Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 25.04.2025, Az.: 24 U 212/22

Festsetzung des Werts des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten beider Parteien

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
25.04.2025
Aktenzeichen
24 U 212/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2025, 14252
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2025:0425.24U212.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 01.09.2023 - AZ: 4 O 156/20

Fundstelle

  • NJW-Spezial 2025, 412-413

Amtlicher Leitsatz

Im Wertfestsetzungsverfahren nach § 33 Abs. 1 RVG ist das Gericht durch einen bezifferten Antrag nicht daran gehindert, den Gegenstandswert auf einen höheren als den beantragten Betrag festzusetzen. Der Grundsatz der Antragsbindung aus § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist insofern weder unmittelbar noch mittelbar anwendbar.

In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 25. April 2025 beschlossen:

Tenor:

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten beider Parteien im Berufungsverfahren wird für die Zeit ab dem 1. September 2023 auf bis zu 16.000 € festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Kläger hat die Beklagte auf Schadensersatz wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Pkw in Anspruch genommen.

In erster Instanz hat er mit der am 9. November 2020 zugestellten Klage beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 12.751,14 € nebst Zinsen sowie zur Befreiung von Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 15.489,49 €, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, zu verurteilen und den Annahmeverzug der Beklagten festzustellen. Im Berufungsverfahren hat er zunächst beantragt, das klageabweisende Urteil des Landgerichts abzuändern und die Beklagte zur Zahlung von 19.542,53 € nebst Zinsen sowie zur Befreiung von Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 6.553,49 €, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, zu verurteilen. Zudem hat er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und der Erledigung des Rechtsstreits im Übrigen beantragt. Mit Schriftsatz vom 1. September 2023 hat er seinen Berufungsantrag geändert. Er hat nunmehr beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 8.810,63 € nebst Zinsen zu verurteilen, und die Erledigung des Rechtsstreits im Übrigen erklärt. Der Erledigungserklärung hat sich die Beklagte nicht angeschlossen.

In der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2024 hat der Klägervertreter den Antrag aus dem Schriftsatz vom 1. September 2023 gestellt. Hilfsweise hat er beantragt, die Beklagte zur Zahlung eines Differenzschadens in Höhe von sieben Prozent des Kaufpreises von 32.550 € abzüglich einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Nutzungsentschädigung zu zahlen. Im weiteren Verlauf der Verhandlung hat er erklärt, er nehme die Berufung hinsichtlich des bisherigen Hauptantrags zurück und stelle den auf Ersatz eines Differenzschadens gerichteten Antrag nunmehr als Hauptantrag.

Mit Urteil vom 18. Dezember 2024 hat der Senat durch den Einzelrichter das angefochtene Urteil abgeändert, der Klage teilweise stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits anteilig dem Kläger auferlegt. Den Streitwert für das Berufungsverfahren hat er auf bis zu 30.000 € festgesetzt.

Der Kläger beantragt,

den Streitwert für die anwaltliche Tätigkeit gemäß § 33 RVG für den Zeitraum bis einschließlich 31. August 2023 auf bis zu 19.542,53 € und für die Zeit ab dem 1. September 2023 auf 8.810,63 € festzusetzen.

Der Einzelrichter hat das Verfahren durch Beschluss vom 25. April 2025 wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat übertragen.

II.

Die Festsetzung des Werts des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten beider Parteien im Berufungsverfahren beruht auf § 33 Abs. 1 RVG.

1. Der Antrag, über den nach der Übertragung durch den Einzelrichter gemäß § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG der Senat entscheidet, ist zulässig.

a) Nach § 33 Abs. 1 Fall 1 RVG setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit fest, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wert berechnen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es - wie hier - für die anwaltliche Terminsgebühr auf einen vor Beginn der mündlichen Verhandlung reduzierten Wert des Streitgegenstandes ankommt. Denn die Terminsgebühr gemäß Nr. 3202 RVG-VV richtet sich nach dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit in der mündlichen Verhandlung, während für die gerichtliche Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 GKG-KV gemäß § 39 GKG der Gesamtwert aller während des Verfahrens anhängig gemachter Gegenstände maßgebend ist (OLG Celle, Beschluss vom 23. Februar 2023 - 24 W 2/23, juris Rn. 11; OLG Bremen, Beschluss vom 27. November 2024 - 2 U 18/22, juris Rn. 9; jew. mwN).

