abs. 1 Satz 1 GenG ausbezahlt würde. Sodann wären nach § 91 Abs. 2 GenG die Überschüsse, welche sich über den Gesamtbetrag sämtlicher Geschäftsguthaben hinaus ergeben (d.h. sämtliche Rücklagen der eG i.H.v. - Stand 31. Dezember 2015 - ca. 28.000.000 EUR), nach Köpfen zu verteilen. Ein gedachter Erwerber würde hier also entsprechend dem Verhältnis der Gesamtheit aller Mitglieder der eG an dem vorhandenen Eigenkapital von ca. 28.000.000 EUR beteiligt werden. Dies würde zum Zeitpunkt der Übertragung der Geschäftsanteile, dem 1. Juni 2015, immerhin eine Beteiligung von einem Sechstel zur Folge haben, da neben dem gedachten Dritten noch fünf weitere Mitglieder der eG vorhanden wären.

d) Auch wenn einem gedachten Erwerber nach § 24 Nr. 2 der Satzung der eG für Beschlüsse in der Generalversammlung lediglich drei Stimmen zukommen würden und er danach mangels einer Stimmenmehrheit von drei Vierteln die Auflösung der eG nicht selbstständig aktiv herbeiführen könnte, ist dennoch zu berücksichtigen, dass er im Gegenzug ebenso wenig durch satzungsändernden Beschluss der Generalversammlung vollständig zugunsten der übrigen Mitglieder von der Vermögensverteilung im Falle der Auflösung ausgeschlossen werden kann. Die statutarische Verteilung des Reinvermögens an die Mitglieder muss nämlich den genossenschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz achten (vgl. Wolff in Beuthien, GenG, 16. Aufl. 2018, § 91, Rn. 1). Hiernach darf grundsätzlich kein Mitglied gegenüber der Genossenschaft gesellschaftsrechtlich mehr Rechte oder Pflichten haben als ein anderes. Fördergeschäftlich muss die Genossenschaft (weil sie die Förderung aller ihrer Mitglieder bezweckt) mitgliedergesamtnützlich handeln. Sie darf also nicht einzelne Mitglieder oder -gruppen sachlich ungerechtfertigt auf Kosten der anderen fördern (Beuthien in Beuthien, GenG, 16. Aufl. 2018, § 18, Rn. 60). Die grundsätzliche Gleichheit aller Mitglieder ist ein der Vereinigungsform der Genossenschaft besonders eigentümliches, alle Genossenschaftsorgane, also auch die satzungsgebende Generalversammlung, bindendes genossenschaftliches Prinzip. Die Generalversammlung darf zwar die Gleichbehandlung der Mitglieder in der Satzung im Ergebnis abstufen, ist dabei aber ihrerseits an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden (Beuthien in Beuthien, GenG, 16. Aufl. 2018, § 18, Rn. 64).

e) Insbesondere ist in der hier zu beurteilenden Sachverhaltskonstellation auch zu berücksichtigen, dass die eG nicht mit dem klassischen Modell einer Genossenschaft vergleichbar ist, da im Zeitpunkt der Anteilsübertragung nur sehr wenige Mitglieder ausschließlich aus der Familie S vorhanden sind sowie der Vorstand der eG lediglich aus dem Beigeladenen und Herrn BS besteht und es sich damit eher um einen Familienbetrieb handelt, der die Klägerin und damit gleichfalls die aus den Gesellschaftern bestehende Familie fördert. Genossenschaften sollen nach § 1 Abs. 1 GenG indes Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl sein, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Die genossenschaftsrechtlichen Besonderheiten kommen damit nach Auffassung des Senates bei einer Familiengenossenschaft nicht in dem Maße zum Tragen wie bei einer typischen Publikumsgenossenschaft.

Auch die im Oktober 2014 einseitig zugunsten der Familienmitglieder der Familie S beschlossene, nach Auffassung des Genossenschaftsverbands e.V. nicht dem genossenschaftlichen Gedanken entsprechende Zeichnung weiterer Geschäftsanteile durch Umwandlung von Ergebnisrücklagen zeigt, dass die Familienmitglieder der Familie S die hier zu beurteilende eG nicht wie eine "typische", d.h. dem gesetzlichen Grundgedanken folgende Genossenschaft führen, sondern die eG vielmehr mit einer eng umgrenzten Familiengesellschaft vergleichbar ist. Ebenso bestärken die erheblichen Darlehensgewährungen über nahezu 11.000.000 EUR an die dem Beigeladenen zuzurechnende niederländische S B.V. das Gesamtbild dahingehend, dass die eG vorliegend jedenfalls ganz überwiegend, wenn nicht gar ausschließlich den familienbetrieblichen Zwecken der Familie S dient.

