Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.12.2024, Az.: 2 SLa 412/24

Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf eine bestimmte Vergütungshöhe im Falle der Benachteiligung bei Zahlung einer geringeren Vergütung wegen seiner Betriebsratstätigkeit

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
18.12.2024
Aktenzeichen
2 SLa 412/24
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 31377
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2024:1218.2SLa412.24.00

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Emden - 08.02.2024 - AZ: 2 Ca 306/23

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Aus § 78 Satz 2 BetrVG kann sich iVm. § 611a Abs. 2 BGB ein unmittelbarer Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf eine bestimmte Vergütung ergeben, wenn sich die Zahlung einer geringeren Vergütung als Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds wegen seiner Betriebsratstätigkeit darstellt. § 37 Abs. 4 BetrVG enthält insoweit keine abschließende Regelung über die Höhe des Arbeitsentgelts des Amtsträgers.

  2. 2.

    Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast für einen Verstoß gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG, wenn er gegenüber dem Betriebsratsmitglied geltend macht, eine in der Vergangenheit zugesagte und gezahlte Vergütung begünstige das Betriebsratsmitglied unzulässig. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall einen Sachverhalt darlegen, der den Schluss auf einen Verstoß gegen das Begünstigungsverbot ermöglicht. 3. Legt der Arbeitgeber einen solchen Sachverhalt schlüssig dar, ist es Sache des Betriebsratsmitgliedes sich hierauf substantiiert einzulassen und diesen gegebenenfalls zu entkräften.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 8. Februar 2024 - 2 Ca 306/23 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.116,-Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers als freigestelltes Betriebsratsmitglied.

Der am 2. Mai 1966 geborene Kläger ist ausgebildeter Koch und seit dem 3. März 1989 bei der Beklagten, einem Unternehmen der Automobilindustrie, an deren Standort A-Stadt beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet insbesondere der Manteltarifvertrag zwischen der Beklagten und der IG Metall - Bezirksleitung Niedersachsen und Sachsen-Anhalt - vom 15. Dezember 2008 in der Fassung vom 30. Mai 2016 Anwendung (ArbG Bl. 184 ff d. A.).

Bei der Beklagten bestand bis zum 18. März 1999 eine eigene Tätigkeitsbeschreibung für die Arbeitsfunktion "Koch". Ausweislich dieser bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Tätigkeitsbeschreibung war eine Eingruppierung eines Kochs in die Entgeltstufe 12 möglich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt wurden:

"(I) Herstellen und Zubereiten aller Speisen mit oder ohne Rezeptur sowie

(II) Wechselnder Einsatz in den Küchen der Betriebsrestaurants I und II."

Diese Tätigkeitsbeschreibung mit der potenziellen Möglichkeit der Eingruppierung von Köchen in die Entgeltstufe 12 oder höher wurde ab dem 19. März 1999 durch den damaligen Tarifabschluss zur Business-Unit Dienstleistung (spätere Service Unit, heute Service Factory) abgelöst. Dieser Tarifabschluss hatte zur Folge, dass die Tätigkeiten der Köche in den Betriebsrestaurants seitdem unter der Bezeichnung "Dienstleistungsmitarbeiter in der Speisenzubereitung" oder kurz "Dienstleistungsmitarbeiter" geführt wurden.

Für die Vergütung der Mitarbeiter wirkte sich dies dahingehend aus, dass ab dem 19. März 1999 für neue Mitarbeiter in diesem Bereich nur noch eine Eingruppierung in die Entgeltstufe 6 möglich war. Den bereits für die Beklagte tätigen Mitarbeitern mit einer höheren Vergütung in diesem Bereich, wie dem Kläger, sicherte man eine unbefristete Entgeltsicherung in Höhe der bisherigen Vergütung zu. Die Entgeltsicherung beruhte auf einer Protokollnotiz zwischen der Beklagten und der IG Metall - Bezirksleitung Niedersachsen - zum Verhandlungsstand 14. Juli 1997 (LAG Bl. 226 ff d. A.) mit dem Verweis auf den Gehaltstarifvertrag zwischen der Beklagten und der IG Metall - Bezirksleitung Hannover - vom 14. Juli 1997 und dem Verweis auf den Monatsentgelttarifvertrag zwischen der Beklagten und der IG Metall - Bezirksleitung Hannover - vom 14. Juli 1997 (LAG Bl. 228 ff d. A.).

Am 28. April 2014 wurde der Kläger zum Mitglied des Betriebsrats gewählt und von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt. Zu diesem Zeitpunkt war er nach wie vor in Entgeltstufe 6 eingruppiert, erhielt aber aufgrund der vereinbarten Entgeltsicherung eine Vergütung entsprechend der Entgeltstufe 11.