b) Der Antrag ist dahingehend auszulegen, dass er auf die Wertfestsetzung nicht nur für die anwaltliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers, sondern auch der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gerichtet ist. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers sind im Hinblick auf die eigenen Gebühren nach § 33 Abs. 2 Satz 2 RVG aus eigenem Recht antragsbefugt. Ebenfalls ist aber auch der Kläger als erstattungspflichtiger Gegner für die Gebühren der Beklagtenvertreter antragsbefugt (vgl. OLG Bremen aaO Rn. 10). Bei der Auslegung prozessualer Erklärungen ist zugunsten der Prozesspartei stets davon auszugehen, dass sie im Zweifel mit ihrer Prozesshandlung das bezweckt, was nach Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und was der recht verstandenen Interessenlage der Prozesspartei entspricht (stRspr; zB BGH, Urteil vom 24. November 1999 - XII ZR 94/98, NJW-RR 2000, 1446; Beschlüsse vom 22. Mai 1995 - II ZB 2/95, NJW-RR 1995, 1183 f und vom 10. Juni 2003 - VIII ZB 126/02, NJW 2003, 3418, 3419; jew. mwN). Da der Kläger die Kosten des Rechtsstreits und damit auch die außergerichtlichen Kosten der Beklagten anteilig zu tragen hat, hat er ein berechtigtes Interesse an der Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auch der Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Dieses Interesse entfällt nicht dadurch, dass die anwaltlichen Terminsgebühren aus dem Berufungsverfahren durch den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts vom 19. Februar 2025 bereits auf der Grundlage eines zu hohen Gegenstandswerts von 30.000 € und damit in einer Höhe festgesetzt worden sind, in der sie tatsächlich nicht angefallen sind. Denn der Kläger kann durch einen Antrag nach § 107 ZPO die Änderung der Kostenfestsetzung erwirken. Diesem Interesse des Klägers entspricht es, den Antrag, der seinem Wortlaut nach nur auf Festsetzung des Streitwerts gemäß § 33 RVG gerichtet und damit nicht ausdrücklich auf die Tätigkeit der Klägervertreter beschränkt ist, dahingehend auszulegen, dass er auf die Wertfestsetzung für die Tätigkeit beider Prozessbevollmächtigter gerichtet ist.

2. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit im Berufungsverfahren ist für die Zeit ab dem 1. September 2023 mit bis zu 16.000 € - und nicht, wie der Kläger meint, mit 8.810,63 € - zu bemessen. Denn mit dem Schriftsatz vom 1. September 2023, mit dem der Kläger die Berufung teilweise zurückgenommen hat, hat er nicht nur sein Zahlungsbegehren im Umfang von 8.810,63 € aufrechterhalten, sondern auch die Erledigung der Hauptsache im Übrigen erklärt, der sich die Beklagte nicht angeschlossen hat. Das Interesse an der Teilerledigung ist mit 4.708,19 € zu bewerten.

a) Bei einer einseitigen Teilerledigungserklärung des Klägers richtet sich der Wert nach den auf den erledigten Teil entfallenden Kosten des Rechtsstreits. Diese sind im Wege einer Differenzrechnung zu ermitteln. Dabei sind von den tatsächlich angefallenen Kosten die Kosten abzuziehen, die entstanden wären, wenn der Kläger den Rechtsstreit von Anfang an nur über den nicht für erledigt erklärten Teil der Hauptsache geführt hätte (BGH, Beschluss vom 15. Februar 2022 - XI ZR 94/21, juris Rn. 5 mwN).

b) Dieses Kosteninteresse ist mit 4.708,19 € zu bewerten. Dieser Betrag entspricht der Differenz der bis zur Teilerledigungserklärung angefallenen wertabhängigen Gebühren aus dem höheren Streitwert von bis zu 30.000 € entsprechend der Wertfestsetzung im Urteil vom 18. Dezember 2024 und den Gebühren, die aus einem verminderten Streitwert von 8.810,63 € angefallen wären.

aa) Die wertabhängigen Gebühren aus dem Streitwert von bis zu 30.000 € - Pauschalen wie diejenige nach Nr. 7002 RVG-VV wirken sich für die Differenzrechnung nicht aus und können deshalb unberücksichtigt bleiben - belaufen sich auf 11.085,25 €.

(1) Dabei sind, weil die Klage noch im Jahr 2020 anhängig gemacht worden ist, für die im erstinstanzlichen Verfahren angefallenen Gebühren nach § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG die Wertvorschriften der § 34 Abs. 1 GKG und § 13 Abs. 1 RVG jeweils in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung anzuwenden. Anderes gilt wegen § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG und § 17 Nr. 1 RVG für die im Berufungsverfahren entstandenen Gebühren; insofern finden § 34 Abs. 1 GKG und § 13 Abs. 1 RVG in der ab dem 1. Januar 2021 geltenden Fassung Anwendung.

(2) Der Gesamtbetrag von 11.085,25 € ergibt sich aus folgenden Gebührentatbeständen:

  • Gerichtsgebühren für das erstinstanzliche Verfahren gemäß Nr. 1210 GKG-KV: 1.218 €,

  • Gerichtsgebühren für das Berufungsverfahren gemäß Nr. 1220 GKG-KV: 1.796 €,

  • Rechtsanwaltsvergütung der Prozessbevollmächtigten des Klägers: 4.385,75 € (Gebühren nach Nr. 3100, 3104 und 3200 RVG-VV zuzüglich Umsatzsteuer),

  • Rechtsanwaltsvergütung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten: 3.685,50 € (wie vor, jedoch wegen Berechtigung zum Vorsteuerabzug ohne Umsatzsteuer).

bb) Bei einem Streitwert von bis zu 9.000 € hätten sich die Gebühren aus den vorgenannten Gebührentatbeständen auf 6.377,06 € belaufen. Daraus ergibt sich der oben genannte Differenzbetrag von 4.708,19 €, der unter weiterer Berücksichtigung des Zahlungsantrags zur Wertfestsetzung in der Gebührenstufe bis 16.000 € führt.

c) Dass der Kläger die Festsetzung auf einen geringeren Wert von 8.810,63 € beantragt hat, steht der Wertfestsetzung auf den höheren Wert bis 16.000 € nicht entgegen.

aa) Ob das Gericht im Festsetzungsverfahren nach § 33 RVG an einen bezifferten Antrag in dem Sinne gebunden ist, dass es den Gegenstandswert nicht auf einen höheren als den beantragten Betrag festsetzen kann, ist umstritten. Teilweise wird die Ansicht vertreten, der nach § 33 Abs. 1 RVG erforderliche Antrag begrenze das Begehren des Antragstellers dem Umfang nach, so dass das Gericht darüber nach dem Grundsatz des § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht hinausgehen dürfe (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. November 2015 - I-26 W 7/15, MDR 2016, 304 [BGH 15.12.2015 - XI ZB 12/12]; LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 7. Juli 2006 - 3 Ta 114/06, juris Rn. 8; LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. August 2023 - 26 Ta (Kost) 6061/23, juris Rn. 3 mwN; OVG Hamburg, Beschluss vom 28. April 1997 - Bs IV 333/96 und 255/96, NVwZ-RR 1998, 525, 526 zum inhaltsgleichen früheren § 10 BRAGO; Toussaint, Kostenrecht, 54. Aufl., § 33 RVG Rn. 21). Die Gegenansicht lehnt eine Antragsbindung ab (OVG Bautzen, Beschluss vom 20. August 2009 - 5 E 70/09, NVwZ-RR 2010, 207; Rech in Ahlmann/Kapischke/Pankatz/Rech/Schneider/Schütz, RVG, 11. Aufl., § 33 Rn. 43). Hierfür wird angeführt, das Gericht sei auf Grund des Grundsatzes der Streitwertwahrheit verpflichtet, den zutreffenden Streitwert auch im Verfahren nach § 33 RVG festzusetzen (vgl. zum Verschlechterungsverbot im Beschwerdeverfahren LAG München, Beschluss vom 6. Juni 2023 - 3 Ta 59/23, juris Rn. 122 mwN; Thiel/Schneider in Schneider/Volpert, Anwaltkommentar RVG, 9. Aufl., § 33 Rn. 89 f; iE ebenso BayObLG, Beschluss vom 19. Januar 1982 - 1 Z 20/81, JurBüro 1982, 1024, 1026 zum Beschwerdeverfahren nach § 10 Abs. 3 BRAGO).

bb) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Ein den Gegenstandswert beziffernder Antrag hindert das Gericht im Festsetzungsverfahren nach § 33 RVG nicht, einen höheren Wert festzusetzen. Der Grundsatz der Antragsbindung aus § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist insofern weder unmittelbar noch sinngemäß anwendbar. Soweit im Beschwerdeverfahren auf Grund allgemeiner Grundsätze des Beschwerderechts etwas anderes gilt (vgl. Rech aaO Rn. 78 ff), erlaubt dies keinen Rückschluss auf eine Antragsbindung im Ausgangsverfahren nach § 33 Abs. 1 RVG.

(1) Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Die Vorschrift ist Ausdruck der Dispositionsmaxime, nach der der Kläger mit seinem Antrag und dem zum Gegenstand des Prozesses gemachten Streitgegenstand das Prüfungsprogramm des Gerichts bestimmt und begrenzt (vgl. Musielak/Hüntemann in MüKoZPO, 7. Aufl., § 308 Rn. 1). Sie korrespondiert insofern mit der Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, nach der die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten muss, denn dieser zwingend erforderliche Inhalt der Klageschrift bestimmt das Rechtsschutzbegehren des Klägers und die Grenzen der Entscheidungsbefugnis des Gerichts nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO (Assmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 253 Rn. 5; Rensen in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 308 Rn. 6; Melissinos, Die Bindung des Gerichts an die Parteianträge nach § 308 I ZPO, 1982, S. 144). Das entspricht dem kontradiktorischen Charakter des Zivilprozesses, in dem der Kläger mit dem Antrag eine erstrebte gerichtliche Entscheidung bezeichnet, die unmittelbar in die Rechtssphäre des Beklagten eingreift und gegen diesen im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden kann.

(2) Das Wertfestsetzungsverfahren nach § 33 RVG ist demgegenüber nicht auf eine vollstreckbare Entscheidung zum Nachteil der gegnerischen Partei gerichtet, sondern betrifft mit dem Wert der anwaltlichen Tätigkeit lediglich eine Vorfrage für den Gebührenanspruch des Rechtsanwalts. Deshalb ist es konsequent, dass es in diesem Verfahren einen Antrag, der wie der Klageantrag nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO den Streitgegenstand und das Rechtsschutzbegehren hinsichtlich Inhalt und Umfang konkretisiert, nicht gibt. Zwar setzt das Verfahren nach § 33 Abs. 1 ZPO einen Antrag voraus. Nähere Vorgaben zum notwendigen Inhalt des Antrags enthält die Vorschrift aber nicht. Das spricht dafür, dass der Antrag nur dazu dient, das Verfahren als solches einzuleiten, nicht aber, ein bestimmtes Begehren des Antragstellers inhaltlich zu konkretisieren. Dementsprechend liegt der Zweck des Antragserfordernisses hier lediglich darin, eine Wertfestsetzung von Amts wegen - im Gegensatz zur Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren nach § 63 GKG, die nach § 32 Abs. 1 RVG im allgemeinen auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend ist - auszuschließen und das Verfahren nach § 33 RVG nur dann durchzuführen, wenn ein Beteiligter daran ein Interesse hat.

(3) Ein darüber hinausgehender Zweck des Antragserfordernisses ergibt sich insbesondere nicht aus der Gesetzgebungsgeschichte. § 33 RVG, der durch das Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) eingeführt worden ist, entspricht inhaltlich weitgehend - Abweichungen betreffen vornehmlich das Beschwerdeverfahren - der früheren Vorschrift des § 10 BRAGO (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf vom 11. November 2003, BT-Drucks. 15/1971 S. 196). Diese wiederum wurde durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957 (BGBl. I S. 861) mit der Zielsetzung eingeführt, eine frühere Rechtsprechung zu kodifizieren, nach der aus praktischen Erwägungen eine gesetzlich nicht vorgesehene Festsetzung des Streitwerts nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes auf Antrag auch dann in Betracht kam, wenn der Wert ausschließlich für die Berechnung des Anwaltshonorars von Bedeutung war, so dass es einer Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren nicht bedurfte (Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Juni 1956, BT-Drucks. 2/2545 S. 231 f; vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 1954 - 1 BvR 397/51, NJW 1954, 913 mwN).

(4) Dem entspricht es, dass nach allgemeiner Auffassung der Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG nicht beziffert zu werden braucht (LAG Baden-Württemberg aaO; OVG Bautzen aaO; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 26. Aufl., § 33 Rn. 9; Rech aaO Rn. 29; Toussaint aaO Rn 12; vgl. zu § 10 BRAGO BayObLG aaO). Zwar gilt im Verfahren nach § 33 RVG der Beibringungsgrundsatz. Der Antragsteller muss die Tatsachen vortragen, auf die es für die Wertfestsetzung ankommt, soweit sie sich nicht, wie es hier der Fall ist, ohnehin aus den Akten ergeben (Rech aaO Rn. 28). Ausgehend von dieser Tatsachengrundlage kann aber das Gericht den Wert unter Anwendung der maßgeblichen Wertvorschriften selbst ermitteln (OVG Bautzen aaO). Der Angabe eines bestimmten Wertes, dessen Festsetzung beantragt werden soll, bedarf es dafür nicht. Vor diesem Hintergrund wäre es widersinnig, eine Beschränkung der Entscheidungsbefugnis des Gerichts durch einen gleichwohl beziffert gestellten Antrag anzunehmen. Zugleich widerspräche es dem in § 23 Abs. 1 Satz 1 und § 32 Abs. 1 RVG angelegten weitgehenden Gleichlauf des für die Anwaltsgebühren maßgeblichen Werts mit der Festsetzung des Streitwerts für die Gerichtsgebühren, wenn auf Grund einer Antragsbindung im Verfahren nach § 33 Abs. 1 RVG für die Anwaltsgebühren ein anderer Wert festzusetzen sein sollte als für die Gerichtsgebühren.

3. Soweit der Kläger beantragt, den Streitwert gemäß § 33 RVG für die Zeit bis zum 31. August 2023 auf bis zu 19.542,53 € festzusetzen, sind die Voraussetzungen einer Wertfestsetzung nach § 33 RVG nicht erfüllt. Denn insofern richtet sich der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit gemäß § 32 Abs. 1 RVG nach dem Streitwert für das gerichtliche Verfahren, der sich nach der Wertfestsetzung im Urteil vom 18. Dezember 2024 auf bis zu 30.000 € beläuft. Dieser Wert entspricht dem ursprünglichen Begehren des Klägers nach den Anträgen aus der Berufungsbegründung vom 18. Oktober 2021. Dabei ist zusätzlich zum Zahlungsantrag von 19.542,53 € der Antrag auf Befreiung von Darlehensverbindlichkeiten im Umfang von 6.553,49 € zu berücksichtigen. Der auf Feststellung des Annahmeverzuges gerichtete Antrag wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus. Gleiches gilt hier für den Antrag auf Feststellung der Erledigung im Übrigen, weil die Teilerledigung gegenüber den Anträgen aus der Klageschrift vom 12. Oktober 2020 (12.751,14 € sowie Befreiung von Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 15.489,49 €) zwar zu einer Verringerung des Streitwerts, aber nicht zu einem Wechsel der Gebührenstufe geführt hat und damit kostenneutral war; auch der ursprüngliche höhere Streitwert lag in der Gebührenstufe bis 30.000 €.

III.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 33 Abs. 9 RVG gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.