Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 04.04.2025, Az.: L 10 VE 36/23
Anspruch einer in der DDR Inhaftierten auf Anerkennung einer Verschlimmerung von Schädigungsfolgen und einer höheren Beschädigtenrente
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 04.04.2025
- Aktenzeichen
- L 10 VE 36/23
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2025, 13266
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2025:0404.10VE36.23.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Lüneburg - 01.08.2023 - AZ: S 11 VE 24/18
Rechtsgrundlagen
- § 4 HHG
- § 1 OEG
Amtlicher Leitsatz
Eine bipolare Störung ist nach der herrschenden wissenschaftlichen Lehre multifaktoriell bedingt und kann nicht auf ein einzelnes Ereignis zurückgeführt werden (vgl. auch Senatsurteil vom 28.11.2024, L 10 VE 62/22).
In dem Rechtsstreit
A.
vertreten durch
B.
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
C.
gegen
Land Niedersachsen, vertreten durch das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie, vertreten durch den Präsidenten,
Domhof 1, 31134 Hildesheim
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
hat der 10. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen am 4. April 2025 in Celle
durch den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht D., die Richterin am Landessozialgericht E. und die Richterin am Landessozialgericht F. gemäß § 153 Abs. 4 SGG beschlossen:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 1. August 2023 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Senat hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich. Die Entscheidung über die Berufung konnte deshalb nach erfolgter Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss ergehen.
II.
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Verschlimmerung der für die Klägerin im Sinne des § 4 Häftlingshilfegesetz (HHG) anerkannten Schädigungsfolgen anzuerkennen ist und ob ihr höhere Beschädigtenrente in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zusteht.
Die G. geborene Klägerin stammt aus der ehemaligen DDR. Aufgrund eines Fluchtversuches, bei dem sie gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann den Versuch unternommen hatte, von der damaligen CSSR aus über Ungarn und Österreich in die Bundesrepublik Deutschland zu gelangen, war die Klägerin vom 2. bis 7. Oktober 1989, zunächst in der ehemaligen CSSR und ab dem 6. Oktober 1989 in der ehemaligen DDR inhaftiert. Mit Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 24. Oktober 1995 wurde das Ermittlungsverfahren wegen Republikflucht für rechtsstaatswidrig erklärt und festgestellt, dass die Klägerin im genannten Zeitraum zu Unrecht eine Freiheitsentziehung erlitten hatte. Bereits im Jahr 1996 gestellte Erstanträge der Klägerin auf Leistungen nach dem HHG sowie dem StrRehaG unter Geltendmachung einer Migräne und einer Fußgelenksdistorsion als Schädigungsfolgen blieben ohne Erfolg. Eine dagegen bei dem Sozialgericht Dortmund erhobene Klage wurde im Mai 1999 zurückgenommen.
Im November 2001 stellte die Klägerin erneut einen Antrag auf Leistungen nach dem HHG und machte geltend, aufgrund der Untersuchungshaft im Oktober 1989 extrem traumatisiert zu sein und infolge dessen unter Migräne und erheblichen psychischen Beeinträchtigungen zu leiden. In diesem Verwaltungsverfahren holte das beklagte Land ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom 4. Mai 2004 ein, der im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangte, es bestehe für die Klägerin der dringende Verdacht auf eine anhaltende wahnhafte Störung, eine mittelschwere depressive Episode mit latenter Suizidalität und auf eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Mit Blick auf den großen zeitlichen Abstand lasse sich nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit konstruieren, dass sich die PTBS infolge der Untersuchungshaft eingestellt habe. Daraufhin lehnte das beklagte Land mit Bescheid vom 23. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2004 die Anerkennung von Schädigungsfolgen und die Gewährung von Beschädigtenversorgung ab. Im sich anschließenden gerichtlichen Verfahren holte das Sozialgericht (SG) ein Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. I. ein, die unter dem 12. Oktober 2005 im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangte, dass bei der Klägerin eine neurotische Depression bestehe, deren Ursache in der frühen Kindheit liege. Für eine PTBS bestünden keine Anhaltspunkte. Eine Schädigung durch die Haft verneinte die Sachverständige. Auf Antrag der Klägerin holte das SG dann ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) des Prof. Dr. J. vom 24. April 2006 ein. Dieser ist zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin eine schwere PTBS mit sekundärer Persönlichkeitsveränderung vorliege. Diese sei wesentlich und mit höchster Wahrscheinlichkeit durch die Haft verursacht. Die MdE sei auf 100 einzuschätzen. Das Gericht hat schließlich noch zu der Frage der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Klägerin über die Ereignisse während der Inhaftierung ein aussagepsychologisches Gutachten der Dipl.