Die Genossenschaftsstellung ist im vorliegenden Fall daher auch nicht vergleichbar mit einer bloßen Kapitalforderung i.S.v. § 12 Abs. 1 BewG. Eine Bemessung des Teilwertes der Geschäftsanteile mit deren Nennwert würde vielmehr dazu führen, dass genossenschaftlich organisierte Familienbetriebe ertragsteuerlich (und nach derzeitiger Verwaltungsauffassung auch schenkungsteuerlich) günstiger stünden als nicht genossenschaftlich organisierte Familienbetriebe. Dies aber steht dem aus § 1 Abs. 1 GenG folgenden gesetzgeberischen Anliegen entgegen.

f) Des Weiteren betrugen die historischen Anschaffungskosten des Beigeladenen für den Erwerb der 210 Geschäftsanteile bereits nahezu das Dreifache des Nennwertes, nämlich 619.443,62 EUR. Auch unter diesem Gesichtspunkt erschließt sich dem Senat nicht, weshalb bei jahrelanger Fortführung der Genossenschaft nach den Anteilserwerben des Beigeladenen unter erheblicher Wertsteigerung derselben der Teilwert am 1. Juni 2015 dem Nennwert der Geschäftsanteile entsprechen sollte.

g) Unbeachtlich ist nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1, Nr. 1 Satz 3 EStG ferner, ob ein Markt für entsprechende Geschäftsanteile an Genossenschaften vorhanden ist oder nicht. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin kommt es für die Bemessung des Teilwertes nicht auf einen konkreten Markt für das zu bewertende Wirtschaftsgut an, sondern auf einen hypothetischen Markt, da das Gesetz den Betrag als Teilwert annimmt, den ein Erwerber des ganzen Betriebes (im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut) ansetzen würde (vgl. dazu bereits oben unter I.1.).

Soweit die Klägerin sich darauf beruft, frühere Übertragungen von Geschäftsanteilen an der eG seien nur zum maximal Zwei- bis Dreifachen des Nennwertes erfolgt, ist dem entgegenzuhalten, dass diese Übertragungen sämtlich vor der Verschmelzung der Y e.G. auf die eG stattgefunden haben. Da indes die Kapitalausstattung der eG sich durch die Verschmelzung erheblich verändert hat, können diese Übertragungen nicht als Vergleichsmaßstab für die Teilwertermittlung der Geschäftsanteile an der eG nach der Verschmelzung herangezogen werden. Die eG hatte vor der Verschmelzung ein Eigenkapital i.H.v. ca. 10.300.000 EUR, während im Zuge der Verschmelzung ein positives Eigenkapital von ca. 19.000.000 EUR zusätzlich auf sie übergegangen ist. Aufgrund der anders gelagerten Konstellation im Hinblick auf die Veräußerung des Geschäftsanteils des Herrn F (gleichzeitiger Verzicht auf die Geltendmachung des Rechts der Zeichnung weiterer zehn Geschäftsanteile an der eG), ist daneben auch dieser Vorgang für die Teilwertbemessung außer Betracht zu lassen.

Letztlich kann auch aus der Regelung des § 256 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) nichts Gegenteiliges hergeleitet werden. Zwar erhält nach § 256 Abs. 2 Satz 1 UmwG im Rahmen eines Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Genossenschaft im Zeitpunkt des Formwechsels ein Mitglied, dessen durch den Formwechsel erlangtes Geschäftsguthaben den Gesamtbetrag der Geschäftsanteile, mit denen es bei der Genossenschaft beteiligt ist, übersteigt, den übersteigenden Betrag ausbezahlt. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass mangels Beteiligung der Mitglieder an den stillen Reserven einer Genossenschaft die zuvor in der Kapitalgesellschaft erlangten stillen Reserven nicht untergehen, sondern im Rahmen des Formwechsels im Zweifel an die Mitglieder ausbezahlt werden, damit der frühere Anteilsinhaber durch den Wechsel der Kapitalbeteiligung zur Mitgliedschaft bei der Genossenschaft keine Vermögenseinbuße erleidet (vgl. dazu Rinke in Schmitt/Hörtnagl, UmwG/UmwStG, 10. Aufl. 2024, § 256 UmwG, Rn. 1 ff.). Indes ist hieraus gleichwohl nicht abzuleiten, dass der Teilwert eines Geschäftsanteils an einer Genossenschaft lediglich dem Nennwert entspricht. Denn im Rahmen eines Formwechsels sollen die Anteilsverhältnisse der Anteilsinhaber auch beim nachfolgenden Rechtsträger möglichst identisch fortgeführt werden. Soweit dies mit den gesellschaftsrechtlichen Ausprägungen des Genossenschaftsrechts nicht möglich ist, hat eine Vergütung des Verkehrswertes der Anteile an der formwechselnden Kapitalgesellschaft zu erfolgen. Im vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt hingegen werden einzelne Geschäftsanteile eines Genossen auf eine andere Person übertragen, nicht aber die Genossenschaft erstmalig (z.B. durch Formwechsel) errichtet. Hinsichtlich eines - von einem hypothetischen Erwerber des gesamten Geschäftsbetriebes, dem die Genossenschaftsanteile angehören, zu entrichtenden - Kaufpreises kann damit nicht angenommen werden, dass die Bewertung der zu übertragenden Geschäftsanteile zum Nennwert die zwingende Folge ist, weil der hypothetische Erwerber insoweit nicht den Verkehrswert anderweitiger Anteile aufgibt. Vielmehr kann er durch die Stellung als eingetretener Genosse - neben potentiellen Gewinnausschüttungen oder einer potentiellen Beteiligung an den stillen Reserven im Falle einer Auflösung der Genossenschaft - zum Beispiel auch die Beförderung eines weiteren eigenen Geschäftsbetriebes bezwecken.