Während seiner Amtszeit als Betriebsrat wurde der Kläger zum 1. Mai 2016 in die Entgeltstufe 12 eingruppiert. Im Januar 2023 betrug sein Entgelt 4.598,00 Euro brutto.

Im Nachgang zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes in Strafsachen vom 10. Januar 2023 (- 6 StR 133/22 -) begann die Beklagte, ihr System der Bemessung der Betriebsratsvergütung zu überprüfen. Sie nahm für den Kläger eine Vergleichsgruppenbetrachtung von Arbeitnehmern vor, die über eine vergleichbare Qualifikation verfügen. Als vergleichbar wurden alle potenziellen Vergleichspersonen mit Ausbildung zum Koch angesehen. Im Ergebnis reduzierte sich die Vergleichsgruppe auf vier tatsächliche Vergleichspersonen. Innerhalb dieser Vergleichsgruppe, die zum Zeitpunkt der Übernahme des Amtes als Betriebsrat durch den Kläger am 28. April 2014 - wie der Kläger ohne Berücksichtigung der zugesagten Entgeltsicherung - nach Entgeltstufe 6 vergütet wurde, liegt der Median der für die Vergütung relevanten Entgeltstufe in der Entgeltstufe 8. Die für den Kläger gebildete Vergleichsgruppe lässt aus Sicht der Beklagten einen Anspruch oberhalb seiner Entgeltsicherung in der Entgeltstufe 11 nicht zu. Es verblieb aus Bestandsschutzgründen aufgrund der Entgeltsicherung bei seiner Vergütung in der Entgeltstufe 11.

Für den Monat Februar 2023 kürzte die Beklagte die Vergütung des Klägers gegenüber dem noch im Januar 2023 gezahlten Entgelt um 281,00 Euro brutto und zahlte nur noch eine Vergütung entsprechend Entgeltstufe 11.

Mit seiner am 31. August 2023 beim Arbeitsgericht Emden eingegangenen Klage begehrt der Kläger eine Vergütung nach Entgeltstufe 12.

Er hat behauptet, für seine Herabgruppierung und die Zahlung einer verringerten Vergütung bestehe kein Rechtsgrund. Die Beklagte habe ihm zwar mitgeteilt, dass sie die Eingruppierung überprüft habe und die Heranziehung der Vergleichsgruppe eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 12 nicht rechtfertige. Dieses Vorgehen könne er nicht nachvollziehen. Da er zum Zeitpunkt seines Eintritts in den Betriebsrat aber bereits seit längerem, und zwar vor dem 19. März 1999, wechselnd in den Küchen der Betriebsrestaurants I und II eingesetzt worden sei, sei bereits zu diesem Zeitpunkt eine Eingruppierung in Entgeltstufe 12 zutreffend gewesen. Seinen Einsatz könne sein ehemaliger Kollege E. bestätigen. Die Höhergruppierung sei seinerzeit fälschlicherweise unterblieben und erst - später - anlässlich einer Überprüfung durch die Personalabteilung korrigiert worden. Seine Eingruppierung dürfe daher weder mit einer hypothetischen Karriere noch mit einer hypothetischen Entwicklung auf Basis der Entwicklung der Vergleichsgruppe betrachtet werden. Sie basiere allein darauf, wie er bereits zum Zeitpunkt der Wahl in den Betriebsrat in die Entgeltstufe 12 hätte eingruppiert werden müssen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 281,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.03.2023 zu zahlen;

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 281,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.04.2023 zu zahlen;

  3. 3.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 281,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.05.2023 zu zahlen.

  4. 4.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 281,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.06.2023 zu zahlen.

  5. 5.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 281,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.07.2023 zu zahlen.

  6. 6.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 281,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.08.2023 zu zahlen.

  7. 7.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 281,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% - Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.09.2023 zu zahlen.

  8. 8.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 281,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% - Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.10.2023 zu zahlen.

  9. 9.

    festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger gemäß der Entgeltgruppe 12 der bei der Beklagten geltenden Rahmen- sowie Entgelttarifverträge zu vergüten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, es liege keine fehlerhafte Eingruppierung des Klägers in der Vergangenheit auf Grund eines wechselnden Einsatzes des Klägers in den Küchen der Betriebsrestaurants I und II vor dem 19. März 1999 vor. Die damaligen zwei Vorgesetzten des Klägers hätten einen entsprechenden Einsatz des Klägers nicht bestätigt. Dokumente zu dem Sachverhalt lägen ihr vor dem Hintergrund des Zeitablaufs nicht mehr vor. Soweit der Kläger nunmehr etwa 25 Jahre nach dem fraglichen Zeitraum mit Verweis auf einen einzelnen Kollegen vortrage, dieser könne als Zeuge einen wechselnden Einsatz in den Betriebsrestaurants I und II für die Zeit vor März 1999 bezeugen, so erscheine dies nicht als glaubhaft. Vielmehr sei nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Zeuge zwar etwas zum Einsatz des Klägers in den Betriebsrestaurants I und II werde aussagen können, nicht aber zum hier entscheidenden Zeitraum des Einsatzes. Das Beweisangebot sei aus diesem Grund ungeeignet. Die Hintergründe, warum der Kläger dennoch zum 1. Mai 2016 in die Entgeltstufe 12 eingruppiert worden sei, seien für die Beklagte aus den zur Verfügung stehenden Akten nicht mehr ersichtlich. Jedenfalls handele es sich nicht, wie der Kläger behaupte, um eine Korrektur des Umstandes, dass er eigentlich schon seit März 1999 in diese Entgeltstufe habe eingruppiert werden müssen.

Auf diese Umstände komme es aber ohnehin nicht an, soweit eine gemäß den Anforderungen des § 37 Abs. 4 BetrVG gebildete Vergleichsgruppe die Umstufung des Klägers in eine höhere Entgeltstufe als die Entgeltstufe 8 nicht trage und der Kläger aufgrund seiner Entgeltsicherung nur einen Anspruch auf Vergütung gemäß der Entgeltstufe 11 besitze.

Mit Urteil vom 8. Februar 2024 hat das Arbeitsgericht Emden der Klage stattgegeben. Die zulässige Klage sei begründet. Der Kläger habe einen Anspruch auf Feststellung, dass er in Entgeltgruppe 12 eingruppiert sei, sowie auf Nachzahlung der Differenzvergütungen für die Monate Februar bis September 2023 in Höhe von jeweils 281,00 EUR brutto. Die Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, dass die dem Kläger seit dem 1. Mai 2016 gezahlte Vergütung nach der Entgeltstufe 12 gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG i. V. m. § 134 BGB verstoßen habe. Die Darlegungs- und Beweislast für den Verstoß gegen das Begünstigungsverbot gemäß § 78 Satz 2 BetrVG trage die Beklagte als diejenige, die sich auf die Unwirksamkeit der gewährten Vergütungshöhe berufe. Insoweit kämen die Grundsätze für die korrigierende Rückgruppierung zur Anwendung. In einem solchen Fall einer beabsichtigten Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer niedrigeren als der bisher als zutreffend angenommenen Vergütungsgruppe obliege der Arbeitgeberin die Darlegungs- und Beweislast für die objektive Fehlerhaftigkeit der bisherigen Eingruppierung, wenn der Arbeitnehmer sich auf die ihm von der Arbeitgeberin zuvor als maßgebend mitgeteilte Vergütungsgruppe berufe. Diese Darlegungs- und Beweislastverteilung setze einen "begrenzten Vertrauensschutz" um, den der Arbeitnehmer aufgrund der Mitteilung der von der Arbeitgeberin vorgenommenen ursprünglichen Eingruppierung in Anspruch nehmen könne.

Soweit die Beklagte geltend mache, die Überprüfung der Bildung der Vergleichsgruppe gemäß § 37 Abs. 4 BetrVG habe zu der Feststellung geführt, dass der Kläger unzutreffend eingruppiert sei, sei die von der Beklagten vorgenommene Schlussfolgerung rechtlich nicht zulässig. Auf § 37 Abs. 4 BetrVG lasse sich eine Kürzung der Vergütung eines Betriebsratsmitgliedes schon im Ausgangspunkt nicht stützen. Bei § 37 Abs. 4 BetrVG handele es sich nicht um eine Obergrenze, sondern lediglich um eine - nicht abschließende - Untergrenze hinsichtlich der Höhe der einem Betriebsratsmitglied zu zahlenden Vergütung. Eine Begrenzung des Anspruches auf Vergütung eines Betriebsrates lasse sich aus § 37 Abs. 4 BetrVG gerade nicht herleiten.

Die Beklagte habe nicht dargelegt und bewiesen, dass die Vergütung des Klägers nach Entgeltstufe 12 gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG verstoße und deshalb gemäß § 134 BGB nichtig sei. Soweit die Beklagte geltend mache, der Kläger sei nicht auf Grund eines wechselnden Einsatzes in den Küchen der Betriebsrestaurants I und II vor dem 19. März 1999 in die Entgeltstufe 12, sondern lediglich in Entgeltstufe 11 einzugruppieren gewesen, sei der Vortrag der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten unsubstantiiert mit der Folge, dass der gegenteilige Vortrag des Klägers insoweit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen sei. Die Beklagte beschränke sich insoweit auf nicht hinreichendes einfaches Bestreiten des Vortrags des Klägers. Auch fehle zum Vortrag der Beklagten ein geeigneter Beweisantritt, weil der von der Beklagten aufgebotene Zeuge L. seine Tätigkeit in der Gastronomie der Beklagten in A-Stadt erst im 2. Halbjahr 1999 aufgenommen habe. Die Beklagte führe selbst aus, die Frage, ob der Kläger bereits vor dem 19. März 1999 in den Betriebsrestaurants I und II in A-Stadt tätig gewesen sei, lasse sich nicht mehr aufklären.

Das Urteil ist der Beklagten am 7. Mai 2024 zugestellt worden. Hiergegen hat sie mit einem am 28. Mai 2028 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 5. Juli 2024 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Ziel der Klagabweisung weiter. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen. Das Arbeitsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass sie die Darlegungs- und Beweislast für einen Verstoß gegen das Begünstigungsverbot nach § 78 Satz 2 BetrVG trage. Da sich die Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung maßgeblich aus einem Vertrauen des Beschäftigten auf die Richtigkeit der vom Arbeitgeber aufgrund einer Bewertung vorgenommenen Zuordnung der Tätigkeiten sowie aus der vom Arbeitgeber angenommenen Erfüllung von Anforderungen eines konkreten Tätigkeitsmerkmales einer Entgeltordnung ergäben, seien diese Grundsätze nicht auf den Kontext des § 37 Abs. 4 BetrVG bzw. die Bestimmung der Vergütung der freigestellten Betriebsratsmitglieder übertragbar. Bei der Anwendung der Grundsätze des § 37 Abs. 4 BetrVG gehe es nicht um die Anwendung einer Tarifautomatik, sondern um die zutreffende Bemessung der Vergütung freigestellter Betriebsratsmitglieder im Lichte des jeweils gesetzlich normierten Verbots der Benachteiligung einerseits und der Begünstigung andererseits. Soweit das Arbeitsgericht davon ausgehe, dass auf § 37 Abs. 4 BetrVG keine Kürzung der Vergütung eines Betriebsratsmitgliedes gestützt werden könne, verkenne es die Zusammenhänge zwischen § 78 Satz 2 BetrVG einerseits und § 37 BetrVG andererseits und in der Folge die Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast. Das Arbeitsgericht gehe im Ausgangspunkt nicht vom Lohnausfallprinzip aus. Vielmehr scheine das Arbeitsgericht die Richtigkeit der während des Mandats vollzogenen Vergütungsentwicklung von der Entgeltstufe 11 in die Entgeltstufe 12 ohne rechtliche Begründung zu unterstellen. Aus diesem Grund gelange das Arbeitsgericht zu der fehlerhaften Einschätzung, dass sie die gesamte Darlegungs- und Beweislast für das Nichtbestehen der geltend gemachten Ansprüche des Klägers aus § 37 Abs. 4 BetrVG und § 78 Satz 2 BetrVG trage. Der Arbeitgeber sei im Falle einer Vergütungsentwicklung eines Betriebsratsmitgliedes, die sich nicht auf die betriebsübliche Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer und auch sonst nicht auf eine hypothetische Karriere stützen lasse, verpflichtet, die Vergütung des jeweiligen Betriebsratsmitglieds auf die Median-Vergütung der Vergleichsgruppe zu korrigieren. Hinreichender Schutz für die Mitglieder des Betriebsrates bestehe in diesen Fällen über § 37 Abs. 2 BetrVG. Mit Blick auf eine Vergütungskürzung reiche es aus, wenn sie darlege und im Streitfall beweise, dass die vom Betriebsratsmitglied bezogene Vergütung nicht über die betriebsübliche Entwicklung einer ordnungsgemäß gebildeten Vergleichsgruppe gerechtfertigt werden könne und auch keine Anhaltspunkte für eine hypothetische Karriere vorlägen. Dann müsse das Betriebsratsmitglied darlegen, dass eine abweichende Vergleichsgruppe die aktuelle Vergütung rechtfertige oder Anhaltspunkte für eine hypothetische Karriere gegeben seien. Dementsprechend hätte der Kläger auf ihren substantiierten Vortrag zur gebildeten Vergleichsgruppe mit der Median-Vergütung in der Entgeltstufe 8 erstinstanzlich vortragen und gegebenenfalls unter Beweis stellen müssen, dass eine abweichende Vergleichsgruppe seine zuletzt bezogene Vergütung in der Entgeltstufe 12 rechtfertige oder Anhaltspunkte für eine hypothetische Karriere vorlägen. Die vom Kläger erstinstanzlich benannten Beschäftigten seien allerdings nicht mit ihm vergleichbar und begründeten daher keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung.

Der Kläger habe sich erstinstanzlich auf den Vortrag zu einem angeblichen Umgruppierungsfehler aufgrund seines wechselnden Einsatzes in den Küchen der Betriebsrestaurants I und II vor dem 19. März 1999 beschränkt, welcher einen Anspruch auf Vergütung gemäß der Entgeltstufe 12 begründen würde. Für seine Behauptung, ihr sei insoweit vor mehr als 25 Jahren ein Fehler unterlaufen, trage der Kläger die volle Darlegungs- und Beweislast. Diese Verteilung verkehre das Arbeitsgericht in das Gegenteil, indem es ihr die volle Darlegungs- und Beweislast zuweise und ihren Vortrag für unsubstantiiert halte. Der Zeuge E. habe in seiner E-Mail vom 10. Juni 2024 lediglich einen Einsatz des Klägers in den Betriebsrestaurants der Hallen 2, 3 und 7 bestätigen können. Diese seien allerdings allesamt der Kategorie II zugeordnet. Er habe keinen Einsatz des Klägers in einem Betriebsrestaurant aus der Kategorie I vor dem 19. März 1999 bestätigen können und zugleich eingeräumt, zu dem genauen Zeitpunkt eines etwaigen Einsatzes des Klägers in den Betriebsrestaurants I oder II keine näheren Angaben machen zu können. Die Beklagte verweist im Rahmen ihres Schriftsatzes vom 7. Oktober 2024 auf das Umgruppierungsschreiben an den Kläger vom 8. Juni 2016 und die ergänzenden handschriftlichen Notizen vom 2. Juni 2016 (LAG, Bl. 190 ff.). In den handschriftlichen Notizen vom 2. Juni 2016 werde auf eine "Umstufung Erfahrungsstufe analog" sowie auf "Vgl. Personen nach 2 Jahren Mandat" hingewiesen. Zudem sei "BR seit 28.04.2014 !" vermerkt. Eine Vergleichsgruppe enthalte die Akte des Klägers hingegen nicht. Der Kläger sei zum 28. April 2014 Mitglied des Betriebsrates geworden und genau zwei Jahre nach seiner Amtsübernahme zum 1. Mai 2016 rückwirkend in Entgeltstufe 12 eingruppiert worden. Nach dem Rahmentarifvertrag zur Eingruppierung gelte die Regelung, dass Beschäftigte spätestens nach zweijähriger Erfahrungszeit in der ungeraden Entgeltstufe in die nächsthöhere gerade Entgeltstufe eingestuft würden. Auf freigestellte Betriebsräte wie den Kläger sei diese Regelung mangels Ausübung einer Arbeitsleistung nicht anzuwenden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Emden vom 8. Februar 2024 - 2 Ca 306/23 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung als zutreffend nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 9. September 2024 (LAG, Bl. 145 ff. d. A.). Soweit die Beklagte auf die E-Mail des Zeugen E. verweise, werde ausdrücklich bestritten, dass er lediglich in den Betriebsrestaurants der Hallen 7, 3 und 16 eingesetzt worden sei. Der Zeuge E. habe ihm gegenüber ausdrücklich bestätigt, dass er sich an den Einsatz des Klägers entsprechend dem klägerischen Vortrag erinnern und dies auch bestätigen könne. Darüber hinaus bestreite er weiterhin, dass die Beklagte die Vergleichsgruppe zutreffend gebildet habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den zu den Akten gereichten Anlagen sowie auf das Protokoll des Kammertermins vom 18. Dezember 2024 Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen E.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Kammerverhandlung vom 18. Dezember 2024 (LAG, Bl. 264 ff. d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO). Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 - 4 ZPO. Sie lässt erkennen, in welchen Punkten tatsächlicher und rechtlicher Art nach Ansicht der Beklagten das angefochtene Urteil unrichtig ist und worauf dies im Einzelnen beruht.

B.

Die Berufung ist unbegründet.

I.

Die Klage ist insgesamt zulässig.

1.

Der Klagantrag zu Ziffer 9.) ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet.

Eine Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG, 25. April 2018 - 7 AZR 520/16 - Rn. 17; BAG, 22. Januar 2020 - 7 AZR 222/19 - Rn. 13). So liegt der Fall hier. Die Parteien streiten über den Umfang der Vergütungspflicht der Beklagten.

2.

Für den Feststellungsantrag, der sich nicht mit den Leistungsanträgen gemäß Ziffer 1. - 8. zeitlich überschneidet, besteht auch das erforderliche Feststellungsinteresse.

Die Beklagte stellt ihre Verpflichtung, den Kläger nach der Entgeltstufe 12 zu vergüten, in Abrede, so dass ein rechtliches Interesse des Klägers an der Klärung seiner zutreffenden Eingruppierung vorliegt. Der Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen. Eine Feststellungsklage ist trotz der Möglichkeit einer bezifferten Leistungsklage zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG, 27. Februar 2014 - 6 AZR 988/11 - Rn. 44). Zudem gilt der Vorrang der Leistungsklage vor der Feststellungsklage nicht für Klagen auf zukünftige Leistungen nach §§ 257 - 259 ZPO; zwischen diesen beiden Klagen und einer Feststellungsklage kann der Gläubiger vielmehr wählen. Der Kläger muss bei teils fälligen, teils noch nicht fälligen Ansprüchen auch keine Aufteilung in einen Leistungs- und einen Feststellungsantrag vornehmen (BAG, 13. März 2007 - 1 AZR 232/06 - Rn. 18).

II.

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung, dass er in Entgeltstufe 12 eingruppiert ist sowie einen Anspruch auf Nachzahlung der Differenzvergütung für die Monate Februar bis September 2023 in Höhe von jeweils 281,00 € brutto. Die Ansprüche des Klägers ergeben sich aus § 611 a Abs. 2 BGB i. V. m. § 78 Satz 2 BetrVG.

1.

Ein unmittelbarer Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf eine bestimmte Vergütung kann sich aus § 611 a Abs. 2 BGB i.V.m. § 78 Satz 2 BetrVG ergeben, wenn sich die Zahlung einer geringeren Vergütung als Benachteiligung des Betriebsratsmitgliedes wegen seiner Betriebsratstätigkeit darstellt. Die Vorschrift enthält ein an den Arbeitgeber gerichtetes allgemeines Verbot, ein Betriebsratsmitglied wegen der Amtstätigkeit in seiner beruflichen Entwicklung zu benachteiligten.

2.

Die Darlegungs- und Beweislast für eine unzulässige Benachteiligung wegen des Betriebsratsamtes trägt grundsätzlich das Betriebsratsmitglied. Diese entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass derjenige, der ein Recht für sich in Anspruch nimmt, die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt (BAG, 20. Januar 2021 - 7 AZR 52/20 - Rn. 24). Spiegelbildlich wechselt die Darlegungs- und Beweislast auf den Arbeitgeber, wenn er gegenüber dem Betriebsratsmitglied geltend macht, eine in der Vergangenheit zugesagte und gezahlte Vergütung verstoße gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall einen Sachverhalt darlegen, der den Schluss auf eine unzulässige Begünstigung ermöglicht (BAG, 29. August 2018 - 7 AZR 206/17 - Rn. 44; BGH, 13. Januar 1983 - III ZR 88/81 - Rn. 23); auch dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass derjenige, der sich auf einen Verstoß gegen ein Verbotsgesetz beruft, diesen beweisen muss (vgl. LAG Niedersachsen, 1. Juli 2024 - 1 Sa 636/23 - zu I 2 b der Gründe).

3.

Legt der Arbeitgeber einen solchen Sachverhalt schlüssig dar, ist es sodann Sache des Betriebsratsmitgliedes, sich substantiiert hierauf einzulassen und diesen gegebenenfalls zu entkräften. Dazu kann in einem solchen Fall gehören, dass er Tatsachen vorträgt, die den Rückschluss auf eine gesetzmäßig ermittelte und vollzogene Vergütung erlauben. Bleiben entscheidungserhebliche Tatsachen im Streit, obliegt der Beweis dafür, dass die mitgeteilte und gezahlte Vergütung gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG verstößt, dem Arbeitgeber.

4.

Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2024 die im Zusammenhang mit dem Umgruppierungsschreiben vom 8. Juni 2016 erstellten handschriftlichen Notizen vom 2. Juni 2016 zu den Akten gereicht hat, hat sie die ihr obliegende Darlegungslast bezüglich eines Sachverhaltes, der den Schluss auf eine unzulässige Begünstigung ermöglicht, erfüllt. In den handschriftlichen Notizen wird auf eine "Umstufung Erfahrungsstufe analog" sowie auf "Vgl. Person nach 2 Jahren Mandat" hingewiesen. Zudem ist "BR seit 28.04.2014" vermerkt. Eine Vergleichsgruppe enthält die Akte des Klägers nicht. Soweit die handschriftlichen Notizen daraufhin deuten, dass eine Umstufung entsprechend der Regelung in dem Rahmentarifvertrag zur Eingruppierung vorgenommen worden ist, hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass auf freigestellte Betriebsräte wie den Kläger die Regelung, wonach Beschäftigte spätestens nach zweijähriger Erfahrungszeit in der ungeraden Entgeltstufe in die nächst höhere Entgeltstufe eingestuft werden, mangels Ausübung einer Arbeitsleistung nicht anzuwenden ist.

5.

Es oblag nunmehr dem Kläger, den Sachverhalt eines Verstoßes gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG zu entkräften.

a.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen E. und dem Inhalt der gesamten mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung der Kammer fest (§ 286 ZPO), dass der Kläger bereits vor dem 18. März 1999 aufgrund seiner Tätigkeit als Koch in die Entgeltstufe 12 einzugruppieren war, weil er die hierfür notwendigen Voraussetzungen

  • Herstellen und Zubereiten aller Speisen mit und ohne Rezeptur sowie

  • wechselnder Einsatz in den Küchen der Betriebsrestaurants I und II

erfüllt hat.

b.

§ 286 Abs. 1 ZPO verlangt die Überzeugung des Gerichtes, eine Behauptung einer Partei sei wahr. Eine absolute, über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit kann nicht verlangt werden. § 286 ZPO fordert den Richter auf, den Sachverhalt auf Grundlage des Parteivorbringens möglichst vollständig aufzuklären. Das Gericht hat die in erheblicher Weise beantragten Beweise erschöpfend zu erheben und sich in der Urteilsbegründung mit dem Prozessstoff und dem Beweisergebnis umfassend und widerspruchsfrei auseinanderzusetzen. Dabei ist es nicht erforderlich, auf jedes einzelne Parteivorbringen ausführlich einzugehen; es genügt, dass nach der Gesamtheit der Gründe eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat. Der Richter darf und muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, 17. Februar 1970 - III ZR 139/67 - BGHZ 53, 245, 256; BGH, 6. Juni 1973 - IV ZR 164/71 - BGHZ 61, 165, 169; BAG, 20. Januar 2021 - 7 AZR 52/20 - Rn. 68). Rechtsfehlerhaft ist es daher, einen Beweis deshalb als nicht erbracht anzusehen, weil keine absolute, über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit gewonnen werden konnte.

Bei der Analyse der Glaubhaftigkeit einer spezifischen Aussage ist nach den allgemein anerkannten Grundsätzen der forensischen Aussagepsychologie von der sogenannten Nullhypothese auszugehen. Dies bedeutet, das im Ansatz davon auszugehen ist, dass die Glaubhaftigkeit einer Aussage positiv begründet werden muss. Erforderlich ist deshalb eine Inhaltsanalyse, bei der die Aussagequalität zu prüfen ist. Es geht um die Ermittlung von Kriterien der Wahrhaftigkeit. Zur Durchführung der Analyse der Aussagequalität existieren Merkmale, die die Überprüfung ermöglichen, ob die Angaben auf tatsächlich Erlebtem beruhen, sogenannte "Realkennzeichen", oder ob sie ergebnisbasiert sind. Das Vorhandensein dieser Real- oder Glaubwürdigkeitskennzeichen gilt als Hinweis für die Glaubhaftigkeit der Angaben (vgl. LAG Nürnberg, 12. April 2016 - 7 Sa 649/14 - Rn. 61 ff.).

c.

Die Aussage des Zeugen E. ist ergiebig.

Der Zeuge hat bekundet, dass er ab 1982 in der Küche des Werkes der Beklagten in A-Stadt eingesetzt gewesen sei. Bis ca. 1992/1993 habe es ein Betriebsrestaurant II und ein Betriebsrestaurant I gegeben. Bei dem Betriebsrestaurant I habe es sich um die Sonderküche: Gästebewirtung gehandelt. Der Kläger sei regelmäßig in dem Betriebsrestaurant II in der Halle 3, Halle 7 und Halle 16 eingesetzt worden. Das Betriebsrestaurant I habe über einen Koch verfügt, der dort fix stationiert gewesen sei. Hierbei habe es sich um Herrn B. gehandelt. Sofern Herr B. nicht anwesend gewesen sei, habe der Kläger aufgrund seiner Fähigkeiten Herrn B. vertreten. Herr B. habe öfter Fehlzeiten aufgewiesen. In diesen Fällen habe er den Kläger in die Sonderküche Betriebsrestaurant I geschickt, um dort Herrn B. zu vertreten.

Der Zeuge E. hat auch dargelegt, dass sich dich Küchenausstattung in dem Betriebsrestaurant I (Sonderküche) von derjenigen in den Betriebsrestaurants II unterschied. Die Küchenausstattung in der Sonderküche sei ein kleiner Herd gewesen, wie man ihn zuhause habe. Insoweit erfüllt die wechselnde Tätigkeit in den Betriebsrestaurants I und II auch nach dem Vortrag der Beklagten die Eingruppierung in die Entgeltstufe 12, weil - so die Beklagte im Kammertermin - die unterschiedliche Bewertung der Tätigkeiten in verschiedenen Küchen auch darauf beruhte, dass sich die Köche auf unterschiedliche örtliche Gegebenheiten und technische Herausforderungen einstellen mussten. Dies war bei dem wechselnden Einsatz des Klägers in den Betriebsrestaurants I und II der Fall.

Der Ergiebigkeit der Zeugenaussage steht nicht entgegen, dass Herr E. in seiner Mail an Frau U. vom 10. Juni 2024 angegeben hat, dass er keinen genauen Zeitpunkt mehr nennen könne, wann der Kläger in den Betriebsrestaurants I oder II tätig gewesen sei. Zur Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der Tätigkeitsbeschreibung für die Arbeitsfunktion "Koch" in der bis zum 18. März 1999 geltenden Fassung war nur ein wechselnder Einsatz in den Küchen der Betriebsrestaurants II und I erforderlich, ohne dass darüber hinaus ein bestimmter zeitlicher Umfang des Einsatzes in einem der beiden Betriebsrestaurants erfüllt sein musste. Ausreichend ist deshalb, dass der Kläger nach der Aussage des Zeugen E. neben seinem Einsatz in den Betriebsrestaurants II wegen der öfter aufgetretenen Fehlzeiten von Herrn B. dort als Koch eingesetzt war, um Herrn B. zu vertreten.

d.

Die Aussage des Zeugen E. ist glaubhaft.

Der Zeuge hat die Abläufe in den Betriebsrestaurants I und II detailreich geschildert. Hinsichtlich des Betriebsrestaurants I (Sonderküche: Gästebewirtung) hat der Zeuge in sich schlüssig und nachvollziehbar bekundet, wie sich dort die Abläufe bis zur Schließung des Betriebsrestaurants dargestellt haben. Der Zeuge ist auch bei mehrfachen Nachfragen bei seiner in sich schlüssigen Darstellung geblieben. Soweit sich der Zeuge an genaue Daten nicht mehr erinnern konnte, steht dies der Glaubhaftigkeit der Aussage nicht entgegen. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass sich Zeugen nach einem gewissen Zeitraum nicht mehr an bestimmte zeitliche Abläufe genau erinnern können. Vorliegend sind zwischen der Schließung des Betriebsrestaurants und der Vernehmung des Zeugen E. vor dem Landesarbeitsgericht mehr als 30 Jahre vergangen. Hinsichtlich des Einsatzes des Klägers in dem Betriebsrestaurant I hat der Zeuge nachvollziehbar geschildert, warum es oft zu einer Abordnung des Klägers in das Betriebsrestaurant I gekommen sei. Dies beruhte darauf, dass der dort stationierte Koch Herr B. nach Aussage des Zeugen E. häufig gefehlt habe.

e.

Der Zeuge E. ist glaubwürdig.

Für die Kammer haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er Vorgänge bekundet hat, die es in der Realität gar nicht gegeben hat. Der Zeuge E. sprach offen und gab sofort an, wenn er etwas nicht mehr wusste oder wenn er sich an etwas nicht erinnern konnte. Der Zeuge E. hat auch keinen ersichtlichen Grund, die Beklagte durch eine Falschaussage zugunsten des Klägers zu belasten. Er ist nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt.

6.

Nach alledem hatte der Kläger gegenüber der Beklagten bereits zum Zeitpunkt der Stilllegung des Betriebsrestaurants I die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Entgeltstufe 12 erfüllt. Bei der Eingruppierung in die Entgeltstufe 12 während seiner Amtszeit als Betriebsrat zum 1. Mai 2016 handelte es sich somit nicht um einen Verstoß gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG. Sie ist deshalb nicht nichtig.

Die Beklagte war daher nicht berechtigt, ab dem Monat Februar 2023 dem Kläger nur noch eine Vergütung der Entgeltstufe 11 zu zahlen. Der Kläger hat deshalb für den streitbefangenen Zeitraum vom Februar 2023 bis einschließlich September 2023 einen Anspruch auf monatlich 281,00 € brutto. Die zutreffende Berechnung des Klaganspruchs gemäß Klaganträge zu 1.) bis 8.) hat die Beklagte in der Berufung nicht angegriffen. Weitere Ausführungen der erkennenden Kammer sind deshalb entbehrlich.

Die zugesprochenen Zinsen beruhen auf §§ 288, 286 BGB.

7.

Im Hinblick auf vorstehende Ausführungen war auch festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger gemäß der Entgeltgruppe 12 der bei ihr geltenden Rahmen- sowie Entgelttarifverträge zu vergüten.

III.

Auch das weitere Vorbringen der Parteien, auf das in diesem Urteil nicht mehr besonders eingegangen wird, weil die Entscheidungsgründe gemäß § 313 Abs. 3 ZPO lediglich eine kurze Zusammenfassung der tragenden Erwägungen enthalten sollen, führt nicht zu einem abweichenden Ergebnis.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 42 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 GKG.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.