-Psych. K. L. vom 17. März 2008 eingeholt. Die Sachverständige hat eine Aussagetüchtigkeit der Klägerin uneingeschränkt bestätigt und zusammenfassend angegeben, die Erlebnisbasiertheit der Angaben über stark belastende übergriffige Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Fluchtversuch sei generell zu bestätigen. Einzelheiten der körpernahen Kernhandlungen, wie die Angaben zu den angeblich wiederholten Vergewaltigungen, seien auf der Grundlage der eingeschränkten Qualität dieses Aussageteiles wie auch der Aussagehemmung der Klägerin nicht zuverlässig als erlebnisbasiert zu belegen. Mit Urteil vom 25. September 2008 wies das SG die Klage ab, weil es nach dem Ergebnis der Gutachten von Dr. H. und Dr. I. die Voraussetzungen für eine PTBS als nicht erfüllt angesehen und einen Zusammenhang zwischen den Gesundheitsstörungen der Klägerin und dem politischen Gewahrsam als nicht hinreichend wahrscheinlich angenommen hatte (S 11 VH 4/04). In dem sich gegen diese Entscheidung anschließenden Berufungsverfahren hatte der Senat im vorbereitenden Verfahren Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie M. vom 28. März 2011. Diese war zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin alle Kriterien für das Vollbild einer PTBS erfüllt seien; diese sei mit einem GdS von 40 zu bewerten. Daneben bestehe bei der Klägerin schädigungsunabhängig eine schwere depressive Episode. Diese bedinge einen GdB von 60. Mit Urteil vom 28. Juni 2012 hob der 10. Senat des LSG das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 25. September 2008 und den Bescheid des beklagten Landes vom 23. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2004 auf und stellte fest, dass eine PTBS und eine wahnhafte Störung Gewahrsamsfolgen seien. Weiter hatte der Senat das beklagte Land verurteilt, der Klägerin ab November 2001 Beschädigtenversorgung unter Zugrundelegung eines GdS von 40 zu gewähren. Für seine Überzeugung hatte sich der Senat im Wesentlichen auf das Ergebnis des Gutachtens der Sachverständigen M. gestützt. Im Einzelnen hatte der Senat ausgeführt, bei der Klägerin liege unstreitig ein komplexes psychisches Erkrankungsbild vor. Dabei sei nach den schlüssigen Ausführungen der Sachverständigen M. nicht die Gesamtheit der psychischen Erkrankungen schädigungsbedingt, sondern nur ein Teil. Insbesondere die depressive Erkrankung habe die Sachverständige nach Auswertung der vorliegenden medizinisch-psychiatrischen Behandlungsunterlagen sowie der von ihr als auch von den weiteren Sachverständigen erhobenen Befunde schlüssig als im Wesentlichen aufgrund der Anlage- und durch frühkindliche Entwicklung bedingten leistungsorientierten, eher unsicheren und abhängigen Persönlichkeitsstruktur der Klägerin bei Verlust des Ehemannes und bei Überforderung durch Arbeits- und Fortbildungssituationen verursacht angesehen (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28. Juni 2012, L 10 VH 1/08).
Mit dem hier streitgegenständlichen Neufeststellungantrag machte die Klägerin gegenüber dem beklagten Land im Dezember 2016 die Feststellung eines höheren GdS als 40 geltend. Hierzu führte sie aus, in den letzten Jahren hätten sich die Auswirkungen der Störungen verstärkt, sie leide u.a. unter Panikattacken in der Nacht, Depressionen und Existenzängsten. Das beklagte Land zog Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin bei und veranlasste eine weitere Untersuchung der Klägerin durch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie M.. Diese gelangte nach einer weiteren Untersuchung der Klägerin in ihrem Gutachten vom 11. November 2017 im Wesentlichen zu der Einschätzung, es bestehe bei der Klägerin nach wie vor das Vollbild einer PTBS sowie eine wahnhafte Störung mit inhaltlichem Bezug zur Haftzeit. Außerdem bestehe eine mittelgradige, im Verlauf teils schwere depressive Episode. Differenzialdiagnostisch könne es sich um eine bipolare affektive Störung mit im Vordergrund stehender depressiver Symptomatik handeln. Die depressive Störung oder auch die bipolare Erkrankung seien nicht im Sinne der Verursachung durch die Schädigung zu werten, sondern aufgrund der anderen Lebensbelastungen, wie Doppelbelastung im Beruf, Trennung vom Ehemann, Reaktivierung der früheren Verlusterlebnisse der Mutter entstanden. Die Schädigungsfolgen seien weiterhin als "PTBS und wahnhafte Störung" zu bezeichnen und mit einem GdS von 40 insgesamt zu bewerten. Weder sei eine Verschlimmerung, noch Verbesserung der Schädigungsfolgen eingetreten, es lasse sich keine Veränderung der Intensität und der Häufigkeit der Symptomatik gegenüber der letzten Begutachtung feststellen. Mit einer wesentlichen Änderung der Schädigungsfolgen sei auch in Zukunft nicht zu rechnen. Nach Auswertung des Gutachtens lehnte das beklagte Land mit Bescheid vom 2. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2018 den Antrag der Klägerin auf Neufeststellung des Anspruches auf Versorgung ab. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse sei nicht eingetreten.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum SG Lüneburg erhoben und weiterhin geltend gemacht, bei ihr sei eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen eingetreten. Es sei für sie zuletzt eine bipolare Störung mit Eigen- und Fremdgefährdung festgestellt worden, weshalb für sie auch eine Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung eines Psychiatrischen Krankenhauses angeordnet worden sei. Dadurch werde deutlich, dass sich die anerkannten Schädigungsfolgen sehr wohl verschlimmert hätten und der GdS höher als mit 40 zu bewerten sei. Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin beigezogen und ein Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. veranlasst. Dieser Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 28. Juni 2021 zu dem Ergebnis gelangt, die für die Klägerin anerkannte Schädigungsfolge habe sich nicht verschlimmert, sondern unabhängig hiervon bestehe eine bipolare Affektpsychose. Der Erkrankungsverlauf spreche für die Richtigkeit der Einschätzung der Sachverständigen M. aus dem Jahr 2017, dass sich weiterhin zwei unterschiedlich verlaufende Erkrankungen, von denen nur eine Schädigungsfolge sei, unterscheiden ließen. Die PTBS und wahnhafte Störung bestünden weiterhin im gleichen Umfang, wie sie mit dem Urteil des Landessozialgerichts festgestellt worden sei und seien Haftfolge. Verschlimmert habe sich die bipolare Störung, die nicht Haftfolge sei. Der GdS für die Schädigungsfolgen sei weiterhin mit 40 zu bewerten. Auf Antrag der Klägerin hat das SG sodann ein Gutachten des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin und Psychotherapie Dr. O. eingeholt. Dieser Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 25. Juni 2022 die Diagnosen "Bipolare affektive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, PTBS, wahnhafte Störung" gestellt und hierzu ausgeführt, bei der Klägerin liege eine sehr komplexe Störung mit verschiedenen Einzeldiagnosen vor, die sich zum Teil gegenseitig aufrecht hielten und verstärkten. Weil die Diagnostik während der Untersuchung scheinbar durch eingenommene Medikamente mitbeeinflusst worden sei, sei die Beurteilung des GdS schwierig. Er empfehle für die anerkannten Schädigungsfolgen einen GdS von 50.
Der Sachverständige Dr. N. hat sich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 27. Oktober 2022 mit den Ausführungen des Dr. O. auseinandergesetzt und darauf hingewiesen, nach herrschender wissenschaftlicher Lehrmeinung könne eine bipolare Störung nicht auf ein singuläres traumatisierendes Erlebnis zurückgeführt werden. Eine solche Erkrankung sei multifaktoriell bedingt, wobei eine herausragende Bedeutung einem genetischen Faktor für das Störungsbild zukomme. Ein Zusammenhang zwischen der bei der Klägerin bestehenden bipolaren Störung und der erlittenen Haft könne damit nicht als überwiegend wahrscheinlich angesehen werden. Die Empfehlung, den für die Haftfolgen zu vergebenden GdS mit 50 zu bewerten, halte er deshalb für unbegründet. Mit Urteil vom 1. August 2023 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen unter Hinweis auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. ausgeführt, eine wesentliche Veränderung der Schädigungsfolgen lasse sich nicht feststellen. Stattdessen sei eine Verschlimmerung der bipolaren Störung der Klägerin eingetreten, wobei aufgrund der herrschenden medizinischen Lehrmeinung davon auszugehen sei, dass die Entstehung dieser Erkrankung zu einem erheblichen Teil auf genetischen Einflüssen beruhe, so dass ein Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis nicht wahrscheinlich sei. Der Empfehlung des Dr. O. könnte nicht gefolgt werden, weil es insoweit bei der Bestimmung des GdS an einer klar erkennbaren Differenzierung zwischen Schädigungsfolgen und schädigungsunabhängig auftretenden psychischen Beschwerden fehle.
Gegen das ihr am 18. August 2023 zugestellte Urteil wendet sich die am 11. September 2023 eingegangene Berufung der Klägerin, mit der sie weiterhin einen GdS von mindestens 50 begehrt. Für ihre Auffassung bezieht sie sich auf das Gutachten des Dr. O..
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 1. August 2023 und den Bescheid des beklagten Landes vom 2. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2018 aufzuheben,
- 2.
das beklagte Land zu verurteilen, ihr Beschädigtenrente nach einem GdS von wenigstens 50 zu gewähren.
Das beklagte Land beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 1. August 2023 zurückzuweisen.
Es hält das angefochtene Urteil und seinen mit ihm überprüften Bescheid für zutreffend.
Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Verfügung vom 11. Dezember 2024 zu einer Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 SGG angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte des beklagten Landes Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
III.
Das Sozialgericht hat die Klage zur Recht abgewiesen. Der Bescheid des beklagten Landes vom 2. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin demzufolge nicht in ihren Rechten.
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Feststellung weiterer seelischer Schädigungsfolgen, insbesondere in Gestalt einer bipolaren Störung, der erlittenen Haft sowie kein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdS als 40 zu.
Zunächst wird zur Vermeidung von Wiederholungen in Anwendung von § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in seinem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Lediglich ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:
Die im Verwaltungsverfahren mit der Begutachtung der Klägerin beauftragte Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie M. hat sich unter dem 11. November 2017 ausführlich mit dem Krankheitsbild der Klägerin und der von ihr geltend gemachten Beschwerdeverschlimmerung auseinandergesetzt. Dabei ist die Gutachterin unmissverständlich zu dem Ergebnis gelangt, die bei der Klägerin bestehenden Schädigungsfolgen hätten sich nicht verschlimmert und seien weiterhin mit einem GdS von 40 zu bewerten. Ebenso klar und deutlich hat diese Gutachterin formuliert, die bei der Klägerin daneben bestehende bipolare Störung sei schädigungsunabhängig, da dieses Störungsbild nicht ursächlich durch traumatische Ereignisse ausgelöst werde. Diesen Ausführungen von Frau M. misst das Berufungsgericht außerordentlich hohen Stellenwert bei; so handelt es sich bei ihr um genau diejenige Sachverständige, der der erkennende Senat in Fällen des HHG eine hohe Sachkompetenz beimisst und die auch vom Senat regelmäßig in vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten als Sachverständige benannt wird. Aus diesem Grund hatte der erkennende Senat ja auch bereits in dem früheren Rechtsstreit der Klägerin diese Sachverständige mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, in dessen Folge dann mit Urteil vom 28. Juni 2012 Gewahrsamsfolgen festgestellt und das beklagte Land verurteilt worden ist, der Klägerin ab November 2021 Beschädigtenversorgung nach einem GdS von 40 zu gewähren. Wenn nun genau dieselbe Sachverständige im Jahr 2017 nach erneuter persönlicher Untersuchung der Klägerin zu der Einschätzung gelangt, die Schädigungsfolgen hätten sich im Vergleich zu der vorhergehenden Untersuchung nicht verschlimmert, so ist deren Einschätzung nicht nur aufgrund ihrer Sachkompetenz, sondern zusätzlich deshalb von besonderem Gewicht, weil sie den Vergleich zwischen 2011 und 2017 aus eigener Kenntnis und auf Grundlage des persönlichen Eindrucks, den sie von der Klägerin gewonnen hat, ziehen konnte. Das sodann im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren eingeholte Gutachten des Dr. N. bestätigt im Wesentlichen die Ausführungen von Frau M., was ein weiteres zu der Überzeugungskraft beiträgt. Eine Verschlimmerung der Schädigungsfolgen ist damit zur Überzeugung des Senates nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht.
Selbständig tragend weist der Senat im Übrigen darauf hin, dass die Klägerin namentlich die bei ihr bestehe bipolare Störung als Ausdruck der Verschlimmerung der Schädigungsfolgen geltend macht. Hierzu haben Frau M. und Dr. N. allerdings ausgeführt, dass eine solche Erkrankung nach herrschender medizinischer Lehrmeinung nicht Folge eines Traumas sein kann, sondern multifaktorieller Genese ist. Dies entspricht dem Kenntnisstand des Senates (vgl. Urteil vom 28. November 2024, L 10 VE 62/22) und spricht ebenfalls deutlich gegen einen möglichen Zusammenhang zwischen der erlittenen Haft, den anerkannten Schädigungsfolgen und der nun von der Klägerin geltend gemachten gesundheitlichen Veränderung.
Aus dem Gutachten des Dr. O. ergeben sich für den Senat keine Anhaltspunkte für eine abweichende Entscheidung. Dieses Gutachten ist schon aus sich heraus nicht überzeugend, weil der Sachverständige die Beurteilung des GdS zwar als "komplex" bezeichnet, dabei aber die von ihm erhobenen Diagnosen und festgestellten Beschwerden/Befunde nicht im Einzelnen zuordnet bzw. abgrenzt und im Übrigen einräumt, Eindrücke und Diagnostik während der Untersuchung könnten auch durch eingenommene Medikamente beeinflusst worden sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.