h) Nach alledem erscheint es dem Senat nicht nachvollziehbar, dass ein gedachter fiktiver Erwerber des Geschäftsbetriebes des Beigeladenen, dem die 210 Geschäftsanteile angehörten, diese Geschäftsanteile in Anbetracht der Ertragslage und der Kapitalausstattung der eG lediglich zum Nennwert von 210.000 EUR hätte erwerben können. Vielmehr würde ein Veräußerer der Geschäftsanteile sowohl die Ertragslage als auch das beachtliche angesparte Eigenkapital der eG bei der Bemessung des Verkaufspreises seines Geschäftsbetriebes gegenüber einem fremden Dritten in Rechnung stellen. Eine Orientierung des Teilwertes der 210 Geschäftsanteile am Nennwert derselben auf den 1. Juni 2015 kommt daher nicht in Betracht.

4. Da die Ermittlung des Teilwertes der übertragenen 210 Geschäftsanteile auf den 1. Juni 2015 durch das Gericht im Wege der Schätzung nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 Abs. 1 AO vorzunehmen (vgl. dazu bereits oben unter I.1.), das Gericht indes gleichzeitig an der Verböserung (reformatio in peius) gehindert ist und die Steuerfestsetzung nicht zum Nachteil des Steuerpflichtigen ändern darf (vgl. BFH, Beschluss vom 10. März 2016 X B 198/15, BFH/NV 2016, 1042, Rn. 8 m.w.N.), ist hier mithin nur noch zu entscheiden, ob der vom Beklagten auf den 1. Juni 2015 angesetzte Teilwert für die 210 Geschäftsanteile i.H.v. 1.350.000 EUR zu hoch ist und damit die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Die konkrete Art der Wertermittlung seitens des Beklagten im Wege des vereinfachten Ertragswertverfahrens ist mithin unbeachtlich.

Bei Zugrundelegung der unter den Ziffern 2. und 3. dargestellten Spezifika des hier zu beurteilenden Sachverhaltes bestehen für den Senat keine Zweifel, dass der Teilwert der 210 Geschäftsanteile an der eG auf den 1. Juni 2015 jedenfalls nicht niedriger als mit 1.350.000 EUR zu bemessen ist. Dies folgt für den Senat insbesondere aus der bereits dargelegten Eigenkapitalausstattung der eG im Zeitpunkt der Anteilsübertragung. Ein gedachter Dritter als Erwerber des Geschäftsbetriebes, dem die 18,55 % der Geschäftsanteile zuzurechnen sind, würde bei der Bemessung seines Kaufpreises das Eigenkapital der Genossenschaft ebenso in Rechnung stellen, wie ein Veräußerer der Geschäftsanteile es zur Findung eines ihm zusprechenden Verkaufspreises berücksichtigen würde. Auch wenn der Klägerin zuzugestehen ist, dass die 210 Geschäftsanteile der eG einem Dritten weder eine Mehrheit in der Generalversammlung noch ein zwingendes Anrecht auf Ausschüttungen vermitteln würden, so verkörpern sie dennoch zumindest teilweise insoweit den tatsächlichen Wert der Genossenschaft, als die Geschäftsanteile im Falle der Auflösung oder der Veräußerung des gesamten Geschäftsbetriebes der Genossenschaft an einen Dritten zur Partizipation an einem hieraus resultierenden Ertrag berechtigen. Der Teilwert kann dabei immer nur eine Momentaufnahme zum Bewertungsstichtag sein. Auch wenn sich der Wert der Genossenschaft bis zu einer potentiellen Auflösung oder Veräußerung sowohl positiv als auch negativ verändern kann, so gilt dies ebenso für die Bewertung sämtlicher übriger Gesellschaftsanteile auf einen konkreten Stichtag für Zwecke einer Entnahme; denn auch deren Teilwert ist auf den Entnahmezeitpunkt zu ermitteln, obgleich er sich zukünftig durch Veränderungen der wirtschaftlichen Situation der zu betrachtenden Gesellschaft negativ als auch positiv entwickeln kann.

Im Übrigen bestätigen sich diese Überlegungen auch durch die nach der Anteilsübertragung tatsächlich eingetretenen weiteren Wert- und Gewinnsteigerungen bei der eG.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen. Nach § 139 Abs. 4 FGO sind die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen nur dann erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeitsgründen der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die Kostenerstattung entspricht regelmäßig der Billigkeit, wenn Sachanträge gestellt werden oder das Verfahren durch Sachvortrag wesentlich gefördert wird (z.B. BFH, Beschlüsse vom 29. Mai 2009 IV B 143/08, BFH/NV 2009, 1452 und vom 25. Februar 2010 III S 7/10, BFH/NV 2010, 1285). Vorliegend hat der Beigeladene weder Sachanträge gestellt, noch das Verfahren durch Ausführungen zur Sache gefördert.

III. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen.